TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/26 W274 2235361-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2021
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Entscheidungsdatum

26.08.2021

Norm

ABGB §138
ABGB §158
ABGB §167
ABGB §169
ABGB §173
ABGB §24
AVG §13 Abs3
AVG §9
B-VG Art133 Abs4
DSG §1
DSGVO Art15
DSGVO Art23 Abs1 liti
GRC Art24

Spruch


W274 2235361-1/19E

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Lughofer als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. KommR POLLIRER und Dr. GOGOLA als weitere Richter über die Beschwerde des 1. XXXX , 2. XXXX 3. XXXX ,2006 4. XXXX .2008, 2. – 4. BF vertreten durch den 1.BF, gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde, Barichgasse 40-42, 1030 Wien, vom 20.07.2020, GZ D123.788 2020-0.195.015, Mitbeteiligte XXXX wegen Verletzung im Recht auf Auskunft, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit E-Mail vom 17.11.2018 erhob Mag. (FH) XXXX , im Folgenden Erstbeschwerdeführer (1.BF), vertretend auch XXXX (2.BF), Mutter der mj. XXXX (3.BF) und des mj. XXXX (4.BF), sowie im Rahmen der Obsorge beider Elternteile auch letztere vertretend, an die Datenschutzbehörde (im Folgenden: belangte Behörde) "Beschwerde gegen die KJP in XXXX ". Für letztere ist Rechtsträgerin die XXXX (im Folgenden: Mitbeteiligte, MB).

Der 1.BF brachte vor, "deren" minderjährige Tochter sei vom XXXX .2018 bis XXXX .2018 in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) in XXXX in stationärer Behandlung gewesen. Trotz mehrerer Ersuchen um Vorlage der Pflegeberichte und Befunde seien diese erst verspätet und unvollständig vorgelegt worden. Die Abteilungsleiterin und die Oberärztin der KJP XXXX hätten wegen Vorenthaltung der "ergänzenden (Kranken-)Akte" betreffend die mj. Tochter gegen die DSGVO sowie das DSG verstoßen. Weiters seien verdeckte Daten des BF, seiner Lebensgefährtin und deren Sohnes gesammelt oder verarbeitet sowie an andere Institutionen widerrechtlich weitergegeben worden. Aufgrund dessen hätten "sie" ihr Recht auf Information (Art. 43 Abs. 4 DSG und Art. 13 - 14 DSGVO) und Auskunft (Art. 44 DSG und Art. 15 DSGVO) iVm dem Recht auf Berichtigung (Art. 45 DSG und Art. 16 DSGVO), dem Recht auf Löschung (Art. 45 DSG und Art. 17 DSGVO), dem Recht auf Datenübertragung (Art. 20 DSGVO), auf Widerspruch gegen die Datenverarbeitung (Art. 21 DSGVO) und auf Schutz gegen eine automatisierte Entscheidung im Einzelfall (Art. 22 DSGVO) nicht mehr rechts- und gesetzeskonform ausüben können. Die belangte Behörde werde im Bescheid die genannten Verletzungen des DSG und der DSGVO festzustellen haben, die der vierköpfigen Familie die volle Einsicht in die Unterlagen sichere.

Mit diesem Schreiben legte der BF mehrere Beilagen, insbesondere E-Mails, vor.

1.2.Nach einem Mängelbehebungsauftrag vom 12.02.2019 führte der 1.BF mit Schreiben vom 28.02.2019 bzw. E-Mail vom 01.03.2019 ergänzend aus, die KJP XXXX habe seine Familie - ihn, seine Lebensgefährtin und deren beide minderjährigen Kinder - ohne Einverständnis einem systematischen Profiling im Sinne des Art. 19 DSGVO unterzogen. Das Recht des 1. BF bezogen auf die Krankengeschichte der 3.BF sei nur teilweise erfüllt worden. Zahlreiche (Konsiliar)-Befunde und Aufklärungsbögen aus der Krankenakte der 3.BF seien vorenthalten worden. Die Informationen im Sinne der Art. 13 und 14 DSGVO aus der Heilstättenschule, die die 3.BF während des stationären Aufenthalts besucht habe, seien nie zur Verfügung gestellt worden. Das Recht auf Auskunft des 1. BF, der 2.BF und des 4. BF seien vollständig ignoriert worden. Im Zuge des klinikinternen Austausches mit dem Helfersystem seien durch die Weitergabe von personenbezogenen Daten seiner Familie schutzwürdige Interessen im Sinne des § 1 Abs. 1 DSGVO verletzt worden. Bei der MB handle es sich um die KJP in XXXX , Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter, Direktorin Univ. Prof. Dr. XXXX , Station B, ärztliche Leitung Oberärztin Dr. XXXX MSc, Heilstättenschule XXXX , Direktion XXXX . Die zuständige Oberärztin Dr. XXXX sei mehrmals per E-Mail um Vorlage der Pflegeberichte und Befunde ersucht worden. Erst mit 09.07.2018 sei der Befund der 3.BF, die sich vom XXXX .2018 bis XXXX .2018 in stationärer Behandlung befunden habe, ausgehändigt worden. Die restlichen Unterlagen seien ihm am 30.07.2018 persönlich übergeben worden. Teilweise seien diese mehrfach gewesen, andere hätten gefehlt. Die Befunde, Berichte uam für die Folgeuntersuchungen der 3.BF seien bis heute nicht zur Verfügung gestellt worden. Die Belege für die Heilstättenschule, die im selben Haus untergebracht sei, hätten gänzlich gefehlt. Einer Aufforderung zur Nachreichung sei nicht entsprochen worden. Daten seien ohne Einverständnis an andere Institutionen (zB Verein Netzwerk, involvierte Helfersysteme, die Heilstättenschule, die Neue Mittelschule XXXX ) weitergegeben worden.

1.3. Mit zweitem Mängelbehebungsauftrag vom 07.03.2019 erachtete die belangte Behörde die Folgeeingabe weiterhin als mangelhaft, diese bedürfe hinsichtlich der gerügten Verletzung im Recht auf Auskunft einer Klarstellung, welche Datenauskünfte nicht erteilt worden seien bzw. inwieweit die übermittelte Auskunftsbeantwortung unvollständig sei, konkret was fehle. Weiters wurde ausgeführt, dass die verfahrenseinleitende Eingabe den Verfahrensgegenstand bilde. Eine gemeinsame Behandlung des Vorbringens, wonach eine widerrechtliche Ermittlung bzw. Datenoffenlegung gegen § 1 DSG verstoße mit einer Beschwerde wegen des Verstoßes im Recht auf Auskunft, sei ausgeschlossen.

1.4. Mit Bescheid vom 07.03.2019, GZ DSB-D123.788/0002-DSB/2019, wurde die Beschwerde der 1. – 4. BF betreffend eine Verletzung im Recht

1. auf Information,

2. auf Berichtigung,

3. auf Löschung,

4. auf Datenübertragbarkeit,

5. auf Widerspruch und

6. nicht einer Entscheidung unterworfen zu werden, die ausschließlich auf automatisierte Verarbeitung beruhe,

zurückgewiesen.

Dieser Bescheid bezieht sich auf die verfahrenseinleitende Eingabe vom 17.11.2018 der genannten BF. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, mit Mängelbehebungsauftrag vom 12.02.2019 habe die belangte Behörde die BF aufgefordert, näher bezeichnete formelle Mängel zu beheben, jedenfalls Umstände darzulegen, was den datenschutzrechtlichen Verstoß im Sinne der Art. 13, 14, 16, 17, 20, 21 und 22 DSGVO darstelle und die zugrundeliegenden Anträge vorzulegen. Weiterhin sei durch die BF kein Sachverhalt releviert worden, aus dem sich eine Rechtsverletzung der genannten Rechte ableiten ließe und kein Vorbringen erstattet, aus dem sich ein Sachverhalt ergäbe, der denkmöglich einen Verstoß gegen die bezeichneten Rechte darstelle. Weiters seien keine entsprechenden Anträge vorgelegt worden.

