TE Bvwg Erkenntnis 2022/1/3 W170 2248325-1

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Veröffentlicht am 03.01.2022
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Entscheidungsdatum

03.01.2022

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28
WG 2001 §20
WG 2001 §24
WG 2001 §25

Spruch

W170 2246975-1/2E
W170 2246975-2/2E
W170 2248325-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Weinrauch Rechtsanwälte GmbH, Stubenring 16/2, 1010 Wien, gegen die Bescheide des Militärkommandanten Steiermark Ergänzungsabteilung vom 25.08.2021, beide zur Zl. P1630368/4-MilKdo ST/Kdo/ErgAbt/2021, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird im Hinblick auf beide Bescheide gemäß §§ 28 VwGVG, 26 WG 2001 abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Weinrauch Rechtsanwälte GmbH, Stubenring 16/2, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Militärkommandanten Steiermark vom 07.10.2021, Grundbuchnummer ST/01/16/01/63, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG, § 25 WG 2001 abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 23.02.2021 einen Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes. Seine Mutter sei 2007 die Landwirtschaft übergeben worden, besitze jedoch nicht das Wissen, um diese zu führen. Seit Trennung seiner Eltern im Jahr 2013 übernehme er sämtliche Arbeiten am Hof und im Forst, er führe die Direktvermarktung der Produkte und sei für einen geplanten Stallabriss unerlässlich. Außerdem würde durch Ableistung des Präsenzdienstes sein Einkommen wegfallen von welchem er die Schulden des Hofes bezahle. Dies sei eine ernsthafte Existenzbedrohung für den Beschwerdeführer und seine Mutter.

Mit Schreiben vom 22.03.2021 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Befreiung, diesmal durch seinen anwaltlichen Vertreter und führte aus er sei als Geschäftsführer im Unternehmen seines Onkels beschäftigt, dieser leide an einer schweren Krebserkrankung und leite der Beschwerdeführer faktisch bereits den Betrieb. Es sei für die Weiterführung des Unternehmens unabkömmlich, dass der Beschwerdeführer vom Grundwehrdienst befreit werde. Weiters wurde in eventu der Antrag gestellt den Antritt des Grundwehrdienstes bis zum Ablauf des 15. Septembers jenes Kalenderjahrs, in dem der Beschwerdeführer das 28. Lebensjahr vollendet, aufzuschieben.

Mit im Spruch zu I. erstgenannten Bescheid wurden die Anträge des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes abgewiesen, begründend wurde ausgeführt, es lägen keine besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen, welche eine Befreiung rechtfertigen würden, vor, weil die Interessen lediglich beim Onkel des Beschwerdeführers als Alleineigentümer des Unternehmens, bzw. der Mutter des Beschwerdeführers als Eigentümerin des Land- und Forstwirtschaftsbetriebs lägen. Nach der Rechtsprechung müssten die maßgeblichen wirtschaftlichen Interessen jedoch in der Person des Antragsstellers gelegen sein.

Mit zum gleichen Datum und zur selben Zahl erlassenen, zu I. zweitgenannten, Bescheid wies die Behörde zudem den Antrag auf Aufschub des Grundwehrdienstantritts ab. Ein Aufschub könne nur für Ausbildungszwecke gewährt werden, derartige Gründe habe der Beschwerdeführer aber nicht geltend gemacht.

Beide Bescheide wurden am 26.08.2021 zugestellt.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 23.09.2021 gegen beide Bescheide Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, der Betrieb werde durch ihn und seine Mutter als Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben. Das wirtschaftliche Interesse liege daher auch in der Person des Beschwerdeführers als Mitunternehmer. Weiters befinde der Beschwerdeführer sich im Unternehmen seines Onkels quasi in einem Ausbildungsverhältnis, da er dort für seine spätere Tätigkeit als Geschäftsführer vorbereitet werde.

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt bezugshabendem Verwaltungsakt am 04.11.2021 vorgelegt.

