TE OGH 2021/12/16 5Ob209/21b

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Veröffentlicht am 16.12.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin Mag. B* G*, vertreten durch die Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Antragsgegnerin N*, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 16 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. August 2021, GZ 39 R 91/21b-27, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]       1. Die „durchschnittliche Lage“ (§ 2 Abs 3 RichtWG) ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0111204). Das gilt auch für die nach § 16 Abs 4 MRG erforderliche Beurteilung, ob die Liegenschaft, in der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die „besser“ ist als die durchschnittliche. Zur Beurteilung, ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaft als „besser als durchschnittlich“ zu qualifizieren ist, bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen (5 Ob 74/17v; 5 Ob 104/21m). Dabei ist dem Rechtsanwender ein gewisser Wertungs- und Ermessensspielraum eingeräumt (5 Ob 104/21m mwN), den die Vorinstanzen bei ihrer Beurteilung zur Berechtigung des Lagezuschlags im konkreten Fall nicht überschritten haben.

[2]       1.2 In fußläufiger Entfernung des Hauses im 6. Wiener Gemeindebezirk ist (nahezu) jegliche Art von Infrastruktur vorhanden (Nahversorger, Krankenhaus, Apotheken, Ärzte, Postfiliale, Banken, Kindergärten und mehrere [Volks-]Schulen). In der Umgebung gibt es mehrere kleinere Parks und den Esterházy-Park. Das Haus des Meeres ist 730 m entfernt. Die Kaufkraft ist leicht überdurchschnittlich. Es handelt sich um ein aufstrebendes Viertel in fußläufiger Entfernung zur dichten Lokalszene der Gumpendorfer Straße und sämtlichen Einkaufsmöglichkeiten der 700 m entfernten Mariahilfer Straße.

[3]       1.3 Die nach Ansicht der Antragstellerin unterdurchschnittliche Versorgung mit Grünflächen sah das Rekursgericht im Rahmen der in der Rechtsprechung geforderten Gesamtschau und Gewichtung der einzelnen Lagekriterien (5 Ob 104/21m; 5 Ob 158/18v) durch die Lage in einem aufstrebenden „InViertel“ als aufgewogen. Dagegen argumentiert die Antragstellerin in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs mit der Nähe zum Gürtel, der dadurch bedingten überdurchschnittlichen Belastung durch Verkehr, Abgase und Lärm sowie der vorherrschenden Kleinkriminalität („Drogen und Kriminalitätshotspot“).

[4]       1.4 Anders als in dem zu 5 Ob 104/21m entschiedenen Fall befindet sich das Objekt jedoch nicht in „unmittelbarer“ Gürtelnähe mit all den von der Antragstellerin aufgezählten negativen Begleiterscheinungen oder an einer sonst stark befahrenen Straße. Der Revisionsrekurs geht somit nicht von der festgestellten Lage im 6. Wiener Gemeindebezirk aus.

[5]       2.1 Die Vorgangsweise der Vorinstanzen bei der Ermittlung des Lagezuschlags entspricht der Rechtsprechung des Fachsenats zu den Vorgaben des § 16 Abs 3 MRG. Der Sachverständige, dessen Beurteilung die Vorinstanzen ihrer Entscheidung zugrundelegten, griff aufgrund der Unmöglichkeit, unbebaute Vergleichsobjekte in der Umgebung des Bestandobjekts zu finden, im Rahmen der Vergleichswertmethode auf Transaktionsdaten von vier (unbebauten) Liegenschaften zurück, die er zum Stichtag Mai 2016 aufgrund der im Gutachten dargestellten Preisentwicklung valorisierte. Der Rückgriff auf unbebaute Liegenschaften entspricht der Rechtsprechung (5 Ob 170/18p). Die Antragstellerin vermag in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs nicht aufzuzeigen, inwieweit diese dem Tatsachenbereich zuzuordnende und damit der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogene (5 Ob 170/18p mwN) Methode des Sachverständigen sich außerhalb der in Gesetz und Rechtsprechung enthaltenen Kriterien bewegt.

[6]       3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Textnummer

E133824

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00209.21B.1216.000

Im RIS seit

15.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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