Die BF hätten in ihrer Eingabe vom 01.03.2019 das Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 DSG und das Recht auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO als verletzt bezeichnet. Betreffend die Rechte gemäß Art. 15 DSGVO und § 1 DSG sei mit separater Erledigung weiter zu verfahren. Aufgrund des Unterbleibens einer Verbesserung seien die übrigen Beschwerdepunkte in den Spruchpunkten 1 bis 6 zurückzuweisen.

1.5. Mit E-Mail vom 02.04.2019 nahm der 1.BF auf den Mängelbehebungsauftrag vom 07.03.2019 Bezug und führte aus, ihm als leiblichem Vater laut Obsorgebeschluss seien Unterlagen über den stationären Aufenthalt ausgehändigt worden. Bei Durchsicht habe sich ergeben, dass die Pflegeberichte uam unvollständig seien oder - bezogen auf die einzelnen Aufenthaltstage - fehlten. Bei den „kjp/ps Physiotherapie“ fehlten - bezogen auf die Felder "Leistung, Anmerkung, Programm, Partizipation, Koordinationsmotorik“ - die ausführlichen und detaillierten Anmerkungen.

Zur Gänze fehlten:

Die Gefahrenmeldung der kjp in XXXX an die kjh der BH XXXX zu Lasten der Eltern;

der Schriftverkehr mit der örtlichen Patientenvertretung wegen der stationären Missstände (zB mangelnde Aufsicht);

die Informationen, die an andere Institutionen laufend weitergegeben wurden sowie

Unterlagen laut Verweisen in den stationären Pflegedurchführungsnachweisen.

Darüber hinaus werde bezweifelt, dass die vollständigen Testunterlagen und die vollständigen Dekurse der Physiotherapie überreicht worden seien. Wie von Oberärztin Dr. XXXX und Mag. XXXX am Rande mitgeteilt, sollten weitere psychologische Berichte betreffend die Tochter unter Verschluss gehalten worden sein.

Trotz Urgenzen seien die nachstehenden Unterlagen bis heute vorenthalten worden:

Protokolle, Arztbriefe, Befunde und Konsiliarbefunde der Kontrolluntersuchungen;

Aufklärungsbögen und Einverständniserklärungen;

mangelnde Abrechnung des Taschengeldes;

detaillierte Befunde aus dem Pflegeakt;

detaillierte Unterlagen für die Schulzuweisung an die NMS XXXX bzw. fortlaufender Informationsaustausch hierzu;

detaillierte Unterlagen der Heilstättenschule XXXX ;

Mitschrift über die beobachteten und dokumentierten Verhaltensauffälligkeiten;

verschiedenste Testunterlagen diverser Studien;

die übermittelten Unterlagen der kjp/ps Physiotherapie bezogen sich nur auf einen Teil des Zeitraumes des stationären Aufenthalts.

Die widerrechtlich ermittelten Daten über die Eltern in Profilingqualität würden wegen strafrechtlicher Relevanz in einer gesonderten Beschwerde aufgegriffen.

1.6. Unter Hinweis darauf, dass verfahrensgegenständlich lediglich die Verletzung im Recht auf Auskunft sei, übermittelte die belangte Behörde die bisherigen Schreiben des BF der XXXX als MB zur Stellungnahme.

1.7. Die MB nahm am 29.05.2019 dahingehend Stellung, dass auf die – mitübermittelte -Stellungnahme vom XXXX verwiesen werde, woraus sich ergebe, dass zwei Gründe vorlägen, die eine Einsicht des Vaters in bestimmte Teile der Krankengeschichte nicht rechtfertigten:

a)       der ausdrückliche Wunsch des Kindes, den es in Kenntnislage des gesamten Behandlungsgeschehens geäußert habe, dass der Vater keine Einsicht in die Unterlagen zu den projektiven Verfahren und in den Dekurs zu den therapeutischen Gesprächen erlange;

b)       das Auskunftsbegehren stehe dem Kindeswohl entgegen, da zu erwarten sei, dass die Eltern durch die Kenntnis der Inhalte emotionalen Druck auf die Patientin ausüben könnten. Im Sinne der Fürsorgepflicht der Krankenanstalt könne deshalb auf diese Teile der Krankengeschichte keine Einsicht gewährt werden.

Die MB habe aber, soweit möglich, dem Auskunftsbegehren der Eltern nach der DSGVO entsprochen.

Gleichzeitig wurde die Stellungnahme vom XXXX vom 20.05.2019 übermittelt.

1.8. Nach einer zweiten Aufforderung an die MB, die Gründe auszuführen, die ein überwiegendes Interesse am Unterbleiben der Auskunft begründen, insbesondere auszuführen, „welche rechtlichen Beurteilungen seitens der Rechtsabteilung der MB zum Ergebnis einer Unstatthaftigkeit der Auskunft führe“, nahm diese am 15.07.2019 erneut Stellung.

Dabei wurde ausgeführt, dem Auskunftsbegehren des Vaters, dem als Obsorgeberechtigtem Auskunftsrechte zustünden, sei zu großen Teilen entsprochen worden. Die Teile, wo dem Auskunftsbegehren nicht entsprochen worden sei, lägen darin begründet, dass die Betroffene der Auskunftserteilung an den Vater ausdrücklich widersprochen habe. Mit Stellungnahme von XXXX sei klargestellt worden, dass dem Auskunftsbegehren im Hinblick auf das Kindeswohl nicht nachzukommen sei, da ein emotionaler Druck auf das Kind befürchtet worden sei. Betreffend die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Kindes, bezogen auf seine Entscheidung zur Datenweitergabe, sei man davon ausgegangen, dass die 3.BF bei dieser Fallkonstellation einsichts- und urteilsfähig gewesen sei, da sie basierend auf den therapeutischen Gesprächen und der erfolgten Aufklärung sehr wohl die Auswirkungen ihrer Entscheidung absehen habe können. Somit sei dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes Rechnung getragen worden.

1.9. Mit Schreiben vom 24.07.2019 erstattete der 1.BF weiteres Vorbringen insbesondere im Zusammenhang mit seiner Zustimmung als Obsorgeberechtigter.

Am 25.07.2019 übersandte die MB ein E-Mail zur Thematik "Vertretungsfeindlichkeit" in Bezug auf bestimmte Rechtsgeschäfte.

Nach Gelegenheit zum Parteiengehör erstattete der 1.BF mit E-Mail vom 02.09.2019 weiteres Vorbringen zur Thematik „Bildaufnahme und Bildverarbeitung“ gemäß §§ 50a ff DSG.

Zuletzt erstattete der 1.BF am 18.09.2019 weiteres umfangreiches Vorbringen.

1.10. Aus einer Urgenz des 1.BF vom 29.02.2020 ergibt sich, dass betreffend den 1.BF zum damaligen Zeitpunkt etwa zehn Verfahren bei der belangten Behörde anhängig waren.

1.11. Mit dem bekämpften Bescheid vom 20.07.2020 entschied die belangte Behörde über die „Datenschutzbeschwerde des Mag. (FH) XXXX (1.BF), XXXX (2.BF), XXXX (3.BF), XXXX (4.BF), 2.- bis 4.BF vertreten durch den 1.BF, vom 17.11.2018 gegen die XXXX (MB) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft. Die belangte Behörde wies die Beschwerde der 3.BF als unbegründet ab und jene der 1., 2. und 4.BF zurück. Die belangte Behörde definierte als Beschwerdegegenstand die Frage, ob die MB die 3.BF dadurch in ihrem Recht auf Auskunft verletzt habe, indem sie nicht den vollständigen Inhalt des Krankenakts der 3.BF beauskunftet habe, weiters, ob die 1., 2. und 4.BF in ihrem Recht auf Auskunft verletzt worden seien.

