TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/12 LVwG-AV-1306/001-2021

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Veröffentlicht am 12.11.2021
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Entscheidungsdatum

12.11.2021

Norm

AWG 2002 §25a Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Fally als Einzelrichterin über die Beschwerde des A in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 30. April 2021, Zl. ***, betreffend Entziehung einer Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen gemäß § 25a Abs. 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren

Mit Bescheid vom 30. April 2021, Zl. ***, entzog die Landeshauptfrau von Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde) A (in der Folge: Beschwerdeführer) die Erlaubnis für die Sammlung bzw. Behandlung von näher angeführten gefährlichen Abfällen gemäß § 25a Abs. 6 AWG 2002. Sie ging davon aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund von vier rechtskräftigen Übertretungen von Bundesgesetzen zum Schutz der Umwelt nicht mehr über die erforderliche Verlässlichkeit in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit verfüge.

2.   Zum Beschwerdevorbringen

In seiner Beschwerde vom 31. Mai 2021 brachte der Beschwerdeführer vor, die Abfallbilanz verspätet, aber doch abgegeben und die Strafe vollständig bezahlt zu haben. Dieses Delikt falle daher weg. Das Zelt sei als Arbeitszelt für Umbauarbeiten aufgestellt worden. Es seien keine Speisen und Getränke verabreicht worden. Diese Strafe sei ebenfalls vollständig bezahlt worden und daher nicht mehr „wirksam“.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 10. November 2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde zur Zahl ***, den Verwaltungsgerichtsakt und die Akten der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (in der Folge: Verwaltungsstrafbehörde) zu den Zahlen ***, ***, *** und *** sowie durch Befragung des Beschwerdeführers.

4.   Feststellungen

Mit Bescheid vom 8. März 2011, Zl. ***, erteilte die belangte Behörde der B OG die Erlaubnis für die Sammlung bzw. Behandlung von näher angeführten gefährlichen Abfällen.

2016 ging das Gesellschaftsvermögen der B OG gemäß § 142 Handelsgesetzbuch auf den Beschwerdeführer über.

Von 16. März 2016 bis zumindest 13. Juni 2016 hatte es der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B OG, die Gewerbeinhaberin des freien Gewerbes „Abfallsammler und -behandler“ im Standort ***, ***, und somit befugte Sammlerin und Behandlerin von Abfällen war, zu verantworten, dass diese die Jahresabfallbilanzmeldung für das Jahr 2015, welche bis zum 15. März 2016 an die Behörde zu übermitteln gewesen wäre, trotz mehrerer schriftlicher Urgenzen nicht übermittelt hat.

Mit Strafverfügung der Verwaltungsstrafbehörde vom 21. November 2016, Zl. ***, wurde deswegen über den Beschwerdeführer wegen Übertretung von § 21 Abs. 3 i.V.m. § 17 i.V.m. § 23 Abs. 3 AWG 2002 gemäß § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 eine Geldstrafe in Höhe von 340 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe – EFS 33 Stunden) verhängt. Der Beschwerdeführer hat die Strafverfügung am 24. November 2016 persönlich übernommen. Er hat kein Rechtsmittel dagegen eingebracht.

Der Beschwerdeführer wohnte früher in *** (***), ***. Seit ca. 2018 bzw. Anfang 2019, nämlich seit dem Verkauf seines Hauses in ***, wohnt er bei seinen Eltern in ***, ***, und ist dort seit 6. Februar 2019 hauptwohnsitzgemeldet. Der Beschwerdeführer war seither nicht länger ortsabwesend.

Im Juli 2019, jedenfalls am 12. Juli 2019, hat der Beschwerdeführer in ***, *** (***), KG ***, Grst.Nr. ***, eine Betriebsanlage in Form eines Imbissanhängers betrieben, ohne vorher die hierfür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung eingeholt zu haben. In der Betriebsanlage wurden kleine Speisen und Getränke verabreicht.

