TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/27 LVwG-2021/16/3107-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.2022
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.01.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZustG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Hofko über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 02.11.2021, Zl ***, betreffend die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Strafverfügung vom 08.09.2021 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe sich am 03.04.2021 um zumindest 00.30 Uhr in Y, im Bereich der BB, zusammen mit ca 16 weiteren Personen, welche nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm leben würden, bei einer Feier aufgehalten und habe somit entgegen § 2 Abs 1 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021 in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr den privaten Wohnbereich verlassen bzw außerhalb desselben verweilt, ohne dass eine der in § 2 Abs 1 dieser Verordnung aufgezählten, erlaubten Zwecke vorgelegten hätten. Weiters wurde ihm vorgeworfen, er habe sich zur genannten Zeit an einem Veranstaltungsort aufgehalten, um mit ca 16 weiteren Personen eine Party zu feiern, obwohl Veranstaltungen gemäß § 15 Abs 1 letzter Satz Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950 iVm § 13 Abs 1 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021, verboten gewesen seien. Aufgrund dieser Verwaltungsübertretungen wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt Euro 300,00 verhängt.

Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer laut dem im Akt einliegenden Rückschein per Hinterlegung zugestellt, wobei am Rückschein der Beginn der Abholfrist mit 13.09.2021 ausgewiesen wurde. Die Strafverfügung wurde nicht behoben und an die Behörde retourniert. Daraufhin hat die belangte Behörde Ermittlungen eingeleitet, ob die Zustellung durch Hinterlegung mangelhaft gewesen sei. Auf Aufforderung der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer via E-Mail vom 14.10.2021 mitgeteilt, dass er während der Einspruchsfrist zum größten Teil nicht anwesend gewesen sei. Als Beweis legte er einen Onlinebanking-Auszug über eine Barbehebung in Höhe von Euro 100,00 bei einer französischen Bank vor. Daraufhin teilte ihm die Behörde mit E-Mail vom 05.10.2021 mit, dass ihm das behördliche Schriftstück aufgrund der von ihm vorgebrachten Ortsabwesenheit neuerlich zugesendet werde. Die Postaufgabe sei am 07.10.2021 erfolgt. Die nochmals versendete Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer laut dem im Akt einliegenden Rückschein durch Hinterlegung zugestellt, wobei der Beginn der Abholfrist mit 12.10.2021 festgehalten wurde. In einem weiteren E-Mail der belangten Behörde vom 19.10.2021 wurde er auf die am 12.10.2021 erfolgte Hinterlegung hingewiesen. Gegen die Strafverfügung hat der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 27.10.2021 um 20:57 Uhr einen Einspruch erhoben. Dieser wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 02.11.2021, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, die Strafverfügung sei dem Beschwerdeführer nachweislich am 12.10.2021 durch Hinterlegung zugestellt worden. Der letzte Tag der Rechtsmittelfrist sei somit der 26.10.2021 gewesen. Der per E-Mail am Mittwoch, den 27.10.2021 um 20:57 Uhr eingebrachte Einspruch sei daher verspätet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde, in der er zusammengefasst ausführte, er sei der Ansicht gewesen, dass das den Beginn der Einspruchsfrist auslösende Ereignis die Abholung des RSb-Briefs und nicht der Tag der Hinterlegung gewesen sei. Zudem befinde er sich gerade mitten in einem Umzug, weshalb er nicht früher in der Lage gewesen sei, den Strafbescheid abzuholen und ein Rechtsmittel dagegen zu verfassen. Außerdem würde er gerade ein Studium an der CC Universität Z beginnen und sei daher tagtäglich mit Zetteln und Dokumenten konfrontiert, weshalb Dinge einfach untergehen würden.

