TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/29 W156 2244886-1

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Veröffentlicht am 29.11.2021
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Entscheidungsdatum

29.11.2021

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §33
ASVG §35
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W156 2244886-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX GmbH, als Bevollmächtigte gemäß § 35 Abs. 3 ASVG des Dienstgebers XXXX GmbH, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 02.07.2021, GZ: XXXX , betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 ASVG, zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Österreichische Gesundheitskasse (in weiterer Folge: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 02.07.2021, Zl. XXXX , der XXXX GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin, kurz: BF) als Bevollmächtigte der XXXX GmbH, in XXXX Wien, gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 3 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 300,00 vorgeschrieben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Anmeldung für XXXX , VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

Im Zuge der am 27.05.2020, um 10:20 Uhr, erfolgten Überprüfung durch die Finanzpolizei Team 03 für das Finanzamt Wien 8/16/17 des Bauvorhabens in XXXX Wien, XXXX , sei festgestellt worden, dass durch die XXXX GmbH als Dienstgeberin für die betretene Person die Anmeldung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

Der handelsrechtliche Geschäftsführer der XXXX GmbH hätte vor Ort angegeben, dass er die BF am 27.05.2020, um 10:45 Uhr, angerufen hätte, um die Anmeldung für die betretene Person zu veranlassen.

Die Anmeldung für die betretene Person wäre schließlich am 27.05.2020, um 10:53 Uhr, übermittelt worden, weshalb zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Anmeldung zur Sozialversicherung vorgelegen und somit der Tatbestand der Betretung zweifelsfrei vorgelegen hätte.

2. Gegen diesen Bescheid hat die BF mit Schriftsatz vom 20.07.2021 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde es übersehen hätte, dass die BF die Anmeldung der betretenen Person binnen 8 Minuten, nachdem ihr die Daten der zu anmeldenden Person bekanntgegeben worden wären, vorgenommen hätte. Dies ergebe sich aus den Angaben des Geschäftsführers der XXXX GmbH und der ELDA-Meldedaten. Ohne Auftrag und Kenntnis der Daten der anzumeldenden Person könne der Bevollmächtigte keine Anmeldung vornehmen. Der Bevollmächtigte hafte jedenfalls nicht dafür, dass ihm der Vollmachtgeber – die XXXX GmbH - die Daten der anzumeldenden Person zu spät bekannt gegeben hätte, wie es im vorliegenden Fall offenbar geschehen wäre.

3. Die Beschwerdesache wurde mit Schreiben vom 29.07.2021 von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Geschäftszweig „Unternehmensberatung, Buchführung, Handel“ und seit dem 06.11.2013 Bevollmächtigte der XXXX GmbH im Sinne des § 35 Abs. 3 ASVG.

Am 27.05.2020 um 10:20 Uhr wurde durch Organe der Abgabenbehörden des Bundes (Finanzpolizei Team 03) eine Beschäftigungskontrolle am Bauvorhaben der XXXX GmbH, in XXXX Wien, XXXX , durchgeführt.

Im Zuge dieser Kontrolle wurde der bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige XXXX , VSNR XXXX , arbeitend beim Tragen von Stützpfeilern bzw. Gerüststangen angetroffen, ohne dass diese genannte Person zur Sozialversicherung angemeldet war.

Herr XXXX gab gegenüber den Kontrollorganen an, dass er seit dem 26.05.2020 für die XXXX GmbH arbeite, wobei er eine Fuhre übernommen und dafür 55 Cent pro Kilometer erhalten hätte. Dafür hätte er eine Honorarnote erstellt.

Der handelsrechtliche Geschäftsführer der XXXX GmbH, XXXX , war während der Kontrolle vor Ort und gab an, dass er die BF am 27.05.2020 um 10:45 Uhr angerufen habe, um die Anmeldung der betretenen Person zu veranlassen.

Die Anmeldung für die betretene Person wurde am 27.05.2020 per ELDA um 10:53 Uhr übermittelt.

Die belangte Behörde hat mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 02.07.2021 gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 3 ASVG die BF als Bevollmächtigte iSd des § 35 Abs. 3 ASVG der XXXX GmbH zur Entrichtung eines Beitragszuschlags in der Höhe von € 300,00 verpflichtet.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde. Der belangten Behörde lag eine Vollmacht gemäß § 35 Abs. 3 ASVG vor, wonach die BF für die XXXX GmbH, die melderechtlichen Pflichten übernommen hätte.

Die Feststellung des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts ergab sich auch aufgrund der sich im Akt befindlichen umfassenden Ermittlungsunterlagen in freier Beweiswürdigung. Die im vorliegenden Fall entscheidungsrelevante Frage, nämlich, dass die betretene Person im Zeitpunkt der Betretung durch die Organe der Abgabenbehörde des Bundes am 27.05.2020 für den Betrieb der XXXX GmbH Arbeitsleistungen erbrachte, wobei diese weder über eine notwendige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügte, noch vor deren Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung angemeldet war, ist unstrittig.

Strittig war fallgegenständlich, ob die Verpflichtung zur Entrichtung eines Beitragszuschlages über die BF als Bevollmächtigte iSd § 35 Abs. 3 ASVG der XXXX GmbH zu Recht erfolgte. Vorliegend handelt es sich sohin um eine reine Beurteilung einer Rechtsfrage.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensrelevante materiellrechtliche Bestimmungen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 35 Abs. 3 ASVG kann der Dienstgeber die Erfüllung der ihm nach § 33 und § 34 ASVG obliegenden Pflichten auf Bevollmächtigte übertragen. Name und Anschrift dieser Bevollmächtigten sind unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekannt zu geben.

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes die Anmeldung zur Pflichtversicherung oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 400 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 600.

Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 300 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Daraus folgt für die gegenständliche Beschwerde:

Im Beschwerdeverfahren betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist als Vorfrage ist zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung des Betretenen bei der XXXX GmbH vorlag und die BF als Bevollmächtigte nach § 35 Abs. 3 ASVG der XXXX GmbH als Dienstgeberin daher verpflichtet gewesen wäre, die betretene Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).

Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Feststellung der Umstände der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser gilt, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. (vgl. auch VwGH 26.05.2014, Zl. 2013/08/0165) Weiters kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitere Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. VwGH 20.09.2006, Zl. 2003/08/0274).

Verfahrensgegenständlich steht fest, dass die betretene Person arbeitend beim Transportieren von Stützpfeilern bzw. Gerüststangen angetroffen wurde. Bei diesen Arbeiten handelt es sich um solche einfachen manuellen Tätigkeiten, bei denen nach der Lebenserfahrung kein ins Gewicht fallender Gestaltungspielraum des Dienstnehmers vorhanden ist und die nach der Lebenserfahrung üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erbracht werden.

Demnach war ohne weiteres vom Vorliegen einer Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen. Im gegenständlichen Fall lag somit ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG der betretenen Person zur XXXX GmbH vor. Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwischen der XXXX GmbH und der betretenen Person wurde im Übrigen nicht bestritten.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die BF als Bevollmächtigte der XXXX GmbH dafür hafte, dass ihr diese als Vollmachtgeberin die Daten der anzumeldenden Person zu spät bekannt gegeben hätte.

Dazu ist auszuführen, dass die Bestimmung des § 35 Abs. 3 ASVG die Übertragung der nach den §§ 33 f. bestehenden Pflichten (An- und Abmeldung der Pflichtversicherten, Meldung von Änderungen) auf Bevollmächtigte vorsieht, die dann auch nach § 111 allein strafbar sind (§ 111 Abs. 1 nennt ausdrücklich die bevollmächtigten Personen nach § 35 Abs. 3). Darin liegt eine Sonderregelung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, welche die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung („sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen“) nur subsidiär geltenden Bestimmungen des § 9 VStG betreffend die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten für den Anwendungsbereich des ASVG verdrängt (vgl VwGH 2010/08/0162, 08.09.2010).

Da § 113 Abs. 1 ASVG betreffend die Verpflichtung zur Zahlung von Beitragszuschlägen auf die in § 111 Abs. 1 genannten Personen – also auch die Bevollmächtigten nach § 35 Abs. 3 – verweist, bewirkt die Übertragung der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Meldevorschriften im Wege einer Bevollmächtigung nach § 35 Abs. 3 ASVG auch, dass Beitragszuschläge dem Bevollmächtigten und nicht dem Dienstgeber vorzuschreiben sind (vgl auch VwGH 88/08/0145, 07.07.1992).

Die Meldepflichten sind gemäß § 35 Abs. 3 ASVG (anders als nach § 9 Abs. 2 VStG) nur unter der Voraussetzung auf Dritte übertragbar, dass Name und Anschrift dieser Bevollmächtigten unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekannt gegeben werden.

Fallgegenständlich lag der belangten Behörde eine Vollmacht im Sinne des § 35 Abs. 3 ASVG vor. Die Übertragung der Meldeverpflichtungen gemäß § 35 Abs. 3 ASVG ist seit 06.11.2013 zwischen der BF und der XXXX GmbH aufrecht, weshalb somit zweifelsfrei feststeht, dass die BF keine Anmeldung der betretenen Person vor Arbeitsantritt vorgenommen hat, obwohl sie gemäß § 33 Abs. 1 ASVG iVm § 35 Abs. 3 ASVG dazu verpflichtet gewesen wäre.

Im vorliegenden Fall stand somit auch fest, dass es sich bei der BF um die richtige Adressatin des angefochtenen Bescheides handelt.

Dem Vorbringen der BF, wonach die XXXX GmbH ihr die Daten der anzumeldenden Person zu spät bekannt gegeben hätte, ist zu entgegnen, dass die Frage des subjektiven Verschuldens des Meldepflichtigen – im vorliegenden Fall sohin die BF als Bevollmächtigte iSd § 35 Abs. 3 ASVG – gemäß der Judikatur des VwGH irrelevant ist. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Stand 31.12.2012, Rz 6 zu § 113 ASVG mit dort angegebenen Judikaturnachweisen). Der Beitragszuschlag ist nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwands in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Stand 31.12.2012, Rz 1 zu § 113 ASVG mit dort angegebenen Judikaturnachweisen).

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip") und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, Zl. 99/08/0074).

Die BF als Bevollmächtigte iSd § 35 Abs. 3 ASVG der Dienstgeberin hat es somit unterlassen, den betretenen Dienstnehmer Herrn XXXX vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden und hat dadurch gegen die ihr obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen.

Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.

Zur Höhe des Beitragszuschlages:

Nach § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf bis zu € 300 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Da im vorliegenden Fall – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt – eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen iSd § 113 Abs. 3 ASVG vorliegt, kam es seitens der belangten Behörde zu Recht zu einem Absehen des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung und zu einer Herabsetzung des Teilbetrages für den Prüfeinsatz auf € 300,00.

Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag auch der Höhe nach berechtigt.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom BF nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht zudem von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist und in der Beschwerde nicht bestritten wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat (vgl. dazu auch das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027).

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die Rechtslage klar ist. Zudem weicht die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Schlagworte

Beitragszuschlag Bevollmächtigter Dienstnehmereigenschaft Meldeverstoß Sozialversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W156.2244886.1.00

Im RIS seit

29.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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