TE Vwgh Beschluss 2021/11/25 Ra 2018/06/0315

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Veröffentlicht am 25.11.2021
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Burgenland
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Burgenland
L82000 Bauordnung
L82001 Bauordnung Burgenland
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs8
BauG Bgld 1997 §17
BauRallg
RPG Bgld 1969 §20 Abs4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des H K in A, vertreten durch die Reiffenstuhl & Reiffenstuhl Rechtsanwaltspartnerschaft OG in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 41/9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 8. Oktober 2018, E B05/09/2018.004/013, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See; weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (belangte Behörde) vom 17. August 2006 wurde dem Revisionswerber die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Schankraums und einer WC-Anlage auf dem Grundstück Nr. X KG A., erteilt. Das Bauvorhaben bestand aus einem 9 m x 4,5 m großen Gebäude in Holzbauweise mit Tondachziegeln, mit einem 22 m2 großen Schankraum und einer WC-Gruppe, bestehend aus zwei WC-Zellen, von denen eine behindertengerecht ausgeführt ist, und einem Waschraum. Neben dem Schankraum sollte eine 4 m x 4,5 m große, nicht überdachte Pergola errichtet werden.

2        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Mai 2018 wurde die Baubewilligung für „Umbauarbeiten im Gebäudeinneren des Schankraumes“ nach Maßgabe der Baubeschreibung und der Einreichunterlagen erteilt. Abweichend von der Baubewilligung vom 17. August 2006 wurden im bestehenden Küchenraum des Schankraums eine Trennwand aufgestellt, die Fenster und Türen anders situiert als ursprünglich genehmigt, zusätzlich zwei Fenster eingebaut und ein massiver Kamin errichtet.

3        Hingegen wurde mit weiterem (hier gegenständlichen) Bescheid der belangten Behörde vom 8. Mai 2018 das Ansuchen des Revisionswerbers auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung „eines Zubaus zum bestehenden Schankraum, eines Behinderten-WCs, diverser Pergolen und Vordächer und eines Abstellraums“ abgewiesen.

4        Das Grundstück Nr. X ist im Flächenwidmungsplan als „Grünland-Parkplatz“ ausgewiesen.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland (LVwG) wurde die vom Revisionswerber gegen den abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 8. Mai 2018 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

6        In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das LVwG im Wesentlichen fest, die in Rede stehende Baumaßnahme diene der Erweiterung eines Gastgewerbebetriebes, „indem die vorhandene betriebliche Infrastruktur durch Erweiterung des Schankraums, der im Schatten liegenden Verabreichungsplätze und der WC-Anlagen erweitert werden soll“.

7        Die Erweiterung stehe damit zunächst nicht in einem funktionellen und sachlichen Zusammenhang mit der Parkplatznutzung selbst, sondern mit der Nutzung des bestehenden Gastgewerbebetriebs. Es sei zuzugestehen, dass ein Verkaufsstand in einem sachlichen und funktionellen Zusammenhang mit einem Parkplatz stehen könne. Gegenstand des vorliegenden Antrags sei jedoch die Errichtung von insgesamt 90 überdachten zusätzlichen Sitzplätzen.

8        Bei dieser Erweiterung handle es sich nicht mehr um einen Verkaufsstand, der der Versorgung der Besucher des Parkplatzes diene, sondern um einen Gastgewerbebetrieb, der weit über die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe hinausgehe. Das gelte für alle vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen beurteilten Varianten (betreffend die Anzahl der verbleibenden Pkw-Stellplätze). Ein Gastgewerbebetrieb in der vorliegenden Größe sei nicht für die widmungsgemäße Nutzung des Parkplatzes erforderlich.

9        Der durch das Vorhaben umbaute Raum betrage laut Einreichunterlagen 237 m2. Die im Einreichplan angegebene Grundstücksgröße von 8.281 m2 sei insofern missverständlich, als für die Vereinbarkeit mit der Flächenwidmung nur der als Parkfläche gewidmete Teil zu beurteilen sei, der restliche Teil des Grundstücks weise die Widmung „Grünland - landwirtschaftlich genutzte Fläche“ auf. Der als Parkplatz gewidmete Teil des Grundstücks habe eine Fläche von 1.141 m2, sodass durch das beantragte Vorhaben über 20 % der Fläche in Anspruch genommen würden.

10       Zur Versorgung der Personen, die ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz abstellten, würde jedenfalls ein Verkaufsstand ohne Verabreichungsplätze oder (mit) einigen wenigen Sitzgelegenheiten genügen. Auch die bestehenden WC-Anlagen seien ausreichend und bereits behindertengerecht ausgestattet.

11       Es gehe dabei nicht um die Frage, ob der Gastgewerbebetrieb selbst an diesem Standort zur Bewältigung des Gästeaufkommens geeignet sei, sondern darum, ob für die Nutzung eines Parkplatzes ein Gastgewerbebetrieb in dieser Größe erforderlich sei.

12       Das Fehlen bereits einer Voraussetzung des § 20 Abs. 5 Burgenländisches Raumplanungsgesetz (Bgld. RPG) habe zur Folge, dass die Notwendigkeit der Maßnahme im Sinne des § 20 Abs. 4 erster Satz Bgld. RPG nicht anzunehmen sei. Es könne daher keine Bewilligung nach dem Burgenländischen Baugesetz 1997 erteilt werden.

13       Auch das Vorbringen des Revisionswerbers, ein Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung ergebe sich bereits daraus, dass für die Anlage mit derselben Zweckbestimmung bei gleicher Flächenwidmung bereits eine Baubewilligung erteilt worden sei, sei (aus näher genannten Gründen) nicht zielführend und widerspreche allgemeinen Grundsätzen der Rechtswirkungen eines Bescheides.

