TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/21 L523 2249060-1

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Veröffentlicht am 21.12.2021
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Entscheidungsdatum

21.12.2021

Norm

AlVG §25 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13 Abs2

Spruch


L523 2249060-1/4E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Reinhard Schwarzkogler LL.M., gegen den mittels Bescheid des Arbeitsmarktservice Vöcklabruck vom 29.11.2021, GZ: XXXX , verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Feststellungen

Mit Bescheid das Arbeitsmarktservice (AMS) Vöcklabruck vom 14. Juli 2021, GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer als Inhaber der XXXX zur Zahlung eines Sonderbeitrages von 261,90 Euro in der doppelten Höhe des Dienstgeber- und des Dienstnehmeranteiles zur Arbeitslosenversicherung gemäß § 25 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) verpflichtet. Ursächlich war laut Angaben des AMS Vöcklabruck, dass Herr XXXX , am 14.01.2021 durch ein Organ der Finanzpolizei bei der Firma XXXX , bei Tätigkeiten betreten wurde und eine fristgerechte Anmeldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsaufnahme nicht erfolgte.

Gegen diesen Bescheid führte der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer insbesondere aus, dass es sich bei der Tätigkeit des Herrn XXXX lediglich um eine spontane und nicht mit dem Beschwerdeführer abgesprochene Hilfeleistung gehandelt habe, sodass die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. in eventu die Aussprechung einer Ermahnung begehrt werde.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 09.07.2021, XXXX wurde festgestellt, dass Herr XXXX , am 14.01.2021 in der Pizzeria „Bari“ in Vöcklabruck durch die Finanzpolizei bei einer nach dem AlVG anzeigepflichtigen Beschäftigung betreten wurde und er diese Beschäftigung während des Bezugs von Arbeitslosengeld dem AMS nicht gemeldet hatte und in der Folge der Anspruch von Arbeitslosengeld zu Recht widerrufen und die Verpflichtung zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistungen zu Recht bescheidmäßig angeordnet wurde.

Mit Erkenntnis des LVwG vom 27.10.2021, XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer Herr XXXX das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 Ziff. 1 i.Vm § 33 ASVG – als Dienstgeber eine von ihm beschäftigte Person vor Arbeitsantritt nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden – begangen hat und zu Recht eine Geldstrafe über ihn verhängt wurde.

Über die gegenständlich eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers erging am 29.11.2021 seitens des AMS Vöcklabruck eine Beschwerdevorentscheidung. Darin wurde der Sonderbetrag (anstatt wie im Bescheid vom 14.7.2021 mit 261,90 Euro) nunmehr mit 256,07 Euro festgesetzt. Weiters wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ausgeschlossen.

Mit am 6.12.2021 eingebrachtem Vorlageantrag beantragte der Beschwerdeführer eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die belangte Behörde (AMS Vöcklabruck) legte die Beschwerde und den Vorlageantrag samt dem gegenständlichen Akt und den angeführten Erkenntnissen vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Verfahrensgegenstand dieses Teilerkenntnisses ist ausschließlich der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 29.11.2021, GZ: XXXX .

§ 13 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr. 33/2013 idgF lautet:

"Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(4) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; dies Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören. Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss. Gegenständlich ist Hauptsache die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid der belangten Behörde. Auch solche Sachen sind daher im Senat zu entscheiden (vgl. dazu grundlegend das Erk. des VwGH vom 7.9.2017, Zl. Ra 2017/08/0065).

Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde gegen einen Bescheid nach § 13 Abs. 2 VwGVG ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden. Dies impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015(08/0049). Da die Entscheidung „ohne weiters Verfahren“ ergeht, hat die gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung beschwerdeführende Partei insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren bzw. die in ihrer Sphäre liegenden Umstände, die ihr Interesse am Unterbleiben des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung untermauern, spätestens in der Begründung ihrer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen (vgl. VwGH 05.09.2018, Ra 2017/03/0105 unter Hinweis auf VwGH 11.4.2018, Ra 2017/08/0033).

Auch hat das Verwaltungsgericht auf Sachverhaltsänderungen nach Erlassung des Bescheids Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH. 1.9.2014, Ra 2014/03/0028) und ist es dem Verwaltungsgericht nicht verwehrt, seine Feststellungen und die vorzunehmende Interessensabwägung auf den gesamten Inhalt des Verfahrensaktes und des Beschwerdevorbringens zu stützen.

§ 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessensabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen (vgl. VwGH 11.04.2018, Ra 2017/08/0033).

Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 AlVG (iVm § 38 leg. cit.) gegeben, deren disziplinärer Zweck weitegehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde (vgl. VwGH 27.04.2020, Ra 2020/08/0030). Die Interessensabwägung kann vor allem auch dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezugs gefährdet ist. Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre aber nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. dazu grundlegend das Erk. des VwGH vom 11.4.2018, Zl. Ra 2017/08/0033, VwGH 9.5.2016, Ra 2016/09/0035).

Das Arbeitsmarktservice begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung insbesondere damit, dass die Gewährung der aufschiebenden Wirkung generalpräventiven Gründen widerspreche. So sei um Missbräuche, die dadurch entstehen, dass eine arbeitslose Person neben dem Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung unangemeldet beschäftigt ist, hintanzuhalten, die Bekämpfung der Schwarzarbeit entsprechend § 25 Abs. 2 AlVG gesetzmäßig verankert worden. Im vorliegenden Fall würde eine aufschiebende Wirkung diesen Normzweck unterlaufen, sodass das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse überwiege und insofern die aufschiebende Wirkung auszuschließen sei.

Der Beschwerdeführer erstattete kein weiteres Vorbringen, das eine Interessensabwägung hinsichtlich der denkbaren Interessen des Beschwerdeführers möglich macht. Er behauptete auch nicht, dass ihn der Vollzug des Bescheides unverhältnismäßig hart treffen würde. Auch ist prima facie nicht ersichtlich, dass die Beschwerde wahrscheinlich Erfolg haben wird. Unter Berücksichtigung des im Rahmen eines Provisorialverfahrens eingeschränkten Prüfungsmaßstabes und unter Heranziehung der bereits mit diesem Verfahrensgegenstand in Zusammenhang stehenden Gerichtsentscheidungen (BVwG vom 09.07.2021, GZ XXXX , LVwG vom 27.10.2021, XXXX ), vermag das gegenständlich erkennende Gericht die Erwägungen der belangten Behörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als unschlüssig zu erkennen. Angesichts all dessen, ist von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Das erkennende Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass mit dem gegenständlichen Teilerkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird und eine inhaltliche Entscheidung über den bekämpften Bescheid zu einem späteren Zeitpunkt gesondert erfolgt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Interessenabwägung öffentliche Interessen Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L523.2249060.1.00

Im RIS seit

04.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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