TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/12 W213 2244306-1

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Veröffentlicht am 12.10.2021
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Entscheidungsdatum

12.10.2021

Norm

AVG §68
BDG 1979 §14 Abs1
B-VG Art133 Abs4
DVG §13
PTSG §17 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W213 2244306-1/2E

Im Namen der Republik !

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RAe Dr. Johannes DÖRNER, Dr. Alexander SINGER, 8010 Graz, Brockmanngasse 91/1, gegen den Bescheid des Personalamts der Österreichischen Postbus AG, vom 14.04.2021, GZ. PA-158/20-A01, betreffend Zurückweisung eines Antrags (§ 68 AVG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der im Ruhestand befindliche Beschwerdeführer war gemäß § 17 Abs. 3 PTSG der Österreichischen Postbus AG zur Dienstleistung zugewiesen und stellt in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund.

I.2. Mit Schriftsatz vom 20.10.2020 brachte der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter im Wesentlichen vor, dass er mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.09.2016, GZ: PA-156/15-A5, gemäß § 14 BDG in den Ruhestand versetzt worden sei. Der Beschwerdeführer hab dagegen fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2016 sei die Ruhestandsversetzung bestätigt worden. Einen dagegen eingebrachten Vorlageantrag habe er am 30.10.2017 zurückgezogen. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer jedoch am 13.11.2018 einen Wiederaufnahmeantrag eingebracht, da am 01.11.2018 endlich eine Spenderniere transplantiert worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich zwar vorher schon für dienstfähig gehalten, aber seit diesem Zeitpunkt sei er jedenfalls unzweifelhaft als vollkommen dienstfähig anzusehen.

Der Wiederaufnahmeantrag sei unter belangten Behörde teilweise als unzulässig zurückgewiesen, teilweise als unbegründet abgewiesen worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde sei vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG abgewiesen worden, wobei gleichzeitig ausgesprochen worden sein, dass eine Revision unzulässig sei.

Tragender Grund der Abweisung der Beschwerde sei gewesen, dass der Erhalt einer Spenderniere nach Abschluss des Ruhestandsversetzungsverfahrens nicht als novum repertum, sondern als „novum productum“ zu qualifizieren sei. Es handle sich insofern daher um kein »novum repertum", sondern um ein „novum productum“, als der Sachverhalt, der zur uneingeschränkten Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers führte, erst nach dessen Ruhestandsversetzung eingetreten sei.

Wenn hier durch die neu entstandenen Tatsachen eine wesentliche Änderung der Sachlage eingetreten sei, könne die Behörde auf Antrag oder von Amts wegen eine neue Entscheidung treffen, weil mangels Identität der Sache weder dem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrages noch der neuen Entscheidung die Rechtskraft des Vorbescheides entgegenstehe.

Der Beschwerdeführer verbinde daher seine Anregung auf amtswegige Änderung des Bescheides im Sinne des § 68 AVG im Hinblick darauf, dass ihm auf eine entsprechende behördliche Tätigkeit kein subjektives Recht zusteht, mit einem konkreten Antrag, den Ruhestandsversetzungsbescheid wegen fehlender Identität der Sache abzuändern und auszusprechen, dass er zwischenzeitig dienstfähig sei.

In diesem Zusammenhang sei im Sinne von Hengstschläger/Leeb (S 68 AVG, Rz 23) auszuführen, dass die materielle Rechtskraft des Bescheides nur einer weiteren Entscheidung in derselben Sache entgegenstehe. Durch die Abänderung der entscheidungswesentlichen Fakten (Nierentransplantation) habe die Sache ihre ursprüngliche Identität verloren. Es liege eine andere Sache dar, über die nicht nur bescheidmäßig abgesprochen werden können, sondern auch abgesprochen werden müsse (vgl. Hengstschläger, AVG Rz 561, Walter/Mayer, Rz 482, Walter/Thienel, AVG § 68 Anmerkung 12).

Es sei daher in Wirklichkeit nicht Identität der Sache als eine der Voraussetzungen des § 68 AVG gegeben, wiewohl der Beschwerdeführer sich insofern auch auf diese Bestimmung hinsichtlich seiner Anregung stütze. Insofern brauche gar nicht auf die weiteren Voraussetzungen des § 68 Abs 2 bis 4 AVG eingegangen werden, wobei insbesondere auszuführen sei, dass niemand anderen als dem Beschwerdeführer aus dieser Beschwerde Rechte erwachsen sind, nämlich in Ruhestand gehen zu können und dafür einen Ruhegenuss zu erhalten, nicht jedoch Dritten. Insofern seien die Abänderungsbedürfnisse auch nicht eingeschränkt.

