TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/22 W145 2240042-1

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Veröffentlicht am 22.11.2021
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Entscheidungsdatum

22.11.2021

Norm

ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W145 2240042-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX GmbH, vertreten durch XXXX GmbH gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Niederösterreich, vom 25.01.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 25.01.2021, GZ XXXX , hat die Österreichische Gesundheitskasse, Landesstelle Niederösterreich, (im Folgenden: belangte Behörde) festgestellt, dass die im Rahmen einer bei der XXXX GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) für den Prüfzeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2018 durchgeführten Gemeinsamen Prüfungen der Lohnabgaben und Beiträge (GPLB) nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 7.058,95, zuzüglich der hierauf entfallenden Verzugszinsen im Ausmaß von EUR 724,15, zu Recht bestehen.

Begründend wurde ausgeführt, dass diese Nachverrechnung Sozialversicherungsbeiträge für Sonderzahlungen laut Kollektivvertrag für Flughafenangestellte, Punkt XII Z 4, für die Jahre 2017 und 2018 enthalte. Der Kollektivvertrag sehe hier für alle Dienstnehmer, deren Dienstverhältnis am 1. Mai sechs Monate gedauert habe, eine Sonderzahlung vor. Diese sei nicht ausbezahlt und daher im Rahmen der GPLB nachverrechnet worden. Außerdem erfolge eine Nachverrechnung von Ausfallsentgelten (Urlaub, Feiertrage) für Überstunden.

2. Mit Schreiben vom 22.02.2021 erhob die Vertretung der Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde und führte aus, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin der Meinung sei, dass es sich bei der Sonderzahlung laut Kollektivvertrag der Angestellten für öffentliche Flughäfen Österreich (Pkt. XII/4.) um eine Ungleichbehandlung gegenüber der Flughafen Wien AG handle, da diese Bestimmung seit 01.05.2001 für die Angestellten der Flughafen AG Wien nicht mehr gelte.

Aufgrund dieser massiven Ungleichbehandlung ersuche die Beschwerdeführerin die im Zuge der GPLB für die Jahre 2017 und 2018 festgesetzte Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 7.058,95 sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 724,15 aufzuheben.

3. Mit Schreiben vom 02.03.2021 legte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Bei der XXXX GmbH (Beschwerdeführerin) wurde eine Gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (GPLB) für den Prüfzeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2018 durchgeführt. Im Rahmen dieser GPLB wurde eine Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 7.058,95 sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 724,15, also insgesamt EUR 7.783,10 bescheidmäßig am 25.01.2021 vorgenommen. Die Beschwerdeführerin ist aufgrund dieser Feststellung in ihrer Eigenschaft als Dienstgeberin zur Zahlung dieses Nachverrechnungsbeitrages verpflichtet. Der Prüfbericht vom 24.11.2020 bezüglich den Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2018 sowie die Niederschrift über die Schlussbesprechung bilden einen integrierten Bestandteil des Bescheides der belangten Behörde vom 25.01.2021.

Diese Nachverrechnung beinhaltet Sozialversicherungsbeiträge für Sonderzahlungen laut Kollektivvertrag für die Angestellten der öffentlichen Flughäfen Österreichs (Punkt XII Z 4) für die Jahre 2017 und 2018, weil diese Sonderzahlungen von der Beschwerdeführerin nicht geleistet wurden.

Die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu beurteilenden Dienstnehmer unterlagen alle dem Kollektivvertrag für die Angestellten der öffentlichen Flughäfen Österreichs in der jeweiligen Fassung 2017 und 2018.

Der auf die Dienstverhältnisse anwendbare Punkt XII des Kollektivvertrages für Angestellte der öffentlichen Flughäfen Österreichs (in der Fassung 2017 und 2018) lautet wie folgt:

„4. An alle Dienstnehmer, deren Dienstverhältnis am 1. Mai mehr als 6 Monate besteht, ist im Mai eine Sonderzahlung auszuzahlen. Das Gesamtvolumen dieser Sonderzahlung – für Arbeiter und Angestellte – errechnet sich aus dem positiven konsolidierten ordentlichen Betriebsergebnis (Treuhand- und Betriebsvermögen) – für Unternehmen ohne Treuhandvermögen gilt der positive Betriebserfolg gemäß § 231 Abs. 2 Z 9 Rechnungslegungsgesetz – des Vorjahres und beträgt mindestens 6% des so errechneten Betriebsergebnisses. Die Verteilung dieses Sonderzahlungsvolumens ist durch Betriebsvereinbarung zu regeln, wobei die auf den einzelnen Dienstnehmer entfallende Zahlung mit der Höhe eines Monatsgrundgehaltes begrenzt ist.

