Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 1995, Zl. 4.345.297/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und reiste am 6. September 1994 in das Bundesgebiet ein. Am darauffolgenen Tag beantragte er, ihm Asyl zu gewähren. Am 7. Oktober 1994 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt niederschriftlich befragt und gab zu seinen Fluchtgründen folgendes an:
"Ich bin in meiner Heimat Mitglied der Muslim Student Federation, einer Studentenorganisation der Muslim Liga. Für diese Organisation war ich Sekretär auf dem Pattoki Kolleg. Im Zuge meiner Tätigkeit für meine Organisation auf dem Kolleg wurde ich von den Mitgliedern der People Student Federation, einer Studentenorganisation der Pakistanischen Peoples Party (PPP) des öfteres belästigt und auch geschlagen. Die Leute der PSF haben sich auch bei der Polizei beschwert, daß ich der Verantwortliche für die Schlägereien sei, die zwischen uns und den Mitgliedern der PSF stattfinden.
Am 13.8.1994 gab es eine Versammlung von Studenten der MSF, welche plötzlich von Mitgliedern der PSF gestört wurde. Wir waren ca. 16 Personen und wurden von ca. 20 Personen der PSF attackiert. Die Mitglieder der PSF schossen auch mit Pistolen auf uns, wobei einer unserer Mitglieder A getötet wurde. Ich konnte flüchten, mir ist auch nichts passiert. Am nächsten Tag wurde auf offener Straße wieder auf mich geschossen, doch ich hatte wieder Glück und wurde nicht verletzt. Diese Vorfälle habe ich auch der zuständigen Polizei gemeldet, doch die Polizei hat meiner Meinung nach nicht nach den Tätern gesucht, hat aber meine Angaben notiert und mir gesagt, daß ich keine Sorge zu haben brauche, sie werden mir helfen. Da jedoch die Belästigungen durch die Mitglieder der PSF nicht aufhörten, habe ich mich entschlossen, meine Heimat zu verlassen. Ich reiste dann wie bereits in der Niederschrift I angegeben, am 1.9.1994 aus meiner Heimat aus. Auf meinem Reiseweg, habe ich mich in der Türkei, in Bulgarien und in Ungarn aufgehalten. Ich habe nicht gewußt, daß man auch in Ungarn um Asyl ansuchen (Ergänzung: kann), außerdem hat mein Schlepper mir gesagt, daß er mich nach Österreich bringen wird, wo man leichter Asyl bekommen kann.
Mehr kann ich bezüglich der Gründe, deretwegen ich meine Heimat verlassen habe, nicht angeben."
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. November 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Asyl im wesentlichen infolge Verneinung sicherer Anhaltspunkte für die Glaubhaftmachung der von ihm behaupteten wohlbegründeten Furcht vor dem Staat zurechenbarer Verfolgung abgewiesen.
In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung hielt der Beschwerdeführer den Ausführungen im bekämpften Bescheid lediglich auf Sachverhaltsebene entgegen, die Behörde habe völlig ignoriert, daß sich die Regierungspartei routinemäßig ihrer Mitläufer bediene, um Oppositionelle zu terrorisieren. Es handle sich daher nicht nur um Übergriffe von "Privaten", sondern sehr wohl um eine vom Staat geduldete Verfolgungshandlung. Die Tatsache, daß die Polizei dem Beschwerdeführer Hilfe versprochen habe, sei genauso wenig wert wie das Versprechen selbst: Ihm sei keine Hilfe zuteil geworden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und begründete ihre Entscheidung, ausgehend vom Ermittlungsergebnis des Verfahrens erster Instanz im Sinne des § 20 Abs. 1 AsylG 1991 dahingehend, es sei "nicht einzusehen", warum gerade der Beschwerdeführer von diesem staatlichen Schutz, soweit er von den Behörden den Bürgern seines Heimatlandes allgemein gewährleistet werden könne, ausgenommen hätte werden sollen. Der Beschwerdeführer habe nicht plausibel dartun können, warum ihm ein solcher versagt hätte bleiben sollen. Es hätten sich auch aus seinem Vorbringen keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er Probleme mit den Behörden gehabt hätte, die nun zu einer Voreingenommenheit ihm gegenüber bzw. zu einer Verweigerung staatlichen Schutzes hätten geführt haben können. Außerdem sei seine Anzeige von den Polizeibehörden ja entgegengenommen worden. Die bloß subjektive Meinung, daß die Polizei nicht nach den Tätern suche, habe er durch konkrete Angaben nicht untermauern können. Lückenlos könne ein staatlicher Schutz natürlich nirgends sein, es spreche aber auch nichts dafür, daß der Schutz, den die pakistanischen Behörden ihm (dem Beschwerdeführer) hätten angedeihen lassen, qualitativ abfalle gegen das "einem elaborierten Staatswesen überhaupt mögliche Maß an Schutzgewährung."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 hat die belangte Behörde als Berufungsbehörde bei ihrer Sachentscheidung vom Ermittlungsergebnis des Verfahrens erster Instanz auszugehen, wenn sie nicht einen der in § 20 Abs. 2 leg. cit. genannten Fälle als vorliegend erachtet. Eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wurde vom Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht gerügt und war auch von der belangten Behörde von Amts wegen - nach der Aktenlage - nicht aufzugreifen. Auch der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was die Annahme begründen könnte, die belangte Behörde hätte von Amts wegen einen der nunmehr in der Beschwerde aufgezeigten einfachen Verfahrensmängel des Verfahrens erster Instanz zum Anlaß für eine Wiederholung oder Ergänzung des Berufungsverfahrens nehmen müssen, wobei die Richtigkeit der Ausführungen des Beschwerdeführers zum Umfang der Ermittlungs- und Manuduktionspflicht der Behörde erster Instanz unter Hinweis auf die ständige hg. Judikatur zu § 16 AsylG 1991 (siehe jüngst etwa Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0323, und die dort angeführte Vorjudikatur), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dahingestellt bleiben kann. Ist aber die belangte Behörde zutreffend vom Ermittlungsergebnis des Verfahrens erster Instanz im Sinn des § 20 Abs. 1 AsylG 1991 ausgegangen, erweist sich auch das Ergebnis als sachgerecht, da der Beschwerdeführer selbst zugeben muß, daß staatlicher Schutz nirgendwo lückenlos sein kann und seinem erstinstanzlichen Vorbringen auch nicht entnommen werden kann, daß ein - wenn auch nur allenfalls unvollkommener - Schutz durch die Behörden seines Heimatlandes ihm persönlich IN DISKRIMINIERENDER WEISE, etwa wegen seiner Zugehörigkeit zur PSF, versagt worden wäre. Die diesbezüglich in der Beschwerde vorgetragenen Behauptungen erweisen sich ebenso wie auch die Behauptung des Vorliegens eines Haftbefehles gegen den Beschwerdeführer oder die der planmäßigen Unterstellung illegalen Waffenbesitzes als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinne des § 41 VwGG nicht mehr aufzugreifende Neuerungen.
Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995200493.X00Im RIS seit
20.11.2000