TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/3 93/08/0013

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Veröffentlicht am 03.09.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs3;
AVG §37;
AVG §49 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des W in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 3. Dezember 1992, Zl. 121.779/18-7/92, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG in der Zeit vom 2. Jänner bis 29. März 1989 (mitbeteiligte Parteien: 1.) Vlbg GKK; 2.) PVA der Angestellten; 3.) AUVA), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdeverfahrens auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1992, Zl. 89/08/0127, verwiesen.

Mit diesem Erkenntnis wurde u.a. der Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. März 1989 betreffend die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 2. Jänner bis 29. März 1989 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Bundesminister sei in seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß die alleinige Gesellschafterin der XY-GmbH in B (in der Folge: Gesellschaft) M sei. Diese habe jedoch in einem Telefonat vom 2. Jänner 1989 der Behörde u.a. mitgeteilt, daß sie nicht mehr Gesellschafterin des Unternehmens sei. Nach der vom Beschwerdeführer namens der Gesellschaft erstatteten "Gegenschrift" sei an ihre Stelle ab 2. Jänner 1989 die Schwester des Beschwerdeführers, Inge M., getreten. Auf den Wechsel der Alleingesellschafterin sei die Behörde in ihrem Bescheid jedoch nicht eingegangen, weshalb der Sachverhalt hinsichtlich des Zeitraumes vom 2. Jänner bis 29. März 1989 ergänzungsbedürftig geblieben sei.

In der Folge beauftragte die belangte Behörde das Amt der Vorarlberger Landesregierung, den Beschwerdeführer zu laden und ihn als Partei über die Umstände seiner Beschäftigung nach dem Wechsel der Alleingesellschafterin zu vernehmen. Der Beschwerdeführer ersuchte daraufhin mit Schreiben vom 11. Juni 1992, ihn ausschließlich schriftlich einzuvernehmen.

Mit Schreiben vom 27. Juli 1992 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde darüber informiert, daß ein persönliches Erscheinen zu einer mündlichen Einvernahme über die Frage der tatsächlichen Gestaltung seiner Beschäftigung notwendig sei. Lediglich die Frage der Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft könnten durch Vorlage von Unterlagen geklärt werden. Sollte er weiterhin einer Ladung keine Folge leisten, so würde dies einer Verletzung seiner Mitwirkungspflicht gleichkommen. Darauf erwiderte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. Juli 1992, daß seiner Ansicht nach keine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht vorliegen könne, da er zur schriftlichen Beantwortung bereit sei. Er könne schriftlich präziser und gründlicher antworten als mündlich.

Die Schwester des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde für 11. August 1992 als Zeugin geladen. Sie teilte daraufhin der belangten Behörde mit Schreiben vom 30. Juli 1992 mit, daß sie vom 2. August bis 6. September 1992 auf Urlaub sei und deshalb um einen neuen Termin bitte. Der Beschwerdeführer ersuchte in diesem Zusammenhang die belangte Behörde mit Schreiben vom 31. Juli 1992, seine Schwester zu belehren, daß sie im Sinne des § 49 Abs. 1 AVG nicht gegen ihren Willen zur mündlichen Einvernahme verpflichtet werden dürfe.

Die Schwester des Beschwerdeführers wurde nunmehr (nachweislich) von der belangten Behörde für den 14. September 1992 als Zeugin vorgeladen. Mit Schreiben vom 11. und 12. September 1992 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, seine Schwester beantrage, gemäß § 49 AVG von der mündlichen Aussagepflicht entbunden zu werden. Sie sei jedoch damit einverstanden, daß Fragen vom Beschwerdeführer stellvertretend für sie schriftlich beantwortet würden. Inge M. blieb der Ladung für den 14. September 1992 ohne Angabe von Gründen fern.

