TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/29 W178 2240330-1

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Veröffentlicht am 29.11.2021
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Entscheidungsdatum

29.11.2021

Norm

APG §14
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W178 2240330-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte PARTL-FISCHER-LODE, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) vom 22.01.2021, Zl. 3567 XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (in der Folge auch: SVS oder belangte Behörde) vom 22.01.2021 wurde auf den Antrag von XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) vom 14.04.2020 festgestellt, dass die Übertragung von Gutschriften bei Kindererziehung gemäß § 14 Allgemeines Pensionsgesetz (APG) abgelehnt werde.

Begründet wurde dies damit, dass die Übertragung von Gutschriften bei Kindererziehung nur zulässig sei, wenn noch keiner der Elternteile Anspruch auf eine Pension aus eigener Pensionsversicherung habe. Da dies beim Beschwerdeführer seit 01.08.2004 der Fall sei und er eine Berufsunfähigkeitspension nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) habe, sei der Antrag abzulehnen.

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Beschwerdeführer beziehe seit 01.08.2004 eine Berufsunfähigkeitspension, gehe aber seitdem weiterhin einer Erwerbstätigkeit nach und leiste Beiträge zur gesetzlichen Pensionsversicherung. Als selbstständiger Unternehmer einer Tabaktrafik sei er gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG pflichtversichert in der Pensionsversicherung. Er habe in den zur Übertragung beantragten Jahren 2018 und 2019 entsprechende Gutschriften am Pensionskonto erworben, welche bei der Berechnung der Berufsunfähigkeitspension 2004 keine Berücksichtigung finden konnten. Diese seien aber bei Erreichen des Regelpensionsalters im Zuge einer Neubemessung der Pension sehr wohl zu berücksichtigen und würden sich voraussichtlich pensionserhöhend auswirken (vgl. 10 ObS 4/17m).

Diese Umstände seien von der belangten Behörde gänzlich außer Acht gelassen, der Sachverhalt sei unvollständig ermittelt worden. Es bestünde kein Hindernis, die in den Jahren 2018 und 2019 erworbenen Gutschriften am Pensionskonto im beantragten Ausmaß von 50 % gemäß § 14 APG auf seine Ehegattin zu übertragen.

Die rechtliche Beurteilung des Bescheides sei unrichtig und § 14 Abs. 1 letzter Satz APG einschränkend auszulegen bzw. als verfassungswidrig aufzuheben, da ein genereller Ausschluss der Personengruppe, die bereits vor der Geburt eines Kindes eine Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension angetreten habe und dennoch weiterhin aus eigener Erwerbstätigkeit übertragbare Gutschriften auf dem Pensionskonto erlangen würde, und deren Partner vom Pensionssplitting jedenfalls zu Unsachlichkeit und Gleichheitswidrigkeit führe.

3. Der Beschwerdeakt wurde am 11.03.2021 dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, vorgelegt. Die belangte Behörde gab zur Beschwerde eine Stellungnahme ab.

4. Nach zwei Unzuständigkeitsanzeigen vom 11.03.2021 und 15.03.2021 wurde das Verfahren der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

5. Mit Schreiben des BVwG vom 22.07.2021 wurde das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) ersucht, auf die Gründe für die sachliche Rechtfertigung der gesetzlichen Regelung einzugehen.

6. Mit Stellungnahme des BMSGPK vom 23.08.2021 wurde im Wesentlichen festgestellt, dass es sachlich gerechtfertigt sei, dass Übertragungen von Gutschriften bei Kindererziehung nur zulässig seien, wenn noch keiner der Elternteile eine Eigenpension beziehe, da ansonsten der Grundgedanke der Kostenneutralität nicht mehr gegeben sei und zwar in dem Sinne, dass eine Erhöhung der Gutschrift beim Empfänger A nicht automatisch eine Verringerung der Gutschrift beim Überträger B nach sich ziehe.