Mit Bescheid des Militärkommandos Steiermark vom 07.10.2021, Grundbuchnummer ST/01/16/01/63, wurde der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 10.01.2022 zur Leistung des Grundwehrdienstes in der Dauer von sechs Monaten einberufen und festgestellt, dass er ab 00:00 Uhr dieses Tages Soldat sei. Er habe sich am 10.01.2022 bis spätestens 11:00 Uhr bei(m) Kommando und Stabskompanie/Jägerbataillon 18 in 8770 Sankt Michael in Obersteiermark, LANDWEHR Kaserne ST. MICHAEL, Brunn 13 einzufinden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 08.11.2021 Beschwerde und wiederholte im Wesentlichen die bereits im Zuge seiner Beschwerde gegen die abweisenden Anträge auf Aufschub und Befreiung vom Grundwehrdienst vorgebrachten Gründe.

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit 17.11.2021 vorgelegt.

1.2. Zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt:

Die Mutter des Beschwerdeführers ist Eigentümer der in Rede stehenden Land- und Forstwirtschaft, vor der Übernahme bewirtschaftete sie diese seit 01.01.2014 als Pächterin. Die Mutter des Beschwerdeführers ist als Küchenhilfe vollzeitbeschäftigt.

Der Beschwerdeführer ist seit September 2019 Geschäftsführer bei der Firma seines Onkels und ist dort vollzeitbeschäftigt. Der Onkel des Beschwerdeführers leidet an einer schweren Krebserkrankung, die Übernahme des Unternehmens durch den Beschwerdeführer ist geplant. Im September 2020 legte der Beschwerdeführer die Meisterprüfung für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung ab.

Der Beschwerdeführer wurde erstmals am 05.11.2019 einer Stellung unterzogen und für vorübergehend untauglich befunden. Seit Rechtskraft des Stellungsbeschlusses am 17.08.2020 ist er tauglich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, die Feststellungen zu 1.2. beruhen auf den Feststellungen des Bescheides, denen der Beschwerdeführer insoweit nicht entgegengetreten ist, sowie seinen eigenen Angaben im Antrag auf Aufschub.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu I. A)

3.1. Zur Befreiung:

Gemäß § 26 Abs 1 WG 2001 sind taugliche Wehrpflichtige, soweit militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes auf Antrag zu befreien, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentlichen Interessen erfordern (Z 1) oder wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern (Z 2).

Gründe die für das Vorliegen militärischer oder sonstiger öffentlicher Interessen sprechen wurden von Seiten des Beschwerdeführers nicht vorgebracht und sind auch nicht zu erkennen.

Der Beschwerdeführer führte jedoch das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher und familiärer Interessen ins Treffen.

Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Wehrpflichtige gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es ein Wehrpflichtiger, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinn der Bestimmungen des Wehrgesetzes angesehen werden (VwGH 29.09.2005, 2003/11/0026). Ist der Wehrpflichtige nicht selbst Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes, in dem er arbeitet, sondern sind dies vielmehr seine Eltern, so ist das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen iSd § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 daher auszuschließen. Die künftig vorgesehene Übernahme dieses Betriebes durch den Wehrpflichtigen vermag nämlich ein wirtschaftliches Interesse des Wehrpflichtigen an seiner Befreiung nicht zu begründen (VwGH 21.03.1995, 94/11/0402; VwGH 13.12.2005, 2005/11/0167).

Das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen eines Wehrpflichtigen im Betrieb eines Unternehmens im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 2 WehrG 2001 ist nur dann zu bejahen, wenn der Wehrpflichtige selbst Unternehmer ist (VwGH 21.02.2012, 2011/11/0086).

