TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/13 2000/03/0269

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Veröffentlicht am 13.12.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §67g Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §67g Abs2 Z2 idF 1998/I/158;
StVO 1960 §5 Abs4;
VStG §24 idF 1998/I/158;
VStG §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des A in Niedernfritz, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 5. Juli 2000, Zl. UVS- 3/11594/8-2000, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 31. Dezember 1999 um 6.35 Uhr in der Außenstelle der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg in Anif trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er sich beim vorhergehenden Lenken eines nach dem Kennzeichen bestimmten Fahrzeuges auf der A10 Tauernautobahn in Fahrtrichtung Villach auf der Richtungsfahrbahn Salzburg von Strkm 16,0 bis 37,100 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch die §§ 5 Abs. 2 und 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von S 18.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Tage) verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder 2. als Fußgänger eines Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 5 Abs. 4 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs. 2) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass er sich durch die Verweigerung der Atemluftuntersuchung am Gendarmerieposten Anif nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig gemacht habe, weil der Gendarmerieposten Anif nicht die dem Anhalteort nächstgelegene Dienststelle im Sinn des § 5 Abs. 4 StVO 1960 gewesen sei. Damit ist er nicht im Recht:

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 97/02/0051) kann der Begriff der "nächstgelegenen" Dienststelle im § 5 Abs. 4 StVO 1960 nicht wörtlich genommen werden. Vielmehr braucht einer Aufforderung im Sinne des § 5 Abs. 4 StVO nur dann nicht Folge geleistet zu werden, wenn die Aufforderung in Ansehung einer erheblich weiter entfernten Dienststelle (als der nächstgelegenen) erfolgt. Dabei kommt es - unter dem Blickwinkel, dass die Einschränkung der persönlichen Freiheit des zu Untersuchenden möglichst gering gehalten werden soll - darauf an, dass der Rahmen der Zumutbarkeit für den Probanden nicht überschritten wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/03/0244).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Ort der Anhaltung des Beschwerdeführers, der Parkplatz Hohenwerfen auf der A10 Tauernautobahn, vom Tatort der gegenständlichen Verwaltungsübertretung, der Außenstelle Anif des Landesgendarmeriekommandos Salzburg, weiter als von anderen Dienststellen entfernt ist, bei denen sich zum damaligen Zeitpunkt Atemalkoholmessgeräte befunden haben. Die Fahrzeiten zu diesen anderen Dienststellen, nämlich der Bezirksleitzentrale St. Johann und der Bezirksleitzentrale Hallein, betragen nach dem Beschwerdevorbringen 14 bzw. 16 Minuten; sie sind daher - selbst unter Zugrundelegung dieser Angaben des Beschwerdeführers - nur um wenige Minuten länger als die nach den unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde rund 20 Minuten dauernde Fahrzeit zur Außenstelle Anif. Dazu kommt, dass - wie die belangte Behörde in unbedenklicher Weise dargestellt hat - die Fahrt zur Außenstelle Anif unter alleiniger Benützung der Autobahn hätte von Statten gehen können, während bei den Fahrten zu den beiden anderen in Betracht kommenden Dienststellen jedenfalls die Autobahn verlassen und in die betreffenden Stadtzentren eingefahren hätte werden müssen, wo mit morgendlichem Pendler- bzw. Berufsverkehr zu rechnen gewesen wäre, was - im Gegensatz zur Fahrt nach Anif - zu allfälligen verkehrsbedingten Verzögerungen hätte führen können. Bei diesen Gegebenheiten ist der belangten Behörde beizustimmen, dass die Aufforderung zur Ablegung der Atemalkoholmessung in Anif den Rahmen der Zumutbarkeit für den Beschwerdeführer nicht überschritten hat, sodass die Verweigerung der Atemluftuntersuchung durch den Beschwerdeführer nicht gerechtfertigt war.

Ferner rügt der Beschwerdeführer, dass der angefochtene Bescheid entgegen § 67g Abs. 1 AVG nicht sogleich nach Schluss der Verhandlung verkündet worden sei. Auch mit diesem Vorbringen vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Gemäß § 67g Abs. 1 AVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) sind der Bescheid und seine wesentliche Begründung auf Grund der Verhandlung, und zwar wenn möglich, sogleich nach deren Schluss zu beschließen und öffentlich zu verkünden. Die Verkündung des Bescheides ist von der Anwesenheit der Parteien unabhängig. Die Verkündung entfällt nach Abs. 2 der genannten Bestimmung, wenn

1. eine Verhandlung nicht durchgeführt (fortgesetzt) worden ist oder 2. der Bescheid nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen werden kann und jedermann die Einsichtnahme in den Bescheid gewährleistet ist. Diese Bestimmungen gelten gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren.

Im Beschwerdefall wurde zwar eine Verhandlung durchgeführt, doch ist die Verkündung des angefochtenen Bescheides unterblieben. Die belangte Behörde brachte dazu in der Gegenschrift vor, dass die Verkündung des Berufungsbescheides nicht sofort möglich gewesen sei, "da die aufgenommenen Beweise einer Würdigung bedurften, die mit der gebotenen Sorgfalt im Anschluss an die öffentliche mündliche Verhandlung nicht möglich gewesen wäre. Auch die Subsumption des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes unter die anzuwendenden Normen bedurfte der reiflichen Überlegung". Dieses Vorbringen ist nach der Lage des Falles nicht von der Hand zu weisen; es kann der belangten Behörde daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Standpunkt vertritt, der Bescheid habe nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen werden können. Für die Annahme, dass nicht jedermann die Einsichtnahme in den Bescheid gewährleistet sei, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Es bestehen somit keine Bedenken, im Beschwerdefall die Voraussetzungen nach § 67g Abs. 2 Z. 2 AVG für den Entfall der Verkündung des angefochtenen Bescheides als erfüllt zu betrachten.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. Dezember 2000

Schlagworte

Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000030269.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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