TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/24 W274 2240078-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2021
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Entscheidungsdatum

24.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
DSGVO Art17
DSGVO Art5
DSGVO Art6 Abs1 litf
GewO 1994 §152

Spruch



W274 2240078-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. LUGHOFER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. KR POLLIRER und Dr. GOGOLA als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX GmbH, XXXX , vertreten durch BAKER & McKENZIE DIWOK HERRMANN PETSCHE Rechtsanwälte LLP & Co KG, Schottenring 25, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde, Barichgasse 40 – 42, 1030 Wien, vom 27.01.2021, GZ D124.1626 2020-0.708.870, Mitbeteiligte XXXX , wegen Verletzung im Recht auf Löschung, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der Spruch des bekämpften Bescheids dahingehend abgeändert, dass er insgesamt lautet:

„1. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und es wird festgestellt, dass die MB XXXX dadurch in ihrem Recht auf Löschung verletzt ist, dass das sich auf diese beziehende Zahlungserfahrungsdatum, das am 27.08.2015 ausgebucht wurde (Herkunft „ XXXX “), noch nicht aus der Bonitätsdatenbank der BF gelöscht wurde.

2. Der BF wird aufgetragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen dem Löschungsbegehren der MB betreffend das Zahlungserfahrungsdatum zu Pkt.1. nachzukommen und diese Daten zu löschen.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.“

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

XXXX (im Folgenden: Mitbeteiligte, MB) wandte sich mit E-Mail vom 29.10.2019 an die Datenschutzbehörde (im Folgenden: Belangte Behörde) und erhob „Beschwerde gegen das Unternehmen XXXX “ (im Folgenden: Beschwerdeführerin, BF). Sie führte aus, nachdem sie das dritte Mal den Antrag auf sofortige Löschung der Daten gestellt habe, habe sie wieder eine negative Antwort bekommen.

Dem E-Mail angeschlossen war Korrespondenz zwischen der MB und der BF, woraus sich ergibt, dass die MB nach Erhalt einer Datenauskunft von der BF mit undatiertem Schreiben einen Löschungsantrag stellte, in dem sie gegen die weitere Verarbeitung ihrer persönlichen Daten widerspricht und die Löschung Ihrer Daten aus der Warnliste der Banken und der Kleinkreditevidenz/Konsumentenkreditevidenz gemäß Art. 17 DSGVO begehrt. Ausdrücklich vom Widerspruch und Löschungsbegehren ausgenommen seien ihr Name und ihre aktuelle Wohnadresse. Die (von der BF erfassten) Daten seien mehrere Jahre alt und zur „Ausübung des Auskunfteigewerbes nach § 152 Gewerbeordnung“ ungeeignet. Die MB behalte sich auch Schadenersatzforderungen gemäß Art. 82 DSGVO und anderen Bestimmungen vor.

Mit E-Mail vom 25.10.2019 setzte die MB der BF diesbezüglich eine Frist bis 28.10.2019, 13:00 Uhr, widrigenfalls sie sich an die Datenschutzbehörde sowie den Konsumentenschutz wende.

Unter anderem mit E-Mail vom 29.10.2019 der BF an die MB führte diese aus, sie verarbeitete die Daten der MB auf Basis berechtigter Interessen ihrer Kunden gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, solange ein legitimer Zweck für die Verarbeitung bestehe.

Nach einem Mängelbehebungsauftrag übersandte die MB eine Auskunft der BF nach Art. 15 DSGVO vom 17.10.2019, übermittelt nach dem Auskunftsersuchen der MB vom 16.10.2019. Diese enthält neben den tabellarisch übermittelten Zahlungserfahrungsdaten die handschriftlichen Vermerke der MB zu den Zeilen 3 - 11 “erledigt, obwohl Daten bzw. Forderungen nicht korrekt waren!“ und zu den Zeilen 1 und 2 „bereits erledigt“ (zum Inhalt der Datenauskunft siehe unten).

Die Datenauskunft enthält neben einer Tabelle über Zahlungserfahrungsdaten im Zeitraum 13.10.2014 bis 20.11.2018 eine weitere Tabelle, in der angeführt wird, welche Unternehmen Abfragen zur Identität und/oder Bonität der MB bei der BF getätigt hätten.

Die BF nahm per E-Mail zu der am 29.11.2019 übermittelten Beschwerde Stellung. Nach Darstellung ihrer Aufgaben gemäß § 152 GewO führte die BF aus, sie verarbeitete elf (negative) Zahlungserfahrungen betreffend die MB. Diese seien zwischen 2014 und 2018 eröffnet und überwiegend zwischen 2014 und 2016 geschlossen (bezahlt oder mangels Einbringlichkeit ausgebucht) worden, wobei zum Zeitpunkt der Auskunft als auch zum Zeitpunkt dieser Stellungnahme noch nicht alle Forderungen geschlossen gewesen seien. Die Forderungen gegen die MB hafteten somit über mehrere Monate bis zu über einem Jahr unberichtigt aus. Zwei der gegenständlichen Forderungen - beide aus 2018 und in Höhe von Euro 77,96 bzw. Euro 128,60 - seien noch nicht geschlossen und befänden sich weiterhin in Bearbeitung. Betreffend die handschriftliche Anmerkung durch die MB, wonach zwei Forderungen bereits erledigt seien, sei eine Nachfrage bei dem betreibenden Inkassounternehmen erfolgt, das diesen Umstand nicht bestätigt habe. Diese Forderungen hafteten weiters unberichtigt aus und blieben als „unbearbeitet“ in der Datenbank gespeichert. In Summe beliefen sich die verfahrensgegenständlichen Forderungen, die jeweils zwischen Euro 59,95 und Euro 214,65 betrügen, auf Euro 1.369,66. Die Verarbeitung der gegenständlichen Zahlungserfahrungsdaten sei für die Erfordernisse der Auskunftei über Kreditverhältnisse unverzichtbar. Sie seien bonitätsrelevant und für den Zweck, für den sie erhoben worden seien, weiterhin notwendig.

Die MB führte mit (weiterem) E-Mail an die BF sowie an die DSB am 03.12.2019 aus, die damals gespeicherten Daten seien „leider passiert“, was mit den finanziellen Verhältnissen von heute (damals nicht berufstätig etc) in keinerlei Zusammenhang mehr stehe. Dadurch, dass die veralteten Daten immer noch drinstünden, stünden der MB einige kredittechnische Möglichkeiten nicht zur Verfügung, was „von ihrer Einkommenssituation“ aber kein Problem sei. Die Summe der unter 3.4 angeführten Daten stimmten nicht überein, überzogene Gebühren seitens eines Inkassobüros könnten hier nicht gezählt werden, außerdem seien die Sachen erledigt. Bei Nichtlöschung ziehe die MB weitere Schritte in Betracht. Sie sei auch mit Tageszeitungen in Kontakt und werde die Angelegenheit öffentlich machen.

Über Aufforderung zur Stellungnahme vom 10.12.2019 betreffend zwei nicht geschlossene Forderungen erging das E-Mail der BF vom 20.12.2019 an die belangte Behörde, mit der ergänzende Korrespondenz vorgelegt und zur konkreten Fragestellung ausgeführt wird, es handle sich bei den beiden Forderungen einerseits um eine solche der XXXX (Forderung von Euro 128,60), die zur Gänze aushafte, andererseits eine der XXXX GmbH von Euro 77,96, die mit Euro 16,64 aushafte.

Mit dieser Stellungnahme wurde umfangreiche Korrespondenz vorgelegt.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.02.2020 wurde der MB Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben. Die MB nahm diese nicht in Anspruch.

Mit „Aufforderung“ zur ergänzenden Stellungnahme“ vom 11.12.2020 übermittelte die belangte Behörde der BF die Eingabe der MB vom 03.12.2019 und forderte zur Stellungnahme zur Richtigkeit der von der MB in der Eingabe vom 06.11.2019 handschriftlich als „nicht korrekt“ markierten Datensätze auf. Weiters wolle erläutert werden, warum die BF von der Richtigkeit der gespeicherten Zahlungserfahrungsdaten ausgehe. Gegebenenfalls seien zum Beweis des eigenen Vorbringens geeignete Beweismittel vorzulegen und bekanntzugeben, welche Zahlungserfahrungsdaten über die MB die BF aktuell bzw. nach wie vor verarbeite.

Dazu legte die BF die nunmehr anwaltlich gezeichnete ergänzende Stellungnahme vom 02.12.2020 samt Beilagen ./1 - ./6 vor. Sie führte dazu ergänzend aus, Informationen über (negative) Zahlungserfahrungsdaten erhalte die BF nahezu ausnahmslos nur, wenn Zahlungsverzug vorliege, die ersten beiden Mahnungen durch den Gläubiger erfolglos gewesen seien, somit ein qualifizierter Zahlungsverzug eingetreten sei und auch die dritte Mahnung durch ein Inkassobüro erfolglos geblieben sei und daher ein fortbestehender qualifizierter Zahlungsverzug vorliege. Dieser Ablauf werde dadurch sichergestellt, dass die BF die Inkasso-Unternehmen dazu verpflichte, eine Meldung erst vorzunehmen, wenn die erste vom Inkasso-Unternehmen vorgenommene Mahnung erfolglos geblieben sei. Dies ergäbe sich aus der nunmehr vorgelegten Partnervereinbarung. Aufgrund dieser seien die Inkasso-Unternehmen auch dazu verpflichtet, die Richtigkeit der eingemeldeten Zahlungserfahrungen sicherzustellen.

Die gegenständliche Datenbank sei eine solche im Sinne des § 7 Abs. 1 VKrG.

