TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/23 Ro 2017/08/0014

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.12.2021
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

ASVG
EStG 1988 §2 Abs3
GSVG 1978 §236
GSVG 1978 §25
GSVG 1978 §25 Abs1
GSVG 1978 §25 Abs2
GSVG 1978 §25 Abs4
GSVG 1978 §26 Abs3 Z1
GSVG 1978 §26 Abs4
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Berger, Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision der S G in K, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pfarrplatz 17/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2017, G308 2118840-1/3E, betreffend Beitragsgrundlage und Beiträge nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nunmehr Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Die Revisionswerberin war ab April 2003 als Inhaberin der Gewerbeberechtigung „Werbegrafik-Designer“ und Mitglied einer Wirtschaftskammer gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert sowie ab dem Jahr 2004 projektbezogen und ab dem Jahr 2008 hauptsächlich für ein Museum tätig. Im Jahr 2013 war die Gewerbeberechtigung nur (mehr) bis 10. Mai 2013 aufrecht und anschließend ruhend gemeldet, sodass die Revisionswerberin nur bis 31. Mai 2013 nach dem GSVG pflichtversichert war. Daneben war sie von September 2012 bis Jänner 2014 als Angestellte einer GmbH unselbständig beschäftigt und daher auch nach dem ASVG pflichtversichert (vollversichert).

Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 23. April 2014 wertete das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht (im Folgenden: Landesgericht) die Geschäftsbeziehung der Revisionswerberin mit dem Museum rückwirkend ab 1. September 2008 als Dienstverhältnis und erkannte der Revisionswerberin damit verbundene Entgeltansprüche zu.

Laut dem in Rechtskraft erwachsenen Einkommensteuerbescheid 2013 (im Folgenden: EStB 2013) vom 10. Juli 2015 erzielte die Revisionswerberin im Jahr 2013 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von € 15.607,09 sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

2.1. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 sprach die vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde (im Folgenden: Behörde) aus, dass sich die Beitragsgrundlage im Zeitraum von 1. Jänner bis 31. Mai 2013 gemäß § 25 Abs. 2 GSVG endgültig auf monatlich € 3.081,88 belaufe, die Revisionswerberin für diesen Zeitraum monatliche Beiträge in der Krankenversicherung von € 235,76 und in der Pensionsversicherung von € 570,15 zu entrichten habe, die Nachforderung € 2.350,55 betrage und dieser Rückstand bis 15. Dezember 2015 bei sonstigen Verzugsfolgen zu zahlen sei.

Die Behörde führte begründend - soweit hier von Bedeutung - aus, die Revisionswerberin habe im Jahr 2013 aus ihrem Gewerbebetrieb einen laufenden Gewinn von € 1.861,77 und einen „Übergangsgewinn“ von € 13.987,35, welcher aus der Rückerstattung von zu Ungebühr geleisteten Sozialversicherungsbeiträgen resultiere, erzielt. Daraus folgten die im EStB 2013 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von € 15.607,09. Bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage bestehe eine Bindung an den rechtskräftigen EStB 2013 und die Höhe der darin ausgewiesenen Einkünfte unbeschadet deren Entstehungsgeschichte.

2.2. Die Revisionswerberin erhob gegen den Bescheid Beschwerde und brachte - soweit hier von Belang - vor, es treffe zu, dass die im EStB 2013 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (insbesondere) aus dem angeführten „Übergangsgewinn“, welcher aus der Rückerstattung von zu Ungebühr geleisteten Sozialversicherungsbeiträgen resultiere, herrührten. Die Beitragsrückerstattung sei erfolgt, weil mit Urteil des Landesgerichts die Tätigkeit der Revisionswerberin für das Museum rückwirkend in ein Dienstverhältnis umqualifiziert worden sei. Steuerlich seien die rückerstatteten Beiträge zwar als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu deklarieren gewesen, beitragsrechtlich lägen jedoch keine Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit vor, sodass auch keine Beitragspflicht nach dem GSVG bestehen könne; andernfalls würde es nämlich zu einer unzulässigen Doppelvorschreibung nach dem ASVG und dem GSVG kommen.