Mit Ladungsbescheid vom 14. September 1992 (persönlich übernommen am 15. September 1992) wurde die Schwester des Beschwerdeführers unter Androhung einer Zwangsstrafe für den 28. September 1992 neuerlich geladen. Sie ist dieser Ladung ohne Angabe von Gründen wieder nicht gefolgt.

Mit Schreiben vom 17. September 1992 brachte der Beschwerdeführer "in Vertretung" seiner Schwester vor, daß sich diese - wie bereits mit Schreiben vom 11. September 1992 mitgeteilt - der mündlichen Aussage in seiner Angelegenheit entschlage. Gesellschafter einer Gesellschaft mbH seien seiner Ansicht nach auch nicht verpflichtet, sich in Firmenangelegenheiten öffentlich zu äußern. Im gegenständlichen Verfahren handle es sich um eine solche Firmenangelegenheit.

Mit Schreiben vom 23. September 1992 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, daß seine Schwester als Alleingesellschafterin der Gesellschaft als Zeugin geladen worden sei. Es sei notwendig, daß sie persönlich mit der Behörde Kontakt aufnehme. Sie könne sich daher nicht vertreten lassen. Die Weigerung des Beschwerdeführers, zur mündlichen Einvernahme zum Amt der Vorarlberger Landesregierung zu kommen, werde in die Beweiswürdigung einzubeziehen sein.

Der Schwester des Beschwerdeführers teilte die belangte Behörde mit einem weiteren Schreiben vom 23. September 1992 mit, daß sie im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht ihres Bruders Zeugin sei. Partei seien neben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse die Gesellschaft sowie der Beschwerdeführer. Sie (die Schwester des Beschwerdeführers) könne sich nicht vertreten lassen. Es sei notwendig, daß sie zur Zeugeneinvernahme persönlich erscheine. Anläßlich der Einvernahme werde sie auf die Gründe einer allfälligen Aussageverweigerung aufmerksam gemacht werden. Für den Fall einer Aussageverweigerung habe sie die Gründe der Behörde gegenüber glaubhaft zu machen. Im übrigen werde auf § 19 Abs. 3 AVG hingewiesen, wonach eine Person, die nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten sei, die Verpflichtung habe, einer Ladung Folge zu leisten und zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden könne.

Mit Schreiben vom 26. September 1992 brachte der Beschwerdeführer vor, daß eine Entscheidung über den von ihm für seine Schwester eingebrachten Antrag auf Entschlagung von der mündlichen Zeugenaussage bis jetzt noch nicht ergangen sei. Ferner weise er darauf hin, daß er befugt sei, Fragen an seine Schwester zwecks Weiterleitung an diese in Empfang zu nehmen. In einem weiteren Schreiben vom 27. September 1992 ersuchte der Beschwerdeführer um die Bekanntgabe jener gesetzlichen Bestimmungen, die einer schriftlichen Beantwortung etwaiger Fragen durch seine Schwester entgegenstünden.

Mit Ladungsbescheid vom 29. September 1992 wurde die Schwester des Beschwerdeführers unter Androhung einer Zwangsstrafe für den 20. Oktober 1992 neuerlich geladen. Gleichzeitig wurde sie von der belangten Behörde in einem weiteren Schreiben eingehend über ihre Rechte und Pflichten als Zeugin belehrt. Inge M. hat auch diesem Ladungsbescheid ohne Angabe von Gründen keine Folge geleistet.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 1992 ersuchte der Beschwerdeführer für seine Schwester um Rechtsbelehrung, ob diese anläßlich einer Zwangsvorführung schweigen dürfe, vor allem in Anbetracht des Umstandes, daß sie bereit sei, die Fragen der Behörde schriftlich zu beantworten. In einem weiteren Schreiben vom 19. Oktober 1992 vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, es sei ein Grundrecht, zu einer Sache schweigen zu dürfen, wenn man bereit sei, sich dazu schriftlich zu äußern. Des weiteren brachte er vor, daß er seine Schwester nicht in deren Eigenschaft als Zeugin vertreten habe.

Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen (Ersatz-)Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 7. September 1987 betreffend seine Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG auf Grund seiner Beschäftigung bei der Gesellschaft in dem Zeitraum vom 2. Jänner bis 29. März 1989 keine Folge und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgeschehens und der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen verwies die belangte Behörde zunächst auf den im ersten Rechtsgang durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1992, Zl. 89/08/0127, bestätigten Teilabspruch ihres Bescheides vom 28. März 1989 (betreffend die Zeit vor dem 2. Jänner 1989). Danach habe die belangte Behörde für diese Zeit, in der M Alleingesellschafterin der Gesellschaft gewesen sei, zutreffend festgestellt, daß die tatsächlichen Umstände dafür sprächen, daß der Beschwerdeführer mehr Rechte in Anspruch genommen habe als ihm auf Grund seiner Stellung als Fremdgeschäftsführer nach den im Angestelltenvertrag festgelegten Rechten zukomme. Es sei ihm die alleinige Führung des Betriebes oblegen. Seine Tätigkeit schließe die persönliche Abhängigkeit insofern aus, als die Alleingesellschafterin auf die Unternehmensführung keinen Einfluß genommen habe und somit die Generalversammlung der Gesellschafter, das sei im konkreten Fall Frau M, sich ihrer Rechte begeben habe.

Für die Zeit nach deren Ausscheiden, in der die Schwester des Beschwerdeführers Alleingesellschafterin gewesen sei, habe die belangte Behörde ein mit großem Verwaltungsaufwand verbundenes Ermittlungsverfahren durchgeführt, ohne jedoch konkrete Ergebnisse zu erzielen. Durch die Weigerung des Beschwerdeführers, im Wege einer persönlichen Einvernahme als Partei zur Klärung des Sachverhaltes beizutragen, und durch die Weigerung der Zeugin Inge M., zu erscheinen, hätten die für das gegenständliche Beschäftigungsverhältnis wesentlichen Personen nicht befragt werden können. Zur beabsichtigten mündlichen Einvernahme des Beschwerdeführers sei anzuführen, daß eine solche Einvernahme einer Klärung des Sachverhaltes durch die Möglichkeit, Fragen zu präzisieren, nachzufragen, auf Widersprüche hinzuweisen usw., der Erforschung der materiellen Wahrheit dienlicher sei, als die Möglichkeit, Fragen schriftlich zu beantworten. Für die belangte Behörde sei auch wesentlich, daß bei einer mündlichen Einvernahme die Fragen von der Partei persönlich beantwortet werden müßten, während sich diese bei der Abfassung einer Stellungnahme beraten bzw. vertreten lassen könne. Wesentlich wäre vor allem die Einvernahme der Zeugin Inge M. gewesen. Diese habe sich trotz der angeführten Ladungen bzw. Ladungsbescheide sowie der an sie ergangenen persönlichen Schreiben nur mit einer Postkarte vom 30. Juli 1992 persönlich mit der Behörde in Verbindung gesetzt, um eine Terminverschiebung wegen eines Urlaubes zu erreichen. Sonst seien die zu eigenen Handen zugestellten Schreiben der Behörde stets vom Beschwerdeführer beantwortet worden. Von einer Zwangsvorführung sei schließlich abgesehen worden, da der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Oktober 1992 ein "Schweigen" der Zeugin auch in diesem Falle angekündigt habe. Dazu sei grundsätzlich auszuführen, daß trotz der im § 39 AVG geregelten Pflicht der Behörde zur amtswegigen Vorgangsweise diese Verpflichtung dort ihre Grenzen habe, wo ihr ein unverhältnismäßiger Aufwand entgegenstehe. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei dahingehend zu interpretieren, daß er mit allen Mitteln verhindern wolle, daß seine Schwester eine Aussage über ihre Dienstgeberfunktion als Alleingesellschafterin der Gesellschaft mache. Für die belangte Behörde komme damit zum Ausdruck, daß an den Verhältnissen, wie sie in ihrem Bescheid vom 28. März 1989 als maßgeblich dargestellt worden seien, auch nach dem Wechsel in der Gesellschafterinnenposition keine Änderung eingetreten sei. Das Verhalten der Zeugin und Alleingesellschafterin könne nach Auffassung der belangten Behörde nicht anders interpretiert werden, zumal der (zeitliche) Aufwand der Zeugin, die in unmittelbarer Nähe der belangten Behörde wohne, nur gering gewesen wäre. Durch seine Weigerung, als Partei mündlich auszusagen und die Verhinderung der Zeugenaussage seiner Schwester habe der Beschwerdeführer das Ermittlungsergebnis auf sein ursprüngliches Vorbringen beschränken wollen.