Zu den von der MB als „nicht korrekt“ beanstandeten Zahlungserfahrungsdaten:

Der MB sei insofern rechtzugeben, als die beanstandeten Zahlungserfahrungsdaten durch die jeweiligen Inkasso-Unternehmen positiv erledigt bzw. ausgebucht worden seien. Dies sei bereits in der Auskunft als Zahlungsstatus ersichtlich gewesen. Die Tatsache, dass bei den meisten der Zahlungserfahrungsdaten der Zahlungsstatus „positiv erledigt“ laute, das heißt, die BF diese Forderungen beglichen habe, diene als Indiz dafür, dass diese Beträge dem Grunde und der Höhe nach richtig gewesen seien. Die BF habe trotzdem mit jenen Inkasso-Unternehmen Kontakt aufgenommen, die die verfahrensgegenständlichen Zahlungserfahrungsdaten an die BF gemeldet hätten. Die diesbezügliche Korrespondenz werde vorgelegt. Daraus ergäbe sich, dass es sich bei den von XXXX GmbH, XXXX GmbH, XXXX GmbH & Co KG und XXXX GmbH eingemeldeten Zahlungserfahrungsdaten ausschließlich um Kapitalforderungen der Kunden der Inkasso-Unternehmen handle und diese nicht „überzogene Gebühren seitens irgendeines Inkasso-Büros“ beinhalteten. Bei den in Punkt 3.4. der Stellungnahme vom 29.11.2019 der BF genannten Beträge handle es sich lediglich um die niedrigste und die höchste in der Auskunft vom 17.10.2019 aufgelistete Kapitalforderung sowie um die kalkulierte Gesamtsumme sämtlicher in dieser Auflistung aufgelisteten Kapitalforderungen. Betreffend die von XXXX AG eingemeldeten Zahlungserfahrungsdaten habe die BF bezüglich der Richtigkeit bereits Kontakt aufgenommen, bis dato jedoch trotz Nachfrage keine Rückmeldung erhalten.

Weiters übermittelte die BF eine Aufstellung über die aktuell verarbeiteten Zahlungserfahrungsdaten und brachte dazu vor, im Vergleich zur Auskunft vom 17.10.2019 sei die Zahlungserfahrung über EUR 128,60 aus 2018 mittlerweile aus dem System der BF gelöscht und es seien zwei weitere Zahlungserfahrungen über EUR 40,98 aus 2019 und EUR 79,95 aus 2020 hinzugekommen. Somit würden aktuell 12 Zahlungserfahrungen verarbeitet. Zu berücksichtigen sei insbesondere die kurze Zeit, die seit der Beendigung der Inkasso-Fälle verstrichen sei (zwei Forderungen hafteten sogar weiterhin unberechtigt aus), die Dauer der unberichtigten Aushaftung sowie die Höhe der Forderungen (in Summe EUR 1.331, 99).

Mit dem bekämpften Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise statt und stellte fest, die MB sei dadurch in ihrem Recht auf Löschung verletzt, dass jene Zahlungserfahrungsdaten, die bereits am 30. Dezember 2014 (Herkunft „ XXXX GmbH“), 27.08.2015 (Herkunft „ XXXX “), 19.10.2015 (Herkunft „ XXXX GmbH“) bzw. 11.12.2015 (Herkunft: “ XXXX GmbH“) beglichen worden seien, noch nicht aus der Bonitätsdatenbank der BF gelöscht worden seien. Der BF werde aufgetragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen dem Löschungsbegehren der MB betreffend die genannten Daten nachzukommen und diese Daten zu löschen. Im Übrigen werde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde traf folgende Sachverhaltsfeststellungen (Parteienbezeichnungen wurden angepasst):

„Die BF betreibt ein Gewerbe nach § 152 GewO 1994 als Kreditauskunftei.

Die BF verarbeitete am 17. Oktober 2019 (Zeitpunkt der Auskunftserteilung) folgende, inhaltlich nicht zu beanstandenden Zahlungserfahrungsdaten zur MB in ihrer Bonitätsdatenbank, welche in Summe zum damaligen Zeitpunkt 1.369,66 betrugen:

(Ausschnitt aus dem Original):

Die MB begehrte mit Schreiben vom 18. Oktober 2019 sowie vom 25. Oktober 2019 die Löschung dieser Zahlungserfahrungsdaten. Die BF teilte der MB mit Schreiben vom 29. Oktober 2019 mit, dass sie dem Löschbegehren nicht nachkommen werde, da ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung dieser Daten bestehe.

Zum 2. Dezember 2020 verarbeitete die BF folgende inhaltlich nicht zu beanstandenden Zahlungserfahrungsdaten über die MB (Ausschnitt aus dem Original):

Die Zahlungserfahrung über EUR 128,60 aus dem Jahr 2018, welche am 17. Oktober 2019 noch verarbeitet wurde ( XXXX ), ist mittlerweile aus dem System der BF gelöscht. Dafür werden mittlerweile zwei neue Forderungen aus den Jahren 2019 bzw. 2020, welche noch nicht positiv erledigt sind, von der BF verarbeitet. Insgesamt ergeben die eingetragenen Zahlungserfahrungsdaten zum 2. Dezember 2020 eine Summe von EURO 1.331,99.

