TE Bvwg Beschluss 2021/11/23 L515 2213232-1

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Veröffentlicht am 23.11.2021
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Entscheidungsdatum

23.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3

Spruch


L515 2213232-1/29E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA. der Republik Aserbaidschan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert POCHIESER, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungs-gerichtes vom 10.8.2021, Zl. L515 2213232-1/19E, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:

Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die revisionswerbende Partei brachte am 27.9.2017 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz ein, welchen sie damit begründete, dass oppositionspolitisch engagiert hätte, weshalb sie in ihrem Herkunftsstaat Repressalien ausgesetzt gewesen wäre bzw. wäre sie aus religiösen Gründen Repressalien ausgesetzt gewesen, weshalb sie Aserbaidschan verlassen hätte. Im fortgeschrittenen Verfahrensverlauf brachte die revisionswerbende Partei vor, dass sie unter psychischen Problemen leide.

Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die revisionswerbende Partei eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf die Republik Aserbaidschan gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 FPG mit 14 Tagen festgelegt.

Die belangte Behörde ging im Wesentlichen davon aus, dass die Partei in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keinen Repressalien ausgesetzt ist und über eine Existenzgrundlage verfügt. Ebenso findet sie Zugang zu medizinischer Versorgung. Die von ihr vorgetragene Gefahr einer Verfolgung hätte sich als nicht glaubhaft herausgestellt.

Relevante, private und familiäre Anknüpfungspunkte wären nicht feststellbar.

Eine gegen den angefochtenen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung mit dem nunmehr in Revision gezogenen ho. Erkenntnis in allen Spruchpunkten abgewiesen.

Das ho. Gericht schloss sich der Einschätzung des Bundesamtes für fremdenwesen und Asyl, wonach sich die von der nunmehr revisionswerbenden Partei vorgetragene Gefährdung im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat als nicht glaubhaft darstellen würde.

Zusammengefasst ging das ho. Gericht davon aus, dass in Aserbaidschan von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der aserbaidschanische Staat grundsätzlich gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. In Bezug auf die Lage der Menschenrechte ist davon auszugehen, dass sich diese in manchen Bereichen als problematisch darstellt, die bP hiervon jedoch im Wesentlichen nicht betroffen ist. Korruption und polizeiliche bzw. behördliche Willkür können sich im Einzelfall problematisch darstellen. Ebenso können exponierte Oppositionelle Repressalien ausgesetzt sein. Die Todesstrafe wurde in Aserbaidschan abgeschafft. Die Verfassung garantiert die Religions- und Bekenntnisfreiheit und so leben zahlreiche Religionen in Eintracht miteinander. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Aserbaidschan die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

Auch nach Ansicht des ho. Gerichts spreche die allgemeine im Herkunftssaat nicht gegen eine Abschiebung, zumal die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, keine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrscht und keine qualifiziert schlechte Sicherheitslage besteht. Auch sind in der Person der revisionswerbenden Partei keine Abschiebehindernisse erblickbar, insbesondere leide sie an keinen Krankheiten, welche in Aserbaidschan nicht behandelbar wären und existieren keine Hinweise, dass die revisionswerbende Partei keinen Zugang zu medizinischer Versorgung hätte.

Hinweise auf einen Sachverhalt, welcher die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG gebieten würden, kamen nicht hervor.

Letztlich verfügt die revisionswerbende Partei nach Ansicht des ho. Gericht über keine privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkte, welche sich im Rahmen einer Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK zu einem Überwiegen der Interessen der revisionswerbenden Partei auswirken würden.

Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen stell sich nach Ansicht des ho. Gerichts als angemessen dar.

Nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses wandte sich die nunmehr revisionswerbende Partei mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 6.10.2021, E3454/2021-6 die Behandlung der Beschwerde am und lehnte den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab.

Das Höchstgericht ging von keiner Verletzung der Grundrechte –somit insbes. Art. 2, 3 und 8 EMRK- aus und qualifizierte die beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungs-gerichtshof als offanbar aussichtslos.

Mit Schriftsatz vom 22.11.2021 brachte die revisionswerbende Partei eine Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.8.2021, Zl. L515 2213232-1/19E ein und beantragte, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die revisionswerbenden Partei im Wesentlichen aus, dass zwingende öffentliche Interessen einer Zuerkennung der Revision nicht entgegenstünden und eine Nichtzuerkennung derselben für die revisionsführenden Parteien einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte.

Dies wurde im Wesentlichen zusammengefasst mit der Wiedergabe des entsprechenden Gesetzestextes, des erneuten Eingehens auf die bereits revisionsbegründenden behauptete Rückkehrgefährdung, der nach Dafürhalten der revisionswerbenden Partei drohenden Entlassung aus der Grundversorgung, der akut drohenden Gefahr der Abschiebung, wegen „hoher Suizidalität und akuter Lebensgefahr“, sowie der im Bundesgebiet drohender „drakonischer Strafen“ begründet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrenshergang und den nachfolgenden Ausführungen:

Bei der revisionswerbenden Partei handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Aseri, welcher aus einem überwiegend von Aseris bewohnten Gebiet stammt.