2.3. Die Behörde erwiderte im Vorlagebericht, die Revisionswerberin habe auch im Jahr 2013 die Struktur ihres Gewerbebetriebs aufrechterhalten und Betriebsausgaben verzeichnet, wobei sich in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ein Überschuss von € 1.861,77 ergeben habe. Laut ihren Angaben im Verfahren vor dem Landesgericht habe sie auch vereinzelt an Projekten für andere Kunden gearbeitet und auf diese Weise bis zu € 15.000,-- pro Jahr dazuverdient. Im Hinblick darauf habe sie jedoch im maßgeblichen Zeitraum (von Jänner bis Mai 2013) auch eine die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründende selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt.

3.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab.

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht traf umfangreiche Feststellungen, aus denen - über den unstrittigen Sachverhalt hinaus - Folgendes hervorzuheben ist:

Die Revisionswerberin habe (im Rahmen ihres Gewerbebetriebs) neben der Tätigkeit für das Museum vereinzelt auch an Projekten für andere Kunden gearbeitet und dabei jährlich bis zu € 15.000,-- verdient. Es könne nicht festgestellt werden, dass sie auch im Jahr 2013 für andere Kunden (als für das Museum) tätig geworden sei. Sie habe dem Museum für den Zeitraum von Jänner bis Mai 2013 Honorarnoten (über brutto € 16.487,04) gelegt und die Beträge auch bezahlt erhalten. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 2013 weise Umsatzerlöse aus Honoraren von brutto € 9.832,30 und einen Jahresüberschuss von € 1.861,77 auf.

Aufgrund der (mit Urteil des Landesgerichts erfolgten) rückwirkenden Umqualifizierung der Tätigkeit für das Museum in ein Dienstverhältnis sei die Revisionswerberin in der Folge rückwirkend ab September 2008 gemäß § 4 Abs. 2 ASVG beim zuständigen Sozialversicherungsträger vollversichert worden. Die allgemeine Beitragsgrundlage nach ASVG für das Dienstverhältnis zum Museum habe € 31.779,50, die Beitragsgrundlage der Sonderzahlungen € 7.586,59 betragen. Auf Antrag der Revisionswerberin habe ihr die Behörde die seit September 2008 ungebührlich nach dem GSVG entrichteten Sozialversicherungsbeiträge rückerstattet.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb laut dem rechtskräftigen EStB 2013 von € 15.608,09 ergäben sich aus dem laufenden Gewinn von € 1.861,77 sowie aus dem aus der Betriebsaufgabe und Beitragsrückzahlung resultierenden „Übergangsgewinn“ von € 13.987,35.

3.3. In der Beweiswürdigung führte das Bundesverwaltungsgericht - unter anderem - aus, es sei nicht feststellbar, dass die Revisionswerberin von Jänner bis Mai 2013 auch für andere Auftraggeber als das Museum tätig gewesen sei. Mit Blick auf die vom Landesgericht festgestellten Honorare bzw. die Umsatzerlöse laut Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bleibe auch rechnerisch kein Raum für einen Zuverdienst im Wege anderer „Kunden“. Aus der Geltendmachung von Betriebsausgaben könne gleichfalls nicht „unbedingt“ auf eine Tätigkeit für andere Auftraggeber geschlossen werden.

3.4. Rechtlich folgerte das Bundesverwaltungsgericht - soweit hier von Bedeutung -, es sei unstrittig, dass die Revisionswerberin im Zeitraum von 1. Jänner bis 31. Mai 2013 aufgrund ihrer aufrechten Gewerbeberechtigung und ihrer Mitgliedschaft in einer Wirtschaftskammer der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG unterlegen sei. Strittig bleibe lediglich, welche Einkünfte bei der Feststellung der Beitragsgrundlage zu berücksichtigen seien.

Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage sei nach § 25 GSVG eine Bindung an das Einkommensteuerrecht dahin normiert, dass die für die Steuerbemessung maßgeblichen Einkünfte heranzuziehen seien. Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 sei daher für die Behörde bindend.

Vorliegend habe die Revisionswerberin - laut dem in Rechtskraft erwachsenen EStB 2013 - Einkünfte aus Gewerbebetrieb von € 15.607,09 erzielt, welche aus dem laufenden Gewinn von € 1.861,77 und einem „Übergangsgewinn“ von € 13.987,35 (als solcher seien gemäß § 4 Abs. 10 EStG 1988 beim Wechsel der Gewinnermittlungsart infolge Betriebsaufgabe die wegen ungebührlicher Entrichtung rückerstatteten als Betriebseinnahmen zu erachtenden Sozialversicherungsbeiträge zu beurteilen) resultierten. Diese einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Einkünfte seien für die Ermittlung der Beitragsgrundlage nach § 25 GSVG heranzuziehen.