Rechtlich stellte die belangte Behörde zunächst Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO sowie Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO näher dar, ebenso Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO. Weiters verwies sie auf ihren Bescheid vom 07.12.2018 DSB-D123.193/0003-DSB/2019 zur Frage, wie lange Einträge in Datenbanken von Kreditauskunfteien gespeichert werden dürften.

Die BF verarbeite als Kreditauskunftei zum Zeitpunkt der Stellungnahme am 02.12.2020 insgesamt zwölf Zahlungsverfahrensdaten die MB betreffend. Zwei dieser Datensätze beträfen noch offene Forderungen. Vier dieser Forderungen seien zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt bereits vor über fünf Jahren „geschlossen“ (also „positiv erledigt“ oder „ausgebucht“).

Es seien die berechtigten Interessen der BF zu bewerten und den berechtigten Interessen der MB sowie Dritter gegenüberzustellen. Die MB vermeine dadurch in ihrem Recht auf Löschung verletzt zu sein, dass die BF (unrichtige) „Alt-Daten“ über Forderungen, die „bereits erledigt“ seien über sie verarbeite und ihr dadurch einige „kredittechnische Möglichkeiten“ nicht offen- stünden. Die (unsubstantiierte) Behauptung, die gespeicherten Zahlungserfahrungsdaten seien unrichtig, habe durch umfassende Korrespondenz seitens der BF mit den hier betroffenen Inkassobüros glaubhaft widerlegt werden können. Auch das Vorbringen der MB, die von der BF in ihrer Stellungnahme vom 29.11.2019 genannten Summen stimmten nicht überein, habe nicht nachvollzogen werden können. Die Summe der gespeicherten Forderungen habe zum damaligen Zeitpunkt, wie von der BF vorgebracht, Euro 1.369,66 betragen. Hinsichtlich des Vorbringens, es handle sich um „Alt-Daten“, habe die BF zu Recht erwidert, dass auch eine vergangene Zahlungsunfähigkeit eine wesentliche Grundlage für die Bonitätsbeurteilung darstellen könne. Die Berücksichtigung von Zahlungsausfällen in der jüngeren Vergangenheit sei mithin erforderlich, um eine vollständige Auskunft über die Bonität einer bestimmten Person erteilen zu können. Anhand vergangener Zahlungsausfälle könne durchaus ein Schluss auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit gezogen werden.

Im Hinblick auf die konkrete Speicherfrist der Zahlungserfahrungsdaten sei zunächst auf das Erkenntnis des BVwG vom 30.10.2019, GZ W258 2216873-1, hinzuweisen. Demnach könnten als Richtlinie, wie lange Bonitätsdaten zur Beurteilung der Bonität eines potentiellen Schuldners geeignet seien, Beobachtungs- oder Löschungsfristen in rechtlichen Bestimmungen herangezogen werden, die dem Gläubigerschutz dienten oder die die Erfordernisse an eine geeignete Bonitätsbeurteilung näher festgelegten. Diesbezüglich sei insbesondere an die Kapitaladäquanzverordnung der EU anzuknüpfen, wonach ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren als historischer Beobachtungszeitraum für zumindest eine Datenquelle zugrunde zu legen sei. Der europäische Verordnungsgeber gehe davon aus, dass für die Beurteilung der Bonität eines potentiellen Schuldners bzw. des Risikos einer Forderung Daten über etwaige Zahlungsausfälle über einen Zeitraum von zumindest fünf Jahren relevant seien. Wenn Kreditinstitute als potentielle Geschäftspartner rechtlich verpflichtet seien, ihre Forderungen anhand der Ausfallsquoten zumindest der letzten fünf Jahre zu bewerten und die Bonitätsdatenbank der BF auch dazu dienen solle, Kreditinstituten Daten zu liefern, die sie für ihre zum Teil verpflichtende Bewertung benötigen, liege kein Verstoß gegen das Prinzip der Datenminimierung oder der Speicherbegrenzung vor, wenn die BF Zahlungserfahrungsdaten der MB verarbeite, deren positive Erledigung weniger als fünf Jahre zurückliege. Dies sei hier betreffend acht von zwölf nachverarbeiteten Zahlungserfahrungsdaten der Fall.

Betreffend die Verarbeitung von Daten, „die bereits vor über fünf Jahren geschlossen worden seien“, bringe die BF vor, auch die außerhalb des Mindestzeitraums von fünf Jahren liegenden Zahlungserfahrungsdaten seien im konkreten Fall weiterhin zu speichern. Der Umstand, dass trotz des Bestehens dieser älteren Zahlungserfahrungen zahlreiche neue Zahlungserfahrungen durch die MB verursacht worden seien, sei auch für die zukünftige Beurteilung von deren Bonität relevant. Nur so könne ein korrektes Gesamtbild über die Bonität der MB gegeben werden. Hinsichtlich der geringen Höhe mancher Forderungen sei festzuhalten, dass auch Kleinbeträge, die nicht oder nach mehrmaligen Mahnungen und Betreibung der Inkassounternehmen eingebracht werden konnten, eine entscheidende Rolle für die Beurteilung der Bonität (insbesondere der Zahlungsunwilligkeit) einer Person spielten. Besonders im kleinteiligen Massengeschäft müsse auch das vertragswidrige Zahlungsverhalten hinsichtlich verhältnismäßig geringer Beträge berücksichtigt werden. Zusätzlich könnten sich zahlreiche für sich allein kleinere Beträge (wie hier) zu einer durchaus größeren Summe anhäufen.

