TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/3 98/06/0098

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Veröffentlicht am 03.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des A in F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 22. Juni 1998, Zl. II-4151.0013/96, betreffend die Zurückweisung einer Vorstellung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Stadt Feldkirch, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde und der damit vorgelegten zahlreichen Unterlagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Dem Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 25. September 1995 ist zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 26. Juni 1972 die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf zwei Grundstücken im Gemeindegebiet erteilt wurde, er aber dieses Gebäude nicht nach den genehmigten Bauplänen errichtet habe. Insbesondere sei die Höhenlage verändert und auch der Baukörper selbst höher ausgeführt worden. Der Beschwerdeführer hat sodann mit Eingabe vom 11. Februar 1992 (in der Fassung vom März 1994) über Aufforderung der Baubehörde unter Vorlage entsprechender Pläne die nachträgliche Bewilligung der Planabweichungen beantragt.

Mit dem genannten Bescheid vom 25. September 1995 wurde I. gemäß § 35 Abs. 5 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) die Bewilligung der beantragten Planabweichungen versagt und II. gemäß § 41 Abs. 3 BauG die Wiederherstellung des

rechtmäßigen Zustandes derart verfügt, daß das Wohnhaus binnen einem Jahr nach Rechtskraft des Bescheides abzutragen und das Baugrundstück ordnungsgemäß "aufzuräumen" sei.

Zusammengefaßt wurde dies im wesentlichen damit begründet, daß das abweichend von der Baubewilligung tatsächlich errichtete Bauwerk die gesetzlichen Abstände nicht einhalte und die Voraussetzungen für eine Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 BauG nicht gegeben seien (wurde näher ausgeführt). Die Abtragung des gesamten Gebäudes sei zu verfügen gewesen, weil "sich die mit der Nichteinhaltung des gesetzlichen Abstandes verbundenen Änderungen auf das ganze Gebäude" erstreckten. Es wäre jedoch möglich, die Planabweichungen dadurch genehmigungsfähig zu machen, daß die traufenseitige Fassadenhöhe bis auf 5,80 m ab dem anstoßenden Gelände reduziert und ein entsprechendes Bewilligungsansuchen gestellt werde. Diesfalls könnte sich der Abtragungsauftrag auf eine teilweise Abtragung des Gebäudes beschränken. Der Beschwerdeführer habe jedoch trotz Rechtsbelehrung durch die Behörde von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und habe auf seinem Ansuchen beharrt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Berufungsbescheid vom 20. Mai 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefaßt billigte die Berufungsbehörde die Erwägungen der erstinstanzlichen Behörde.

Den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ist weiters zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer das Problem der Abstandsverletzungen dadurch zu lösen trachtete, daß er einen Kaufvertrag hinsichtlich eines angrenzenden Grundstückes abschloß. Diesem Vertrag wurde aber die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt (abweisliche Berufungsentscheidung des (Vorarlberger) Grundverkehrssenates vom 16. Februar 1993).

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Berufungsbescheid vom 20. Mai 1996 Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid wegen Verspätung zurückgewiesen wurde. Begründend führte die Vorstellungsbehörde aus, daß der Berufungsbescheid vom 20. Mai 1996, der keine Rechtsmittelbelehrung enthalte, nach einem erfolglosen Zustellversuch an der Abgabestelle des Beschwerdeführers am 24. Mai 1996 beim zuständigen Postamt hinterlegt worden sei. Die Vorstellung gegen diesen Bescheid trage den Eingangsstempel der belangten Behörde vom 17. Juni 1996.

Da der Berufungsbescheid am 24. Mai 1996 hinterlegt worden sei und kein Grund zur Annahme bestanden habe, daß sich der Beschwerdeführer nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten habe, habe die Berufungsfrist am 24. Mai 1996 zu laufen begonnen. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist habe somit am 7. Juni 1996 geendet. Die am 17. Juni 1996 bei der belangten Behörde eingebrachte Vorstellung sei jedenfalls verspätet. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Berufungsbescheid kein Rechtsmittelbelehrung enthalten habe.

§ 61 Abs. 2 AVG bestimme nämlich, daß dann, wenn ein Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung enthalte, das Rechtsmittel als rechtzeitig eingebracht gelte, wenn es innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht worden sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf hg. Judikatur) sei § 61 Abs. 2 AVG auch auf einen letztinstanzlichen Bescheid eines Gemeindeorganes, gegen welchen gemäß § 83 des Vorarlberger Gemeindegesetzes das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben werden könne, anwendbar. Die gegenständliche Vorstellung sei daher jedenfalls verspätet erhoben worden.

Dagegen richtet sich der vorliegende, als Beschwerde zu wertende, anwaltlich weder verfaßte noch unterfertigte Schriftsatz des Beschwerdeführer mit dem erkennbaren Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer verfolgt erkennbar weiterhin das Ziel, die Behebung des Abbruchauftrages (wohl auch die Erteilung der Baubewilligung), aber auch die Schaffung der Voraussetzungen für die Verbücherung des genannten Kaufvertrages zu erwirken.

Was nun konkret den angefochtenen Bescheid anlangt, bringt der Beschwerdeführer vor, daß er den Berufungsbescheid "vom Briefträger nicht persönlich erhalten" habe. Der "Hinterlegungsauftrag" sei in seinem Haus "zwischen Werbematerial abgelegt worden. Da ich am Wochenende immer wegfahre, hat sich das Werbematerial angehäuft. Erst beim Wegräumen vom Werbematerial, ist der Postauftrag zum Vorschein gekommen". Daraufhin habe der Beschwerdeführer "den Brief beim Postamt abgeholt, und den Rekursantrag bei der Behörde beantragt".

Dem ist folgendes zu entgegnen: Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Bedenken gegen die von der belangten Behörde bejahte Gültigkeit der Zustellung des Berufungsbescheides durch Hinterlegung zu erwecken. Der Umstand nämlich, daß der Beschwerdeführer die Hinterlegungsanzeige "erst beim Wegräumen von Werbematerial" aufgefunden hat, vermag weder eine rechtmäßig erfolgte Hinterlegung rechtlich ungeschehen zu machen, noch die Rechtsmittelfrist zu verlängern; daß, ausgehend von einer wirksamen Hinterlegung, die Vorstellung entgegen der Annahme der belangten Behörde rechtzeitig erhoben worden wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Ob allenfalls die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Vorstellung gegeben waren, kann dahingestellt bleiben, weil dies nicht Thema des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war.

Da somit schon die Ausführungen in der Beschwerde zu erkennen geben, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Vorstellung nicht zu Unrecht wegen Verspätung zurückgewiesen hat, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren und ohne daß dem Beschwerdeführer weitere Kosten entstünden, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen; nach der Lage des Falles erübrigte sich auch die Erteilung eines Verbesserungsauftrages.

Ergänzend ist zu bemerken, daß der Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Verfahren nicht dazu berufen ist, meritorisch zu prüfen, ob der Abbruchauftrag rechtmäßig erteilt (allenfalls auch: das Ansuchen um nachträgliche Bewilligung der Planabweichungen rechtmäßig abgewiesen) wurde oder nicht, weil es hier "nur" darum gehen konnte, ob die belangte Behörde die Vorstellung zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat oder nicht. Schon deshalb ist der Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Bescheid-Beschwerdeverfahren auch nicht dazu berufen, dem Beschwerdeführer hinsichtlich des genannten Kaufvertrages in bezug auf das benachbarte Grundstück "die Grundbuchseintragung zu ermöglichen". Ebensowenig besteht ein Anlaß, die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung vorzulegen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998060098.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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