3.5. Das Bundesverwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision zulässig sei. Es fehle - so die wesentliche Begründung - Rechtsprechung zu der Frage, ob bei einer rückwirkenden Umqualifizierung einer ursprünglich auf Werkvertragsbasis ausgeübten Tätigkeit in ein Dienstverhältnis neben dem Arbeitgeber, der Beiträge nach dem ASVG zu leisten habe, auch der Versicherte Beiträge nach dem GSVG, insbesondere für aufgrund der Umqualifizierung ungebührlich entrichtete und rückerstattete Beiträge, zu leisten habe, was im Ergebnis einer doppelten Beitragspflicht für ein und dasselbe Einkommen gleichkäme.

4. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die ordentliche Revision, in der ergänzend geltend gemacht wird, die rückwirkende Umqualifizierung in ein Dienstverhältnis habe zur Folge, dass im betreffenden Zeitraum keine Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erzielt worden seien, sodass keine Beiträge zur Pflichtversicherung nach dem GSVG entstehen könnten, wobei fallbezogen auch die Mindestbeitragsgrundlage nicht zur Anwendung komme.

Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision ist zulässig und auch begründet.

6.1. Voranzustellen ist zunächst, dass die Pflichtversicherung der Revisionswerberin (als Inhaberin einer Gewerbeberechtigung und Mitglied einer Wirtschaftskammer) in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG im hier maßgeblichen Zeitraum (von Jänner bis Mai 2013) unstrittig ist. Strittig - und im Folgenden näher zu erörtern - bleibt daher lediglich, welche Einkünfte für die Ermittlung der Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG heranzuziehen sind.

6.2. Weiters ist vorweg festzuhalten, dass die Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG grundsätzlich nach jener Rechtslage zu ermitteln ist, die in dem Zeitraum in Geltung stand, für den die Beitragsgrundlage ermittelt werden soll (vgl. VwGH 16.3.1993, 92/08/0115). Vorliegend ist daher die Rechtslage im betreffenden Zeitraum (Jänner bis Mai 2013) maßgeblich und wird im Folgenden auf diese abgestellt.

7.1. Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 GSVG die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegen, heranzuziehen. Als Einkünfte gelten dabei die Einkünfte im Sinn des EStG 1988.

7.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Feststellung der Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG eine Bindung an das Einkommensteuerrecht in der Weise normiert, dass die für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblichen Einkünfte des Pflichtversicherten heranzuziehen sind. Daher ist für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte gemäß § 25 Abs. 1 GSVG bilden, das Einkommensteuerrecht maßgebend. Mit dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid steht für die Behörde, die über die Beitragsgrundlage zu entscheiden hat, bindend fest, dass der Pflichtversicherte die in diesem Bescheid ausgewiesenen Einkünfte erzielt hat (vgl. VwGH 7.9.2005, 2003/08/0169; 11.9.2008, 2006/08/0166).

Darüber hinaus ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt - für die Einbeziehung von im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünften in die Beitragsgrundlage erforderlich, dass die Einkünfte auch aus einer die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit resultieren. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine neuerliche Entscheidung über Umstände, über die bereits mit dem Einkommensteuerbescheid rechtskräftig abgesprochen wurde. Vielmehr geht es um die nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen vorzunehmende Beurteilung, ob eine bestimmte Erwerbstätigkeit, aus der durch den Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einkünfte im Sinn des EStG resultieren, die Pflichtversicherung begründet (vgl. etwa VwGH 21.12.2011, 2009/08/0292; 2.5.2012, 2009/08/0202).

Es können also Einkünfte, die von einer Erwerbstätigkeit herrühren, welche keine Versicherungspflicht nach dem GSVG begründet, zur Bemessung der Beitragsgrundlage nicht herangezogen werden (vgl. VwGH 7.9.2005, 2004/08/0181, mwN).

8.1. Vorliegend ist unstrittig, dass die Geschäftsbeziehung der Revisionswerberin zum Museum rückwirkend ab September 2008 in ein (abhängiges) Dienstverhältnis umqualifiziert wurde. Zudem stellte das Bundesverwaltungsgericht fest - wobei diese Feststellung im Revisionsverfahren unbekämpft blieb -, dass die Revisionswerberin im Jahr 2013 im Rahmen ihres Gewerbebetriebs nicht mehr für andere Kunden, sondern ausschließlich für das Museum tätig war.