Aufgrund dieses neuen, nach der Ruhestandsversetzung auftretenden Sachverhaltes (Nierentransplantation) ist die Erlassung eines anderes lautenden, die bleibende Dienstunfähigkeit verneinenden Bescheides nicht nur möglich, sondern äußerst wahrscheinlich.

Es werde daher beantragt,

?        die Österreichische Postbus Aktiengesellschaft als Behörde erster Instanz wolle ihren mit Zurückziehung des Vorlageantrages seiner Bescheidbeschwerde am 30.10.2017 rechtskräftig gewordenen Ruhestandsversetzungsbescheid wegen geänderter Sachlage dahingehend abändern, dass von seiner Ruhestandsversetzung Abstand genommen werde und ausgesprochen werde, dass er (aufgrund seiner Nierentransplantation und aufgrund der wiedererlangten uneingeschränkten Dienstfähigkeit) zu den Beamten im aktiven Dienststand beschäftigt bei der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft bzw. zugewiesen der ÖBB Postbus GmbH zähle.

Dieser Antrag wurde mit der Anregung verbunden

?        den Ruhestandsversetzungsbescheid in diesem Sinne abzuändern.

I.3. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hat:

„Ihr Antrag vom 20.10.2020, eingelangt bei der Dienstbehörde am 21.10.2020, mit dem Sie die amtswegige Abänderung des Ruhestandsversetzungsbescheids vom 21.09.2016 sowie der Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2016 begehrten sowie die Anregung auf Abänderung des Ruhestandsversetzungsbescheids werden zurückgewiesen.“

Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen ausgeführt, dass § 68 AVG Abs 2 bis 4 AVG für lediglich drei Gruppen von der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheiden eine amtswegige Aufnebung, Abänderung oder Nichtigerklärung vorsehe. Dies gelte zunächst für Bescheide, an deren Aufrechterhaltung seitens der Partei(en) kein Interesse bestehe, weil niemanden aus dem rechtskräftigten Bescheid ein Recht erwachsen sei (Abs. 2 leg cit). Weiters gelte dies für Bescheide, die zu das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdeten Missständen führten oder aufgrund schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen in ihren Auswirkungen unerträglich seien (Abs. 3 leg cit). Letztlich könnten Bescheide, die an einem speziellen, durch das Gesetz festgelegten Mangel leiden, ebenfalls amtswegig behoben oder abgeändert werden. Zu diesen Mangeln zählten unter anderem die Erlassung eines Bescheides von einer unzuständigen Behörde, die Herbeiführung eines strafgesetzwidrigen Erfolges, die tatsächliche Undurchführbarkeit oder ein Fehler, der durch eine gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht sei.

Ferner sein in Dienstrechtsangelegenheiten gemäß § 13 Abs 1 DVG eine amtswegíge Aufhebung oder Abänderung eines rechtskräftigen Bescheids zulässig, wenn die Partei wisse oder wissen musste, dass der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.

Dem Antrag bzw. der Anregung des Beschwerdeführers sei entgegenzuhalten, dass die Bestimmung des § 68 Abs. 7 AVG ausdrücklich anordne, dass niemanden auf die Ausübung der der Behörde eingeräumten Abänderungs- und Behebungsbefugnisse ein subjektives Recht oder ein verfolgbarer Rechtsanspruch zustehe. In Abs. 1 leg.cit. sei weiters ausdrücklich geregelt, dass Begehren auf Ausübung des der Behörde gemäß § 68 AVG Abs 2 bis 4 AVG zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts, wenn die Behörde nicht den Anlass einer entsprechenden Verfügung finde, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen seien

Die Behörde seine nur dann zu einer bescheidmäßigen Zurückweisung des Begehrens verpflichtet, wenn die Partei trotz der ausdrücklichen Vorschrift des § 68 Abs 7 AVG einen rechtlichen Anspruch auf Erlass eines Bescheids behaupte, widrigenfalls sie Säumnisfolgen träfen.