Die belangte Behörde stellte folgenden Sachverhalt fest:

„Die am 24.03.2006 geborene 3. BF ist die Tochter des 1. und der 2.BF sowie die Schwester des 4. BF. Der 1.BF übt mit der 2.BF die gemeinsame Obsorge hinsichtlich der 3. und 4.BF aus. Die 2. BF hat dem 1.BF die Vollmacht erteilt, datenschutzrechtliche Verfahren in ihrem Namen zu führen.

Die MB ist die Betreibergesellschaft aller Landeskrankenhäuser im Bundesland XXXX .

Die 3.BF war in der Zeit vom XXXX .2018 bis XXXX .2018 in einem Krankenhaus der MB in stationärer Behandlung. Der 1.BF und die 2.BF haben am XXXX .2018 in ihrem Namen sowie im Namen der 3. und 4.BF einen Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO gestellt.

Die MB hat nicht den gesamten Inhalt des Krankenakts der 3.BF beauskunftet.

Die 3.BF hat gegenüber ihrer behandelnden Ärztin/Psychologin ausdrücklich mitgeteilt, dass sie nicht will, dass ihr Vater (1.BF) Einsicht in die Unterlagen zu den projektiven Verfahren und in den Dekurs zu den therapeutischen Gesprächen bekommt.“

Rechtlich führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1. aus, der 1.BF habe in seinem sowie im Namen der 2. bis 4.BF Beschwerde an die belangte Behörde erhoben. Die Vollmacht zur Rechtsausübung und Beschwerdeführung in Bezug auf die 2.BF sowie die Obsorgeberechtigung betreffend die 3. und 4.BF habe der 1.BF im Parallelverfahren mit der GZ XXXX vorgelegt.

Die Führung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens setze Prozessfähigkeit voraus. Nach § 9 AVG seien die Fragen der persönlichen Rechts- und Handlungsfähigkeit von am Verwaltungsverfahren Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Personen, die nicht prozessfähig seien, nähmen durch ihren gesetzlichen Vertreter am Verwaltungsverfahren teil. Zwar hätten mündige Minderjährige beschränkte Prozessfähigkeit, diese sei aber auf Verfahren, die sich auf ihnen zur freien Verfügung überlasse Sachen beziehen oder ihr Einkommen aus eigenem Erwerb betreffen, beschränkt. Die DSGVO enthalte nur in ihrem Art. 8 Sonderbestimmungen für die Rechte von Minderjährigen und lege besondere Bedingungen für die Einwilligung eines Kindes in Bezug auf Dienste der Informationsgesellschaft fest. In diesem Bereich habe der Unionsgesetzgeber eine explizite Vertretungsmöglichkeit durch Eltern auch in Datenschutzangelegenheiten betreffend Dienste der Informationsgesellschaft anerkannt. Es finde sich aus dem Verordnungstext kein Hinweis darauf, dass diese normierte Vertretungsmöglichkeit auf die Betroffenenrechte nach Kapitel III. der Verordnung umgelegt werden könnten. Zwar könnten Kinder, die das 14. Lebensjahr vollendet hätten, gemäß § 4 Abs. 4 DSG unter bestimmten Voraussetzungen wirksame datenschutzrechtliche Zustimmungserklärungen abgeben. Daraus lasse sich aber kein Recht zur verwaltungsbehördlichen oder -gerichtlichen Verfahrensführung ableiten.

Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art. 15 DSGVO sei ein höchstpersönliches Recht. Demgemäß könne Auskunft nur über die zur eigenen Person verarbeiteten Daten verlangt werden, ein subjektives Recht auf Auskunft über personenbezogene Daten Dritter sei der DSGVO fremd. Nach der hM zur Frage der Vertretung im Bereich der höchstpersönlichen Rechte gelte der Grundsatz, dass diese weder übertragbar noch mit einer gesetzlichen Vertretung vereinbar seien. Nur die Person selbst, die Träger des Persönlichkeitsrechtes sei, könne höchstpersönliche Rechte ausüben bzw. darüber disponieren, was notwendigerweise das Vorliegen von Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit der Person erfordere.

Eine strikte Bindung an die Vertretungsfeindlichkeit hinsichtlich der Disposition über personenbezogene Daten könne aber Minderjährigen oder entscheidungsunfähigen Erwachsenen zum Nachteil gereichen, da die Wahrung des Kindeswohls bzw. das Wohl der vertretenen Person damit nur schwer möglich sei. Es sei daher notwendig, die verschiedenen Grundrechtspositionen des Kindes einer Interessenabwägung zu unterziehen. Auch Thiele gehe davon aus, dass im Kontext des Datenschutzes das Kindeswohl in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt werden müsse. Aus dem besonderen Schutzanspruch für Kinder gemäß Art. 24 EU-GRC sowie dem BVG Kinderrechte werde deutlich, dass die Frage der Vertretungsmöglichkeit in datenschutzrechtlichen Fragen ein am Wohl der Minderjährigen ausgerichtetes Handeln des gesetzlichen Vertreters erfordere. Die Vertretungsbefugnis in höchstpersönlichen Angelegenheiten müsse immer dann möglich sein, wenn es das Wohl der betroffenen Person erfordere.

Der 1.BF könne die 3.BF im verwaltungsbehördlichen Verfahren betreffend eine mangelhaft erteilte Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO nur dann vertreten, wenn dies dem Interesse der 3. BF im Rahmen des Kindeswohls entspräche. Der 1.BF berufe sich auf eine unvollständige Übergabe der Krankengeschichte betreffend die 3.BF. Wie festgestellt, habe die MB nicht die gesamte Krankenakte der 3.BF beauskunftet, sondern die Testdiagnostikverfahren CTQ und SET sowie Dekurse, die therapeutische und an die Therapie grenzende Inhalte haben, hiervon ausgenommen. Dies sei seitens der MB damit begründet worden, dass die Herausgabe dieser Daten zum Ergebnis hätte haben können, dass die Eltern durch die Kenntnis der Inhalte emotionalen Druck auf die 3.BF ausüben könnten. Die 3.BF habe im Rahmen ihres stationären Aufenthalts in der Klinik der MB den Wunsch geäußert, dass dem 1.BF keine Einsicht in die Unterlagen zu den projektiven Verfahren und in den Dekurs zu den therapeutischen Gesprächen gewährt werden solle.

Die Verfahrensführung des 1.BF in Vertretung der mj. 3.BF widerspreche daher dem Kindeswohl. Einerseits sei sowohl nach Art. 24 Abs. 1 EU-GRC als auch nach Art. 4 BVG Kinderrechte die Meinung des Kindes zu berücksichtigen. Zum Anderen ergäbe sich bereits aus dem therapeutischen Setting, dass Kommunikationsdaten, die Therapiegespräche zum Inhalt hätten, derart in die Privatsphäre der betroffenen Person eingreifen, dass davon auszugehen sei, dass eine Offenlegung Dritten gegenüber, auch wenn es die gesetzlichen Vertreter seien, nicht ohne weiteres im Interesse der betroffenen Person sein müsse, zumal es auf der Hand liege, dass die Eltern in Kenntnislage der Gesprächs- und Therapieinhalte den Therapieerfolg hindern könnten.

Betreffend Spruchpunkt 2. hätten der 1., die 2. und der 4.BF trotz gebotener Möglichkeit die Mängel in Bezug auf die Ersteingabe nicht beseitigt. Sie hätten kein konkretes Vorbringen hinsichtlich der vorgebrachten Verletzung im Recht auf Auskunft ihrer personenbezogenen Daten erstattet, somit kein konkretes Vorbringen gemäß § 24 Abs. 2 Z. 3 und 4 DSG. Die Anträge seien in der vorliegenden Form daher nicht gesetzmäßig und die Beschwerde in diesem Punkt zurückzuweisen.