Daraus ergibt sich, dass die betreffenden Einkünfte der Revisionswerberin im Jahr 2013 nicht aus einer die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit, sondern aus einem die Pflichtversicherung nach dem ASVG begründenden Dienstverhältnis resultierten.

8.2. Das Bundesverwaltungsgericht stellte weiters fest - wobei auch diese Feststellungen im Revisionsverfahren unbekämpft blieben -, dass die im EStB 2013 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb einerseits aus dem Jahresüberschuss bzw. laufenden Gewinn für 2013 von € 1.861,77, der sich aus den dem Museum im Zeitraum von Jänner bis Mai 2013 verrechneten Honoraren ergab, sowie andererseits aus dem „Übergangsgewinn“ von € 13.987,35, der sich aus der Rückerstattung von zu Ungebühr (aufgrund der rückwirkenden Umqualifizierung der Geschäftsbeziehung zum Museum in ein Dienstverhältnis) geleisteten Sozialversicherungsbeiträgen ergab, resultierten.

Die angeführten im EStB 2013 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb rührten freilich - wie schon festgehalten wurde (Punkt 8.1.) - nicht aus einer die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit her, sondern aus einem unstrittig die Pflichtversicherung nach dem ASVG begründenden Dienstverhältnis zum Museum. Im Hinblick darauf waren die betreffenden Einkünfte für die Ermittlung der Beitragsgrundlage nicht heranzuziehen.

8.3. Nach dem Vorgesagten steht daher fest, dass die im rechtskräftigen EStB 2013 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb zur Gänze bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 1 GSVG außer Acht zu lassen sind.

Dahingestellt bleiben kann, inwiefern fallbezogen die Nichteinbeziehung des aus der Rückerstattung der ungebührlich entrichteten Beiträge resultierenden Teilbetrags in die Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 1 GSVG allenfalls (auch) aus § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG abgeleitet werden könnte.

9.1. Gemäß § 26 Abs. 3 Z 1 GSVG ist - soweit hier von Bedeutung - für den Fall, dass ein nach dem GSVG Pflichtversicherter auch eine die Pflichtversicherung nach dem ASVG begründende Erwerbstätigkeit ausübt (Mehrfachversicherung; vgl. etwa VwGH 12.10.2016, Ra 2015/08/0173), bei Ermittlung der Beitragsgrundlage die Bestimmung des § 25 Abs. 4 bzw. § 236 GSVG (Heranziehung der Mindestbeitragsgrundlage) nicht anzuwenden.

Diese Regelung wird durch § 26 Abs. 4 GSVG für den Fall eingeschränkt, dass die Summe der anteiligen Beitragsgrundlage nach dem ASVG und der Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 2 GSVG nicht die Mindestbeitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 4 bzw. § 236 GSVG erreicht, wobei diesfalls Beitragsgrundlage nach dem GSVG der Unterschiedsbetrag zwischen der anteiligen Beitragsgrundlage nach dem ASVG und der Mindestbeitragsgrundlage nach dem GSVG ist.

9.2. Vorliegend war die Revisionswerberin im maßgeblichen Zeitraum unstrittig sowohl in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG als auch in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (Vollversicherung) gemäß § 4 Abs. 2 ASVG pflichtversichert. Es lag daher eine Mehrfachversicherung vor.

Da nach den obigen Ausführungen (Punkt 8.) die im rechtskräftigen EStB 2013 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Ermittlung der Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 1 GSVG zur Gänze außer Acht zu lassen und auch keine Hinzurechnungen gemäß § 25 Abs. 2 GSVG vorzunehmen sind sowie auf Basis des festgestellten Sachverhalts auch kein Anwendungsfall des § 26 Abs. 4 GSVG vorliegt, beläuft sich die Beitragsgrundlage nach dem GSVG auf Null bzw. ist keine solche Beitragsgrundlage anzusetzen und sind folglich auch keine Beiträge nach dem GSVG vorzuschreiben.

10. Aus den dargelegten Erwägungen hat daher das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet. Die Entscheidung ist deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

11. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, zumal die genannten Bestimmungen - neben dem Ersatz des Schriftsatzaufwands - für den gesondert begehrten „ERV-Zuschlag“ keine gesetzliche Grundlage bieten (vgl. etwa VwGH 7.10.2019, Fr 2019/08/0008). Eine Eingabengebühr war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 46 GSVG (nunmehr § 12 SVSG) nicht zu entrichten.

Wien, am 23. Dezember 2021

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2017080014.J00

Im RIS seit

29.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten