TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/16 95/01/0169

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Veröffentlicht am 16.10.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, dieser vertreten durch Dr. R, Rechtsanwältin in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Februar 1995, Zl. 4.345.267/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 2. Februar 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Zaire, der am 11. Oktober 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 13. Oktober 1994 den Antrag auf Asylgewährung gestellt hat, gegen den diesem Antrag nicht stattgebenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Oktober 1994 abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 13. Oktober 1994 seien zum größten Teil unschlüssig bzw. äußerst vage. So habe der Beschwerdeführer insbesondere seine unsubstantiierte Behauptung "Man werde ihn erledigen" nicht plausibel begründen können, der Beschwerdeführer habe lediglich erklärt, daß er dies von Freunden gehört habe. Überdies hätten die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden nicht als echt klassifiziert werden können und der Beschwerdeführer sei auch nicht imstande gewesen, die sich im Zusammenhang mit diesen Dokumenten ergebenden Fragen zu beantworten und die diesbezüglichen Widersprüche zu lösen. Aufgrund dieser Umstände habe die Erstbehörde zutreffenderweise dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit abgesprochen, sodaß sich die belangte Behörde dieser Beweiswürdigung anschließe und die diesbezüglichen Ausführungen im Bescheid der Erstbehörde vom 24. Oktober 1994 auch zum Inhalt ihres Bescheides erhebe.

Die Erstbehörde hatte das Vorbringen des Beschwerdeführers wie folgt gewürdigt:

"Wenn Sie behaupten, aufgrund einer Veranstaltung, die Sie im Namen der UDPS organisiert hätten, festgenommen worden zu sein, so erscheint es im Lichte der tatsächlichen Gegebenheiten in Zaire nicht glaubhaft, daß man Sie quasi unbehelligt wieder freigelassen haben soll. Dies umsomehr, als Sie bei Verhören angeführt haben wollen, Ihre politische Einstellung nicht geändert zu haben, und weiters "angeordnet" haben sollen, sich an Mobutu zu rächen. Umsomehr erscheint es fragwürdig, daß ausgerechnet sie von drei Kommandanten verschiedener Spezialeinheiten Zaires befragt worden sein sollen. Ihrem Vorbringen ist auch entgegenzuhalten, daß der von Ihnen als Kommandant der SARM bezeichnete General MAHELE LIEKU BOKUNGU bereits seit dem Mai 1993 Militärberater des Staatschefs ist und nicht mehr die SARM kommandiert.

Schon alleine Ihre Angaben hinsichtlich des Einschreitens von Sicherheitskräften bei der Veranstaltung "Tote Stadt" sind nicht glaubhaft. So ist es nicht schlüssig, daß ausschließlich eine kleine Menge von Sicherheitskräften, nämlich eine solche, welche auf drei Lastkraftwagen Platz findet, dazu herangezogen worden sein soll, eine Kundgebung zu zerstreuen, bei der mehrere tausende Personen anwesend waren. Diesem Vorbringen kann auch insofern nicht gefolgt werden, als Sie einerseits die Namen von zwei inhaftierten UDPS-Mitgliedern ohne zu zögern nannten, jedoch einige Zeit später bei der Einvernahme einen "plötzlichen Gedächtnisverlust" erlitten haben und sich nicht mehr an die genannten Namen erinnern wollten.

Auch dies bestätigt die erkennende Behörde in der Annahme, daß sie Ihre Behauptungen lediglich vorgeschoben haben, um Asyl gewährt zu erhalten. Ein weiteres Indiz dafür ist, daß Sie sich in "Aufsatzform" Ihre Fluchtgeschichte vorgeschrieben haben. Dieses Schriftstück händigten Sie der Behörde nicht bereits vor der Einvernahme aus, sondern erst dann, als die Zettel zufällig bei Ihnen gefunden wurden.

Für die erkennende Behörde ist auch absolut nicht nachvollziehbar, daß Sie selbst aufgrund der, als unglaubwürdig klassifizierten, Angaben begründete Angst vor Verfolgung haben sollten. Sie vermochten keineswegs, die von Ihnen in den Raum gestellten Behauptungen, "man werde Sie erledigen", zu begründen. Sie beriefen sich vielmehr immer wieder auf Mitteilungen von irgendwelchen Freunden bei der UDPS bzw. beim Militär.

Wie bereits festgestellt wurde, können Ihre Dokumente nicht als Beweis für die Angaben zu Ihrer Person herangezogen werden. Der von Ihnen vorgelegte Militärausweis kann nicht als echt klassifiziert werden. Dagegen spricht, wie Ihnen auch bei der Einvernahme vorgehalten wurde, daß auf der Rückseite dieses "Dokumentes" ein Impressum aufgedruckt ist. Ein Impressum beinhaltet die Jahreszahl, in welchem Formulardrucksorten in Druck gegangen sind. Während Sie nun behaupten, Ihren Ausweis 1983 erhalten zu haben, so wird Ihnen entgegengehalten, daß laut Impressum diese Drucksorte erst 1985 ausgegeben wurde. Auf diesen Vorhalt wußten sie keine Antwort.

Ebensowenig konnte Ihre Erklärung hinsichtlich der Eintragung "verheiratet" dazu beitragen, ihre Glaubwürdigkeit zu manifestieren. Laut der vorgelegten Heiratsurkunde sind Sie seit 1989 verheiratet, im Militärausweis, der 1983 ausgestellt worden sein soll, findet sich jedoch bereits beim Familienstand die Eintragung "verheiratet". Auch für zairische Verhältnisse erscheint nicht nachvollziehbar, daß mit Daten und Fakten einzelner Personen, auch den Familienstand betreffend, derartig frei umgegangen werden kann.