Nach Auffassung der belangten Behörde sei daher von folgendem Sachverhalt auszugehen: Auch nach der Übernahme von 100 Prozent der Geschäftsanteile der Gesellschaft habe die nunmehrige Alleingesellschafterin Inge M. in die Gestion des Unternehmens nicht eingegriffen, sondern die Führung des Betriebes allein dem Beschwerdeführer überlassen. Das behauptete Weisungsrecht sei im Hinblick auf die dargelegte Beweiswürdigung unglaubwürdig. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer seine Tätigkeit weisungsfrei in der Position eines Unternehmers ausgeübt habe. Dieser Sachverhalt sei dahin zu würdigen, daß der Beschwerdeführer weder persönlich noch wirtschaftlich abhängig beschäftigt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Von den mitbeteiligten Parteien hat nur die Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift erstattet. Der Beschwerdeführer hat darauf mit Schreiben vom 5. und 27. April 1993 erwidert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Erfolgt die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatbestandsermittlungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes (vgl. § 63 VwGG) darin, daß die belangte Behörde nunmehr jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 9. September 1955, Zl. 197/53, und vom 19. Juni 1984, Zl. 84/07/0094).

Im Hinblick auf den Spruch des Erkenntnisses vom 20. Februar 1992, Zl. 89/08/0127, wonach der Bescheid des Bundesministers vom 28. März 1989 im Umfang seines den Zeitraum 2. Jänner bis 29. März 1989 betreffenden Abspruches wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden ist, hatte die belangte Behörde in ihrem nunmehrigen Verfahren lediglich für diesen Zeitraum zu klären, ob im Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers nach dem Wechsel der Alleingesellschafterin eine Änderung eingetreten ist. Der Beschwerdeführer ist daher mit seinem Vorbringen nicht im Recht, die belangte Behörde hätte den Sachverhalt bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu erheben gehabt.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde zum Vorwurf macht, sie habe verschiedene Akten betreffend Herabsetzungsanträge zur Krankenversicherung nicht beigeschafft und ihm dazu weder Parteiengehör noch eine Anleitung im Sinne des § 13a AVG gewährt, präzisere Beweisanträge betreffend diese Akten zu stellen, so ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Akten im vorliegenden, die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers betreffenden Verfahren von Bedeutung sein könnten. Inwieweit diesbezüglich ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegen sollte, wird auch in der gesamten Beschwerde nicht dargetan.

Wenn die Beschwerde einräumt, bei der belangten Behörde hätte der Eindruck entstehen können, daß der Beschwerdeführer keine Auskünfte erteilen wolle, so kann ihr im Hinblick auf das Verhalten des Beschwerdeführers im gesamten Verwaltungsverfahren durchaus beigepflichtet werden. Dafür spricht auch die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 5. April 1993 zur Gegenschrift der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, in der er ausdrücklich erklärt hat, auf Grund seiner "bisherigen Erfahrungen" nicht bereit zu sein, bei den Behörden mündlich vorzusprechen.