Dem sei im vorliegenden Fall nicht zu folgen. Die Summe der gespeicherten Zahlungserfahrungsdaten von insgesamt Euro 1.331,99 sei zwar als nicht unbeträchtlich zu qualifizieren und setze sich aus einer Vielzahl (insgesamt zwölf) relativ geringer Forderungen zusammen. Davon, dass jene vier Forderungen, die am 30.12.2014, am 27.08.2015, am 19.10.2015 und am 11.12.2015 – sohin zum Entscheidungszeitpunkt vor über fünf Jahren -geschlossen worden seien, nach wie vor einen wesentlichen Beitrag zu einem korrekten Gesamtbild über die Bonität der MB leisteten, sei nicht auszugehen. Auch unter Zugrundelegung „nur“ jener immerhin nach wie vor acht Zahlungserfahrungsdaten, die sich innerhalb des Fünf-Jahre-Richtwertes befänden, sollte es der BF und deren Kunden möglich sein, sich ein ausreichend fundiertes Bild von der Bonität der MB zu machen. Die Verarbeitung dieser Daten sei demnach zum Entscheidungszeitpunkt unzulässig bzw. verletze die MB in ihrem Recht auf Löschung gemäß Art. 17 DSGVO.

Es bestehe aber ein berechtigtes Interesse der BF an der weiteren Verarbeitung jener acht Zahlungserfahrungsdaten, die vor weniger als fünf Jahren geschlossen worden seien. Diesbezüglich sei dem Interesse der die Bonität abfragenden Unternehmen am Erhalt einer Bonitätsauskunft zum Zwecke des Gläubigerschutzes bzw. dem Interesse der BF, ihr Gewerbe nach § 152 GewO auszuüben, ein höherer Stellenwert einzuräumen, als dem Interesse der MB an der Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Zahlungserfahrungsdaten. Betreffend der übrigen vier Zahlungserfahrungsdaten, die zum Entscheidungszeitpunkt vor jeweils über fünf Jahren von der BF „geschlossen“ worden seien, sei aber dem Interesse der MB ein höherer Stellenwert einzuräumen.

Gegen die stattgebenden Spruchpunkte des Bescheides richtet sich die - anwaltlich erhobene - Beschwerde der BF wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Beschwerde (gemeint zur Gänze) als unbegründet abzuweisen bzw. das Verfahren einzustellen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem elektronischen Akt dem Verwaltungsgericht - einlangend am 03.03.2021 - unter Verweis auf den Bescheid mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen.

Die Beschwerde wurde der Mitbeteiligten zur allfälligen Äusserung zugestellt. Eine Äußerung erfolgte fristgemäß nicht.

Die Beschwerde ist teilweise berechtigt:

Das Verwaltungsgericht legt die Feststellungen der belangten Behörde auch seinem Erkenntnis zugrunde und ergänzt diese wie folgt:

Mit E-Mail vom 19.11.2020 forderte die BF die XXXX GmbH auf, betreffend Forderungen über EUR 214,65 (seit 27.08.2015) und EUR 83,55 (seit 01.08.2015) zu bestätigen, dass es sich bei diesen Beträgen um die ursprünglichen Kapitalforderungen handle. Dies bestätigte XXXX GmbH mit E-Mail vom 23.11.2020 unter Vorlage von Mahnungen vom 27.08.2015 und 01.09.2015, wobei sich jeweils ergibt, dass es sich bei den Beträgen von EUR 83,55 und EUR 214,65 um die Kapitalbeträge zu offenen Rechnungen des Kunden XXXX ergibt.

Mit weiterem Schreiben vom 19.11.2020 forderte die BF die XXXX AG auf, betreffend eine Forderung von EUR 59,95 vom 12.06.2015 zu bestätigen, dass es sich dabei um die ursprüngliche Kapitalforderung handle. Eine derartige Bestätigung wurde der BF von XXXX nicht vorgelegt.