In Bezug auf die nicht verfahrensgegenständlichen Ausführungen des 1.BF hinsichtlich einer unzulässigen Bildverarbeitung werde darauf verwiesen, dass es dem 1.BF freistehe, innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Frist eine diesbezügliche Beschwerde an die belangte Behörde zu richten.

1.12. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des 1.BF, erkennbar auch für die 2. – 4.BF vom 18.08.2020, erkennbar wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mit den Begehren "die Abweisung der Beschwerde der 3.BF zurückzunehmen, die Beschwerden der 1., der 2. und des 4.BF weiterzuverfolgen, die Verbesserung des vorliegenden Bescheids durch die österreichische Datenschutzbehörde, elektronische Akteneinschau zwecks Überprüfung des Sachverhalts, die Verlängerung der Rechtsmittelfrist, die Auferlegung sämtlicher Kosten für die Rechtsverfolgung zu Lasten der MB sowie die umfassende Erhebung der ergänzenden Unterlagen“.

Das BVwG werde nach Gewährung des Parteiengehörs um Entscheidung ersucht.

Am 30.08.2020 legte der 1. BF weitere Unterlagen vor.

1.13. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem elektronischen Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht am 18.09.2020 vor, wo dieser am 24.09.2020 einlangte. Sie bestritt das Beschwerdevorbringen zur Gänze und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.

1.14. Am 22.4.2021 erfolgte eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unter Zuhilfenahme einer Videokonferenz betreffend die BF sowie die aus XXXX zu ladenden Zeugen. In dieser Verhandlung wurden der 1.BF, die 3.Bf sowie die Zeuginnen Mag. XXXX und XXXX befragt. Die 2. BF ist nicht erschienen. Der 1.BF überreichte ein von der 2.BF unterfertigtes Entschuldigungsschreiben, in dem u.a. ausgeführt wird, dass eine Verfahrensbeteiligung für diese sinnlos erscheine.

Die Beschwerde ist im Ergebnis nicht berechtigt:

Folgender Sachverhalt steht neben dem eingangs wiedergegebenen Verfahrensgang fest:

2.1. Die am 24.03.2006 geborene 3. BF ist die Tochter des 1. und der 2.BF sowie die Schwester des 4. BF. Der 1.BF übt mit der 2.BF die Obsorge beider Elternteile hinsichtlich der 3. und 4.BF aus. Die 2. BF hat dem 1.BF die Vollmacht erteilt, datenschutzrechtliche Verfahren in ihrem Namen zu führen.

Die MB ist die Betreibergesellschaft aller Landeskrankenhäuser im Bundesland XXXX .

2.2. Die 3.BF war in der Zeit vom XXXX .2018 bis XXXX .2018 in einem Krankenhaus der MB in stationärer Behandlung. Im Zuge dessen kam es zwischen dem 1.BF sowie der 2.BF gegenüber Verantwortlichen der Kinder- und Jugendpsychiatrie XXXX im Rahmen von Besprechungen und E-Mail-Verkehr zu Nachfragen betreffend Befundberichte und Informationen aus der Krankengeschichte betreffend die 3.BF (zB. E-Mail des 1.BF vom 26.6.2018, Antwort Dr. XXXX 27.6.2018).

2.3. Der 1.BF und die 2.BF stellten sodann am XXXX .2018 unter Verwendung eines Musters in ihrem Namen sowie im Namen der 3. und 4.BF einen Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO an die XXXX , LKH XXXX , Kinder- und Jugendpsychiatrie, wie folgt:

2.5. Mit E-Mail des 1.BF u.a. an XXXX bezog sich der 1.BF auf den Antrag vom 10.7.2018 und ersuchte, „sämtliche archivierte Daten“ postalisch zu übermitteln und am 30.7.2018 „den gesamten Krankenbericht“ der 3.BF „endlich vorzulegen“. Die KUJP XXXX habe ihre Auskunftspflicht mehrmals verletzt.

Das E-Mail enthält den Hinweis der Weiterleitung an die Patientenanwaltschaft, weitere Empfänger und eine vorbehaltene Kontaktaufnahme an Printmedien.

2.6. Am 30.7.2018 unterfertigte der 1.BF ein Schreiben der KUJP XXXX , „die Pflegeberichte der 3.BF vom 17.4. bis 10.7.2018, den Dekurs der Physiotherapie sowie die Testunterlagen ERFE, YSR/11-18 R, DTK-II, FEEL-KJ und CBCL/6-18 R erhalten zu haben.

2.7. Auf Grund von Nachfragen des 1.BF im Zuge des stationären Aufenthalts der 3.BF in der Klinik der MB nach ihm nicht zugänglich gemachten ärztlichen Behandlungsunterlagen betreffend die 3.BF beriet sich die zuständige XXXX mit der befassten Oberärztin Dr. XXXX sowie der befassten Psychologin Dr. XXXX , ob die bisher nicht beauskunfteten Bestandteile der Krankengeschichte betreffend den therapeutischen Bereich sowie den Bereich projektiver Verfahren der Psychodiagnostik, beinhaltend einen CTQ (Selbsttestungsfragebogen zu Traumatisierungen) und einen SET (Satzergänzungstest) beauskunftet werden sollten. Dazu wurde ausdrücklich die damals zwölfjährige, den genannten Personen insofern einsichts- und urteilsfähig erschienene 3.BF durch Dr. XXXX befragt. Diese gab an, nicht zu wollen, dass diese Unterlagen dem 1.BF zugänglich gemacht werden.

Nach Befassung auch der Rechtsabteilung der MB wurden die Inhalte der genannten Bestandteile der Krankengeschichte gegenüber dem 1.BF nicht beauskunftet. Der 1.BF wurde darüber informiert, dass die jeweilige Diagnostik mit der 3.BF erfolgte, ihm wurden aber nicht die konkreten Diagnoseergebnisse bekanntgegeben.

Beweiswürdigung:

3.1. Der 1.BF brachte in seiner Beschwerde samt "Beschwerdeergänzung" (überreicht mit E-Mail vom 30.08.2020) erkennbar zum Ausdruck, den letzten Absatz der Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde ("die 3.BF hat gegenüber ihrer behandelnden Ärztin/Psychologin ausdrücklich mitgeteilt, dass sie nicht will, dass ihr Vater (1.BF) Einsicht in die Unterlagen zu den projektiven Verfahren und in die Dekurse zu den therapeutischen Gesprächen bekommt") zu bekämpfen. Der 1. BF nimmt darauf insbesondere auf der zehnten Seite im fünften Absatz der Beschwerde (ohne Seitenbezeichnungen) Bezug, wenn er beantragt, „die Therapeutin XXXX “ und die 3.BF als Zeugin einzuvernehmen und ausführt, unmittelbar nach der Übermittlung von Unterlagen durch die Beschwerdegegnerin habe seine Lebensgefährtin telefonischen Kontakt aufgenommen und die 3.BF habe sich dabei nicht erinnern können, ein Verbot - ohne rechtliche Wirkung - zur Herausgabe der Krankenakte ausgesprochen zu haben. Mit der Behauptung eines "illegalen Eintrags der Therapeutin XXXX samt Straftatbestands der Beweismittelfälschung" wendet sich der 1.BF erkennbar auch gegen die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung der belangten Behörde, Bescheid Seite 5, letzter Absatz.

Diese erschöpft sich im Verweis auf einen Aktenvermerk vom 23.08.2018, nach dem kein Grund bestanden habe, an den Ausführungen der Beschwerdegegnerin zu zweifeln. Die Feststellung könne nicht durch den Hinweis des 1.BF widerlegt werden, wonach die 3.BF nie ein solches "Verbot der Akteneinsicht" ausgesprochen habe.

