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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des E in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1995, Zl. 4.323.054/10-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 14. Februar 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, der am 21. August 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den seinem Asylantrag vom 22. August 1991 nicht stattgebenden Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Oktober 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere auch die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers habe nicht ergeben, daß er Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die vom Beschwerdeführer vorgetragene Festnahme durch die Polizeibehörden seines Heimatlandes sei eine Folge der Teilnahme des Beschwerdeführers an Ausschreitungen gewesen, weshalb der Schluß naheliege, daß diese nicht aus den im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründen erfolgt sei. Es sei davon auszugehen, daß dem Beschwerdeführer in Nigeria ein den rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechendes Gerichtsverfahren gewährleistet worden wäre, zumal in Nigeria im Privat- und Strafrecht eine am britischen Vorbild orientierte Rechtsordnung gelte. Was die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verfolgung durch Angehörige der Partei "SDP" betreffe, sei seinen Angaben nicht zu entnehmen gewesen, daß er jemals den Versuch unternommen hätte, sich unter den Schutz der nigerianischen Behörden zu stellen, um somit etwaigen Drohungen und Angriffen zu entgehen. Außerdem liege es außerhalb der Möglichkeiten jedes Staates, jeden denkbaren Übergriff Dritter präventiv zu verhindern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerde rügt unter dem Blickwinkel der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen über die tatsächlichen Vorgänge in Nigeria zu treffen. Werde man in Nigeria bedroht und müsse polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen, so habe man sich keine schützenden Maßnahmen zu erwarten, da die Polizei "ebenfalls" korrupt sei. Das dortige "Sicherheitssystem" sei keinesfalls in der Lage, dem Beschwerdeführer Schutz vor den Mitgliedern der "SDP" zu gewähren. Da diese Partei nach wie vor existiere, habe der Beschwerdeführer große Angst, nach Nigeria zurückzukehren, zumal er damit rechnen müsse, daß man ihm ebenfalls nach dem Leben trachte.
Dieses Vorbringen deckt sich mit dem in seiner Berufungsergänzung vom 7. Februar 1995, in welcher er seine am 18. November 1991 erhobene Berufung im Sinne der an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juni 1993, Zl. 4.323.054/2-III/13/91, ergänzte. Er hatte darin ausgeführt, daß seine Muttersprache Edo sei und er die englische Sprache zwar verstehe und spreche, darin aber keinesweg perfekt sei. Nicht zuletzt deshalb habe der Sachverhalt anläßlich der ersten niederschriftlichen Einvernahme am 24. September 1991 nicht zur Gänze zu Protokoll gegeben werden können. Dem hielt die belangte Behörde im bekämpften Bescheid entgegen, daß der Beschwerdeführer die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Ausführungen bei der Einvernahme mit seiner Unterschrift bestätigt habe. Damit ist die belangte Behörde im Recht.
Es findet sich am Ende der mit dem Beschwerdeführer am 24. September 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich erstellten Niederschrift folgende Feststellung:
"Mir wurde die NS in englischer Sprache vorgelesen, habe sie verstanden und nichts mehr hinzuzufügen."