Beweiswürdigung:

Die bereits von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen sind insofern unstrittig, als die diesbezüglichen Forderungen betreffend Eröffnung, Schließung, Kapitalforderung, offener Betrag, Forderungsstatus, Zahlungsstatus und Herkunft der Information teilweise vor dem Verfahren vor der belangten Behörde, jedenfalls aber im Verfahren der MB zur Kenntnis gebracht wurden. Mit Schreiben vom 13.02.2020 wurde der MB Gelegenheit gegeben, im Rahmen des Parteiengehörs zu diesen Umständen Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme (und somit substantiierte Bestreitung) erfolgte nicht. Die belangte Behörde forderte die BF im Hinblick auf die anfängliche pauschale Bestreitung der Richtigkeit der Forderungen der Auskunft vom 17.10.2019 durch die MB zu näheren Darlegungen auf, wobei einerseits hervorkam, dass es sich bei den Forderungen von EUR 83,55 und EUR 214,65 um Kapitalforderungen handelte. Die diesbezüglich vorgelegten Mahnungen der XXXX GmbH sind unbedenklich. Andererseits kam keine Grundlage für die der Eintragung zugrunde liegende Forderung von EUR 59,95 von XXXX AG hervor. Aufgrund der weiteren vorgelegten Schreiben Beilagen ./1 - ./4 war auch davon auszugehen, dass es sich bei den weiteren in der Auskunft der BF angeführten Forderungen um reine Kapitalforderungen handelt, ohne dass in diesen Inkasso-Spesen enthalten waren.

Rechtlich folgt:

Der aktuellen Judikatur der Datenschutzbehörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Speicherberechtigung und Speicherdauer von Zahlungserfahrungsdaten von nach der Gewerbeordnung befugten Kreditauskunfteien liegt primär das Erkenntnis W258 2216873 zugrunde, dem sich – dieses grundsätzlich voraussetzend - weitere Entscheidungen (u.a. W274 2232028 und W214 2216836) anschlossen. Diesen Erkenntnissen liegt zugrunde, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 5 DSGVO nach den dort genannten Verarbeitungsgrundsätzen zulässig ist. Diese umfassen Zweckbindung, Datenminimierung, Richtigkeit und Speicherbegrenzung. Weiters ist die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 6 zu prüfen, wobei mangels anderer Rechtfertigungsgründe gemäß der lit. f eine Interessensabwägung zwischen den Interessen des berechtigten Verantwortlichen und jenen des Betroffenen vorzunehmen ist. Da weder die DSGVO noch die gewerberechtlichen Regelungen zum Gewerbe der Kreditauskunftei (§ 152 Gewerbeordnung) konkrete Fristen zur zulässigen Speicherdauer von historischen Zahlungsausfällen enthalten, hängt die Beurteilung der zulässigen Speicherdauer vom Einzelfall ab. Als Kriterien wurden hiezu genannt: Historische Zahlungsinformationen zur Prognose des zukünftigen Zahlungsverhaltens eines potentiellen Schuldners hätten umso weniger Aussagekraft, je länger sie zurückliegen und je länger es zu keinen weiteren Zahlungsstockungen und Zahlungsausfällen gekommen ist. Dem Alter der Forderung bzw. dem Zeitpunkt des Feststehens des endgültigen Ausfalls der Forderung, dem Zeitpunkt etwaiger Tilgungen und dem seitherigen Wohlverhalten des Schuldners komme bei der Abwägung damit entscheidende Bedeutung zu.

Als Richtlinie wird diesbezüglich auf die Verordnung (EU) Nr. 646/2012 (Kapitaladäquanzverordnung) zurückgegriffen, die Kreditinstitute und andere verpflichtet, ihre Kunden zu bewerten und diverse Risken ihrer Forderungen abzuschätzen. Dabei ist zur Ermittlung der Ausfallswahrscheinlichkeit ein historischer Beobachtungszeitraum für zumindest eine Datenquelle, die auch extern sein kann, von mindestens fünf Jahren zugrunde zu legen. Auch die durchzuführende Schätzung der Verlustquote bei einem Ausfall hat sich grundsätzlich auf einen mindestens fünfjährigen Zeitraum zu beziehen. Daraus wurde abgeleitet, wenn Kreditinstitute als potentielle Geschäftspartner rechtlich verpflichtet seien, ihre Forderungen anhand der Ausfallsquoten zumindest der letzten fünf Jahre zu bewerten, so könne dies grundsätzlich auch für die Bonitätsdatenbank von Unternehmen wie der BF gelten, die unter anderem Kreditinstituten Daten liefern soll, die sie für ihre zum Teil verpflichtende Bewertung benötigen. In konkreto wurde zu W258 2216873 ausgesprochen, dass es unter Bezugnahme darauf nicht als Verstoß gegen das Prinzip der Datenminimierung oder der Speicherbegrenzung erkannt werden könne, wenn die dortige BF Daten über eine Insolvenz verarbeite, wenn der Zahlungsplan zum Zeitpunkt des Löschungsbegehrens erst vor eineinhalb Jahren bzw. zum Entscheidungszeitpunkt erst vor etwas mehr als drei Jahren erfüllt worden sei. Dies gelte auch für Forderungen, die zwar bereits vor mehr als fünf Jahren ausgefallen seien, aber erst vor eineinhalb Jahren bzw. drei Jahren durch die Erfüllung des Zahlungsplans endgültig getilgt worden seien. Die konkrete Höhe des Ausfalls könne nämlich erst mit nicht erfolgreicher Erfüllung des Zahlungsplans bestimmt werden.