Da sich die belangte Behörde allein auf diesen Aktenvermerk bezog und die Behauptung des 1.BF, die 3.BF habe sich tatsächlich nicht in diese Richtung geäußert, keiner weiteren Überprüfung unterzog, erachtete das Verwaltungsgericht eine ergänzende Beweisaufnahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung geboten, in der dem 1.BF sowie der 2.BF Gelegenheit geboten wurde, ihre Behauptungen näher darzulegen. Dazu erschien es zweckmäßig, auch die 3.BF - nunmehr 15 Jahre alt - sowie die Verfasserin des Aktenvermerks, die mit der 3.BF das entsprechende Gespräch geführt hatte, sowie die Primaria zu befragen.

3.2. Betreffend die nicht erschienene 2.BF legte der 1.BF zwar ein ein offenbar von dieser verfasstes Schreiben vom 19.4.2021 vor, wonach sie auf Grund der Quarantäne des Sohnes an einer Teilnahme an der Verhandlung verhindert worden sei. Die Behauptung des 1.BF, die 3.BF habe die im Aktenvermerk festgehaltene Äußerung nicht getätigt, beruht nach seinen Angaben im Wesentlichen auf einem von ihm mitgehörten Telefonat zwischen der 3.BF und der 2.BF, somit behaupteter Maßen auf Angaben der 2.BF gegenüber dem 1.BF.

Diese brachte im Rahmen ihrer "Stellungnahme für die mündliche Verhandlung" klar zum Ausdruck, sich am gegenständlichen Verfahren nicht persönlich beteiligen zu wollen.

Da es im Wesentlichen Sache der Parteien ist, ihrem Standpunkt durch Beteiligung am Verfahren, insbesondere durch Parteienaussage, zum Durchbruch zu verhelfen, bestand kein Anlass, die 2.BF im Rahmen einer zu erstreckenden Verhandlung neuerlich zu laden.

3.3. Die zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht 15-jährige 3.BF bejahte ausdrücklich, mit der Psychologin Mag. XXXX oft Gespräche im Krankenhaus XXXX gehabt zu haben und die im Aktenvermerk vom 23.08.2018 niedergelegten Äußerungen abgegeben zu haben (Protokoll Seite 5). Dass sie im Rahmen der ersten Frage zunächst angab, sich nicht mehr an ein Gespräch erinnern zu können, erschien insbesondere in Ansehung der Verhandlungssituation einer Videokonferenz und der sodann ausdrücklich beantworteten Fragen diesbezüglich nicht relevant.

Der 1.BF stützte sich ausdrücklich betreffend seine Behauptung darauf, die 2.BF habe ihm erklärt, dass die 3.BF von einer derartigen Zustimmung nichts wisse. Angesichts der diesbezüglichen klaren Aussagen der Zeugin Mag. XXXX und der Angaben der 3.BF kamen konkrete Zweifel an der Richtigkeit des Aktenvermerks nicht hervor. Die bereits von der belangten Behörde festgestellten Umstände wurden durch die Aussage des 1.BF allein, die sich lediglich auf Wahrnehmungen über ein Telefonat der 2.BF gründet, gerade auch in Ansehung des Umstands, dass die 2.BF offenbar nicht gewillt ist, vor Gericht zur Wahrheitsfindung beizutragen, nicht erschüttert.

3.4. Die übrigen bereits durch die belangte Behörde bzw. nach Verfahrensergänzung festgestellten Umstände sind unstrittig.

3.5. Soweit in der Ergänzung nähere Umstände festgestellt wurden, welche Teile der Krankengeschichte nicht beauskunftet wurden, welches Prozedere dem zugrunde lag und welche Überlegungen dazu angestellt wurden, so beruhen diese Feststellungen auf den nachvollziehbaren und im Einklang mit den vorgelegten Urkunden stehenden Aussagen der Zeuginnen XXXX und Dr. XXXX .

Rechtlich folgt:

4.1. Gemäß § 9 AVG sind betreffend die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten – soweit sich in den Verwaltungsvorschriften keine besonderen Bestimmungen finden – die Vorschriften des bürgerlichen Rechts heranzuziehen.

Demnach bestimmt sich die Geschäftsfähigkeit eines Menschen primär nach seinem Alter. Mit der Volljährigkeit (Vollendung des 18. Lebensjahrs) erreicht der geistig gesunde österreichische Staatsbürger die volle Geschäftsfähigkeit und ist daher jedenfalls auch prozessfähig. Hingegen stehen Minderjährige, also Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 21 Abs. 2 ABGB), unter dem besonderen Schutz der Gesetze (§ 21 Abs. 1 ABGB) und können daher an sich ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten. Sie sind also grundsätzlich geschäftsunfähig und damit auch prozessunfähig (Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 Rz 14).

Zum Fragenkreis der Handlungsfähigkeit iSd § 9 AVG gehören nicht nur die Vorschriften über die Handlungsfähigkeit selbst, sondern auch jene über die Vertretungsbefugnis für handlungsunfähige Personen. Es ist daher auch die Frage, wer gesetzlicher Vertreter einer natürlichen oder juristischen Person ist, gemäß § 9 AVG primär nach den Verwaltungsvorschriften und subsidiär nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Dementsprechend wird der Minderjährige grundsätzlich von seinen Eltern vertreten (Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 Rz 17; VwGH 25.02.2016, Ra 2016/19/0007).

Gemäß § 158 Abs. 1 ABGB umfasst die Obsorge über minderjährige Kinder die Pflege, Erziehung, Vermögensverwaltung und gesetzliche Vertretung.

Gemäß § 167 Abs. 1 ABGB kommt den Eltern dabei jeweils ein alleiniges Vertretungsrecht bzw. eine alleinige Vertretungspflicht zu. Die Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist. Lediglich die in Abs. 2 leg. cit. taxativ genannten Handlungen der Namensänderung, des Eintritts in eine Religionsgemeinschaft bzw. der Austritt aus einer solchen, der Übergabe in fremde Pflege, des Erwerbs einer bzw. Verzichts auf eine Staatsbürgerschaft, der vorzeitigen Lösung eines Lehr-, Ausbildung- oder Dienstvertrags sowie der Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind bedürfen der Zustimmung beider obsorgeberechtigter Elternteile. Darüber hinaus ist nach Abs. 3 leg. cit. eine gerichtliche Genehmigung zusätzlich zur Zustimmung beider Elternteile bei Vermögensangelegenheiten notwendig, die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören. So gilt die Einzelvertretungsbefugnis etwa für die Zustimmung zu medizinischen (schwerwiegenden) Behandlungen, Unterbringung auf Verlangen, Ausstellung eines Reisepasses, Abschluss eines Lehrvertrages, Wahl der Schule, Eröffnung eines Bankkontos, Führung von Passivprozessen (Fischer-Czermak in ABGB-ON1.05 § 167 Rz 6 ff).

§ 169 Abs. 1 ABGB normiert die alleinige Vertretungsbefugnis eines obsorgebetrauten Elternteils in zivilgerichtlichen Verfahren. Vertreter ist derjenige Elternteil, der die erste Verfahrenshandlung setzt.

4.2. Gemäß § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

Gemäß Abs. 2 sind, soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines Anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur aufgrund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Fall zulässiger Beschränkung darf der Eingriff in das Grundrecht nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden (Verfassungsbestimmung).

Der Minderjährige (allein) ist Grundrechtsträger iSd § 1 Abs. 2 DSG. Gerade minderjährige Personen benötigen nach den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung mehr Schutz als andere (Thiele in Jahnel, Jahrbuch Datenschutzrecht und E-Government 2012, 73 f).