Die der Behörde gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG eingeräumte Aufsichtsgewalt diene nicht dem Schutz irgendeines subjektiven Rechts, sondern der Wahrung öffentlicher Interessen. Da sie vom Gesetzgeber ausschließlich der Behörde überantwortet und der Partei kein Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Gesetzesbestimmung eingeräumt sei, könne die Ablehnung eines darauf gerichteten Antrags, in welcher Form diese auch ergehe, niemand zulässigerweise mit einem Rechtsmittel bekämpfen. Eine Überprüfung durch ein Verwaltungsgericht komme nur in Betracht wenn die Behörde von dem ihr nach § 68 Abs 2 bis 4 AVG eingeräumten Recht Gebrauch mache und durch die Ausübung dieser Befugnis in subjektive Rechte einer Partei eingreife. In diesem Fall sei nur auf jene subjektiven Rechte abzustellen, die sich aus dem aufgehobenen abgeänderten oder als nichtig erklärten Bescheid ergäben.

Für Dienstrechtsangelegenheiten könne nichts anderes gelten. Die einschlägige Bestimmung des § 13 Abs 1 DVG ordne in dieser Beziehung nichts von § 68 AVG Abweichendes iSd § 1 Abs 1 DVG an. Die sich aus § 13 Abs 1 DVG ableitbaren subjektiven Rechte des Einschreiters erschöpften sich darin, dass eine nach § 13 DVG unzulässige Bescheidabänderung oder —aufhebung zu unterbleiben habe. Hingegen folge aus dieser Bestimmung kein Recht des Beamten auf Abänderung oder Aufhebung eines rechtskräftigen Bescheids durch die Dienstbehörde.

Sowohl der Ruhestandsversetzungsbescheíd vom 21.09.2016 als auch die Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2016 seien in Rechtskraft erwachsen und könnten nicht mehr mit einem Rechtsmittel an ein Verwaltungsgericht bekämpft werden. Auf Grundlage des gegenständlichen Sachverhalts und den Ausführungen des Beschwerdeführers, finde sich kein Anlass, eine, dem Begehren des Beschwerdeführers entsprechende Verfügung mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 68 Abs 2 bis 4 AVG zu treffen.

Der Vollständigkeit halber werde festgehalten, dass durch die erfolgte Nierentransplantation keine Änderung des der Ruhestandsversetzung zugrundliegenden Sachverhalts eingetreten sei. Wie bereits im Bescheid zur Ruhestandsversetzung vom 21.09.2016 (PA-156/15-A5) in der Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2016 (PA-156/15-A6) sowie im Bescheid zum Wiederaufnahmeverfahren vom 04.04.2019 (PA-078/19) erörtert, 18 die zu erfolgende Nierentransplantation bei der Erstellung der Gutachten durch die PVA bereits berücksichtigt gewesen. Folglich werde keine amtswegige Abänderung bzw. Behebung des rechtskräftigen Ruhestandsversetzungsbescheids sowie der rechtskräftigen Beschwerdevorentscheidung vorgenommen. Die amtswegige Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG mit Ablauf 31.10.2017 bleibe sohin aufrecht.

I.4. Gegen diesen Bescheid erhob der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte nach Wiedergabe des Verfahrensgangs im Wesentlichen aus, dass der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtwidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften seinem gesamten Umfang nach angefochten werde.

Die belangte Behörde habe es sich viel zu leicht gemacht, weil er seinen verfahrenseinleitenden Schriftsatz einerseits auf die Befugnisse der Behörde zur amtswegigen Abänderung eines Bescheides gestützt habe (wobei er selbst klargestellt habe, dass ihm auf die entsprechende behördliche Tätigkeit kein subjektives Recht zustehe), andererseits mit dem konkreten Antrag verbunden habe, den Ruhestandsversetzungsbescheid wegen fehlender Identität der Sache abzuändern und auszusprechen, dass er zwischenzeitig dienstfähig sei.

Die belangte Behörde meine in aktenwidriger Weise sich dieses Versuches, seine Dienstfähigkeit wieder zu erlangen, dadurch entledigen zu können, indem sie in ihren durchaus umfangreichen rechtlichen Erwägungen nur auf die Anregung der amtswegigen Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides bei Identität der Sache eingehe.

Wenn er auch kein Recht auf so ein Tätigwerden der Behörde hätte, ist es doch „verräterisch", dass die Behörde sich ausgerechnet auf das unkontrollierbare Ermessen stütze, welches in Wahrheit nur als Nichtwillen und als fehlende Bereitschaft der Behörde, seine Causa einer sachgerechten Lösung zuzuführen, qualifiziert werden könne.