Kommt bis zur Fälligkeit dieser Sonderzahlung keine Betriebsvereinbarung zustande oder ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung nicht möglich, ist folgende Vorgangsweise anzuwenden: Nach Ermittlung des Kreises der anspruchsberechtigten Dienstnehmer des erzielten Betriebsergebnisses im obigen Sinne ist selbiges durch die Gehaltssumme der Anspruchsberechtigten im Kalendermonat Mai zu dividieren. Dieser so ermittelte Betrag ist mit dem jeweiligen Monatsgrundgehalt des einzelnen Dienstnehmers zu multiplizieren und spätestens 6 Monate nach Ende des Geschäftsjahres auszubezahlen.

Dem Betriebsrat – soweit ein solcher nicht besteht – den einzelnen Dienstnehmern - ist auf Verlangen Einblick in jene Unterlagen zu gewähren, die für die Ermittlung des Betriebsergebnisses und der Berechnung der Höhe der Sonderzahlung erforderlich sind.

Über die Gewährung der Sonderzahlung in Form von Dienstfreistellung können Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden.

5. Abs. 4 gilt nicht für die Angestellten und Bürolehrlinge der Flughafen Wien AG“.

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich eindeutig aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes.

Der Sachverhalt stützt sich insbesondere auf den Kollektivvertrag für die Angestellten der öffentlichen Flughäfen Österreichs in den jeweiligen geltenden Fassungen der Jahre 2017 und 2018; im Speziellen auf Punkt XII Z 4.

Der hier festgestellte Sachverhalt liegt unstrittig vor. Das Beschwerdevorbringen richtet sich vielmehr gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, weil nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Ungleichbehandlung bei der Sonderzahlung laut Kollektivvertrag für die Angestellten für öffentliche Flughäfen Österreichs (Punkt XII Z 4) gegenüber der der Flughafen Wien AG vorliege, weil diese Bestimmung seit 01.05.2001 für die Angestellten der Flughafen AG Wien nicht mehr gelte und sohin die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin diese Sonderzahlungen zu Recht nicht geleistet habe.

Entfall der mündlichen Verhandlung: Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unterbleiben, wenn besondere beziehungsweise außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen (vgl. EMGR 05.09.2002, Speil/Österreich, Appl. 42057/98, VwGH 17.09.2009, 2008/07/0015). Derartige außergewöhnliche Umstände hat der EGMR etwa bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen, als gegeben erachtet. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien als angemessen entschieden werden kann vgl. EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z 37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller, Appl. 55.853/00).

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von der Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1985, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache mehr zu erwarten war und sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte. Die belangte Behörde führte ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren durch. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig es wurden keine Rechts- und Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VwGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Es liegt eine reine Rechtsfragenbeurteilung vor.

Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts: Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend die Österreichische Gesundheitskasse.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. In Ermangelung einer entsprechenden Anordnung der Senatszuständigkeit liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht: Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. Nr. 33/2013, idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts: § 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

Die zentrale Regelung der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 un2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Gegenständliche steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

3.4. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG gilt als Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst.

Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder einem Dritten erhält.

Gemäß § 49 Abs. 2 ASVG sind Sonderzahlungen Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie z.B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld, und sind als Entgelt nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 ASVG und der sonstigen Bestimmungen, in denen Sonderzahlungen ausdrücklich erfasst werden, zu berücksichtigen.

Gemäß § 54 Abs. 1 ASVG sind von den Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG in der Kranken-, Unfall-, und Pensionsversicherung Sonderbeiträge nach dem gleichen Hundertsatz wie für sonstige Bezüge nach § 49 Abs. 1 ASVG zu entrichten.