Art. 15 DSGVO normiert ein Auskunftsrecht der betroffenen Person:

(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:

a) die Verarbeitungszwecke;

b) die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;

c) die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;

d) falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;

e) das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;

f) das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;

g) wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;

h) das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und — zumindest in diesen Fällen — aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.

(3) Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt.

(4) Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 1b darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen.

Nach ErwG 63 DSGVO sollte eine betroffene Person ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten, die erhoben worden sind, besitzen und dieses Recht problemlos und in angemessenen Abständen wahrnehmen können, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Dies schließt das Recht betroffener Personen auf Auskunft über ihre eigenen gesundheitsbezogenen Daten ein, etwa Daten in ihren Patientenakten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten. Jede betroffene Person sollte daher ein Anrecht darauf haben zu wissen und zu erfahren, insbesondere zu welchen Zwecken die personenbezogenen Daten verarbeitet werden und, wenn möglich, wie lange sie gespeichert werden, wer die Empfänger der personenbezogenen Daten sind, nach welcher Logik die automatische Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt und welche Folgen eine solche Verarbeitung haben kann, zumindest in Fällen, in denen die Verarbeitung auf Profiling beruht. Nach Möglichkeit sollte der Verantwortliche den Fernzugang zu einem sicheren System bereitstellen können, der der betroffenen Person direkten Zugang zu ihren personenbezogenen Daten ermöglichen würde. Dieses Recht sollte die Rechte und Freiheiten anderer Personen, etwa Geschäftsgeheimnisse oder Rechte des geistigen Eigentums und insbesondere das Urheberrecht an Software, nicht beeinträchtigen. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass der betroffenen Person jegliche Auskunft verweigert wird. Verarbeitet der Verantwortliche eine große Menge von Informationen über die betroffene Person, so sollte er verlangen können, dass die betroffene Person präzisiert, auf welche Information oder welche Verarbeitungsvorgänge sich ihr Auskunftsersuchen bezieht, bevor er ihr Auskunft erteilt.

Gemäß Art. 23 Abs. 1 DSGVO können Beschränkungen der Pflichten und Rechte gemäß den Artikeln 12 bis 22 und Artikel 34 sowie Artikel 5, insofern dessen Bestimmungen den in den Artikeln 12 bis 22 vorgesehenen Rechten und Pflichten entsprechen, durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, denen der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter unterliegt, im Wege von Gesetzgebungsmaßnahmen erfolgen, sofern eine solche Beschränkung den Wesensgehalt der Grundrechte und Grundfreiheiten achtet und in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellt, die Folgendes sicherstellt:

i) den Schutz der betroffenen Person oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen;

In Ausnahmefällen kann eine Beschränkung der Betroffenenrechten zum Schutz der betroffenen Person notwendig sein, wie insbesondere beim Auskunftsrecht von Patienten sowie bei nicht geschäftsfähigen oder nicht einsichtsfähigen Personen (Haidinger in Knyrim, Datkomm Art. 23 DSGVO Rz 21).

Die Patientencharta sieht in Art. 19 Abs. 1 ein Einsichtnahmerecht für Patienten in die über sie geführte Dokumentation der diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Maßnahmen vor. Nach Art. 19 Abs. 2 sind Einschränkungen des Einsichtnahmerechts nur zulässig, wenn sie aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zum Wohl des Patienten unvermeidlich sind.

Die Einschränkung des Auskunftsrechts nach Art. 19 Abs. 2 Patientencharta erfolgt zum Schutz der betroffenen Person selbst (Art. 23 Abs. 1 lit i DSGVO). Im Einzelfall ist dabei abzuwägen, ob dem Patienten zum Schutz vor Selbstschädigung gar keine Auskunft, nur eine partielle oder zB nur durch den Arzt erteilt wird. (Haidinger in Knyrim, DatKomm Art. 15 DSGVO Rz 60).

Die Nebenrechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung ergänzen und effektuieren das Recht auf Geheimhaltung und bilden mit diesem zusammen das Grundrecht auf Datenschutz (Lachmayer in Knyrim, DatKomm Art. 1 DSGVO Rz 134).

Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten nach § 1 DSG sowie der DSGVO iVm Art. 8 GRC ist ein höchstpersönliches Recht und damit weder übertragbar noch mit einer gesetzlichen Vertretung vereinbar. Vielmehr kann nur der Träger des Persönlichkeitsrechts selbst dieses höchstpersönliche Recht ausüben und darüber disponieren, was notwendigerweise das Vorliegen von Entscheidungsfähigkeit der Person erfordert. Entscheidungsfähig iSd § 24 Abs. 2 ABGB ist, wer die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang verstehen, seinen Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann (Hübelbauer, Der Gleichklang zivil- und datenschutzrechtlicher Vertretungsbefugnis, ZfG 2019, 76).

Die strikte Anwendung der Vertretungsfeindlichkeit des Rechtes auf Datenschutz würde Minderjährigen und entscheidungsunfähigen Volljährigen aber zum Nachteil gereichen, da eine Wahrung des Kindeswohles (§ 138 ABGB) bzw. des Wohles der vertretenen Person nur schwerlich möglich wäre. Vielmehr hat daher die zivilrechtliche Vertretungsbefugnis beschränkt auf den Wirkungsbereich des Vertreters, eine datenschutzrechtliche Vertretungsbefugnis zwingend zu implizieren. Eine Vertretungsbefugnis ist in höchstpersönlichen Angelegenheiten immer dann zu bejahen, wenn es das Wohl der betroffenen Person erfordert (Hübelbauer, wie oben, 77 ff; Haidinger, Minderjährige in der datenschutzrechtlichen Judikatur, Dako 2017, 17).

Die Verfolgung der Verletzung höchstpersönlicher Rechte ist nicht vertretungsfeindlich (Haidinger, Minderjährige in der datenschutzrechtlichen Judikatur, Dako 2017, 18; OGH 21.09.2017, 7 Ob 134/17g). In diesem Zusammenhang sei festgehalten, dass das Recht auf Auskunft als eine Art Überprüfungs- und Vorbereitungshandlung fungiert, welche im Falle unzulässiger Datenverarbeitung die Ausübung weiterer Betroffenenrechte erst ermöglicht (Hübelbauer, wie oben, 82).

4.3. Zusammengefasst bedeutet dies, dass minderjährige Personen im Grunde nur selbst in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten einwilligen bzw. über ihre Daten verfügen können. Bei unmündigen Minderjährigen ist auf das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit im konkreten Fall abzustellen. Die Vertretung entscheidungsunfähiger Minderjähriger in der Ausführung höchstpersönlicher Rechte wird durch § 173 ABGB positivert. So ist eine Einwilligung der gesetzlichen Vertretung in eine medizinische Behandlung erforderlich, soweit die notwendige Entscheidungsfähigkeit des Minderjährigen nicht vorliegt. Dennoch ist auch die Meinung des Kindes sowohl nach Art. 24 Abs. 1 GRC als auch nach Art. 4 BVG Kinderrechte angemessen zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass Eltern im Rahmen der Obsorge dazu berechtigt bzw. dazu verpflichtet sind, über personenbezogene Daten des vertretenen Kindes zu verfügen, wenn und soweit eine solche Verfügung im Interesse des vertretenen Kindes liegt. Dies gilt auch für die in Kapitel III der DSGVO normierten Betroffenenrechte. Bei (unmündigen) Minderjährigen, denen die notwendige Entscheidungsfähigkeit fehlt, hat die Verfolgung von Rechtsverletzungen sowie die Durchsetzung von Betroffenenrechten durch den gesetzlichen Vertreter zu erfolgen (Hübelbauer, wie oben, 78 ff).