Die materielle Rechtskraft (gekennzeichnet durch Unabänderlichkeit, Unwiderrufbarkeit und Unwiederholbarkeit eines Bescheides) stehe einer weiteren Entscheidung nur in derselben Sache entgegen. Gegenstand der materiellen Rechtskraft sei der konkrete Norminhalt, des in Frage stehenden Bescheides; dies aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen Sachverhalt zum Ausdruck komme. Durch die eine Änderung der entscheidungsrelevanten Fakten verliere die Sache ihre ursprüngliche Identität. Es liege eine andere Sache vor, über die bescheidmäßig abgesprochen werden könne und müsse.

Identität einer Sache als eine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 68 AVG sei nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher dem formell rechtskräftigen Vorbescheid zu Grunde gelegen habe, nicht geändert habe. Bei der Beurteilung der Identität der Sache sei in primär rechtlicher Betrachtungsweise festzustellen, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten sei.

Maßgeblich für die Entscheidung der Behörde sei dabei nicht nur § 68 Abs 1 AVG. Hier habe die Behörde Identität im Lichte der darauf angewendeten, insbesondere materiell-rechtlichen Rechtvorschriften zu beurteilen und sich damit auseinanderzusetzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner rechtlichen Beurteilung (an der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den neuen Antrag) eine wesentliche Änderung ergeben habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH verletze die Verweigerung einer Sachentscheidung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auch dann, wenn die Behörde zu Unrecht angenommen habe, dass die Sache bereits rechtskräftig entschieden wurde (VfSlG 8.899/1980, 9.764/1983).

Soweit die belangte Behörde auf das seinerzeitige Ruhestandsversetzungverfahren und im nachfolgenden Nierentransplantation eingehe, werde festgehalten, dass der Beschwerdeführer vollkommen dienstfähig sei und der Arbeitswelt bei einer vergleichbaren Tätigkeit in der Privatwirtschaft nach wie vor angehöre. Es liege sohin entgegen der Sichtweise der Behörde eine entscheidende Änderung des Sachverhaltes vor.

Wenn er daher tatsächlich nicht geltend machen könne, dass die belangte Behörde aufgrund seiner Änderungen tätig werden, habe er sehr wohl ein subjektives Recht darauf, dass die Behörde die Frage, ob Identität der  vorliege und die Rechtskraft die Erlassung eines neuen Bescheides entgegenstehe, von ihr nicht bloß mit freiem willkürlichem Ermessen, sondern mit gebundenem Ermessen und inhaltlich rechtsrichtig beurteilt werde.

Die Rechtsmittelbelehrung sei insoweit fehlerhaft gewesen, als die Zulässigkeit einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ausgeschlossen wurde. Die richtige Belehrung hätte lauten müssen, dass ihm zwar hinsichtlich seiner Anregung kein Rechtsmittel zustehe, wohl aber hinsichtlich seines Antrages aufgrund des geänderten Sachverhaltes. Wenn er der Rechtsmittelfrist von vier Wochen das Bundesverwaltungsgericht anrufe, was in der gegenständlichen Beschwerde geschehen, könne ihm aus der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung der belangten Behörde keinerlei Nachteil erwachsen.

Es wäre daher beantragt,

?        eine mündliche Verhandlung durchzuführen und

?        den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Abänderung des Bescheides mangels Identität der Sache zu ursprünglichen Ruhestandsversetzung Folge gegeben. Von seiner Ruhestandsversetzung Abstand genommen werde.

In eventu

?        den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die erstinstanzliche Behörde zu Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist ein Beamter des Ruhestandes und war bis zu seiner Ruhestandsversetzung gemäß § 17 Abs. 3 PTSG der österreichischen Postbus AG zur Dienstleistung zugewiesen. Seit dem Jahr 2013 litt er unter anderem an einer terminalen Niereninsuffizienz unter laufender Peritonealdialyse.

Mit Bescheid der Behörde vom 21.09.2016 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde bestätigte die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2016 den oben genannten Bescheid. Der Beschwerdeführer stellte hierauf einen Vorlageantrag, der in weiterer Folge mit Schriftsatz vom 30.10.2017 zurückgezogen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht verfügte hierauf mit Beschluss vom 06.11.2017 GZ. W 128 2149084 - 1/7E, Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Einstellung des Verfahrens.

In weiterer Folge unterzog sich der Beschwerdeführer am 01.11.2018 einer erfolgreichen Nierentransplantation. Und beantragte unter Hinweis auf die nun wiedergegebene Dienstfähigkeit die Wiederaufnahme des Verfahrens. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 04.04.2019 abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22.07.2020, GZ. W 257 2221030 - 1/12 E, als unbegründet abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Bei der Sachverhaltsfeststellung konnte der unbestrittenen Aktenlage gefolgt werden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die §§ 68 AVG und 13 DVG lautet wie folgt:

„Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) Andere Bescheide kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid

1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

2. einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,

3.tatsächlich undurchführbar ist oder

4. an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.