Mit Schreiben vom 17.11.2021 wurde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.12.2021 aufgefordert, Angaben über die Umstände der Zustellung der Strafverfügung, insbesondere zu seinem Umzug, zu machen. In seiner Stellungnahme vom 28.12.2021 führt der Beschwerdeführer aus, er habe sich zum Zeitpunkt der Zustellung zwar in Z, jedoch nicht an seiner Wohnadresse aufgehalten. Sein Vater habe sich bis einschließlich 16.10.2021 im Ausland aufgehalten, weshalb er die Wohnung seines Vaters bezogen habe. Außerdem würde er sich oft bei seinen Großeltern in X aufhalten, da diese schon älter seien und nachts nicht gerne alleine wären. Der Beschwerdeführer führt weiters aus, es gehe primär nicht darum, dass er von der Zustellung nicht Kenntnis erlangt habe, sondern dass er die Strafverfügung an seiner Wohnadresse holen habe müssen und dann fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass die Frist für die Erhebung des Einspruches erst mit Abholung des Schriftstückes zu laufen beginne. Außerdem habe er im genannten Zeitraum sehr viel zu tun gehabt, wie er bereits in seiner Beschwerde ausgeführt habe. Zu seinem Umzug vermochte der Beschwerdeführer keine genauen Daten zu nennen. Er könne nur angeben, dass er den ganzen Oktober und November nicht einmal an seiner Wohnadresse übernachtet habe. Dass er noch nicht an der Adresse seiner Wohngemeinschaft gemeldet sei, liege daran, dass er dort noch kein Bett gehabt habe. Dennoch habe er bereits im Oktober und November als auch im Dezember einige Nächte in dieser Wohnung verbracht, um seine zukünftigen Mitbewohner kennen zu lernen und sich auf das WG-Leben einzustellen. Abschließend wies der Beschwerdeführer erneut daraufhin, dass er eine sehr wechselhafte und turbulente Zeit gehabt habe, in der er sich nicht wirklich an seinem Hauptwohnsitz aufgehalten habe, und beantragte, seinem Einspruch stattzugeben.

II.      Sachverhalt:

Die Strafverfügung der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer mit Beginn der Abholfrist durch Hinterlegung am 12.10.2021 zugestellt und vom Beschwerdeführer behoben. Hinsichtlich dieser Strafverfügung hat bereits zuvor ein Zustellversuch durch Hinterlegung stattgefunden, der jedoch aufgrund der Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers von der belangten Behörde als Mangelhaft angesehen wurde. Der Beschwerdeführer wurde sowohl im E-Mail der belangten Behörde vom 15.10.2021 als auch mit E-Mail der belangten Behörde vom 19.10.2021 auf die nochmalige Zustellung der Strafverfügung hingewiesen.

Die zweiwöchige Einspruchsfrist stand daher bis 26.10.2021 offen. Der Beschwerdeführer hielt sich zwischen 12.10.2021 und 26.10.2021 in Z auf. Der gegen die Strafverfügung erhobene Einspruch wurde der belangten Behörde mit E-Mail vom 27.10.2021 um 20:57 Uhr übermittelt und gilt daher am 28.10.2021 als eingebracht. Der Einspruch wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 02.11.2021, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen.

III.     Beweiswürdigung:

Der Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung vom 08.09.2021 ergibt sich aus dem im verwaltungsbehördlichen Akt einliegenden Rückschein. Darauf wird der Beginn der Abholfrist mit 12.10.2021 festgehalten. Der Zeitpunkt der Übermittlung des Einspruches ergibt sich aus dem „Gesendet“-Vermerk des E-Mails vom 27.10.2021 und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Dem Beschwerdeführer wurde sowohl vom Landesverwaltungsgericht Tirol als auch von der belangten Behörde die verspätete Einbringung des Rechtsmittels vorgehalten; diese wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Die weiteren Feststellungen stützen sich auf den verwaltungsbehördlichen Akt bzw auf die schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 28.12.2021 sowie die eingeholten ZMR-Auszüge vom 13.12.2021 und 19.01.2021.

IV.      Rechtslage:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982 in der Fassung BGBl I Nr 5/2008, lautet samt Überschrift wie folgt:

„Hinterlegung

§ 17.

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“

V.       Erwägungen:

Nach § 17 Abs 3 ZustG gilt eine durch Hinterlegung erfolgte Zustellung als mit dem Tag bewirkt, an dem das Schriftstück das erste Mal zur Abholung bereitgehalten wird. Das ist im gegenständlichen Verfahren der 12.10.2021. Die Rechtsmittelfrist für die Erhebung eines Einspruches beginnt daher nicht erst mit dem Zeitpunkt der Behebung der Strafverfügung bei der Post, sondern bereits ab dem Zeitpunkt, zu welchem das Schriftstück zur Abholung bereitgestellt wurde, zu laufen. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist, auf welche in der Strafverfügung ausdrücklich hingewiesen wurde, ist daher mit dem 26.10.2021 abgelaufen. Das am 27.10.2021 übermittelte, am 28.10.2021 bei der Behörde eingelangte Rechtsmittel erweist sich vor diesem Hintergrund als verspätet.