Grundrechtlich gesichert ist in diesem Zusammenhang ein Recht auf Mitwirkung des Minderjährigen. Nach Art. 24 Abs. 1 GRC und Art. 4 BVG Kinderrechte muss Heranwachsenden die Gelegenheit eröffnet werden, an der Ausübung ihrer Datenschutzrechte mitzuwirken. Die erste Stufe bildet dabei das Recht, angehört zu werden. Diese Pflicht zur Anhörung schließt die Berücksichtigung der vom Minderjährigen geäußerten Meinung ein. Für den Bereich der Vertretung der Minderjährigen verlangt Art. 24 Abs. 2 GRC ein am Wohl des Betroffenen ausgerichtetes Handeln. Gerade wenn die seelische oder körperliche Unversehrtheit des Minderjährigen auf dem Spiel steht ist eine Orientierung am Kindeswohl als oberste Priorität unabdingbar. Demnach wird mit zunehmendem individuellen Reifegrad des Minderjährigen auch seine datenschutzrechtliche Eigenverantwortung wachsen. Erreicht der Minderjährige die angemessene geistig kognitive Reife, kann er stärker mitwirken bis hin zu einer gemeinsamen oder autonomen Entscheidung. Dabei auf ein bestimmtes Alter abzustellen, ist unzulässig. Gerade bei Minderjährigen kommt es darauf an, ob diese kognitiv in der Lage sind, die Datenverarbeitung abzuschätzen. In diesem Sinne wird auch das Auskunftsrecht gewöhnlich von den gesetzlichen Vertretern wahrgenommen. Jedoch ist dieses stets zum Wohl der Betroffenen auszuüben. Je nach Reife und Entwicklung des Minderjährigen kann das Auskunftsrecht anstelle des Pflegebefohlenen oder zusammen mit dem Minderjährigen ausgeübt werden. Dies ist insbesondere bei sensiblen Daten aus dem Gesundheitsbereich der Fall, wenn ein Jugendlicher etwa einem Arzt sexuelle Daten mitteilt bzw. der Jugendliche selbst den gesetzlichen Vertretern nicht vertraut, wie zB bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch. Im internationalen Bereich ist es bspw im Vereinigten Königreich Jugendlichen über 12 Jahren gestattet, ihr Auskunftsrecht selbständig auszuüben (Thiele in Jahnel, Jahrbuch Datenschutzrecht und E-Government 2012, 74 ff).

Art. 24 GRC normiert einen Anspruch von Kindern auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Ebenso verwirklicht Art. 1 des im Verfassungsrang stehenden BVG Kinderrechte den besonderen Schutz- und Fürsorgeanspruch von Kindern in Verbindung mit dem zentralen, kinderrechtsspezifischen Anspruch der vorrangigen Berücksichtigung des Wohles des Kindes. Gemäß Art. 1 BVG Kinderrechte hat jedes Kind „Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigtkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“ Zur Beantwortung der Frage der Vertretungsmöglichkeit in datenschutzrechtlichen Agenden tritt somit der besondere Schutzanspruch für Kinder aus Art. 24 GRC und dem BVG Kinderrechte hinzu, der die Rechte des Kindes als Grundrechte ausformt. Dabei können konkurrierende Interessen zwischen der Privatsphäre und dem Kindeswohl zu im Einzelnen aufzulösenden Spannungen führen. Diese Spannung ist im Rahmen einer grundrechtlichen Interessenabwägung zu lösen (Scheichenbauer/Wanderer, Vertretung Minderjähriger in Datenschutzfragen, jusIT 2019, 31 ff).

Der Begriff des Privatlebens umfasst das Recht auf Identität ebenso wie das Recht auf persönliche Entwicklung sowohl für die eigene Persönlichkeit als auch für die persönliche Autonomie (Thiele in Jahnel, Jahrbuch Datenschutzrecht und E-Government 2012, 75).

Gemäß § 138 ABGB sind bei der Beurteilung des Kindeswohls insbesondere zu berücksichtigen:

1. eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes;

2. die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes;

3. die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern;

4. die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes;

5. die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung;

6. die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte;

7. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben;

10. die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes;

11. die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie

12. die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Aufgrund der dargestellten Rechtslage ist wie folgt auszuführen:

4.5. Zusammengefasst bezieht sich der bekämpfte Bescheid allein auf die Beschwerde wegen Verletzung im Recht auf Auskunft, zumal die Beschwerden wegen Verletzung im Recht auf Information, Berichtigung und Löschung, Datenübertragbarkeit, Widerspruch, sowie im Recht, nicht einer Entscheidung unterworfen zu werden, die ausschließlich auf automatisierter Verarbeitung basiert, bereits mit Bescheid vom 07.03.2019 zurückgewiesen wurden (siehe Bescheid zu 1.2. oben).

Zu Spruch Punkt 1.:

4.6. Mit diesem Spruchpunkt wies die belangte Behörde die Beschwerde der 3.BF, vertreten durch den 1.BF, ab. Sie bezog sich dabei auf das Auskunftsrecht der 3.BF über deren medizinische Umstände im Zeitraum ihres stationären Aufenthalts im Krankenhaus der MB. Ausgeübt sollte dieses Recht nach der zugrundeliegenden Datenschutzbeschwerde aber im Wege der Vertretung durch den 1. BF werden. Die belangte Behörde begründete ihre Abweisung zusammengefasst damit, die Verfahrensführung des 1.BF in diesem Zusammenhang widerspreche dem Kindeswohl.

Der 1.BF (als Verteter der weiteren BF) negiert in seiner Beschwerde zunächst die von der belangten Behörde herangezogene nähere Argumentation und steht – entgegen der oben ausführlich dargestellten Rechtslage und hM hiezu – unverrückbar auf dem Standpunkt, die Eltern hätten als gesetzliche Vertreter (gemeint ausnahmslos auch über Auskunftsrechte ihrer Kinder) zu entscheiden (Beschwerde 4. Seite).

Dem ist unter Verweis auf die oben dargestellte rechtliche Situation zu widersprechen, zumal zwar einerseits nach den Erfordernissen des Kindeswohls in Auskunftssachen eine Vertretung möglich ist, andererseits der Meinung des Minderjährigen unter Berücksichtigung seiner Reife wesentliche Bedeutung zukommt.

Den Bedenken des 1.BF hinsichtlich des Zutreffens der Darstellung durch die MB, wie sich die 3.BF im Jahr 2018 hiezu äußerte, wurde durch Verfahrensergänzung und Befragung des 1.BF, der 3.BF sowie der befassten Akteure seitens der MB durch das Gericht Rechnung getragen. Die 2.BF beteiligte sich nicht am Verfahren. Wie im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt, kamen dabei aber keine Zweifel an der Ablehnung der 3.BF, dem 1.BF gegenüber die nicht beauskunfteten Teile der Krankengeschichte zu kommunizieren, hervor. Andererseits erschien die Einschätzung der seitens der MB beteiligten Ärzte und Psychologen, dass die 3.BF bereits damals in bezug auf diese Umstände einsichts- und urteilsfähig war, nachvollziehbar.

Im Rahmen der Argumentation in der Beschwerde schilderte der 1.BF neuerlich seine Sicht der Beziehung zur MB und beklagte eine unzutreffende Behandlung der 3.BF. Die Eltern hätten alles Mögliche unternommen, die Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit sowie Tics und Zwänge der 3.BF zu ergründen. Stattdessen sei der 1.BF des sexuellen Missbrauchs bezichtigt worden. Es liege ein „abgekartetes Spiel zwischen den Verantwortlichen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Kinder- und Jugendhilfe sowie der BH XXXX “ vor. Zwar habe ein stationärer Aufenthalt der 3.BF aufgrund zunehmender Eigen- und Fremdgefahr nicht vermieden werden können, die Vereinbarung vom 26.06.2018 sei aber „unter Druck und Zwang abgenötigt“ worden. Die 3.BF sei nicht emotional unter Druck gesetzt worden.

