TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/18 96/03/0080

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Veröffentlicht am 18.09.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Melderecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art151 Abs9 idF 1994/504;
HauptwohnsitzG 1994 Art8;
StVO 1960 §45 Abs4 idF 1994/518;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des Mag. A in G, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 8. Februar 1996, Zl. A 17 - K - 13.477/1995 - 1, betreffend Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 4 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Oktober 1995 auf Erteilung einer straßenpolizeilichen Ausnahmebewilligung für ein zeitlich uneingeschränktes Parken in näher bezeichneten Kurzparkzonen für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gemäß § 45 Abs. 4 StVO 1960 abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung darauf, daß durch die 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 518/1994, § 45 Abs. 4 StVO 1960 eine Neufassung der Ausnahmevoraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung erfahren habe und "- von Bedeutung für die Feststellung des ordentlichen Wohnsitzes - nunmehr das Hauptwohnsitzgesetz ... gilt". Werde in Fällen, in denen der Betroffene mehrere ordentliche Wohnsitze gemeldet habe, dieser an einem ordentlichen Wohnsitz in der Wählerevidenz geführt, so gelte nach § 23 Abs. 1 vierter Satz Hauptwohnsitzgesetz dieser als sein Hauptwohnsitz. Die unbestritten vorliegende Führung des Beschwerdeführers in der Wählerevidenz der Stadt L sei somit verfahrensentscheidend. Es erübrige sich somit eine Beweiswürdigung der insgesamt für das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Mittelpunkten der Lebensinteressen u.a. auch in G ins Treffen geführten Argumente, weil im Gegenstandsfall der Hauptwohnsitz und somit der Mittelpunkt der Lebensinteressen bzw. -beziehungen "kraft Gesetzes" in L begründet sei.

Der Beschwerdeführer ist im Ergebnis in Recht, wenn er die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß durch den Hauptwohnsitz kraft Gesetzes der Mittelpunkt der Lebensinteressen bzw. -beziehungen begründet werde, bekämpft.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgeführt hat, muß der Antragsteller im betreffenden Gebiet einen Wohnsitz haben, wobei hinsichtlich der örtlichen Anknüpfung eines Antragstellers durch die 19. StVO-Novelle im § 45 Abs. 4 StVO 1960 als zusätzliches und einschränkendes Kriterium normiert worden ist, daß der Antragsteller in dem betreffenden Gebiet auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen haben muß (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. November 1995, Zl. 95/03/0130, und vom 5. Juli 1996, Zlen. 96/02/0221, 0222).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im zuletzt zitierten Erkenntnis vom 5. Juli 1996 weiters ausgesprochen hat, hat diese Regelung im § 45 Abs. 4 StVO 1960 weder durch die B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 504/1994 (vgl. Art. 151 Abs. 9 B-VG in der zitierten Fassung), noch durch das Hauptwohnsitzgesetz, BGBl. Nr. 505/1994 (vgl. dessen Art. VIII), die beide nach der 19. StVO-Novelle in Kraft getreten sind, eine Änderung erfahren.

Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, wenn sie unter Berufung auf das Hauptwohnsitzgesetz (und die gesetzliche Fiktion dessen § 23 Abs. 1 vierter Satz) eine Beurteilung, an welchem Ort sich der "Mittelpunkt der Lebensinteressen" des Beschwerdeführers befindet, unterließ.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens wäre die Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß sein Wohnsitz in G auf Grund seiner wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Interessen "einen" Mittelpunkt seiner Lebensinteressen darstelle, so ist (im Hinblick auf das fortzusetzende Verfahren) zur Vermeidung von Mißverständnissen auf folgendes zu verweisen: Schon die Wortinterpretation des § 45 Abs. 4 StVO 1960 führt zu dem Ergebnis, daß in diesem Regelungszusammenhang nur ein (einziger) Mittelpunkt von Lebensinteressen (der durch Berücksichtigung sämtlicher Lebensumstände zu finden ist) in Betracht kommt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zlen. 96/02/0221, 0222)

Im Hinblick auf das oben Gesagte war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030080.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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