§ 58 Abs. 1 ASVG normiert, dass die allgemeinen Beiträge am letzten Tag des Kalendermonats fällig sind, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt. § 58 Abs. 2 ASVG iVm § 17 der Kassensatzung bestimmt, dass die Sonderbeiträge am letzten Tag des Kalendermonats fällig sind, in dem die Sonderzahlung fällig wurde. Wird die Sonderzahlung aber vor ihrer Fälligkeit ausbezahlt, so sind die Sonderbeiträge am letzten Tag des Kalendermonats der Auszahlung fällig.

Gemäß § 58 Abs. 2 ASVG schuldet der Dienstnehmer die auf ihn und den Versicherten entfallenden Beiträge und hat diese auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzubezahlen.

Gemäß § 3 Abs. 1 ArbVG können die Bestimmungen in Kollektivverträgen, soweit sie die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern regeln, durch Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden. Sondervereinbarungen sind, sofern sie der Kollektivvertrag nicht ausschließt, nur gültig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind.

Nach § 11 Abs. 1 ArbVG sind die Bestimmungen des Kollektivvertrages, soweit sie nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien regeln, innerhalb seines fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereiches unmittelbar rechtsverbindlich.

Zum Beschwerdevorbringen ist unter Anwendung der festgestellten Bestimmung (Punkt XII Z 4) für Sonderzahlungen laut Kollektivvertrag für die Angestellten der öffentlichen Flughäfen Österreichs für die Jahre 2017 und 2018 (jeweils in der geltenden Fassung) rechtlich Folgendes auszuführen:

Durch Kollektivverträge werden Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien geregelt, weiters die „gegenseitigen aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer“ (§ 2 Abs. 2 Z 2 ArbVG). Weitere mögliche Inhalte sind unter § 2 Abs. 2 Z 3 bis 7 ArbVG zu finden. Der vorschreibende Teil des Kollektivvertrags entfaltet Normwirkung (§ 11 ArbVG), das bedeutet, die Vorschriften des Kollektivvertrags sind innerhalb ihres Geltungsbereichs für die diesem unterworfenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unmittelbar rechtsverbindlich. Kollektivverträge sind sohin für das einzelne Arbeitsverhältnis unmittelbar rechtsverbindlich. Für die Arbeitgeberin/den Arbeitgeber stellt der anwendbare Kollektivvertrag eine Mindestnorm dar, die nicht unterschritten werden darf. Die Bestimmungen in Kollektivverträgen können durch Betriebsvereinbarung oder Einzelvereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden. Sondervereinbarungen sind nur gültig, wenn sie für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind. Die Kollektivvertragsbestimmungen sind unabdingbare Mindestbedingungen, die auch mit Zustimmung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers nicht unterschritten werden dürfen.

Reissner schreibt in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 11 ArbVG RZ 5, dass in seinem Geltungsbereich die Bestimmungen des Kollektivvertrages „unmittelbar rechtsverbindlich“ sind. Diese Bestimmungen des KollV schaffen demnach objektives Recht. Sie sind als G im materiellen Sinn zu qualifizieren (OGH 4 Ob 29/84, DRdA 1985/6, 123 [Holzer] = ZAS 1985/12, 108 [Sackl]) und wirken auf die Einzelarbeitsverhältnisse unmittelbar ein, ohne dass es zB einer Zustimmung der betroffenen AN oder AG bedarf (OGH 4 Ob 138/80/, DRdA 1981, 252 = Arb 9914; 4 Ob 43/81, DRdA 1982/6, 112 [Wachter] = Arb 10.030; OLG Innsbruck 5 Ra 186/90, Arb 10.904 = infas 1991 A 127; Jabornegg, JBl 1990, 205 ff; Strasser/Jabornegg, ArbVG3 § 11 Anm 3).

Da der Kollektivvertrag als Gesetz im materiellen Sinn anzusehen ist, hat verfahrensgegenständlich die belangte Behörde die Beiträge nach der in den Jahren 2017 und 2018 jeweils geltenden Bestimmung über Sonderzahlungen (insbesondere Punkt XII Z 4) des Kollektivvertrages für die Angestellten der öffentlichen Flughäfen Österreichs zu Recht vorgeschrieben bzw. nachverrechnet.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht für Überprüfungen bzw. bei Streitigkeiten von Kollektivverträgen angerufen werden kann.

Die Beschwerde war demnach abzuweisen.

3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung Geltungsbereich GPLA Kollektivvertrag Sonderzahlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W145.2240042.1.00

Im RIS seit

13.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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