Diese rechtlichen Grundsätze legte die belangte Behörde auch ihrer Entscheidung zugrunde und betrachtete dabei den genannten Fünfjahreszeitraum quasi als starre Grenze. Sie erachtete kein Speicherinteresse mehr für jene Forderungen als bestehend, die ausgehend vom Entscheidungszeitpunkt vor mehr als fünf Jahren geschlossen (positiv erledigt oder ausgebucht) wurden. Es sei nämlich nicht davon auszugehen, dass diese (hier konkret vier Forderungen) einen wesentlichen Beitrag zu einem korrekten Gesamtbild über die Bonität der MB leisten könnten. Ein ausreichend fundiertes Bild von der Bonität der MB ergäbe sich alleine unter Betrachtung all jener Zahlungserfahrungsdaten, die sich innerhalb des Fünfjahresrichtwerts befänden.

Dem hält die BF in ihrer Beschwerde auf rechtlicher Ebene entgegen, tatsächlich seien lediglich zwei der vier streitgegenständlichen Forderungen bereits beglichen, die anderen hafteten nach wie vor unberichtigt aus („ausgebucht“). Aus dem Erkenntnis W258 2216873 ergäbe sich, dass dem „seinerzeitigen Wohlverhalten des Schuldners bei der Abwägung entscheidende Bedeutung zukomme“. Ein derartiges Wohlverhalten liege hier nicht vor, zumal zwei der vier verfahrensgegenständlichen Forderungen nach wie vor unberichtigt aushafteten, drei weitere nicht verfahrensgegenständliche Forderungen unberichtigt aushafteten und in fünf weiteren Fällen ein fortgesetzter qualifizierter Zahlungsverzug verursacht worden sei, die MB im Verfahren unrichtige Behauptungen betreffend positiv erledigter Forderungen bzw. Unrichtigkeit der Forderungen erhoben habe und sich diese auch aktuell in fortgesetztem qualifiziertem Zahlungsverzug befinde, obwohl sie im Verfahren behauptet habe, dass die Zahlungserfahrungsdaten in der Vergangenheit mit ihren finanziellen Verhältnisse von heute in keinem Zusammenhang stünden.

Darüber hinaus „mache sich die BF kein Bild“ von der Bonität eines Betroffenen „im Sinne einer manuellen qualitativen Bewertung“, sondern berechne die Bonität in Form eines Score-Werts quantitativ automatisiert, wobei der Score-Wert an Genauigkeit verliere, wenn Daten, auf deren Grundlagen er errechnet werde, gelöscht würden. Die Kunden der BF erhielten im Übrigen keinen Zugang zu den Zahlungserfahrungsdaten.

Zuletzt habe die belangte Behörde die von ihr grundsätzlich genannten Kriterien der Höhe der einzelnen Forderungen, deren Alter, der Anzahl der im Wege eines Inkasso-Unternehmens eingetriebenen Forderungen, die Zeit, die seit Begleichung einer Forderung verstrichen sei sowie die Herkunft der Daten unzureichend berücksichtigt, wobei die Anzahl der im Wege eines Inkasso-Unternehmens eingetriebenen Forderungen mit zehn relativ hoch sei.

Dazu ist auszuführen:

Die MB forderte im Verfahren vehement die „sofortige Löschung“ aller Daten, ohne im Verfahren näher auf rechtliche Umstände die einzelnen Forderungen betreffend einzugehen. Der Bestreitung der Forderungen mit handschriftlicher Anmerkung auf der Auskunft vom 17.10.2019 sowie der Behauptung, dass die damaligen finanziellen Verhältnisse in keinerlei Zusammenhang mit den aktuellen stünden, folgten im weiteren Verfahren keine Konkretisierungen bzw. Stellungnahmen zu den diese Umstände in Zweifel ziehenden Angaben der BF.

Bereits aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde – teilweise ergänzt im nunmehrigen Erkenntnis – ist die rechtliche Argumentation der belangten Behörde nicht haltbar:

Dabei ist der BF zunächst dabei rechtzugeben, dass die Formulierung des Spruchpunktes 1. in Bezug auf die Zahlungserfahrungsdaten 27.08.2015 und 11.12.2015 („beglichen wurden“) angesichts der Feststellungen auf S. 4 und 5 des Bescheides, wonach die entsprechenden Forderungen “ausgebucht“ wurden, aktenwidrig.

