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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Februar 1995, Zl. 4.345.885/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Februar 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Liberia, der am 17. Jänner 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 20. Jänner 1995 den Asylantrag gestellt hat, gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Februar 1995 abgewiesen.
Der wesentliche Teil der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt am 20. Jänner 1995 lautet:
"Weshalb haben Sie Monrovia verlassen?
Es war im August 1994, als Leute kamen und meine Eltern erschossen. Ich war in der Küche. Es waren Leute der NPF. Ich flüchtete nach draußen, wo mein Vater und mein Nachbar arbeiteten. Auch meine Geschwister wurden erschossen. Der Nachbar brachte mich weg.
Hatten Sie persönliche vor diesem Vorfall irgendwelche
Probleme? Nein.
Waren Sie in Haft? Nein.
Wurde gegen Sie jemals ein Verfahren eingeleitet? Nein.
Weshalb wurden Ihre Angehörigen erschossen? Mein Vater war
Mitglied der NPF, er rekrutierte junge Männer.
Was bedeute NPF? National Party Force.
Eine Gruppe mit diesem Namen ist nicht bekannt, was stellt diese Gruppe dar? Die Soldaten des Samuel Doe töteten Leute. Die NPF war dagegen, sie wurde gegründet, um Leute zu schützen.
Wer gründete die NPF? Die Leute in der Kantebbe Avenue.
Wieviele Mitglieder hatte die NPF? Viele junge Männer, vielleicht vierzig oder fünfzig.
Wer hat Ihre Angehörigen erschossen? Die Armee.
Welche Armee? Das weiß ich nicht, sie drangen ins Haus ein, waren grün gekleidet, aber bei uns gibt es viele Gruppierungen.
Wenn Sie nicht einmal wissen, wer die Täter waren, wie kommen Sie zur Annahme, daß es sich um einen gezielten Anschlag handelte, da Ihr Vater Soldaten rekrutierte? Diese Männer töten sowieso, es wurden viele Familien getötet, darunter auch meine. Es ist eine Folge des Bürgerkrieges in Liberia.
Können Sie den Vorfall im Detail schildern? Ich war in der Küche. Es geschah am Morgen. Es kamen etwa vier Männer ins Haus und begannen sofort zu schießen. Ich stelle richtig, mein Vater in seinem Zimmer, meine Mutter war ebenfalls in ihrem Zimmer. Ich sprang aus dem Küchenfenster und lief weg.
Sie sprachen zuvor über den Garten, was hat es damit auf sich? Ich sprang aus dem Fenster und lief zu meinem Nachbarn, unsere Gärten grenzen aneinander.
Kehrten Sie nochmals ins Haus zurück? Nein.
Wie lange dauerte der Vorfall? Ich lief beim ersten Schuß und auch als mein Nachbar und ich wegliefen, wurde noch immer geschossen.
Wurde nur Ihr Haus attakiert, oder gab es überall Kämpfe? Es wurde überall gekämpft, auch in anderen Häusern.
Können Sie abgesehen von den Kriegsereignissen andere Gründe für Ihre Flucht vorbringen? Nein."
In der Berufung gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes gab der Beschwerdeführer lediglich - ohne nähere Ausführung - an, er sei Flüchtling. Er rügte insbesondere keine erstinstanzlichen Verfahrensmängel. Daraufhin erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid. Die belangte Behörde sprach dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit ab, wobei sie sich einerseits auf Diskrepanzen bei der Darstellung der Fluchtroute des Beschwerdeführers stützte, andererseits aber auch die Darstellung der Fluchtgründe mangels Schlüssigkeit, Plausibilität und Konkretisierung als nicht glaubwürdig erachtete. Diesbezüglich führte die Behörde aus:
"Ursprünglich gaben Sie an, Ihre Eltern und Geschwister seien von Mitgliedern der NPF (National Party Force) - Ihren Angaben nach eine Bürgerwehr - erschossen worden. Ihr Vater habe zum Zeitpunkt seiner Ermordung mit einem Nachbarn im Garten gearbeitet. Unmittelbar danach gaben Sie an, Ihr Vater sei Mitglied der NPF gewesen und hätte junge Männer rekrutiert. Ihre Angehörigen seien von der Armee, welche Armee wüßten Sie nicht, die Männer seien grün gekleidet gewesen, getötet worden. Und zwar seien vier Männer ins Haus eingedrungen; Sie hätten sich zu diesem Zeitpunkt in der Küche, Ihr Vater in seinem Zimmer und Ihre Mutter in ihrem Zimmer befunden. Diese Männer hätten sofort das Feuer eröffnet, Sie seien aus dem Küchenfenster gesprungen und zu Ihrem Nachbarn in dessen Garten gelaufen. Sie seien sofort mit Ihrem Nachbarn weggelaufen. Erst auf ausdrückliches Befragen gaben Sie an, daß viele Familien als Folge des Bürgerkrieges getötet worden seien und daß an diesem Tag auch die Nachbarhäuser überfallen worden seien. Ihre Angaben über den Ablauf des von Ihnen geschilderten Geschehens sind divergierend und sehr vage. Sie behaupten zwar, daß Ihre Eltern und Geschwister getötet worden seien, gleichzeitig geben Sie aber auch an, daß Sie zu Beginn des von Ihnen behaupteten Überfalles bereits geflüchtet seien und in weiterer Folge Ihr Heimatland verlassen hätten. Sie haben sich somit - Ihren eigenen Ausführungen folgend - nicht um das Schicksal Ihrer Angehörigen gekümmert und sind somit auch nicht in der Lage anzugeben, ob Ihre Angehörigen noch am Leben sind oder nicht."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer tritt nur den Ausführungen der belangten Behörde betreffend den aus den Diskrepanzen der behaupteten Fluchtroute gezogenen Schluß entgegen, bringt aber gegen den oben wörtlich wiedergegebenen, aus den Widersprüchen in wesentlichen Punkten in den Angaben zu den Fluchtgründen gezogenen Schluß der Unglaubwürdigkeit nur vor, daß selbst dann, "wenn die behauptete Tötung vom Beschwerdeführer lediglich eine Vermutung darstellen sollte," nichts für oder gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu gewinnen sei. Diesbezüglich ist dem Beschwerdeführer zwar zuzustimmen, dennoch kann die Begründung der belangten Behörde nicht als unschlüssig angesehen werden, wenn sie aus den gravierenden Widersprüchen des Beschwerdeführers zum Ablauf des von ihm behaupteten Überfalls, somit zu dem vom Beschwerdeführer als ausschlaggebend für seine Flucht geschilderten Ereignis auf die Unglaubwürdigkeit dieser Angaben des Beschwerdeführers geschlossen hat. Da der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde eine Erklärung zu diesen Widersprüchlichkeiten schuldig bleibt, kann auch der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit erkennen. Damit kann der belangten Behörde aber auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aus dem unglaubwürdigen Vorbringen ableitete, daß dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht zukomme und mangels dieser ihm auch nicht Asyl gewährt werden könne.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der von dem Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190066.X00Im RIS seit
20.11.2000