Dem Beschwerdeführer kann allerdings nicht gefolgt werden, wenn er die Auffassung vertritt, wegen der Möglichkeit einer eventuell für ihn ungünstigen Aussage hätte sein Wunsch berücksichtigt werden müssen, sich als Partei schriftlich zu äußern. Da die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, davon abhängt, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung - nur beschränkt ist, kann es von vornherein nicht als unzweckmäßig oder gar willkürlich qualifiziert werden, wenn die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Klärung dieser Fragen persönlich einzuvernehmen trachtete. Daß eine solche persönliche Einvernahme durch die Möglichkeit, Fragen zu präzisieren, nachzufragen bzw. auf Widersprüche hinzuweisen, der Erforschung der materiellen Wahrheit dienlicher ist, als die Möglichkeit, Fragen schriftlich zu beantworten, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend dargelegt.

Der Grundsatz der Amtswegigkeit (§ 39 Abs. 2 AVG) befreit die Partei auch nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten (vgl. z.B. schon das Erkenntnis vom 26. Juni 1959, VwSlg. 5007/A). Daher ist auch die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Jänner 1990, Zlen. 89/16/0099, 0100). Wirkt die Partei am Ermittlungsverfahren nicht mit, so steht es der Behörde frei, aus diesem Verhalten gemäß § 45 AVG im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung ihre für den Antrag der Partei möglicherweise auch negativen Schlüsse zu ziehen (vgl. das Erkenntnis vom 21. Oktober 1987, VwSlg. 12559/A).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann die gegenständliche Beweiswürdigung der belangten Behörde zum Nachteil des Beschwerdeführers schon deshalb nicht als rechtswidrig erachtet werden.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Beschwerde auch gerügt, daß die belangte Behörde letztlich die Vorführung der Schwester des Beschwerdeführers zur persönlichen Einvernahme unterlassen habe.

Wenn der belangten Behörde auch zuzugestehen ist, daß trotz der im § 39 AVG geregelten Pflicht zur amtswegigen Vorgangsweise diese Verpflichtung dort ihre Grenzen hat, wo ihr ein unverhältnismäßiger Aufwand entgegensteht, so kann ihr doch insofern nicht gefolgt werden, daß ein solcher (unverhältnismäßiger) Aufwand im Beschwerdefall schon deshalb gegeben sei, da der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Oktober 1992 ein "Schweigen" der Zeugin auch für den Fall der Vorführung angekündigt habe. Ein solches Schreiben vom 10. Oktober 1992 ist im übrigen in den von der belangten Behörde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten gar nicht enthalten. In einem Schreiben vom 7. Oktober 1992 an die belangte Behörde hat der Beschwerdeführer lediglich um Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG ersucht, ob anläßlich einer Zwangsvorführung seiner Schwester diese schweigen dürfe, wenn sie bereit sei, die an sie gerichteten Fragen schriftlich zu beantworten.

Wenngleich einzuräumen ist, daß ein Schweigen der Zeugin auch bei einer zwangsweisen Vorführung nicht ausgeschlossen erscheint, zumal diese auch durch die Verhängung von Zwangsstrafen nicht veranlaßt werden konnte, den an sie ergangenen Ladungen Folge zu leisten, könnte in der Unterlassung ihrer Vorführung dennoch ein Verfahrensmangel erblickt werden. Verfahrensmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG können allerdings nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind. Die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels ist allerdings von der Beschwerde darzutun (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. September 1988, Zl. 88/02/0138). Dementsprechende Ausführungen sind der vorliegenden Beschwerde nicht zu entnehmen. Die Behauptung, es sei anzunehmen, daß die Schwester des Beschwerdeführers die Aussage letzten Endes nicht verweigert hätte, wenn sie persönlich vorgeführt worden wäre, zumal ein gesetzlicher Verweigerungsgrund nach § 49 Abs. 1 lit. a AVG nicht generell und pauschal vorliege, entspricht dieser Anforderung nicht.

Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ZeugenbeweisVerfahrensbestimmungen Allgemein"zu einem anderen Bescheid"Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993080013.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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