14       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

15       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

17       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18       In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter Verweis auf die Rechtskraftwirkung von Bescheiden vorgebracht, es sei unvertretbar und rechtlich nicht zulässig, einerseits bei bestehender Widmungskategorie „Grünland-Parkplatz“ die bau- und naturschutzrechtliche Genehmigung für die Neuerrichtung eines Gebäudes mit all seinen Anlagenteilen (Raststätte) zu erteilen, andererseits jedoch die entsprechende Genehmigung für die Erweiterung des diesbezüglichen Betriebes (Zubau) bei gleichbleibender Widmungskategorie mit dem Argument zu versagen, die Baumaßnahmen würden nunmehr nicht der bestehenden Widmungskategorie entsprechen. Habe „die Erbauung einer Anlage“ mit der vorliegenden Zweckbestimmung einmal den Baukonsens rechtskräftig erhalten, so könne der Baukonsens für einen später projektierten Zu- und/oder Umbau nicht mehr mit dem Argument verweigert werden, dass die Anlage in ihrer gegenwärtigen Lage womöglich „unstatthaft“ sei.

19       Dazu ist Folgendes auszuführen: Dass seinerzeit die Vorfrage, ob ein Gastgewerbebetrieb zulässig ist, positiv entschieden wurde, besagt weder, dass damit bindend über die Zulässigkeit eines solchen grundsätzlich, noch in welcher Größe ein solcher Betrieb auf der als Grünland-Parkplatz gewidmeten Fläche zulässig wäre, entschieden wurde. Ein „Rechtsanspruch“ auf Bewilligung des genannten „Erweiterungsprojekts“ kann aus dem Bescheid vom 17. August 2006 nicht abgeleitet werden. Entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers hat das LVwG auch nicht „die Anlage in ihrer gegenwärtigen Lage“ als „unstatthaft“ beurteilt, sondern die geplante Erweiterung als weit über die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe hinausgehend erachtet (vgl. § 20 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 lit. c Bgld. RPG).

20       Das weitere Vorbringen des Revisionswerbers, wonach das Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 4 Bgld. RPG (gemeint ist wohl das Kriterium „für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig“) nicht erfüllt sein müsse, weil die verfahrensgegenständlichen Baumaßnahmen „flächenmäßig nicht ins Gewicht fallen“, ist bereits nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 4 zweiter Satz Bgld. RPG verfehlt, weil sich die dort genannte Zulässigkeit der Errichtung von flächenmäßig nicht ins Gewicht fallenden Anlagen nur auf solche Anlagen bezieht, die im Zusammenhang mit der Wasser- und Energieversorgung, der Abwasserentsorgung, dem Fernmelde- und Sendewesen oder dem Sicherheitswesen erforderlich sind.

21       Die vom Revisionswerber angesprochene „Intention des Verordnungsgebers“, ferner der in der Zulässigkeitsbegründung vorgebrachte Zweck der Umwidmung im Jahr 2006, auf dem Grundstück einen Rastplatz für Radtouristen mit gleichzeitiger baulicher Errichtung einer Raststätte zu schaffen, und der Verweis auf frühere Beurteilungen der Bau- und Naturschutzbehörde zeigen fallbezogen keine Unvertretbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auf, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass bei der Beurteilung der Frage der Notwendigkeit einer Baulichkeit nach § 20 Abs. 4 Bgld. RPG ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. etwa zur Notwendigkeit einer Baulichkeit für die landwirtschaftliche Nutzung VwGH 16.9.2003, 2002/05/0728, und 27.6.2006, 2005/05/0243).

22       Der Revisionswerber rügt in seiner Zulässigkeitsbegründung ferner, dass die belangte Behörde ihn nicht vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt habe, ohne jedoch diesen Vorwurf eines Verfahrensmangels zu konkretisieren oder darzulegen, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, den von ihm angesprochenen Ermittlungsergebnissen in der Beschwerde zu entgegnen.

23       Weiters bringt der Revisionswerber vor, ein Bauwerber dürfe einen Widerspruch zu gesetzlichen Bestimmungen durch Projektänderungen beseitigen. Sowohl die belangte Behörde als auch das Gericht seien verpflichtet, ihm jene Änderungen aufzutragen, die das Projekt bewilligungsfähig machten.

24       Dazu ist festzuhalten, dass nach der zu § 13 Abs. 8 AVG ergangenen Rechtsprechung die Baubehörde den Bauwerber lediglich auf einen Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen und ihm nahe zu legen hat, das Ansuchen entsprechend zu ändern (vgl. etwa VwGH 16.2.2021, Ro 2021/06/0001, mwN).

25       Der Revisionswerber führt allerdings selbst aus, dass ihm mit Schreiben der belangten Behörde vom 27. Dezember 2017 die mangelnde Widmungskonformität (des Vorhabens) zur Kenntnis gebracht worden sei. Auch nach der behördlichen Abweisung des hier gegenständlichen Ansuchens nahm der Revisionswerber keine Antragsänderung vor. Im Übrigen ist es nicht Aufgabe der Baubehörden oder des LVwG, den Bauwerber zu beraten, welche Änderungen das Bauvorhaben genehmigungsfähig machen könnten (vgl. dazu erneut VwGH 16.2.2021, Ro 2021/06/0001). Ebenso wenig war es Aufgabe der Behörde oder des LVwG zu prüfen, „ob die fehlende Flächenwidmung sanierbar ist oder nicht“. Die Revision zeigt demnach ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung nicht auf.

26       In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. November2021

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018060315.L00

Im RIS seit

24.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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