TE Vwgh Beschluss 2022/1/13 Ra 2021/09/0259

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Veröffentlicht am 13.01.2022
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Index

E1P
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
49/04 Grenzverkehr
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §136 Abs1 Z1
B-VG Art144 Abs1
SDÜ 1990 Art54
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwGG §41
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und den Hofrat Dr. Doblinger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des Dr. A B in C, vertreten durch Dr. Christian Stocker, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog-Leopold-Straße 26, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 14. Oktober 2021, 1. LVwG-AV-1207/001-2018 und 2. LVwG-AV-1208/001-2018, betreffend Verhängung einer Disziplinarstrafe nach dem Ärztegesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Niederösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) der vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde gegen das Erkenntnis der belangten Behörde vom 18. April 2018 idF des Berichtigungsbescheides vom 27. August 2018, mit dem über den Revisionswerber wegen eines näher beschriebenen Disziplinarvergehens gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 Ärztegesetz 1998 eine Geldstrafe verhängt worden war, in der Schuldfrage unter Konkretisierung des Schuldspruches keine Folge. In der Straffrage gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde Folge und setzte die Geldstrafe herab (Spruchpunkt 1.). Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

2        Die außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis erweist sich als unzulässig:

3        Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision u.a. die Bezeichnung der Rechte zu enthalten, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte).

4        Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens daher insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 12.3.2021, Ro 2021/09/0003; 3.2.2021, Ra 2020/06/0324-0326; 29.1.2020, Ra 2019/09/0118, jeweils mwN).

5        Der Revisionswerber bringt unter „III Revisionspunkt“ vor, er erachte sich durch das angefochtene Erkenntnis und das diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Rechtsmittelverfahren „insbesondere in seinem subjektiven Recht auf rechtskonforme Anwendung der Bestimmung des § 136 Abs. 6 ÄrzteG 1998 bzw. Art. 4 des 7. Zusatzprotokoll zur EMRK, Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens“ verletzt, wobei das Erkenntnis insbesondere an Rechtswidrigkeit des Inhaltes leide.

6        Mit dem oben wiedergegebenen Revisionspunkt macht der Revisionswerber kein subjektiv-öffentliches Recht geltend, in dem er verletzt sein könnte: Bei der behaupteten Verletzung des Rechts auf rechtskonforme Anwendung des Ärztegesetzes 1998 handelt es sich nicht um einen Revisionspunkt, sondern um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. zum behaupteten Recht auf rechtsrichtige Anwendung des DMSG: VwGH 19.3.2014, Ro 2014/09/0034, mwN).

7        Soweit der Revisionswerber als Revisionspunkt eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte aus der EMRK geltend macht, fällt deren Prüfung nach Art. 144 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes und damit nicht in jene des Verwaltungsgerichtshofes. Soweit auch eine Verletzung des Art. 50 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union behauptet wird, mangelt es im Revisionsfall an einer nach Art. 51 Abs. 1 der Grundrechte-Charta erforderlichen Durchführung des Rechts der Europäischen Union und somit an einem Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta überhaupt (vgl. VwGH 5.3.2021, Ra 2020/09/0072, mwN). Dies trifft auch auf die behauptete Verletzung des Schengener Durchführungsübereinkommens zu.

8        Eine Verletzung im Recht auf Unterbleiben einer Bestrafung mangels Vorliegens eines Disziplinarstraftatbestandes hat der Revisionswerber nicht geltend gemacht (vgl. etwa erneut VwGH 12.3.2021, Ro 2021/09/0003, mwN). Eine dahingehende Umdeutung der behaupteten Rechtsverletzung scheidet nach der dargestellten Rechtsprechung jedoch aus.

9        Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 13. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021090259.L00

Im RIS seit

10.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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