In weiterer Folge ist von den sich aus den Tabellen auf den Seiten 4 und 5 des Bescheides ergebenden Daten auszugehen. Daraus ergibt sich, dass im Zeitpunkt des Antrages vom 17.10.2019 elf Zahlungserfahrungsdaten betreffend die MB vorlagen, das älteste eröffnet am 13.10.2014, das jüngste eröffnet am 20.11.2018. Im Zeitpunkt des Verfahrensschlusses im Dezember 2020 verarbeitete die BF zwölf Zahlungserfahrungsdaten, das älteste eröffnet am 13.10.2014, das jüngste am 11.11.2020. In Zusammenschau beider Zeitpunkte bestanden negative Zahlungserfahrungsdaten in den Jahren 2014 bis 2016 und durchgängig wieder ab 2018. Die Zahlungserfahrungen enthalten einzelne relativ rasch abgedeckte Forderungen (eröffnet am 13.10.2014, geschlossen am 30.12.2014; eröffnet am 11.06.2015, geschlossen am 27.08.2015; eröffnet am 01.09.2015, geschlossen am 11.12.2015), darüber hinaus auch lang andauernde unberichtigte Forderungen (24.10.2014 bis 19.10.2015; 27.08.2015 bis 05.02.2016; 02.03.2015 bis 30.03.2016; 03.12.2014 bis 14.06.2016). Die pauschale Bestreitung der Richtigkeit der in die Auskunft ausgenommenen Forderungen bestätigte sich im Rahmen der Erhebungen generell nicht. Lediglich die Forderung XXXX über EUR 59,95 vom 11.06.2015 konnte hinsichtlich ihrer Qualität im Rahmen der Erhebungen nicht bescheinigt werden, sodass sie als negatives Zahlungserfahrungsdatum außer Betracht zu lassen ist.

Ausgehend von der eingangs ausführlich dargestellten Rechtslage in Anlehnung an die Kapitaladäquanzverordnung ist der Zeitraum von fünf Jahren nicht als „starre Grenze“ zu sehen, sondern als Orientierungsrahmen, der als Indiz für die Erforderlichkeit einer Speicherung negativer Zahlungserfahrungen dienen kann. Im Hinblick darauf, dass einer größeren Anzahl an negativen Zahlungserfahrungen in den Jahren 2014 bis 2016 nach einem zweijährigen „Wohlverhaltenszeitraum“ seit 2018 weitere ähnliche Zahlungserfahrungsdaten zugrunde liegen, wobei aktuell zwei unberichtigte Forderungen aushaften (eine - ausgehend vom Zeitpunkt des Entscheidungszeitpunkts – bereits mehr als ein Jahr aushaftend), sind keine Gründe ersichtlich, weshalb im Einzelfall die am 30.12.2014, am 19.10.2015 und am 11.12.2015 geschlossenen Forderungen von EUR 65,99, von EUR 178,84 und von EUR 83,55 durch die BF nicht mehr verarbeitet werden dürften. Die älteste dieser Forderungen liegt mit sechs Jahren zum erstinstanzlichen Entscheidungszeitpunkt keineswegs weit außerhalb dieses zeitlichen Rahmens. Im Hinblick auf die Gesamthöhe der Forderungen, das Alter (neben älteren getilgten Forderungen bestehen nach wie vor ungetilgte jüngere Forderungen) und deren Anzahl ist nicht ersichtlich, weshalb die Interessen der MB im Einzelfall über jenen der BF zu gewichten wären, wobei es der MB insbesondere nicht gelungen ist, darzustellen, weshalb sie gerade durch die Speicherung der gegenständlichen drei älteren Zahlungserfahrungsdaten „viele finanzielle Nachteile“ zu gewärtigen habe. Auszugehen ist davon, dass aufgrund der sich bereits aus der (ungünstigen) Bonitätssituation aufgrund der übrigen Zahlungserfahrungen ergebenden Nachteile keine weitere Beeinträchtigung der BF aufgrund der gegenständlichen Zahlungserfahrungsdaten besteht.

Der Vollständigkeit halber ist die BF allerdings darauf zu verweisen, dass es sich bei den Ausführungen auf S 9 der Beschwerde, Punkt 1 und 2, wonach die BF einen Score-Wert berechne, um ein – soweit ersichtlich – in diesem Verfahren neues Vorbringen handelt, dem Feststellungen nicht zugrunde liegen. Die diesbezüglichen Ausführungen haben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung daher außer Betracht zu bleiben.

Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben und der Spruch dahingehend abzuändern, dass lediglich eine Verletzung im Recht auf Löschung betreffend das Zahlungserfahrungsdatum bezogen auf „ XXXX “ festgestellt und eine diesbezügliche Löschung aufgetragen wird.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden. Eine solche wurde nicht beantragt. Im Wesentlichen wurden die durch die MB im Rahmen des Parteiengehörs nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde auch diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.

Der Ausspruch der Zulässigkeit der Revision beruht auf dem Umstand, dass bislang Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage der zulässigen Speicherdauer bonitätsrelevanter Daten nicht vorliegt.

Schlagworte

Bonitätsauskunft Datenlöschung Datenminimierung Datenschutz Datenschutzverfahren Datenverarbeitung Gläubigerschutz Interessenabwägung Kreditauskunftei Löschungsbegehren Löschungsverpflichtung personenbezogene Daten Revision zulässig Speicherbegrenzung Speicherdauer Teilstattgebung Zahlungserfahrungsdaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W274.2240078.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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