TE Bvwg Beschluss 2021/10/28 W175 2236864-3

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Veröffentlicht am 28.10.2021
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Entscheidungsdatum

28.10.2021

Norm

AsylG 2005 §4a
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W175 2236864-3/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. NEUMANN über die Beschwerde der XXXX , syrische Staatsangehörige, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2021, Zahl: 1267962701-210517470:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 BFA-VG aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine syrische Staatsangehörige, stellte am 28.11.2019 in Griechenland gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern (zwei Schwestern und ein Bruder) einen Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG). Am 06.04.2020 wurde ihr in Griechenland Asyl gewährt. In Folge reiste sie am 15.08.2020 nach Österreich weiter, wo sie am 31.08.2020 den ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet stellte.

2. Bei der Erstbefragung am 31.08.2020 gab die BF unter anderem an, dass eine Tante und ein jüngerer Bruder in Österreich leben würden, die Mutter und ihre beiden Schwestern seien noch in Griechenland. Am 20.10.2020 brachte sie vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vor, dass man in Griechenland nicht leben könne. So werde man unter anderem sexuell belästigt, sie persönlich habe jedoch keine diesbezüglichen Probleme gehabt. Sie habe zu ihrem asylberechtigten Bruder nach Österreich wollen. Eine der Schwestern sei zwischenzeitlich in Österreich gewesen und nun nach Griechenland zurückgekehrt.

3. Das BFA wies mit Bescheid vom 28.10.2020, zugestellt am 29.10.2020, den Antrag der BF gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurück, und sprach aus, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben habe. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Umständen gemäß § 57 AsylG wurde der BF nicht erteilt. Es wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung der BF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.

Dem Bescheid wurden Länderfeststellungen zu Griechenland mit Stand 04.10.2019 zugrunde gelegt.

4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 18.11.2020, zugestellt am 19.11.2020, wurde die Entscheidung des BFA bestätigt und die Beschwerde der BF als unbegründet abgewiesen.

5. Die BF verließ laut eigenen, vom BFA nicht angezweifelten, Angaben in Folge das Bundesgebiet und hielt sich von Oktober 2020 bis April 2021 in Ungarn auf. Nach einer neuerlichen Einreise stellte sie am 19.04.2021 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

6. Am 19.04.2021 gab sie im Zuge der Erstbefragung an, dass sie nach Ungarn geflüchtet sei, um nicht nach Griechenland abgeschoben zu werden. Sie sei dort immer wieder von griechischen Männern sexuell belästigt worden, diese seien Drogendealer gewesen, sie hätte sich dort nicht frei bewegen können. In Ungarn habe sie auf ihre Mutter gewartet, da sie gemeinsam nach Österreich wollen hätten.

7. Am 17.05.2021 gab die BF vor dem BFA an, dass sie nach wie vor über keine Identitätsdokumente verfüge. Ihre Mutter und ihre beiden Schwestern seien nunmehr auch in Österreich. Man werde in Griechenland ständig sexuell belästigt, einmal habe jemand versucht, sie zu vergewaltigen.

8. Mit Bescheid vom 12.07.2021, zugestellt am 12.07.2021, wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz vom 19.04.2021 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG wurde gegen sie die Anordnung der Außerlandesbringung angeordnet. Demzufolge sei die Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

Dem Bescheid wurden Länderinformationen aus dem COI-CMS der Staatendokumentation zu Griechenland, Stand 28.05.2021, generiert am 01.06.2021, zugrunde gelegt.

Ausgeführt wurde, dass nunmehr auch die Mutter und die beiden minderjährigen Schwestern im Bundesgebiet aufhältig seien. Es sei kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt feststellbar. Demnach sei das BFA dazu verpflichtet, den Folgeantrag des BF wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Hinsichtlich der Lage in Griechenland habe sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Vorverfahrens im Wesentlichen nicht geändert. Der BF verfüge in Österreich über keine gewichtigen beziehungsweise besonders berücksichtigungswürdigen familiären, verwandtschaftlichen oder sonstigen Anknüpfungspunkten, weshalb unter diesen Gesichtspunkten eine Außerlandesbringung aus Österreich keinen gravierenden Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstelle.

9. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 22.07.2021 wurde vorgebracht, dass insofern geänderte Umstände vorlägen, als die BF in Griechenland allein auf sich gestellt sei. Ihr jüngerer Bruder sei in Österreich bereits asylberechtigt, die anderen Familienmitglieder seien zum Verfahren zugelassen worden. Es liege keinesfalls entschiedene Sache vor. Auf die Lage der Flüchtlinge in Griechenland wurde hingewiesen.

10. Mit Beschluss des BVwG vom 29.07.2021, zugestellt am 30.07.2021, Zahl: W175 2236864-2/3E, wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben, da hinsichtlich der Versorgungslage in Griechenland keine entschiedene Sache vorlag.

11. Das BFA wies mit dem gegenständlichen Bescheid vom 04.10.2021, zugestellt am 13.10.2021, den Antrag der BF gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurück, und sprach aus, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben habe. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Umständen gemäß § 57 AsylG wurde der BF nicht erteilt. Es wurde gemäß
§ 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung der BF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.

12. Mit Schriftsatz vom 19.10.2021 wurde vollinhaltlich Beschwerde erhoben und sowohl auf eine mangelhafte Versorgungslage in Griechenland als auch auf das bestehende Familienleben der BF in Österreich verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

§ 17 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„(1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1
Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 1 der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.

(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.“

Im vorliegenden Fall sind den Befragungen der BF keine ausreichenden Angaben zu den persönlichen Verhältnissen und allgemeinen Lebensumständen in Griechenland zu entnehmen.

Es kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung der BF eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W175.2236864.3.00

Im RIS seit

12.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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