(5) Nach Ablauf von drei Jahren nach dem in § 63 Abs. 5 bezeichneten Zeitpunkt ist eine Nichtigerklärung aus den Gründen des Abs. 4 Z 1 nicht mehr zulässig.

(6) Die der Behörde in den Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens bleiben unberührt.

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.

Zu § 68 AVG

§ 13. (1) In Dienstrechtsangelegenheiten ist eine Aufhebung oder Abänderung von rechtskräftigen Bescheiden von Amts wegen auch dann zulässig, wenn die Partei wußte oder wissen mußte, daß der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.

(2) Zur Aufhebung und Abänderung gemäß Abs. 1 und gemäß § 68 Abs. 2 AVG sowie zur Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 AVG ist die oberste Dienstbehörde jenes Ressorts zuständig, dessen Personalstand der Bedienstete, auf den sich das Verfahren bezieht,

1. im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im Sinne des § 68 AVG oder

2. im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand oder Dienstverhältnis

angehört hat. Hat eine nachgeordnete Dienstbehörde einen Bescheid erlassen und gehört der betreffende Bedienstete weiterhin dem Personalstand dieser nachgeordneten Dienstbehörde an, kann auch sie diesen Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG - ausgenommen in den Fällen des Abs. 1 - abändern oder aufheben.

(3) Zur Erlassung von Bescheiden gemäß Abs. 2 ist, soweit es sich um Angelegenheiten im Sinne des § 2 Abs. 6 zweiter Satz handelt, die Dienststelle zuständig, die über den Pensionsaufwand verfügt.

(4) Die Nichtigerklärung im Sinne des § 68 Abs. 4 Z 1 AVG ist jedenfalls innerhalb eines Jahres von dem Zeitpunkt an zulässig, in dem der zuständigen Dienstbehörde der von der unzuständigen Behörde erlassene Bescheid bekanntgeworden ist, längstens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Erlassung des Bescheides.

(5) Die Nichtigerklärung nach § 68 Abs. 4 AVG reicht auf den Zeitpunkt zurück, in dem der nichtigerklärte Bescheid erlassen worden ist.“

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.09.2016 und der dazu erlassenen Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2016 rechtskräftig in den Ruhestand versetzt wurde. Ebenso unstrittig ist, dass keiner der Tatbestände, die der Behörde gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG ein Abänderungs- und Behebungsrecht einräumen, im vorliegenden Fall gegeben ist.

Auf die Ausübung der der Dienstbehörde eingeräumten Befugnis, Bescheide von Amts wegen aufzuheben oder abzuändern, haben die Parteien keinen Rechtsanspruch. Damit besteht keine Rechtsverletzungsmöglichkeit und sind Beschwerden mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (VwGH, 06.02.1989, GZ. 88/12/0227).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist daher davon auszugehen, dass die beklagte Behörde den verfahrenseinleitenden Antrag zu Recht zurückgewiesen hat.

Soweit der Beschwerdeführer in den Raum stellt, dass er nach der erfolgreichen Nierentransplantation vom 01.11.2018 seine Dienstfähigkeit wiedererlangt habe, ist damit für seinen Standpunkt nichts gewonnen. Selbst wenn es sich tatsächlich so verhalten hätte, könnte dies nicht zu einer Aufhebung des in Rechtskraft erwachsenen Ruhestandsversetzungsbescheides vom 21.09.2016 bzw. der Beschwerdevorentscheidung am 12.12.2016 führen, sondern gäbe allenfalls Anlass für eine Wiederaufnahme in den Dienststand im Sinne des § 16 BDG. Da der Beschwerdeführer aber am XXXX das 60. Lebensjahr vollendet hat, ist schon dadurch eine Wiederaufnahme in den Dienststand gemäß § 16 Abs. 2 BDG ausgeschlossen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 68 AVG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier maßgebliche Rechtsfrage der Zulässigkeit der Aufhebung rechtskräftiger Bescheide (§ 68 AVG) ist im Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als geklärt zu betrachten.

Schlagworte

Abänderungsantrag Bescheidabänderung Dienstunfähigkeit Ruhestandsbeamter Ruhestandsversetzung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W213.2244306.1.00

Im RIS seit

16.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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