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufungsergänzung nicht vorgebracht, der englischen Sprache überhaupt nicht mächtig zu sein. Er hat auch nicht behauptet, seine Kenntnisse der englischen Sprache seien so mangelhaft, daß er die zitierte und von ihm unterfertigte Erklärung nicht verstanden hätte und daß es auf dieses Unverständnis zurückzuführen sei, daß er kein weiteres Vorbringen in Richtung seiner Ausführungen in der Berufungsergänzung gemacht habe. Er hat weiters auch nicht ins Treffen geführt, derartige Ausführungen zwar gemacht zu haben, daß eine Protokollierung derselben jedoch unterblieben sei. Er hat lediglich geltend gemacht, seine mangelhaften Sprachkenntnisse hätten ihn gehindert, "den Sachverhalt anläßlich der ersten niederschriftlichen Einvernahme" zur Gänze zu Protokoll zu geben. Wäre dem tatsächlich so gewesen, so wäre der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht verhalten gewesen, sich dahingehend zu äußern, daß er weiteres Vorbringen zu erstatten habe, welches er aber nur in seiner Muttersprache artikulieren könne. Dieser ihn treffenden Verpflichtung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Daß ihm dies aufgrund seiner mangelnden Sprachkenntnisse nicht möglich gewesen wäre, behauptet selbst die Beschwerdeschrift nicht. Die belangte Behörde war aufgrund des ergänzten Berufungsvorbringens demnach nicht gehalten, eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens iS des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 anzuordnen, weshalb das ergänzte Berufungsvorbringen unbeachtlich bleiben mußte.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der schon erwähnten niederschriftlichen Befragung vom 24. September 1991 enthält keine Andeutung in der Richtung, daß der Beschwerdeführer versucht hätte, bei den staatlichen Behörden seines Heimatlandes Schutz vor der von ihm für möglich erachteten Verfolgung durch Mitglieder der "SDP" zu erhalten, oder daß ihm eine solche Hilfe nicht zuteil geworden wäre. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß dem Beschwerdeführer eine asylrelevante - also eine durch mangelnde Hilfe von staatlicher Seite ermöglichte oder begünstigte - Verfolgung durch Angehörige der "SDP" nicht drohte. Der von der belangten Behörde in ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt ist demnach - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch nicht unvollständig erhoben worden.
Insoweit der Beschwerdeführer der - zutreffenden - Annahme der Erstbehörde, die bloße Mitgliedschaft zu einer politischen Partei vermöge noch keinen Asylanspruch zu begründen, die Behauptung entgegenstellt, der Führer sowie mehrere Mitglieder der "National Republic Convention", der der Beschwerdeführer angehöre, seien von Mitgliedern der "SDP" verfolgt und ermordet worden, ist festzustellen, daß dieses in der Beschwerde erstmals erstattete Vorbringen dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbot widerspricht und daher unbeachtlich bleiben muß.
Der Feststellung der belangten Behörde, die Festnahme des Beschwerdeführers sei im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an Ausschreitungen und zur Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung in seinem Heimatland erfolgt, hält der Beschwerdeführer lediglich entgegen, sie seien als "zynisch" anzusehen. Er unterläßt aber selbst in der Beschwerde jedwedes Vorbringen, welches darauf schließen könnte, die Festnahme sei aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründe erfolgt. Soweit der Beschwerdeführer rügend vorbringt, die belangte Behörde hätte die Möglichkeit gehabt, sich im Wege des Außenministeriums über die tatsächlichen Vorgänge zu informieren, ist dem entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde - wie oben dargestellt - zu diesen ergänzenden Ermittlungen nicht verpflichtet war. Der belangten Behörde kann daher auch nicht als fehlerhaft angelastet werden, daß sie aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 24. September 1991 schloß, seine Festnahme sei wegen seiner Teilnahme an den dort erwähnten Ausschreitungen und nicht aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe erfolgt. Die Verfahrensrüge, die Feststellung der belangten Behörde, die Festnahme des Beschwerdeführers wäre eine Folge der Ausschreitungen, sei "völlig an den Haaren herbeigezogen", erweist sich demnach als nicht zielführend.
Auch das Beschwerdevorbringen, "die Meinung der erkennenden Behörde, daß in Nigeria ein den rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechendes Gerichtsverfahren gewährleistet worden wäre, könne tatsächlich als planker (sic ) Hohn und Zynismus aufgefaßt werden" und daß "derartige Gemeinplätze von der erkennenden Behörde wider besseren Wissens im Bescheid" verbreitet würden, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer weder im Verfahren noch in der Beschwerde vorgebracht hat, daß er in seinem Heimatland tatsächlich ein gerichtliches Verfahren wegen seiner Teilnahme an den Ausschreitungen zu erwarten hätte, kann überdies dahinstehen, ob ein solches Verfahren rechtsstaatlichen Ansprüchen genügen würde, fehlt doch selbst in der Beschwerde die Behauptung, der Beschwerdeführer würde einem derartigen Verfahren aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründe nicht teilhaftig werden.
Da sich die Beschwerde aus obigen Gründen als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190061.X00Im RIS seit
20.11.2000