Im Sinne dieser Rechtsprechung war daher das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen zu verneinen. Der Beschwerdeführer ist nicht Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes seiner Mutter und hat auch das Unternehmen des Onkels noch nicht übernommen. Dass der Beschwerdeführer nunmehr vorbringt den Betrieb mit seiner Mutter als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu führen ändert hieran nichts, da dieser, im Lichte der Harmonisierungspflicht, angehalten gewesen wäre den Betrieb auf seine Abwesenheit vorzubereiten und eine solche Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine Rechtspersönlichkeit besitzt, sondern Rechtsträger alleine die Gesellschafter sind. Daher ist keiner der Betriebe im Eigentum des Beschwerdeführers

Besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen liegen nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn ein Familienangehöriger des Wehrpflichtigen in seinen eigenen Belangen der Unterstützung durch den Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser aber wegen der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes nicht gewähren könnte, und wenn mangels Unterstützung des Angehörigen durch den Wehrpflichtigen eine Gefährdung der Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen des Angehörigen zu befürchten ist (VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/11/0064; VwGH 21.09.1990, Zl. 90/11/0044, VwSlg 13261 A/1990; VwGH am 27.03.2008, 2007/11/0202).

Neben dem Wehrpflichtigen trifft auch dessen Familienangehörigen, der in seinen Angelegenheiten der Unterstützung des Wehrpflichtigen bedarf, die Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht einzurichten bzw. die dafür erforderlichen Dispositionen zu treffen. Verletzt er diese Harmonisierungspflicht und Dispositionspflicht, so können die daraus abgeleiteten familiären Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des Gesetzes angesehen werden (VwGH 28.06.1988, 88/11/0040: im vom Verwaltungsgerichtshof im dortigen Verfahren entschiedenen Fall war es Sache einer Mutter als Inhaberin eines Familienbetriebes, in dem ihr wehrpflichtiger Sohn und dessen nahezu arbeitsunfähiger Vater als Angestellte beschäftigt sind, die erforderlichen Vorkehrungen für die Zeit der bevorstehenden Präsenzdienstleistung bzw. Zivildienstleistung ihres Sohnes zu treffen und auf die Wehrdienstpflicht bzw. Zivildienstpflicht ihres Sohnes überhaupt Bedacht zu nehmen. Das Unterlassen entsprechender Dispositionen wie die mangelnde Bedachtnahme auf die Wehrdienstpflicht bzw Zivildienstpflicht überhaupt bewirkt zwangsläufig das Fehlen der besonderen Rücksichtswürdigkeit des geltend gemachten familiären Interesses an der Befreiung; VwGH 21.10.1994, 94/11/0270).

Die besondere Rücksichtswürdigkeit familiärer Interessen ist dann anzunehmen, wenn durch die fehlende Unterstützung der Angehörigen (hier: Eltern bzw. Geschwister) eine Gefährdung ihrer Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen, wie zB der Verlust der Existenzgrundlage, zu befürchten ist. Zur Unterstützung der Angehörigen ist in diesem Zusammenhang aber nicht nur der Wehrpflichtige, sondern die ganze Familie berufen. Jene Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend macht, haben überdies ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des wehrpflichtigen Angehörigen einzurichten (mwN VwGH 13.12.2005, 2005/11/0167).

Ein familiäres Interesse des Wehrpflichtigen an seiner Befreiung kommt nicht in Betracht, wenn der Wehrpflichtige als Angestellter im Unternehmen, dessen Inhaber seine Mutter ist, tätig ist, und diese auf seine Mithilfe angewiesen ist (zu Zivildienstpflichtigen: VwGH 21.10.1994, 94/11/0270).

Im Lichte dieser Rechtsprechung, kann im Unterstützungsbedarf der Mutter in ihrem Betrieb kein besonders rücksichtswürdiges familiäres Interesse im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 erkannt werden.

Hinsichtlich der vorgebrachten Unabkömmlichkeit des Beschwerdeführers im Betrieb des Onkels wurde bereits nicht vorgebracht, dass dem Onkel bei Ausbleiben der Unterstützung durch den Beschwerdeführer eine Gefährdung seiner Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen drohe. Zudem wären auch die (allenfalls sogar näheren) übrigen Angehörigen des Onkels ebenfalls zur Unterstützung berufen und der Onkel angehalten gewesen, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des wehrpflichtigen Beschwerdeführers einzurichten. Auch dahingehend besteht daher kein besonders rücksichtswürdiges familiäres Interesse.