Die revisionswerbende Partei ist ein junger, mobiler, anpassungsfähiger, nicht invalider, arbeitsfähiger Mann mit einer – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.

Einerseits stammt die revisionswerbende Partei aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die revisionswerbende Partei keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es der revisionswerbenden Partei auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

Die revisionswerbende Partei leidet an Stress, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Nasenproblemen und Depressionen, wogegen sie entsprechende Medikation einnimmt.

Das von der revisionswerbenden Partei genannte Krankheitsbild ist in Aserbaidschan behandelbar und hat sie auch Zugang zum aserbaidschanischen Gesundheitssystem. Entsprechende Präparate dagegen sind - falls notwendig - in Aserbaidschan erhältlich.

Die volljährige revisionswerbende Partei hat Zugang zum aserbaidschanischen Arbeitsmarkt und es steht ihr frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.

Ebenso hat die revisionswerbenden Partei Zugang zum – wenn auch minder leistungsfähige als das österreichische - Sozialsystem des Herkunftsstaates und könnte dieses in Anspruch zu nehmen.

Die revisionswerbende Partei verfügt im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte. Familienangehörige, in Form der Gattin, des minderjährigen Sohnes, des Vaters, der Geschwister etc. leben nach wie vor in Aserbaidschan und sind sichtlich in der Lage, dort ihr Leben zu meistern. Die revisionswerbende Partei stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird, weshalb sie Unterstützung durch ihre Familie erwarten kann.

Darüber hinaus ist es der revisionswerbenden Partei unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

Die revisionswerbende Partei hält sich seit zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht rund 3 Jahren und 10 Monaten im Bundesgebiet auf. Sie reiste gemeinsam mit ihrer Schwester und ihrem Neffen rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnte ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Zwischen der Schwester, dem Neffen und der bP besteht keine qualifizierte Beziehungsintensität bzw. kein qualifiziertes Abhängigkeitsverhältnis. Bis auf die beiden obgenannten Personen, die sich ebenfalls im Beschwerdeverfahren vor ho. Gericht befinden, hat die revisionswerbenden Partei keine Verwandten in Österreich und lebt mit keiner nahestehenden Person zusammen.

Die revisionswerbende Partei lebt von der Grundversorgung und hat mäßige Deutschkenntnisse. Sie ist in der Lage, sich auf niedrigem Niveau in der deutschen Sprache zu artikulieren.

Die revisionswerbende Partei ist nicht selbsterhaltungsfähig bzw. hat keine legalen, ernsthaften und tauglichen Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Gebieten des österreichischen Arbeitsmarktes unternommen, die auch Asylwerbern zugänglich sind bzw. bis dato Asylwerbern zugänglich waren, etwa im Bereich der saisonalen Tätigkeit in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe, bzw. selbstständiger Tätigkeit.

Die revisionswerbende Partei ist strafrechtlich unbescholten.

Die revisionswerbende Partei war nicht den von ihr behaupteten Gefährdungen ausgesetzt bzw. wäre sie im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt.

Die revisionswerbende Partei ist kein Mitglied der Oppositionspartei Musavat oder einer sonstigen Oppositionspartei. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die bP als Sympathisant an Parteiveranstaltungen und Demonstrationen der Opposition teilnahm, es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass sich die revisionswerbende Partei in Aserbaidschan in einer Art und Weise politisch engagiert hätte, dass sie hierdurch exponiert gewesen wäre.

Die revisionswerbende Partei war aufgrund des von ihr behaupteten politischen Engagements in der Vergangenheit keinen Repressalien ausgesetzt bzw. ist auch nach ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Gefährdung aus diesen Gründen ausgesetzt.

Auch aus den behaupteten Glaubensgründen war die revisionswerbende Partei keiner Gefahr in Aserbaidschan ausgesetzt bzw. ist sie im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Gefahr ausgesetzt.

Ebenso ist davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in die Republik Aserbaidschan über eine Existenzgrundlage verfügt.

Die revisionswerbende Partei leidet an keiner Krankheit, die in Aserbaidschan nicht behandelbar wäre und steht der revisionswerbende Partei im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan das aserbaidschanische Gesundheitssystem offen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der außer Zweifel stehenden und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage.

Rechtliche Beurteilung:

Die Revision hat gemäß § 30 Abs 1 Satz 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung.

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: „Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.“

Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht hat über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Nach § 30a Abs. 7 VwGG sind Abs. 1 bis 6 leg cit nicht anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 VwGG dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

Der VwGH davon aus, dass das Verwaltungsgericht (auch) in Fällen außerordentlicher Revisionen zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung so lange zuständig ist, bis die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wird; vgl. etwa VwGH 20.04.2017, Ra 2017/19/0113; aA Gruber § 30 VwGG Rz 4, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Verfahren über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung nach § 30 VwGG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern – wenn das in der Revision selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist – zunächst, im Provisorialverfahren, von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Demnach ist die aufschiebende Wirkung nur zuzuerkennen, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potenzieller, sondern ein evidenter ist. Vgl. mwN VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493.