7. Mit Parteiengehör vom 27.09.2021 wurde den Parteien die Stellungnahme des BMSGPK zur Kenntnis gebracht. Es sind keine weiteren Schriftsätze oder ergänzenden Stellungnahmen beim BVwG eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, geboren am XXXX 1975, bezieht seit 01.08.2004 eine Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG.

Er war von 2004 bis 2013 und ist seit 01.03.2018 laufend selbstständig erwerbstätig und pflichtversichert in der Pensionsversicherung nach dem GSVG.

Mit Antrag vom 14.04.2020 wurde für die Jahre 2018 und 2019 die Übertragung von jeweils 50 % der Pensionskonto-Gutschriften des Beschwerdeführers auf die Mutter des gemeinsamen Kindes, welches am 04.07.2018 geboren wurde, beantragt.

Unstrittig ist, dass die Mutter in der fraglichen Zeit das Kind im Inland betreut hat; sie war in den Kalenderjahren bis 28.03.2018 als Angestellte ASVG-versichert, danach bezog sie Wochengeld bzw. Kinderbetreuungsgeld.

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde, dem Vorbringen des Beschwerdeführers und der Stellungnahme des zuständigen Bundesministeriums zur gesetzlichen Regelung des § 14 APG.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde

3.1 Gesetzliche Bestimmung

§ 14 APG „Übertragung von Gutschriften bei Kindererziehung“ lautet (Hervorhebung des Gerichts):

„(1) Der nicht nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG versicherte Elternteil kann auf Antrag bis zu 50% seiner Teilgutschrift nach § 11 Z 4, soweit sich diese auf eine Erwerbstätigkeit gründet, auf das Pensionskonto des nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG versicherten Elternteiles übertragen lassen. Die Übertragung ist nur dann zulässig, wenn noch keiner der Elternteile Anspruch auf eine Pension aus eigener Pensionsversicherung hat.

(2) Es können nur Teilgutschriften für jene Kalenderjahre übertragen werden, in denen eine Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG bestanden hat. Die Jahreshöchstbeitragsgrundlage darf dabei nicht überschritten werden.

(2a) Eine Übertragung nach Abs. 1 kann über den Zeitraum einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG hinaus bis zu dem Kalenderjahr erfolgen, in dem das Kind das 7. Lebensjahr vollendet, wenn der Elternteil, auf den bis zu 50% der Teilgutschrift übertragen werden sollen, im betreffenden Kalenderjahr das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat (§ 227a Abs. 4 bis 6 ASVG). Die Jahreshöchstbeitragsgrundlage darf dabei nicht überschritten werden.

(2b) Durch Übertragungen nach den Abs. 1 und 2a dürfen durch einen Elternteil insgesamt höchstens 14 Teilgutschriften im Ausmaß von bis zu jeweils 50% übertragen werden.

(3) Die Übertragung der Teilgutschrift ist längstens bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes bei jenem Pensionsversicherungsträger zu beantragen, dem die antragstellende Person leistungszugehörig ist. Dem Antrag muss eine Vereinbarung der Eltern (Stiefeltern, Wahleltern, Pflegeeltern) über die Übertragung zugrunde liegen. Ein Widerruf der Übertragung ist unzulässig.

(4) Liegt die Geburt (Annahme an Kindes Statt, Übernahme der unentgeltlichen Pflege des Kindes) eines weiteren gemeinsamen Kindes vor dem Ablauf der Antragsfrist nach Abs. 3, so erstreckt sich diese bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des jeweils zuletzt geborenen (an Kindes Statt angenommenen, in unentgeltliche Pflege übernommenen) Kindes.“

3.2. Zu den Beschwerdeausführungen

Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezieht sich auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 1 letzter Satz APG, welcher mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz BGBl. I 142/2004 in Geltung trat. Diese Bestimmung sei einschränkend auszulegen und die rechtliche Beurteilung im Wesentlichen aus folgenden Überlegungen unrichtig:

Auf der übertragenden Seite der Teilgutschriften im Sinne des Pensionssplittings sei aus Praktikabilitätsgründen argumentierbar, dass es bei einer bereits vor der Antragstellung gemäß § 14 APG bescheidmäßig festgestellten Pension nicht mehr möglich sein solle, eine nachträgliche Übertragung von Gutschriften auf das Pensionskonto – und demgemäß eine nachträgliche Reduktion der Pension – zu veranlassen. Auf der empfangenden Seite iSd § 14 APG stelle sich diese Problematik nur abgeschwächt, zumal die Berücksichtigung weiterer übertragener Teilgutschriften lediglich zu einer Erhöhung des Pensionsanspruches führen könne und eine nachträgliche Neubemessung ohne erheblichen Aufwand oder Nachteil für die Versicherungsgemeinschaft möglich sei.

Diese Problematik entfalle schließlich zur Gänze, wenn die auf den betroffenen Zeitraum fallenden Beitragsgutschriften, die übertragen werden sollen, bei einem vor Antragstellung erfolgten Pensionsanspruch des Überträgers noch gar keine Berücksichtigung gefunden hätten – etwa wenn die „Überträgerseite“ bereits vor dem beantragten Zeitraum gemäß § 14 APG eine Berufsunfähigkeitspension angetreten habe.

Der gesetzlich vorgesehene generelle Ausschluss in § 14 Abs. 1 letzter Satz APG berücksichtige gerade nicht jene Fälle, in denen der Überträger neben dem Bezug einer bereits vor dem von der Übertragung betroffenen Zeitraum festgesetzten Pension weiterhin aufgrund von Beitragszahlungen Gutschriften aufgrund eigener Erwerbstätigkeit auf dem Pensionskonto erlangt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die übertragende Seite in diesem Fall keine Gutschriften auf den die überwiegende Kindererziehung übernehmenden Elternteil übertragen können soll. Dieser Vorgang hindere nicht die bei Erreichen des Regelpensionsalters vorzunehmende Neubemessung der Pension, bei der die erlangten Gutschriften (gemindert um allenfalls übertragene Teilgutschriften) wie bei jedem anderen Versicherungsnehmer erstmals zu berücksichtigen seien.

Für diese Vorgehensweise seien keine in den Gesetzesmaterialien genannten „objektiv nachvollziehbaren Gründe“ auffindbar, sodass dem lediglich Praktikabilitätsüberlegungen zugrunde liegen könnten. Gesetzgeberische Durchschnittsbetrachtungen seien zwar im Sinne der Verwaltungsökonomie zulässig und ein Gesetz nicht schon deshalb gleichheitswidrig, weil dabei Härtefälle entstehen. Die zulässige Bedachtnahme auf die Praktikabilität sei aber nicht schrankenlos: § 14 Abs. 1 letzter Satz APG schließe die Personengruppe, die bereits vor der Geburt eines Kindes eine Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension angetreten habe und dennoch weiterhin aus eigener Erwerbstätigkeit übertragbare Gutschriften auf dem Pensionskonto erlange, und deren Partner vom Pensionssplitting generell aus, was jedenfalls unsachlich und gleichheitswidrig sei.

Dem zu entgehen sei ohne weiteres möglich, indem beispielsweise eine Übertragung für jene Fälle ausgeschlossen sei, in denen bei Antragstellung bereits eine Pension bezogen werde, bei deren Bemessung die zu übertragenen Teilgutschriften bereits Berücksichtigung gefunden hätten.

3.3. Zum Pensionssplitting allgemein und im konkreten Fall

Mit der Einführung des freiwilligen „Pensionssplittings“ für Zeiten der Kindererziehung wird in der österreichischen Sozialversicherung ein Weg beschritten, der insbesondere zum Ausbau einer eigenständigen Pensionsversorgung der Frauen führen soll.

In den entsprechenden Gesetzesmaterialien zur Einführung des Pensionssplittings (BGBl. I 142/2004) wird unter anderem Folgendes ausgeführt:

„Eine Übertragung ist nur bis zu dem Zeitpunkt zulässig, in dem noch kein Anspruch auf eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung besteht. Diese zeitliche Einschränkung der Zulässigkeit der Übertragung von Teilgutschriften erscheint aus objektiv nachvollziehbaren Gründen sachlich gerechtfertigt. […]“

Und weiter: „Ein Widerruf der Übertragung ist nicht zulässig. Für eine solche Lösung sprechen folgende Gründe: Würde das „Pensionssplitting“ einseitig widerrufbar gestaltet werden, so würde der Partner, der im Vertrauen auf das Splitting die Berufstätigkeit unterbrochen hat, unter Umständen in seinen sozialversicherungsrechtlichen Verhältnissen benachteiligt werden können. Ein solcher Nachteil würde in der Regel berufstätige Frauen treffen. Dies soll jedoch vermieden werden, um der Absicht des Gesetzgebers nach Aufbau einer eigenständigen Pensionsversorgung für Frauen zum Durchbruch zu verhelfen.“ (vgl. 653 der Beilagen XXII. GP-Regierungsvorlage, S13)

In der mit Beschwerdevorlage von der belangten Behörde eingebrachten Stellungnahme wird auf § 14 Abs. 1 letzter Satz APG verwiesen und iSd Wortinterpretation argumentiert, dass der Bestimmung ausdrücklich zu entnehmen ist, dass eine Übertragung nur zulässig ist, wenn keiner der Elternteile Pensionsansprüche aus eigener Pensionsversicherung hat. Es sind keine Ausnahmetatbestände normiert und von dieser Anspruchsvoraussetzung ist somit jegliche Eigenpensionsart (also auch die Berufsunfähigkeitspension), sowohl des übertragenden, als auch des übernehmenden Elternteiles, in gleicher Weise umfasst.

Wie in der Beschwerde richtigerweise aufgeworfen, kann der Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des VfGH von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen. Dabei können Härtefälle – wie der gegenständliche – entstehen, diese machen das Gesetz nicht gleichheitswidrig. „Das Ausmaß der solcherart hinzunehmenden ungleichen Auswirkungen einer generellen Norm hängt allerdings nicht nur vom Grad der Schwierigkeiten ab, die eine nach den verschiedenen Sachverhalten differenzierende Lösung der Vollziehung bereiten würde, sondern auch vom Gewicht der angeordneten Rechtsfolgen.

In der Stellungnahme des für die Regierungsvorlage zuständigen Bundesministeriums vom 23.08.2021 wird die Auffassung der belangten Behörde bekräftigt und näher ausgeführt, dass § 14 APG auf der Überlegung eines 1:1-Ausgleichs beruht, der bei einer Übertragung von Teilgutschriften bei bereits zuerkanntem Bezug einer Pensionsleistung nicht mehr gegeben wäre. Die Versichertengemeinschaft würde zusätzlich belastet, die Kostenneutralität des Splittings wäre nicht mehr gegeben. Auch gibt es derzeit keine gesetzliche Regelung, die eine Neuberechnung einer bereits in Auszahlung befindlichen Pensionsleistung aufgrund von Pensionssplitting regeln würde.