Der Behörde war daher Recht zu geben, wenn sie mangels Vorliegen besonders rücksichtswürdiger Interessen im Sinne des § 26 Abs. 1 WG 2001 den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid abwies.

3.2. Zum Aufschub:

Nach § 26 Abs. 3 WG 2001 ist tauglichen Wehrpflichtigen der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, sofern militärische Interessen nicht entgegenstehen, wenn 1. sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnenen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder 2. sie vor der rechtswirksam verfügten Einberufung zum Grundwehrdienst eine weiterführende Ausbildung begonnen haben und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Der Beschwerdeführer ist seit dem 17.08.2020 tauglich und wurde nicht binnen eines Jahres einberufen. Geschäftsführer im Unternehmen seines Onkels ist er seit September 2019.

Der Beschwerdeführer brachte vor, es handle sich bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführers um eine sonstige Berufsvorbereitung, dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer ist bereits berufstätig und als Geschäftsführer im Unternehmen des Onkels beschäftigt, auch hat er die für die Übernahme des Unternehmens notwendige Meisterprüfung bereits abgelegt, womit seine Berufsausbildung als abgeschlossen anzusehen ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Beschwerdeführer in ständiger Weiterbildung befindet, weil dies geradezu charakteristisch für die ersten Jahre nach dem Berufseinstieg ist (vlg. VwGH 15.09.2009, 2008/11/0087, wonach der Umstand, dass sich der Wehrpflichtige, ein Profi- Eishockeyspieler, der bei einem Eishockeyclub einen laufenden Spielervertag hat, in ständiger Weiterbildung und täglichem Training befindet, trifft auf nahezu alle Berufssportler zu und ändert nichts an der Beurteilung, dass er sich nicht mehr in einer "Ausbildung" bzw. einer "sonstigen Berufsvorbereitung" iSd. § 26 Abs. 3 Z 1 WehrG 2001 befindet).

Dem Aufschub nach § 26 Abs. 3 WG 2001 steht bereits die mangelnde Voraussetzung einer sonstigen Berufsvorbereitung (das Bestehen einer Schul- bzw. Hochschulausbildung wurde bereits nicht vorgebracht) entgegen, doch kann in der Unterbrechung auch kein besonderer Nachteil erkannt werden.

Der Beschwerdeführer machte als besonderen Nachteil im Wesentlichen geltend, dass sich der Abschluss der Berufsvorbereitung maßgeblich verzögern würde und er sich aufgrund seiner Abwesenheit im Anschluss neu einarbeiten müssen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die mit Ableistung des ordentlichen Zivildienstes verbundene Verhinderung einer zügigen und ununterbrochenen Dauer des Studiums (einer fortführenden Ausbildung) für sich allein ebenfalls noch keinen „bedeutenden Nachteil“ iSd Gesetzes dar. Dieser mit jeder derartigen Unterbrechung einer Ausbildung verbundene Nachteil wird vom Gesetz grundsätzlich in Kauf genommen und ergibt sich unzweifelhaft aus § 14 Abs. 2 ZDG. Eine gegenteilige Auffassung wäre mit Wortlaut und Sinn des Gesetzes, welches ausdrücklich auf einen „bedeutenden Nachteil“ abstellt, nicht vereinbar und hätte faktisch zur Folge, dass § 14 Abs. 2 ZDG weitgehend ins Leere ginge (VwGH 17.12.1998, 98/11/0183).