In dieser Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof ferner zum wiederholten Male ausgesprochen, dass der Revisionswerber – um die vom Gesetz geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können – schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzulegen hat, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falls die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.

Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenswägung vornehmen zu können, hat der Revisionswerber im Aufschiebungsantrag –unter anderem- somit zu konkretisieren, worin für ihn ein unverhältnismäßiger Nachteil gelegen wäre. Es ist dabei konkret darzulegen, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Die Anforderungen an die Konkretisierungsobliegenheiten sind streng (VwGH 29.1.2001, Ra 2021/17/004; VwGH 10.10.2021, Ra 2021/17/0107-7).

Schließlich kommt dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens für die nach § 30 Abs 2 VwGG vorzunehmende Interessenabwägung wesentliche Bedeutung zu, vgl. abermals VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493). In diesem Sinne sprach der Verwaltungsgerichtshof am 30.05.2019, Ra 2019/22/0104, bei der Interessenabwägung nach § 30 Abs 2 VwGG aus, die dortige Revisionwerberin beinträchtige durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, und gab dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht statt (vgl auch VwGH 2.12.2020, Ra 2020/220251; VwGH 10.10.2021, Ra 2021/17/0107-7).

Im gegenständlichen Fall wurde in einer verwaltungsbehördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen festgestellt, dass die revisionsführende Partei in ihrem Herkunftsstaat keiner Gefahr iSd Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK, Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre und aufenthaltsbeendende Maßnahmen keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht- auf ein Privat- und Familienleben darstellen. Revisionen erwiesen sich als nicht zulässig.

Ebenso sei im gegenständlichen Fall auch auf den Beschluss des VfGH vom 6.10.2021, E3454/2021-6, hingewiesen wo dieser davon ausging, dass im gegenständlichen eine Grundrechtsverletzung – und somit die von den revisionswerbenden Parteien thematisierte Verletzung insbesondere von Art. 3 und Art. 8 EMRK bzw. des Versammlungsrechts bzw. des Rechts auf freie Meinungsäußerung- nicht ersichtlich ist.

Die Begründung des Antrages der revisionswerbenden Partei zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt, soweit sie sich in den zitierten allgemeinen Ausführungen und der Wiedergabe des Gesetzestextes erschöpft, nicht die Anforderungen der entsprechenden Konkretheit (VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493; VwGH 10.10.2021, Ra 2021/17/0107-7) und stellte sich daher nicht als taugliche Basis für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dar.

Wenn sie revisionswerbende Partei in der Begründung ihres Antrages auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihre schon in der Revisionsbegründung behauptete Rückkehrgefährdung –wenn auch mit anderen Worten- wiederholt, sei darauf hingewiesen, dass dieses Vorbringen als Maßstab für die Begründung der aufschiebenden Wirkung schon per se ins Leere geht, sondern erst im Rahmen der inhaltlichen Prüfung der Revision beachtlich ist. Ebenfalls ist hierzu anzuführen, dass diese Behauptungen nicht mit der Berichtslage in Einklang zu bringen sind, welcher die revisionswerbende Partei nicht schlüssig und konkret entgegentrat. Zum einen trat sie ihr nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegen und zeigte zum anderen darin keine Ungereimtheiten auf.

Soweit sich die revisionswerbende Partei auf Umstände bezieht, von welchen sie betroffen sein wird, wenn sie nicht –wie es ihr zumutbar ist- den Ausgang des Revisionsverfahrens außerhalb des Bundesgebietes abwartet, wie etwa die Entlassung aus der Grundversorgung oder die Verhängung einer allenfalls strengen Strafe, so sind diese Umstände ebenfalls nicht geeignet, einen Sachverhalt zu beschreiben, welcher die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gebietet.

Nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses ist für die revisionswerbenden Parteien kein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden, zumal bereits in einer Entscheidung, welcher per se vorab die Vermutung der Rechtsrichtigkeit zukommt, festgestellt wurde, dass die revisionsführende Partei in ihrem Herkunftsstaat keiner Gefahr iSd Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK, Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre und aufenthaltsbeendende Maßnahmen keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht- auf ein Privat- und Familienleben darstellen.

Aus den oa. Erwägungen war dem Antrag darauf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben und ist des den Revisionswerbern zumutbar, die Entscheidung über die Revision im Herkunftsstaat bzw. außerhalb des Bundesgebietes abzuwarten (vgl. hierzu auch VwGH 10.2.2020, RA 2019/21/0366-5).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Konkretisierung öffentliche Interessen Revision

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L515.2213232.1.00

Im RIS seit

17.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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