All diese behaupteten Umstände sind für die Frage einer allfälligen Auskunftspflichtverletzung durch die MB nicht relevant. Wie bereits durch die belangte Behörde sowie ergänzend durch das Verwaltungsgericht dargestellt, handelt es sich beim Auskunftsrecht grundsätzlich zwar um ein höchstpersönliches Recht, dessen Ausübung durch nicht oder beschränkt Geschäftsfähige aber in gewissen Fällen einer Vertretung zugänglich sein kann.

Der 1.BF meint weiters, aufgrund des Behandlungsvertrags sei die MB den obsorgeberechtigten Eltern ausnahmslos auskunftspflichtig.

Dem ist schon aufgrund der grundsätzlichen Höchstpersönlichkeit des Auskunftsrechts zu widersprechen. Da - wie bereits von der belangten Behörde erkannt - eine strikte Bindung an die Vertretungsfeindlichkeit Minderjährigen oder entscheidungsunfähigen Erwachsenen zum Nachteil gereichen könnte und somit die Wahrung des Kindeswohls nur schwer möglich wäre, wurde dem 1.BF grundsätzlich Auskunft betreffend medizinische Umstände der 3.BF im Rahmen ihres stationären Aufenthalts durch die MB erteilt. Zu dieser Auskunft wurden, wie festgestellt, nach einem internen Entscheidungsfindungsprozess der MB unter Einbeziehung der damals zwölfeinhalbjährigen und im Bezug auf die Frage, wieweit persönliche Umstände der Befundaufnahme den Eltern bekanntgegeben werden sollen, einsichts- und urteilsfähig erscheinenden 3.BF, einzelne Teile der Krankengeschichte mit therapeutischen und an die Therapie grenzenden Inhalte von einer Auskunft ausgenommen.

Im Ergebnis zeigt die Beschwerde daher nicht auf, dass die Abweisung der Datenschutzbeschwerde der 3.BF, weil Bestandteile der Krankengeschichte betreffend den therapeutischen Bereich sowie den Bereich projektiver Verfahren der Psychodiagnostik dem 1.BF gegenüber nicht im Wege der gesetzlichen Vertretung beauskunftet wurden, zu Unrecht erfolgt wäre.

Der 1.BF hat keine Umstände aufgezeigt, weshalb im Einzelfall die Preisgabe auch dieser Umstände entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der 3.BF zum damaligen Zeitpunkt bzw. nunmehr im Sinne des Kindeswohls und der Ausübung der elterlichen Rechte höher zu gewichten wäre, als die diesbezügliche Ausnahme von der Auskunftserteilung infolge des Kindeswunsches im Zusammenhalt mit der Beurteilung durch das behandelnde Team der MB unter Berücksichtigung des Kindeswohls.

4.7. Im Rahmen der Beschwerde begehrte der 1.BF weiters „die objektive und umfassende Erhebung der vorenthaltenen Unterlagen für die ergänzende Beweisführung“, wobei die Unterlagen Aufschluss über die Einsichts- und Urteilsfähigkeit sowie die Notwendigkeit anderwertiger therapeutischer Maßnahmen (die Tochter befände sich derzeit in der WG Stams in einem „Umerziehungslager“) gäben, im Bezug auf folgende Unterlagen:

?        archivierte Unterlagen der Heilstättenschule, die der MB direkt unterstellt sei;

?        Mitschriften und Beobachtungen des Pflegepersonals über Verhaltensauffälligkeiten der 3.BF,

?        archivierter Schriftverkehr mit der NMS XXXX ;

?        die gesamten Unterlagen über die „Kletterstudie“ (Version 3) und die Musiktherapie;

?        den gesamten Schriftverkehr „mit den weiteren Institutionen“,

?        die schriftliche Vorlage sämtlicher Einwilligungen aller vier BF „für die in- oder externe Datenweitergabe,

?        die Vorlage der gesamten vollständigen Krankengeschichte ab 20.3.2018 bis dato, die schriftliche Vorlage der höchstpersönlichen Daten der BF sowie der

?        therapeutischen Befundberichte über den Tag der unterfertigten Übernahme der Dokumente vom 30.Juli 2018 hinaus.

Dazu ist auszuführen:

Im Rahmen des Auskunftsrechts kommt eine Herausgabe von Unterlagen („begehre die vorenthaltenen Unterlagen“) nicht in Betracht. Allenfalls käme die Zurverfügungstellung von Kopien iSd Art 15 Abs 3 DSGVO in Frage.

Sofern der 1.BF Unterlagen bzw die Auskunft über Daten betreffend den 1.BF, die 2.BF und den 4.BF meint, ist er auf die Begründung unten (Zu Spruch Punkt 2.) zu verweisen. Einer Relevanz dieses Beschwerdepunkts steht die Unzulässigkeit der diesbezüglichen Datenschutzbeschwerde entgegen.

Soweit sich die Beschwerde auf Daten der 3.BF, vertreten durch den 1. BF bezieht, ist im Einzelnen auszuführen:

Betreffend die begehrten Unterlagen der Heilstättenschule ist davon auszugehen, dass deren Direktion (siehe Formular-Kopf „Heilstättenschule, XXXX “, datiert mit 20.3.2018 “Direktion“) ein eigenständiger Verantwortlicher ist, sodass das an die XXXX , LKH XXXX , Kinder und Jugendpsychiatrie, gerichtete allgemeine, keineswegs auch auf Daten der Heilstättenschule spezifizierte Auskunftsbegehren, solche Daten nicht umfasst. Somit liegt dem Beschwerdeverfahren ein Auskunftsbegehren bezogen auf solche Daten nicht zu Grunde.

Was mit „Mitschriften und Beobachtungen des Pflegepersonals über Verhaltensauffälligkeiten der 3.BF“ gemeint ist, erschließt sich nicht. Der 1.BF ist diesbezüglich darauf zu verweisen, dass er, wie festgestellt, den Erhalt der Pflegeberichte des stationären Aufenthalts der 3.BF vom 17.4.2018 bis 10.7.2018 bestätigt hat (mit Ausnahme des therapeutischen Bereichs sowie des Bereichs projektiver Verfahren der Psychodiagnostik).

Zum „archivierten Schriftverkehr“ mit der NMS XXXX ist der 1.BF darauf zu verweisen, dass die 2.BF laut von ihm vorgelegtem Schreiben am 20.3.2018 ihre Zustimmung zur Kontaktaufnahme mit der Herkunftsschule gegenüber der Heilstättenschule erteilte. Der 1.BF hätte sich insofern in erster Linie betreffend Auskünfte an diese (siehe oben 4.8.) zu wenden. Anhaltspunkte dafür, dass im Umstand, dass die MB dem 1.BF offenbar keine Datenauskunft zu dieser Frage vorgelegt hat, eine Rechtswidrigkeit begründet wäre, liegen nicht vor.

Der 1.BF legt auch nicht dar, welche Daten betreffend eine allfällige Teilnahme der 3.BF an einer „Kletterstudie“ und einer Musiktherapie, abgesehen von einer Teilnahmebestätigung (von einer Teilnahme geht der 1.BF offenbar aus), vorhanden sein sollen. Anhaltspunkte dafür, dass solche Therapien mit umfangreichen Dokumentationen verbunden wären, kamen nicht hervor.

Das Begehren, den gesamten Schriftverkehr „mit den weiteren Institutionen“ vorzulegen, ist insbesondere im Hinblick auf die Bestätigung des 1.BF über den Erhalt von Berichten und Unterlagen zu vage, um einen Verfahrensmangel bzw eine Fehlbeurteilung durch die belangte Behörde

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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