Zum konkreten Fall der Berufsunfähigkeitspension wird folgerichtig ergänzt, dass sich diese nach dem sog. „Lebensstandardprinzip“ errechnet, dessen Ziel es ist, eine ausreichende und ohne eingetretenen Versicherungsfall – geminderte Arbeitsfähigkeit – wahrscheinlich gewesene Pensionsleistung auszuzahlen. Dies funktioniert bei Eintritt des Versicherungsfalles vor dem 60. Lebensjahr im Wege der Addition von Zurechnungsmonaten. Die auszuzahlende Pensionsleistung setzt sich also aus zwei Teilen zusammen: einem, der die bisherige Versicherungskarriere widerspiegelt und einem zweiten, welcher die Zurechnungsmonate beinhaltet. Werden nach Eintritt des Versicherungsfalles weitere Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben, werden diese auf einem individuellen Pensionskonto erfasst. Zum Regelpensionsalter kann ein Antrag auf Umwandlung der Pensionsart unter Einberechnung der hinzugekommenen Beitragszeiten erfolgen. Bei dieser Umwandlung werden die erworbenen Versicherungszeiten zur Berechnung der Pensionshöhe herangezogen, die Zurechnungsmonate sind nicht relevant. Das heißt, dass eine Neufeststellung der Pensionshöhe auch zu einem geringeren Bezug als zuvor führen kann. Gängige Vollzugpraxis in so einem Fall ist, dass dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt wird, den Antrag auf Umwandlung zurückzunehmen und weiterhin die höhere Berufsunfähigkeitspension bezogen wird.

Die Systematik des Pensionssplittings geht davon aus, dass zwischen Eltern Pensionskontogutschriften (Teilgutschriften) geteilt werden und dem Abzug auf dem Pensionskonto der einen Seite ein Zuwachs auf dem Pensionskonto der anderen Seite gegenübersteht. Gerade dies wäre im vorliegenden Fall exemplarisch in Frage zu stellen:

Würde einem Berufsunfähigkeitspension-Bezieher das Pensionssplitting ermöglicht, würde die Übertragung auf Empfängerseite zu einer Steigerung der Pensionskontogutschrift führen, ein Abzug wäre aber auf Seiten der bereits eine Pensionsleistung beziehenden Seite unter Umständen folgenlos. Für den Bezieher einer Berufsunfähigkeitspension ist keine für ihn negative Neufeststellung der Pensionshöhe (Umwandlung auf eine Alterspension) vorgesehen. Eine Umwandlung kann zwar beantragt werden, dieser Antrag aber im Fall einer geringeren Alters- als Berufsunfähigkeitspension zurückgezogen werden. Kostenneutralität wäre nicht mehr zwangsläufig gegeben, die Kosten trüge die Versichertengemeinschaft.

Wie in der Beschwerde bereits ausgeführt, würde aus der Umwandlung einer Berufsunfähigkeits- in eine Alterspension nur voraussichtlich eine Pensionserhöhung erwachsen, gesichert wäre dies nicht. Insbesondere vor dem Hintergrund der gängigen Praxis, dass im Fall einer geringeren Alterspension, der Antrag auf Umwandlung zurückgezogen werden kann und die höhere Berufsunfähigkeitspension weiterhin ausgezahlt wird, erscheint die gegenständliche Konstellation nicht unsachlich und gleichheitswidrig.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.4. Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde zwar vom Beschwerdeführer beantragt, es ist aber in diesem Fall davon abzusehen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ist dies zulässig, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 02.09.2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft – wie es im gegenständlichen Verfahren der Fall ist – und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat, vgl. dazu auch das Erkenntnis des VwGH vom 29.04.2015, Zl. Ro 20015/08/0005 und zuletzt auch der Beschluss des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027).

Zu B) Zur Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Es konnte keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage gefunden werden, ob § 14 Abs. 1 letzter Satz APG die Personengruppe, die bereits vor der Geburt eines Kindes eine Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension angetreten hat und dennoch weiterhin aus eigener Erwerbstätigkeit übertragbare Gutschriften auf dem Pensionskonto erlangt, und deren Partner vom Pensionssplitting generell ausschließt. Auch die Frage der Neuberechnung einer bereits in Auszahlung befindlichen Pensionsleistung aufgrund von Pensionssplitting ist offen.

Schlagworte

Anspruchsvoraussetzungen Berufsunfähigkeitspension Guthaben Kindererziehungszeit Pensionsversicherung Revision zulässig Übertragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W178.2240330.1.00

Im RIS seit

17.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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