TE Vwgh Beschluss 2021/12/6 Ra 2021/03/0308

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Veröffentlicht am 06.12.2021
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a Z3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des A S in A, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Brixner Straße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 20. Oktober 2021, Zl. LVwG-2021/23/1915-8, betreffend Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes 2004 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber - durch Abweisung der von ihm gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erhobenen Beschwerde - schuldig erkannt, am 20. Oktober 2020 in einem näher bezeichneten Eigenjagdrevier einen 8-köpfigen Hirsch der Klasse II erlegt zu haben, wobei die Trophäe die höchstzulässige Punktzahl von 135 Punkten um 58,64 Punkte überschritten habe. Er habe damit die Richtlinien zur Bejagung des Schalenwildes des Tiroler Jägerverbandes missachtet. Er habe damit § 3 Abs. 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 in Verbindung mit § 37b in Verbindung mit § 70 Abs. 1 Z 13 Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 70 Abs. 1 Z 13 TJG 2004 eine Geldstrafe von 3.000 € (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde die Trophäe des erlegten Hirsches der Klasse II gemäß § 70 Abs. 3 Z 1 TJG 2004 für verfallen erklärt.

2        Das Verwaltungsgericht unterließ einen ausdrücklichen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision, führte jedoch im Zuge der Begründung des Erkenntnisses aus, weshalb die ordentliche Revision unzulässig sei (im Wesentlichen, da sich die Entscheidung an der zum TJG 2004 ergangenen, näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiere).

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall den ausdrücklichen Abspruch über die Zulässigkeit unterlassen; dies ist aber im Hinblick auf die ausdrückliche Begründung der Unzulässigkeit der Revision als eine offenbar auf einem Versehen beruhende - und damit berichtigungsfähige - Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG, der gemäß § 38 VwGVG und § 24 VStG auch für das Verwaltungsstrafverfahren vor dem VwG heranzuziehen ist, anzusehen. Der Revisionswerber hat daher auch zutreffend eine außerordentliche Revision eingebracht, die gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert die Gründe enthält, aus denen er die Revision für zulässig erachtet.

7        Diese für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht sechs Zulässigkeitsgründe geltend:

Zum ersten Zulässigkeitsgrund

8        Der Revisionswerber macht in seinem ersten Zulässigkeitsgrund geltend, dass der „Verweis auf ein Mitteilungsblatt des Tiroler Jägerverbandes sowie (allfällig) vorhandene Veröffentlichungen im Internet“ der Bestimmung des § 1 Abs. 1 VStG widersprächen, weshalb das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Da davon auszugehen sei, dass die Jagdbehörden bereits in der Vergangenheit und ohne klarstellende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch künftig Verwaltungsstrafen auf dieser Bestimmung des § 3 Abs. 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 verhängen würden, liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

9        Gemäß § 3 Abs. 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004, dürfen in der Altersklasse II (mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) unter Bedachtnahme auf die Richtlinien zur Bejagung des Schalenwildes nur schlecht entwickelte Wildstücke erlegt werden. Die Richtlinien sind im Mitteilungsblatt des Tiroler Jägerverbandes sowie im Internet zu veröffentlichen.

10       Der Revisionswerber behauptet insbesondere nicht, dass die Kundmachung der Richtlinien nicht erfolgt wäre und er keine Kenntnis vom Inhalt der Richtlinien gehabt habe oder hätte haben können. Er legt auch nicht dar, weshalb eine Kundmachung dieser Richtlinien im Mitteilungsblatt des Tiroler Jägerverbandes und zusätzlich im Internet nicht zulässig sein sollte. Im konkreten Fall wurde dem Revisionswerber angelastet, einen 8-köpfigen Hirsch der Klasse II erlegt zu haben, wobei der Revisionswerber nach den insoweit nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis - vor der Trophäenbewertung - selbst der Auffassung war, einen Hirsch der Klasse I angesprochen und erlegt zu haben. Das Vorbringen zum ersten Zulässigkeitsgrund legt nicht dar, dass vor diesem Hintergrund die in § 3 Abs. 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 angesprochenen Richtlinien, auf die nach dieser Bestimmung „Bedacht“ zu nehmen ist, für den vorliegenden Fall überhaupt von Bedeutung waren, sodass damit die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan wird.

Zum zweiten Zulässigkeitsgrund

11       Zum zweiten Zulässigkeitsgrund bringt der Revisionswerber vor, dass sich dem Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck weder die Bestimmung des § 3 Abs. 4 lit. a Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004, noch die Bestimmung des § 7 dieser Verordnung entnehmen ließen, weshalb näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG nicht entsprochen werde.

12       Die vom Revisionswerber übertretene Norm, deren Übertretung ihm auch im angefochtenen Erkenntnis - durch Abweisung der Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck - angelastet wird, ist § 3 Abs. 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004, wonach in der Altersklasse II (mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) unter Bedachtnahme auf die Richtlinien zur Bejagung des Schalenwildes nur schlecht entwickelte Wildstücke erlegt werden dürfen.

13       § 3 Abs. 4 lit. a Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 enthält demgegenüber lediglich eine demonstrative Aufzählung, welche Wildstücke (beim Rotwild) jedenfalls als schlecht entwickelt im Sinne des § 3 Abs. 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 anzusehen sind. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass dem Revisionswerber die Übertretung des § 3 Abs. 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004, nicht aber des § 3 Abs. 4 lit. a leg. cit. im Sinne des § 44a Z 2 VStG angelastet wurde.

14       Bei § 7 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 handelt es sich nicht um eine Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, schon aus diesem Grund zeigt das diesbezügliche Vorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Soweit das Vorbringen dahin zu verstehen ist, dass der Revisionswerber die Auffassung vertritt, § 7 dieser Verordnung wäre als „angewendete Gesetzesbestimmung“ im Sinne des § 44a Z 3 VStG zu zitieren gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass die tatsächlich angewendete Strafnorm § 70 Abs. 1 Z 13 TJG 2004 ist. Unter angewendeter Gesetzesbestimmung im Sinne des § 44a Z 3 VStG ist nämlich die Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen, welche jene Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. etwa VwGH 20.2.2019, Ra 2018/03/0133). Dies ist im Revisionsfall die Bestimmung des § 70 Abs. 1 Z 13 TJG 2004, die das Verwaltungsgericht durch Abweisung der Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, in der diese Bestimmung als Strafsanktionsnorm angeführt ist, auch bezeichnet hat.

Zum dritten Zulässigkeitsgrund

15       In seinem dritten Zulässigkeitsgrund macht der Revisionswerber geltend, dass das angefochtene Erkenntnis keine Feststellungen enthalte, ob es sich bei dem vom Revisionswerber erlegten Hirsch um einen Gabler, Sechser, ungeraden Gabelachter, etc. nach der (demonstrativen) Aufzählung des § 3 Abs. 4 lit. a Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 gehandelt habe.

16       Dieses Vorbringen geht schon deshalb ins Leere, weil es sich bei dem vom Revisionswerber erlegten Hirsch nach dem angefochtenen Erkenntnis gerade nicht um ein schlecht entwickeltes Wildstück gehandelt hat, sodass auch eine Feststellung dahingehend, in welcher konkreten Weise der erlegte Hirsch schlecht entwickelt gewesen sei, denklogisch nicht in Betracht kommt. Im Übrigen hat der Revisionswerber nicht einmal behauptet, dass es sich beim erlegten Hirsch um ein schlecht entwickeltes Wildstück gehandelt habe.

Zum vierten Zulässigkeitsgrund

17       Als vierten Zulässigkeitsgrund macht der Revisionswerber eine Aktenwidrigkeit und damit einen Verfahrensfehler geltend. Die Feststellung, wonach der Revisionswerber als Motiv für den Abschuss gegenüber dem Hegemeister angegeben habe, dass es sich dabei „um ein an sich selbst gemachtes Geburtstagsgeschenk handeln würde“, sei aktenwidrig, da der Hegemeister tatsächlich angegeben habe, dass er ein Gespräch mit dem Revisionswerber so verstanden habe, dass er sich diesen Hirsch zum Geburtstag gegönnt habe, dass er das aber nicht genau wisse.

18       Es kann dahingestellt bleiben, ob damit überhaupt eine Aktenwidrigkeit oder nicht vielmehr eine Frage der Beweiswürdigung angesprochen wird (vgl. zur Unterscheidung jüngst etwa VwGH 3.90.2021, Ra 2020/14/0290), da es in der Sache auf das Motiv für den vorgenommenen Abschuss nicht ankommt.

Zum fünften Zulässigkeitsgrund

19       Der Revisionswerber macht hinsichtlich der Strafbemessung eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend, ohne allerdings konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher Rechtsprechung seiner Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll. Damit wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen (vgl. etwa VwGH 12.4.2019, Ra 2019/03/0001).

Zum sechsten Zulässigkeitsgrund

20       Im sechsten Zulässigkeitsgrund wendet sich der Revisionswerber gegen den ausgesprochenen Verfall der Trophäe. Im angefochtenen Erkenntnis würde dieser Verfall im Wesentlichen damit begründet, dass der Revisionswerber wissentlich einen Hirsch außerhalb des Abschussplans erlegt habe, um sich mit der so erzielten Trophäe selbst ein Geburtstagsgeschenk zu machen.

21       Auch damit wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Die Strafbemessung im angefochtenen Erkenntnis stützte sich wesentlich auf den Umstand, dass der Revisionswerber nicht verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist (14 verwaltungsstrafrechtliche Strafvormerkungen) und den Hirsch in der Absicht erlegte, einen besonders stark entwickelten Hirsch zu erlegen, sodass von einer wissentlichen Begehung der Übertretung auszugehen war.

22       Im Wesentlichen führten diese Überlegungen das Verwaltungsgericht auch zur Annahme „erschwerender Umstände“ als Voraussetzung für den Ausspruch des Verfalls nach § 70 Abs. 3 TJG 2004. Dass in den Ausführungen zur Begründung des Verfallsausspruchs über den Vorwurf der Wissentlichkeit hinaus auch darauf Bezug genommen wurde, dass der Abschuss erfolgt sei, „um sich mit der so erzielten Trophäe selbst ein Geburtstagsgeschenk zu machen“, vermag selbst dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht zu begründen, wenn man - wie der Revisionswerber - davon ausginge, dass die Feststellung des Motivs für den Abschuss („Geburtstagsgeschenk“) aktenwidrig erfolgt sei. Die Revision vermag in diesem Zusammenhang nämlich nicht darzulegen, dass der Wegfall dieses Motivs zu einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgericht hätte führen können, sodass schon die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt wurde.

23       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 6. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030308.L00

Im RIS seit

22.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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