TE Vwgh Beschluss 2021/12/3 Ra 2020/05/0220

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Veröffentlicht am 03.12.2021
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Index

L37169 Kanalabgabe Wien
L82309 Abwasser Kanalisation Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs6 Z1
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr §5
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr §5 Abs2
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/05/0221
Ra 2020/05/0222
Ra 2020/05/0223
Ra 2020/05/0224
Ra 2020/05/0225
Ra 2020/05/0226
Ra 2020/05/0227
Ra 2020/05/0228
Ra 2020/05/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revisionen 1. des A E, 2. der Mag. G K, 3. des Dr. W H, 4. des Univ. Prof. Dr. C K, 5. des Dr. J O, 6. des G P, 7. des Dr. W S, 8. der S S, 9. der Dr. I S und 10. des Z S, alle in W, alle vertreten durch Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Museumstraße 4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27. August 2020 zu den Zahlen 1. VGW-211/026/9298/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0220), 2. VGW-211/026/9299/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0221), 3. VGW-211/026/9300/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0222), 4. VGW-211/026/9302/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0223), 5. VGW-211/026/9303/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0224), 6. VGW-211/026/9304/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0225), 7. VGW-211/026/9305/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0226), 8. VGW-211/026/9306/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0227), 9. VGW-211/026/9307/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0228) und 10. VGW-211/026/9308/2019/VOR (hg. Zl. Ra 2020/05/0229), betreffend einen Bauauftrag gemäß § 129 Abs. 2 und 4 BO für Wien iVm § 5 Abs. 2 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die Beschwerde der Revisionswerber, die Miteigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft sind, gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 2018, mit dem ihnen gemäß § 129 Abs. 2 und 4 Bauordnung für Wien (BO) iVm § 5 Abs. 2 Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz (KanalG 1955) die Aufträge erteilt worden waren, binnen eines Monats nach Rechtskraft des Bescheides zwei näher bezeichnete schadhafte Schächte eines privaten Regenwasserkanals in der N-Gasse auf öffentlichem Gut ordnungsgemäß instand zu setzen, sodass diese mit der Oberkante des Fahrbahnbelages eben abschließen, sowie das bei einem näher bezeichneten Schacht befindliche Grädermaterial an einer näher bezeichneten Stelle zu entfernen, als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid mit der Maßgabe der Berichtigung der maßgeblichen Grundstücksbezeichnungen und Setzung einer neuen Leistungsfrist. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

2        Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

3        Die belangte Behörde erstattete im Rahmen des vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Die Revisionswerber behaupten, in ihrem subjektiven Recht verletzt zu sein, nicht Adressat eines behördlichen Bauauftrages zur Sanierung eines Privatkanals zu werden, der weder in ihrem Eigentum stehe, noch ein Hauskanal im Sinne des Kanalgesetzes sei.

8        Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob das Wiener Kanalgesetz auch sämtliche Privatkanäle erfasst, und falls ja, ob unter „Hauskanälen“ im Sinne des Wiener Kanalgesetzes nur Anlagen verstanden werden, die zum Anschluss einer Liegenschaft an einen allgemeinen Straßenkanal dienen, oder ob unter diesem Begriff auch (private) Kanalanlagen zu verstehen sind, über die Abwässer nicht in einen städtischen Kanal oder in eine Sammelanlage abgeleitet werden. Weiters sei die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die Revisionswerber würden Abwässer von ihrer Liegenschaft in den gegenständlichen Privatkanal einleiten, ohne sachgerechtes Ermittlungsverfahren erfolgt. Bei sachgerechter Erhebung der entscheidungsrelevanten Tatsachen wäre festgestellt worden, dass die Liegenschaft der Revisionswerber an den städtischen Abwasserkanal angeschlossen sei und Abwässer von ihrer Liegenschaft in den Privatkanal nicht eingeleitet würden.

9        Voraussetzung dafür, dass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird, ist bei Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG auch, dass ein Konnex der diesbezüglichen Zulässigkeitsbegründung mit einem tauglichen Revisionspunkt vorliegt (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2021/05/0027, mwN). Diese Voraussetzung ist vorliegend hinsichtlich des Zulässigkeitsvorbringens zur Nichteinleitung von Abwässern von der Liegenschaft der Revisionswerber in den Privatkanal nicht erfüllt, zumal damit weder die im Revisionspunkt einschränkend geltend gemachte Eigentumsfrage, noch die Qualifikation des Privatkanals als „Hauskanal“ angesprochen wird.

10       Dieser Teil des Zulässigkeitsvorbringens könnte aber auch dann keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn man den vorliegenden Revisionspunkt ohne die vorgenommenen Einschränkungen im Sinn der Geltendmachung der Verletzung im Recht auf Nichterteilung eines behördlichen Bauauftrages zur Sanierung eines Privatkanals lesen wollte.

