TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/10 94/15/0122

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Veröffentlicht am 10.10.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 19. Mai 1994, Zl. 92-GA6-DWi/93, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid des Finanzamtes vom 28. Dezember 1992 wurde der Beschwerdeführer gemäß den §§ 9 und 80 BAO für rückständige Abgabenschuldigkeiten (Rückforderungsbeträge an Investitionsprämien für den Zeitraum Juli bis Dezember 1985 in Höhe von zusammen S 1,041.807,--) der G-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: GmbH) als deren ehemaliger Geschäftsführer in Anspruch genommen. Begründend führte das Finanzamt im wesentlichen aus, diese Abgaben hätten infolge schuldhafter Pflichtverletzung des Beschwerdeführers nicht eingebracht werden können. Die Pflichtverletzung erblickte das Finanzamt darin, daß der Beschwerdeführer nicht spätestens nach Eintreffen des Schreibens der M-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: M-GmbH) vom 29. Juli 1986 bei der GmbH die vorher beim Finanzamt eingereichten Investitionsprämienerklärungen berichtigt habe. Aus diesem Schreiben gehe nämlich unmißverständlich hervor, daß die der GmbH gewährte sogenannte "Lungauförderung" entgegen den Förderungsrichtlinien nicht anteilsmäßig auf die förderungswürdigen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter verteilt worden sei; dies mit der abgabenrechtlichen Konsequenz, daß die von der GmbH beanspruchten und später tatsächlich gewährten Investitionsprämien insoweit überhöht seien, als sie von den nicht um die anteilig darauf entfallenden Förderungsbeträge gekürzten Anschaffungskosten der beweglichen Wirtschaftsgüter berechnet worden seien.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. In der beigegebenen Begründung heißt es zusätzlich zu den Argumenten des Finanzamtes, der Beschwerdeführer sei als einer der Auftraggeber des am 26. Februar 1986 von der GmbH, vertreten durch die M-GmbH, eingebrachten Verzeichnisses für die erhöhte Investitionsprämie voll verantwortlich. Schon anläßlich einer unter Teilnahme des Beschwerdeführers am 24. Oktober 1984 abgehaltenen Sitzung seien die Auswirkungen der Zurechnung der Förderungsbeträge auf bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter und damit auf die Anschaffungskosten der beweglichen Wirtschaftsgüter, für welche eine Investitionsprämie in Anspruch genommen werden könne, erörtert worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, die Verletzung einer abgabenrechtlichen Pflicht des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1996, Zl. 95/13/0236, sowie Stoll, BAO-Kommentar, 130f).

Von diesen Voraussetzungen sind im Beschwerdefall das Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen (die GmbH) und das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers strittig.

Zum ersten Punkt bringt die Beschwerde vor, der die Investitionsprämie rückfordernde Bescheid sei mit Berufungen bekämpft und hierüber noch nicht entschieden worden. Über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid hätte erst nach Rechtskraft der Abgabenfestsetzung entschieden werden dürfen.

Beruft ein zur Haftung Herangezogener gegen Haftung und Anspruch, so ist auch deswegen zunächst über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden und dann erst über die Berufung gegen den Abgabenanspruch, weil aus der Entscheidung über die Berufung gegen die Haftung die Legitimation zur Berufung gegen den Anspruch abgeleitet werden kann (vgl. hiezu Stoll, a.a.O. 2556 und die dort zitierte ständige hg. Rechtsprechung).

Der mangelnden Rechtskraft des Investitionsprämienrückforderungsbescheides wegen erweist sich der angefochtene Bescheid sohin nicht als rechtswidrig.

Auch das Beschwerdevorbringen, aus den Bestimmungen des § 3 Z. 29 und § 6 Z. 10 EStG 1972 gehe nicht hervor, daß erhaltene Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln "in irgendeiner Weise aufzuteilen wären", zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Im gegebenen Zusammenhang genügt es darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde NICHT über eine Berufung gegen die bescheidmäßige Festsetzung von Abgabenansprüchen, sondern über eine die Geltendmachung der Haftung bekämpfende Berufung entschieden hat. Schon wegen des Gegenstandes des angefochtenen Bescheides kann daher nicht mit Erfolg im Ergebnis vorgebracht werden, die der Haftungsinanspruchnahme zugrundeliegenden Abgabenansprüche bestünden dem Grunde und der Höhe nach nicht zu Recht (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/17/0046, und das dort zitierte Vorerkenntnis).

Zum zweiten Punkt führt die Beschwerde aus, dem Beschwerdeführer könne als deutschem Staatsbürger im Zusammenhang mit seiner ehemaligen Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH nicht zum Vorwurf gemacht werden, "daß er die Abgabengesetze der Republik Österreich nicht kannte". Dem ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach auch Unkenntnis in steuerlichen Angelegenheiten den Geschäftsführer einer GmbH nicht zu exkulpieren vermag (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1992, Zl. 89/17/0083, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dies gilt ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Geschäftsführers.

Die Beschwerde meint zu der in Rede stehenden Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme weiters, von einer "unzweifelhaften" Darlegung der steuerlichen Gesichtspunkte der "Lungauförderung" im oben erwähnten Schreiben der M-GmbH vom 29. Juli 1986 könne keine Rede sein. Die belangte Behörde gehe geflissentlich darüber hinweg, daß in diesem Brief der GmbH auch geraten worden sei, "um die Investitionsprämie in ihrer gesamten Höhe abzusichern, dem Finanzamt auf Befragen eine geeignete Unterlage vorzulegen, wonach die Lungauförderung nur dem Gebäude und nicht den Maschinen zuzuordnen wäre".

Dieses Vorbringen wirft die Frage auf, ob allenfalls auch Organe der M-GmbH einen Beitrag zum Erwirken der überhöhten Investitionsprämie geleistet haben, exkulpiert aber im Hinblick auf die aus dem erwähnten Schreiben klar entnehmbare Gesetzeslage nicht den Beschwerdeführer als ehemaligen Geschäftsführer der GmbH, zumal selbst leichte Fahrlässigkeit für eine Haftungsinanspruchnahme nach § 9 Abs. 1 BAO ausreicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. August 1995, Zl. 93/13/0278, m.w.N.).

Da sich auf Grund des Gesagten der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994150122.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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