Gleiches gilt für § 26 Abs 3 Z 1 WG 2001, der Beschwerdeführer kann daher keinen bedeutenden Nachteil geltend machen, vielmehr hätte er im Sinne der Harmonisierungspflicht bereits vor Beginn der Berufsvorbereitung damit rechnen müssen, dass er seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Ableistung des Präsenzdienstes nachkommen muss. Der Beschwerdeführer hat durch die Aufnahme seiner Berufsvorbereitung Fakten geschaffen, aus denen er nunmehr die Unzumutbarkeit einer Unterbrechung abzuleiten versucht, obwohl er wissen musste, dass er dieser noch nachkommen wird müssen. Dabei ist darauf aufmerksam zu machen, dass grundsätzlich alle Zivil- und Wehrdienstleistenden, die bereits vor Erbringung der jeweilig in Rede stehenden Dienstleistung ihre berufliche (künstlerische) Existenz zu verwirklichen begonnen haben, einen Rückschlag bzw. Zeitverlust in ihrer Karriere hinzunehmen haben (VwGH 30.06.1992, 92/11/0104).

Die Abweisung des Antrags auf Aufschub erfolgte somit zu Recht.

Zu II. A)

Gemäß § 20 WG 2001 sind alle Wehrpflichtigen zur Leistung des Grundwehrdienstes verpflichtet. Der Zeitpunkt, an dem dieser Präsenzdienst erstmalig anzutreten ist, hat vor Vollendung des 35. Lebensjahres des Wehrpflichtigen zu liegen. Die Wehrpflichtigen sind, sofern militärische Rücksichten nicht entgegenstehen, nach Möglichkeit zum Grundwehrdienst innerhalb von sechs Monaten nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zu diesem Präsenzdienst einzuberufen. Der Grundwehrdienst dauert sechs Monate. Die Dauer von Wehrdienstleistungen in einem Dienstverhältnis nach § 1 Abs. 3 Z 2 WG 2001 und einem Auslandseinsatzpräsenzdienst nach § 19 Abs. 1 Z 8 WG 2001 sind auf die Dauer des Grundwehrdienstes anzurechnen.

Gemäß § 24 Abs. 1 WG 2001 sind Wehrpflichtige zum Präsenzdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen. Der Einberufungsbefehl ist, soweit hier relevant, spätestens vier Wochen vor dem Einberufungstermin zum Grundwehrdienst zu erlassen. Der Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst darf nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach erstmaliger Feststellung der Tauglichkeit des Wehrpflichtigen zum Wehrdienst erlassen werden.

Der Einberufungsbefehl ist nach Ablauf von sechs Monaten nach der Feststellung der Tauglichkeit und länger als vier Wochen vor dem Einberufungstermin erlassen worden und daher aus diesem Grund nicht rechtswidrig.

Nach § 25 Abs 1 Z 4 WG 2001 sind hinsichtlich der Einberufung vom Grundwehrdienst jene Wehrpflichtigen von der Einberufung zum Präsenzdienst ausgeschlossen, die nachweislich in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung am Beginn jenes Kalenderjahres standen, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals oder, im Falle einer zwischenzeitlich festgestellten vorübergehenden Untauglichkeit oder Untauglichkeit, neuerlich ihre Tauglichkeit festgestellt wurde.

Wie bereits zum Aufschub ausgeführt befindet sich der Beschwerdeführer weder in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung noch einer sonstigen Berufsvorbereitung. Sonstige Gründe die zu einem Ausschluss von der Einberufung nach § 25 WG 2001 führen könnten wurden nicht vorgebracht und finden sich auch keinerlei Anhaltspunkte die auf ein Vorliegen solcher Gründe hindeuten würden.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu I. und II. A)

Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet des Parteiantrags abgesehen, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen standen. Ein Zusammenhang mit der GRC besteht nicht, die Verpflichtung, Wehrdienst zu leisten fällt nicht unter Art. 6 EMRK (VfSlg. 17.341; VfGH 15.10.2005, B 360/05, wo der Verfassungsgerichtshof diesen Zusammenhang auch nicht hergestellt hat).

Zu I. und II. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich an der unter I. und II. A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, daher ist keine offene Rechtsfrage zu sehen. Die Revision ist daher unzulässig.

Schlagworte

bedeutender Nachteil Berufsausbildung Einberufung Grundwehrdienst Harmonisierungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2022:W170.2248325.1.00

Im RIS seit

31.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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