Mit Straferkenntnis der Verwaltungsstrafbehörde vom 9. März 2020, Zl. ***, wurde deswegen über den Beschwerdeführer wegen Übertretung von § 366 Abs. 1 Z. 2 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (EFS 28 Stunden) verhängt. Der Vater des Beschwerdeführers hat die Strafverfügung am 11. März 2020 übernommen. Der Beschwerdeführer hat kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingebracht.

Weiters hat der Beschwerdeführer das reglementierte Gewerbe „Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Ziffer 2 GewO 1994 in der Betriebsart Kaffeehaus“ als Gewerbeinhaber am Standort ***, ***, gewerbsmäßig ausgeübt und dabei am 2. Dezember 2019 um 10:30 Uhr die genehmigte Betriebsanlage (Kaffeehaus) ohne die erforderliche Änderungsgenehmigung betrieben, obwohl genehmigungspflichtige Änderungen vorgenommen worden waren. Zum gegenständlichen Zeitpunkt wurden Getränke und warme Speisen erwerbsmäßig in Verkehr gebracht. Im Gastgarten befand sich ein geschlossenes Zelt in Form von Metallstangen mit Planen. Im Zelt war ein Aschenbecher mit Zigarettenstummeln vorhanden. Es befanden sich Gartensesseln mit Sitzauflagen und ein Tisch im Zelt. Daneben war eine mobile Holzhütte aufgestellt. Für diese Änderungen lag keine Betriebsanlagengenehmigung vor.

Mit Straferkenntnis der Verwaltungsstrafbehörde vom 2. März 2020, Zl. ***, wurde deswegen über den Beschwerdeführer wegen Übertretung von § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994, § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994, § 74 Abs. 3 GewO 1994 i.V.m. § 81 Abs. 1 GewO 1994 i.V.m. näher genannten Bescheiden gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (EFS 46 Stunden) verhängt. Die Strafverfügung wurde – nach einem Zustellversuch am 5. März 2020 – am 5. März 2020 in der Poststelle *** hinterlegt. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Der Beschwerdeführer erhob kein Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis.

Am 16. März 2020 hat es der Beschwerdeführer als Inhaber des Einzelunternehmens C e.U. als befugter Sammler und Behandler von Abfällen unterlassen, die Jahresabfallbilanz für 2019 bis spätestens 15. März 2019 der Behörde zu melden.

Mit Strafverfügung der Verwaltungsstrafbehörde vom 16. Juli 2020, Zl. ***, wurde deswegen über den Beschwerdeführer wegen Übertretung von § 21 Abs. 3 AWG 2002 gemäß § 79 Abs. 3 AWG 2002 eine Geldstrafe in Höhe von 340 Euro (EFS 34 Stunden) verhängt. Der Beschwerdeführer hat die Strafverfügung am 21. Juli 2020 erhalten und keinen Einspruch erhoben.

5.   Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur erteilten Erlaubnis für die Sammlung bzw. Behandlung von Abfällen beruhen auf dem angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 2011, jene zum Übergang des Gesellschaftsvermögens der B OG auf den Beschwerdeführer auf dem Firmenbuchauszug vom 1. September 2021.

Die angeführten Bestrafungen und die ihnen zugrundeliegenden Sachverhalte ergeben sich aus den angeführten Strafverfügungen bzw. Straferkenntnissen vom 21. November 2016, 2. März 2020, 9. März 2020 und 16. Juli 2020.

Der Beschwerdeführer hat den Erhalt der Strafverfügung vom 21. November 2016 nicht in Abrede gestellt. Die persönliche Übernahme durch den Beschwerdeführer am genannten Tag ergibt sich aus dem unbedenklichen Zustellnachweis, dem als öffentliche Urkunde die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit zukommt.

Die Ausführungen zur Wohnsituation des Beschwerdeführers beruhen zum einen auf dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister, zum anderen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung. Der Beschwerdeführer konnte zwar nicht genau angeben, wann er sein Haus verkauft hat, und gab diesbezüglich an, dies „verdrängt“ zu haben. Die Hauptwohnsitzmeldung im Februar 2019 legt jedoch nahe, dass es sich vermutlich um Ende 2018 bzw. Anfang 2019 gehandelt hat. Es ist jedenfalls nachvollziehbar, dass er seither – wie angegeben – bei seinen Eltern gewohnt hat. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus überzeugend dargelegt, nicht für längere Zeit ortsabwesend gewesen zu sein.