Der Beschwerdeführer räumt sowohl in seiner Beschwerde als auch in seiner Stellungnahme vom 28.12.2021 ein, dass er irrtümlich davon ausgegangen sei, die Rechtsmittelfrist beginne erst mit dem Datum der Abholung des Schriftstückes zu laufen. Auch sein weiteres Vorbringen ist vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht geeignet, relevante Zustellmängel oder eine berücksichtigungswürdige Abwesenheit von der Abgabestelle aufzuzeigen:

Zwar besteht hinsichtlich der vom Beschwerdeführer behaupteten vorübergehenden Abwesenheit von der Abgabestelle keine Beweispflicht, sondern lediglich eine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts, jedoch wird ohne nähere Konkretisierung der behaupteten Ortsabwesenheit dieser Mitwirkungspflicht nicht entsprochen (VwGH 19.04.2001, 99/06/0049; 27.09.1994, 94/17/0225).

Der Beschwerdeführer nennt nach nochmaliger Aufforderung zur Stellungnahme durch das Landesverwaltungsgericht Tirol als einziges konkretes Ereignis im maßgeblichen Zeitraum die Ortsabwesenheit seines Vaters bis einschließlich 16.10.2021 und dass er sich in dessen Wohnung, die sich in der Adresse 2 befinde, während seiner Abwesenheit aufgehalten habe. Danach wären dem Beschwerdeführer, einem DD-Student, der sein Studium an seinem Wohnort betreibt, noch zehn Tage bis zum Ablauf der Einspruchsfrist verblieben, um die Strafverfügung zu beheben und den Einspruch, der lediglich die angefochtene Strafverfügung bezeichnen und erkennen lassen muss, dass der Beschuldigte die Bestrafung ablehnt, zu verfassen. Wird durch den Zustellvorgang der Beginn einer Rechtsmittelfrist ausgelöst, so erlangt der Empfänger noch „rechtzeitig“ vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Einbringung eines Rechtsmittels angemessener Zeitraum verbleibt; es ist nicht erforderlich, dass dem Empfänger in den Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss (VwGH 01.09.2021, Ro 2019/03/0027). Die Beurteilung, ob jemand „rechtzeitig“ vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalles vorzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof ging im Fall eines „Wochenpendlers“, der wegen seiner grundsätzlichen Abwesenheit von Montag bis Freitag von seinem Wohnort, an dem zugestellt worden sei, erst am Freitag von der zwei Tage zuvor am Mittwoch erfolgten Hinterlegung einer Strafverfügung Kenntnis erlangt habe und dem die Behebung erst am darauffolgenden Montag möglich gewesen sei, davon aus, dass dieser rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis nehmen habe können, weil ihm für die Erhebung seines Einspruches noch zehn Tage zur Verfügung gestanden hätten (s VwGH 26.06.2014, 2013/03/0055, mwN, zur Rechtzeitigkeit der Kenntnisnahme eines Zustellvorganges bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung eines Rechtsmittels von zehn Tagen bei einer Rechtsmittelfrist von zwei Wochen). Vor diesem Hintergrund ist die Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht als solche zu qualifizieren, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit nicht rechtzeitig Kenntnis von der Zustellung erlangen konnte. Daher ist von einer ordnungsgemäßen Zustellung durch Hinterlegung auszugehen.