11       Das Verwaltungsgericht hat u.a. die Feststellungen getroffen, dass die Revisionswerber bis Ende 1997 ihre Schmutzwässer (häusliche Abwässer) nach Durchlauf einer Kläranlage in den bereits bestehenden Privatkanal eingeleitet hätten. Danach seien die Schmutzwässer der Liegenschaft der Revisionswerber über eine Hauskanalanlage in den öffentlichen Straßenkanal in der N-Gasse eingeleitet worden. Die Regenwässer würden hingegen weiterhin in den Privatkanal eingeleitet. Diese Feststellungen stützte das Verwaltungsgericht insbesondere auf die im Akt einliegenden Bewilligungen und damit verbundene Pläne. In der rechtlichen Beurteilung setzte sich das Verwaltungsgericht ausführlich damit auseinander, inwiefern der gegenständliche Privatkanal den Revisionswerbern im Sinne des § 5 Abs. 3 KanalG 1955 „diene“.

12       Vor diesem Hintergrund wird mit dem pauschalen Zulässigkeitsvorbringen, dem angefochtenen Erkenntnis liege hinsichtlich der Annahme der Einleitung von Abwässern in den Privatkanal kein sachgerechtes Ermittlungsverfahren zugrunde, nicht konkret aufgezeigt, welche weiteren Ermittlungen das Verwaltungsgericht hätte tätigen müssen und weshalb das Verwaltungsgericht zu der Feststellung hätte gelangen müssen, dass „Abwässer“ der Liegenschaft der Revisionswerber in den Privatkanal nicht eingeleitet würden, zumal das Verwaltungsgericht diesbezüglich eindeutig zwischen Schmutz- und Regenwässern differenziert hat, wohingegen die Revisionswerber nur pauschal von der Nichteinleitung von „Abwässern“ sprechen, ohne auf die konkreten Feststellungen des Verwaltungsgerichtes einzugehen, die auch den Anschluss der Liegenschaft der Revisionswerber an den öffentlichen Straßenkanal und die Ableitung der Schmutzwässer dorthin beinhalten.

13       Insoweit die Zulässigkeitsbegründung das Fehlen von Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des Wiener Kanalgesetzes auf sämtliche Privatkanäle und - bei Bejahung einer solchen - zur Qualifikation privater Kanalanlagen als „Hauskanal“, auch wenn sie nicht dem Anschluss einer Liegenschaft an einen Straßenkanal oder in eine Sammelanlage dienen, moniert, ist insbesondere auf das - auch im angefochtenen Erkenntnis angeführte, mangels zwischenzeitlicher inhaltlicher Änderung von § 5 KanalG 1955 immer noch maßgebliche - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1964, 1930/62 und 1075/64, VwSlg. 6519 A, zu verweisen. Danach ist unter dem Hauskanal jener Kanal zu verstehen, der der Sammlung und Ableitung der auf einer Liegenschaft (einem Bauplatz) anfallenden Abfallstoffe und Niederschlagswässer bis zum Straßenkanal oder, wo ein solcher nicht vorhanden ist, bis zur Senkgrube und zur Sickergrube dient (vgl. auch VwGH 30.1.1990, 87/05/0214; 30.5.2000, 96/05/0228). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis festgehalten, dass, weil das Kanalgesetz 1955 eine umfassende Regelung anstrebt und private Anlagen, die nicht nur auf eine kurze Strecke im Einmündungsbereich im öffentlichen Gut liegen, sondern dieses auf eine längere Strecke hin in der Längsrichtung durchziehen und auch geeignet sind, anderen Hauskanälen im engeren Sinn zur Einmündung zu dienen, nicht gesondert geregelt hat, davon auszugehen sei, dass diese Anlagen von den Regelungen hinsichtlich der Hauskanäle als Hauskanäle im weiteren Sinn miterfasst seien; Straßenkanäle seien nämlich nur jene Anlagen, die die Stadt Wien zur endgültigen Beseitigung der Abfallstoffe und der Niederschlagswässer über Hauptkanäle, Sammelkanäle und den Hauptsammler bis zum Vorfluter hergestellt habe.

14       Vor dem Hintergrund dieser Judikatur, der ein weites Begriffsverständnis von „Hauskanälen“ zugrunde liegt, kann entgegen der Zulässigkeitsbegründung nicht erkannt werden, dass keine Rechtsprechung zu der geltend gemachten Rechtsfrage - die im Übrigen entgegen der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 12.10.2020, Ra 2020/10/0131; 20.5.2020, Ra 2020/09/0018; 27.1.2020, Ro 2020/04/0001-0006) keinen Fallbezug herstellt - vorläge. Insbesondere wurde von den Revisionswerbern nicht dargetan, dass die Art der Abwassersammelstelle, in die eingeleitet wird (z.B. Straßenkanal, Senkgrube, Sickergrube, Bach), einen Einfluss auf die Qualifikation des Zuleitungskanals als „Hauskanal“ hätte. Eine Abweichung von der dargestellten Judikatur wurde nicht behauptet.

15       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

16       Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 3. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020050220.L00

Im RIS seit

30.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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