Da der Beschwerdeführer die Unterschrift auf dem Rückschein zum Straferkenntnis vom 9. März 2020 als die seines Vaters identifiziert hat, geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass das Straferkenntnis diesem wie beurkundet am 11. März 2020 übergeben wurde, auch wenn auf dem Zustellnachweis unrichtigerweise das Feld für „Empfänger“ und nicht für „Mitbewohner“ angekreuzt wurde.

Die Feststellungen zum Zustellvorgang hinsichtlich des Straferkenntnisses vom 2. März 2020 ergeben sich aus dem unbedenklichen Rückschein. Als ordnungsgemäß ausgefülltem Zustellnachweis kommt diesem als öffentliche Urkunde die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit zu (§ 47 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG i.V.m. § 292 Zivilprozessordnung – ZPO). Die Vermutung ist zwar widerlegbar, die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten ist jedoch entsprechend zu begründen und sind Beweise dafür anzuführen, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (VwGH vom 17. September 2019, Zl. Ra 2018/22/0310, m.w.N.). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass sich Zustellorgane an der Adresse irren. Das Gericht hat jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies gegenständlich der Fall gewesen wäre oder eines der Zustellorgane die Zustellung eigenmächtig an der früheren Adresse des Beschwerdeführers vorgenommen hat. Zum einen sind Zustellorgane an die in der Zustellverfügung angeführte Zustelladresse gebunden. Zum anderen lag der Umzug des Beschwerdeführers von *** nach *** zum Zeitpunkt der gegenständlichen Zustellung bereits über ein Jahr zurück und war auch die richtige Anschrift verfügt worden. Dazu kommt, dass dem Beschwerdeführer die Aufforderungen zur Rechtfertigung vom 31. Jänner 2020, Zl. ***, und vom 18. Februar 2020, Zl. ***, welche ebenfalls an die Adresse *** adressiert waren, zugekommen sein müssen, schließlich nahm er den in der Aufforderung vom 31. Jänner 2020 angebotenen Termin am 20. Februar 2020 wahr. In der Niederschrift ist angeführt: „Ich ersuche darum, dass diese Aussage für die anderen Verfahren herangezogen wird, damit ich den Termin am 25.03.2020 nicht wahrnehmen muss.“ Der 25. März 2020 war dem Beschwerdeführer in der Aufforderung vom 18. Februar 2020 vorgeschlagen worden. Der Niederschrift ist zu entnehmen, dass sie ihm zur Durchsicht vorgelegt und eine Ausfertigung auf Verlangen ausgefolgt wurde. Auch wenn sich der Beschwerdeführer in der Verhandlung nicht an die Zustellung erinnern konnte, was angesichts der seither verstrichenen Zeit nicht ungewöhnlich ist, besteht für das Gericht kein Zweifel, dass er die Schreiben erhalten hat. Weshalb ihm ausgerechnet die Strafbescheide nicht zugekommen sein sollten, die übrigen behördlichen Schreiben (Aufforderungen zur Rechtfertigung und diverse Mahnungen) aber schon, ist für das Gericht in Hinblick auf den vorhandenen Rückschein nicht nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung vorgebracht, die Strafverfügung vom 16. Juli 2020 erhalten zu haben und die Bestrafung – ebenso wie jene vom 21. November 2016 – auch einzusehen, weshalb detaillierte Ausführungen dazu unterbleiben können.

In den gegenständlichen Verwaltungsstrafakten finden sich keine Hinweise auf die – vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptete – Einbringung von Rechtsmitteln.

6.   Erwägungen

6.1  Zur Zustellung und Rechtskraft der Strafbescheide

Die Zustellung der Strafverfügungen vom 21. November 2016 und 16. Juli 2020 ist unstrittig.

Das Straferkenntnis vom 2. März 2020 wurde am 5. März 2020 hinterlegt. Die Voraussetzungen hiefür sind in § 17 Zustellgesetz – ZustG geregelt: Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen. Die Verständigung über die Hinterlegung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen. Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Anhaltspunkte, welche Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen wecken würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer war auch nicht ortsabwesend. Da das Straferkenntnis mit dem Tag, an dem es erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde, als zugestellt gilt, wurde ihm das Straferkenntnis vom 2. März 2020 daher am 5. März 2020 zugestellt.

Der Vater des Beschwerdeführers übernahm das Straferkenntnis vom 9. März 2020 am 11. März 2020. § 16 ZustG regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Ersatzzustellung vorzunehmen ist: Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Im Verfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, die Anlass zu Zweifeln am Vorliegen dieser Voraussetzungen hervorrufen könnten. Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt. Dies trifft auf den Vater des Beschwerdeführers nach den Feststellungen zweifelsfrei zu. Von einer Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers ist seinem Vorbringen zufolge nicht auszugehen. Das Erkenntnis wurde ihm daher am 11. März 2020 zugestellt.

Da alle Rechtsmittelfristen verstrichen sind und kein Rechtsmittel eingebracht wurde, sind alle Strafbescheide mittlerweile in Rechtskraft erwachsen, und zwar auch unter Berücksichtigung der mit dem Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG angeordneten Fristunterbrechung.

6.2  Zur Entziehung der Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen

Wer Abfälle sammelt oder behandelt, bedarf gemäß § 24a Abs. a erster Satz AWG 2002 einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann.

Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die persönlichen Voraussetzungen in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.

Gemäß § 25a Abs. 2 Z. 4 AWG 2002 ist die Erlaubnis für die Sammlung oder Behandlung von Abfällen zu erteilen, wenn die Verlässlichkeit in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit gegeben ist.

Gemäß § 25a Abs. 3 AWG 2002 ist eine Person verlässlich im Sinne dieses Bundesgesetzes, deren Qualifikation und bisherige Tätigkeit die Annahme rechtfertigen, dass sie die beantragte Tätigkeit sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird. Keinesfalls als verlässlich gilt gemäß § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 eine Person, die dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der GewO 1994, des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215, oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften bestraft worden ist, solange die Strafen noch nicht getilgt sind; nicht einzubeziehen sind dabei geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften.

Gemäß § 25a Abs. 6 AWG 2002 ist die Erlaubnis ganz oder teilweise zu entziehen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht mehr vorliegen. Die Behörde ist berechtigt, die Erlaubnis nur für eine bestimmte Zeit zu entziehen, wenn nach den Umständen des Falles erwartet werden kann, dass diese Maßnahme ausreicht, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Inhabers der Erlaubnis zu sichern. Die Bescheide gemäß Abs. 1 sind im Sinne des § 68 Abs. 4 Z 4 AVG mit Nichtigkeit bedroht, wenn der Nachweis der fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten oder die Angaben über die Verlässlichkeit unrichtig sind.

Die dreimalige Bestrafung wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt – wie insbesondere des AWG 2002, der GewO 1994 oder des WRG 1959 – schließt die Verlässlichkeit in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit der Sammlung oder Behandlung von Abfällen aus, solange die Strafen noch nicht getilgt sind. Dies gilt nicht für geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften.

Verwaltungsstrafen gelten mit Ablauf von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft als getilgt (vgl. § 55 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG). Die vorliegenden Strafen sind noch nicht getilgt.

Auch bei Übertretungen des AWG 2002 und der GewO 1994 ist zu prüfen, ob die übertretenen Bestimmungen dem Umweltschutz dienen. Diesem Ziel dienen nicht nur solche Vorschriften, die ausdrücklich und direkt das Verbot enthalten, Luft, Wasser oder Boden zu verunreinigen oder schädlichen Einwirkungen auszusetzen oder störenden Lärm zu erzeugen, sondern auch alle Vorschriften, die auf andere Weise – und sei es auch nur mittelbar – eine Beeinträchtigung dieser Schutzgüter zu verhindern suchen (vgl. VwGH vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/07/0230, und vom 16. November 2017, Zl. Ro 2015/07/0025).

Der Beschwerdeführer wurde zweimal rechtskräftig bestraft, weil er die Jahresabfallbilanz, nämlich für die Jahre 2015 und 2019, der zuständigen Stelle nicht rechtzeitig übermittelt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich hiebei nicht um geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften (vgl. VwGH vom 16. November 2017, Zl. Ro 2015/07/0025).

Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer zweimal rechtskräftig bestraft, weil er die Vorschriften über die Genehmigungspflicht von Betriebsanlagen bzw. von wesentlichen Änderungen von Betriebsanlagen nicht eingehalten hat. § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 und § 81 Abs. 1 GewO 1994 sehen eine Genehmigungspflicht für gewerbliche Betriebsanlagen bzw. für Änderungen an diesen vor, die (unter anderem) geeignet sind, eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen. Auch diese Bestimmungen dienen somit dem Umweltschutz, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. VwGH vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/07/0230, und vom 16. November 2017, Zl. Ro 2015/07/0025).

Mit der Rechtskraft der Straferkenntnisse bzw. Strafverfügungen ist es dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, die Rechtmäßigkeit dieser Bestrafungen zu prüfen. Es steht bindend fest, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Handlungen rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. z.B. VwGH vom 29. Jänner 2015, Zl. Ra 2015/03/0001). Es kommt daher weder darauf an, ob die Jahresabfallbilanzen zwischenzeitig eingebracht wurden, noch ob die Strafen bezahlt wurden.

Ein Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften begründet nicht nur dann einen Mangel der Verlässlichkeit, wenn der Betreffende mindestens dreimal wegen solcher Verwaltungsübertretungen bestraft wurde. Im Falle einer mindestens dreimaligen Bestrafung wegen der Begehung bestimmter Verwaltungsübertretungen ist die Verlässlichkeit allerdings keinesfalls mehr gegeben, ohne dass es noch einer Prognose darüber bedarf, ob die betreffende Person die Tätigkeit eines Abfallsammlers sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird (vgl. VwGH vom 15. Dezember 1998, Zl. 95/05/0043, m.w.N.). Die Behörde hatte daher eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, dass die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers keinesfalls mehr gegeben war (vgl. VwGH vom 16. November 2017, Zl. Ro 2015/07/0025).

7.   Zur nicht erfolgten Verkündung der Entscheidung

Die Verkündung entfiel, weil nach der Lage des Falls die aufgenommenen Beweise einer Würdigung bedurften, die mit der gebotenen Sorgfalt im Anschluss an die öffentliche mündliche Verhandlung nicht möglich war (vgl. VwGH vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0269).

Es ist gewährleistet, dass jedermann in das Erkenntnis Einsicht nehmen kann.

Darüber hinaus verzichtete der Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 10. November 2021 ausdrücklich auf die Verkündung der Entscheidung, sodass der Beschwerdeführer durch die Unterlassung der mündlichen Verkündung in seinen Rechten nicht verletzt sein kann (vgl. z.B. VwGH vom 3. Mai 2021, Zl. Ra 2020/03/0146, m.w.N.).

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung stützt sich auf die zitierte einheitliche Rechtsprechung bzw. die klare und eindeutige Rechtslage (zur Unzulässigkeit der Revision bei klarer Rechtslage vgl. z.B. VwGH vom 15. Mai 2019, Zl. Ro 2019/01/0006).
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. z.B. VwGH vom 11. März 2021, Zl. Ra 2021/18/0059) und sohin eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt (vgl. z.B. VwGH vom 16. Juni 2021, Zl. Ra 2021/01/0106). Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Abfall; Sammlung; Behandlung; Erlaubnis; Entziehung; Verlässlichkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1306.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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