Für die erkennende Behörde ist es weiters offensichtlich, daß das farbige Emblem auf der linken oberen Seite des Schriftstückes, welches als "Attestation" bezeichnet wird und angeblich von der UDPS verfaßt worden sein soll, eine Kopie des ebensolchen UDPS-Zeichens Ihres Parteiausweises ist. Es ist eindeutig die Heftklammer auf der Kopie ersichtlich, welche Ihr Foto im Parteiausweis festhält. Wenn Sie nun behaupten, dieses Zeichen würde auf allen Formularen, welche als Briefpapier der UDPS verwendet wird, aufgedruckt, so wird dadurch Ihre Glaubwürdigkeit weiter gemindert.

Auf einigen von Ihnen vorgelegten Schriftstücken wird Ihr Familienname jeweils unterschiedlich geschrieben. Sie behaupten D zu heißen. Sie gaben jedoch an, daß teilweise vor den Familiennamen ein "N" vorgestellt wird. Andere Abänderungen des Namens sind nicht üblich. Trotzdem wird Ihr Name auch auf angeblich behördlich ausgestellten Schriftstücken als "D, ND, und DO" geschrieben. Daß es sich jeweils um Schreibfehler der Behörden handeln soll, ist insoferne nicht nachvollziehbar, als Sie behaupten, sich immer nur mit einem Ausweis, nämlich dem Militärausweis, legitimiert zu haben.

Aufgrund dieser Gegebenheiten, und deswegen, weil eben die von Ihnen vorgelegten Urkunden als bedenklich klassifiziert wurden, steht für die Asylbehörde Ihre Person nicht fest. Nach sorgfältiger Prüfung Ihres Vorbringens wird festgestellt, daß aufgrund nicht nachgewiesener Identität sowie der Unglaubwürdigkeit Ihrer Angaben die Asylgewährung nicht in Frage kommt.

Die erkennende Behörde sieht sich aufgrund der Würdigung Ihres Vorbringens die Fluchtgründe betreffend auch veranlaßt, die Angaben zum Fluchtweg als unglaubwürdig zu klassifizieren."

Die belangte Behörde führte weiters aus, im Fall des Beschwerdeführers läge keine der Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vor, die eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens notwendig machten. Da die Erstbehörde auch die Rechtslage hinsichtlich des von ihr festgestellten Sachverhaltes richtig erkannt habe, schließe sich die belangte Behörde auch diesbezüglich den Ausführungen des Erstbescheides an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Blickwinkel der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, daß einige Angehörige seines "Heimatstammes" schon verschwunden und unter mysteriösen Umständen umgekommen seien. Seine "Stammesangehörigen" hätten konkret am eigenen Leib die Verfolgung gespürt und es seien auch Vorbereitungen getroffen worden, gegen den Beschwerdeführer vorzugehen. Diesbezüglich sei der Beschwerdeführer von der Erstbehörde nicht entsprechend im Verfahren befragt worden und seien auch die Gründe dieser Verfolgung nicht entsprechend erörtert worden. Diesem in der Beschwerde erstmals erstatteten Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß damit eine Verfolgung aus Gründen der Rasse geltend gemacht wird. Da diesbezüglich der Beschwerdeführer weder in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 13. Oktober 1994 noch in seiner Berufung vom 7. November 1994 auch nur andeutungsweise etwas vorgebracht hat, unterliegen die diesbezüglichen Beschwerdebehauptungen dem sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht erkennen, daß diesbezüglich eine Verletzung der im § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 umschriebenden Ermittlungspflicht vorliegt, weil aus dieser Gesetzesstelle keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden kann, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1995, Zl. 95/20/0112).

Aus diesem Grund erweist sich auch die diesbezügliche inhaltliche Rechtsrüge als wirkungslos.

Der Beschwerdeführer tritt der von der belangten Behörde übernommenen Feststellung der Erstbehörde, seinem Vorbringen, mit welchem er das Vorliegen seiner Flüchtlingseigenschaft begründen habe wollen, komme Glaubwürdigkeit nicht zu, nicht entgegen. Der Beschwerdeführer behauptet weiters nicht, daß in seinem Fall die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 für eine Wiederholung oder Ergänzung des Ermittlungsverfahrens gegeben gewesen wären. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann dies im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, in dem er den von der Erstbehörde in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen nichts Wirksames entgegensetzen konnte, nicht finden. So ist er beispielsweise in seiner Berufung der diese Erwägungen stützenden Annahme der Erstbehörde, der von ihm im Asylverfahren vorgelegte Militärausweis sei nach dessen Impressum 1985 ausgegeben worden, während der Beschwerdeführer behauptet habe, der Ausweis sei ihm 1983 ausgestellt worden, nur mit der - unschlüssigen - Behauptung entgegengetreten, es seien dem Beschwerdeführer viele Personen bekannt, die den gleichen Ausweis besäßen, einen solchen aber erst 1987 oder 1989 erhalten hätten, und es gebe sogar Soldaten, die bis heute über keinen Dienstausweis verfügten. Mit diesem Vorbringen konnte die zutreffende Annahme der Erstbehörde, es sei unglaubwürdig, wenn der Beschwerdeführer behaupte, es sei ihm 1983 ein Ausweis ausgestellt worden, wenn sich diesem Ausweis als Jahr seiner Auflage das Jahr 1985 entnehmen lasse, nicht erschüttert werden.

Da sich die Beschwerde daher insgesamt als unberechtigt erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010169.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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