Der Beschwerdeführer musste auch aufgrund des Umstandes, dass ein Zustellversuch für die Strafverfügung bereits erfolglos gewesen ist und ihm die belangte Behörde sowohl im E-Mail vom 12.10.2021 als auch im E-Mail vom 19.10.2021 die Zustellung des Schriftstückes angekündigt bzw mitgeteilt hat, mit der Zustellung der Strafverfügung an die im Melderegister als Hauptwohnsitz aufscheinende Adresse rechnen. Der verwaltungsbehördliche Akt enthält auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seine Abwesenheit der belangten Behörde mitgeteilt hat – etwa im Zuge seiner Korrespondenz betreffend den ersten Zustellversuch der Strafverfügung – und es wird dies vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Ebenso führt der Beschwerdeführer erstmals in seiner Stellungnahme vom 28.12.2021 aus, seine Großmutter habe im Oktober starke Magenbeschwerden gehabt, weshalb er vermehrt bei ihr übernachtet habe; konkrete Daten, wann er bei seinen Großeltern übernachtet habe, nannte der Beschwerdeführer jedoch nicht. In Bezug auf seinen Umzug hält der Beschwerdeführer fest, es sei ihm nicht möglich, genaue Daten zu nennen, wann er wo gewesen sei. Er wisse nur, dass er den ganzen Oktober nicht ein einziges Mal an seiner Wohnadresse übernachtet habe. Die berufliche Abwesenheit von einer Wohnung während des Tages ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht als vorübergehende Abwesenheit anzusehen (VwGH 20.09.2001, 2001/11/0130; 19.01.1995, 94/09/0248; 12.09.1985, 85/06/0118). Das Vorbringen, der Empfänger habe sich in der fraglichen Zeit „zeitweilig“ – wie etwa nachts – an einem anderen Ort aufgehalten, ist daher ebenso nicht geeignet, eine relevante Abwesenheit im Sinne des § 17 Abs 3 ZustG darzutun (VwGH 11.05.1994, 90/12/0188). Allein aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in der Wohnung der Großeltern bzw in seiner zukünftigen Wohngemeinschaft, die sich in derselben Gemeinde wie die Abgabestelle befinden, übernachtet hat, kann nicht geschlossen werden, dass der Empfänger nicht in der Lage war, Zustellvorgänge am Zustellort – nämlich an seiner Wohnadresse – tagsüber wahrzunehmen. Der Beschwerdeführer hat auch nicht behauptet, sich untertags bei den Großeltern bzw in seiner zukünftigen Wohngemeinschaft aufgehalten zu haben (VwGH 15.11.1989, 89/02/0186). Gerade der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umzug, der typischerweise mit dem Verbringen von Gegenständen von der alten an die neue Wohnadresse verbunden ist, legt nahe, dass er sich auch untertags an der Abgabestelle aufgehalten hat und so Zustellvorgänge an seiner Wohnadresse wahrnehmen konnte. Eine vorübergehende Abwesenheit, welche die Anwendung des letzten Satzes des § 17 Abs 3 ZustG nach sich ziehen würde, liegt nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie zB im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes.

Auch der ins Treffen geführte Beginn eines Studiums an der CC Universität Z ist nicht geeignet, die Wirksamkeit der Zustellung in Zweifel zu ziehen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei zu Beginn seines Studiums mit Zetteln und Dokumenten überhäuft worden, weshalb die Hinterlegungsanzeige einfach untergegangen sei, vermag weder eine rechtmäßig erfolgte Hinterlegung rechtlich ungeschehen zu machen, noch die Rechtsmittelfrist zu verlängern (vgl zum Auffinden der Hinterlegungsanzeige erst beim Wegräumen von Werbematerial, VwGH 03.09.1998, 98/06/0098).

Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, durch konkrete Angaben eine dauernde Abwesenheit von der Abgabestelle aufzuzeigen, die ihn daran gehindert hat, rechtzeitig Zustellvorgänge an seiner Wohnung wahrzunehmen; dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass er mit der neuerlichen Zustellung der Strafverfügung rechnen musste. Daher ist die Zustellung durch Hinterlegung rechtmäßig erfolgt. Der Beschwerdeführer hat den Einspruch gegen die Strafverfügung vom 08.09.2021 am 27.10.2021 um 20:57 Uhr per E-Mail an die belangte Behörde übermittelt. Aufgrund der nach § 13 Abs 5 AVG auf der Internetseite der Stadt Z kundgemachten Einschränkung gilt der Einspruch erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden am 28.10.2021 als eingebracht und eingelangt. Der Einspruch wurde folglich nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 49 Abs 1 VStG und damit verspätet erhoben.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat dem Beschwerdeführer die Verspätung seines Einspruches unter Hinweis auf die Möglichkeit, eine öffentliche mündliche Verhandlung zu beantragen, vorgehalten. Weder in seiner Beschwerde vom 17.11.2021 noch in seiner Stellungnahme vom 28.12.2021 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Auch die belangte Behörde hat in ihrem Schreiben betreffend die Aktenvorlage eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt. Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet und damit gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid. Nach § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG konnte daher die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen. Es waren auch keine Kosten im Sinn des § 52 Abs 1 und 2 VwGVG vorzuschreiben.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Im gegenständlichen Verfahren war zu klären, ob der Einspruch des Beschwerdeführers gegen eine näher bezeichnete Strafverfügung als verspätet zu qualifizieren ist. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat entsprechend der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur geprüft, ob Zustellmängel vorliegen und dem Beschwerdeführer die Verspätung seines Einspruches vorgehalten. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG liegt daher nicht vor, die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Hofko

(Richterin)

Schlagworte

Einspruch verspätet

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.16.3107.2

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten