TE Vwgh Erkenntnis 2009/12/14 2009/10/0235

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Veröffentlicht am 14.12.2009
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §71 Abs1 Z1
VwGG §46 Abs1 implizit

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2009/10/0236
2009/10/0237

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerden der Stadtgemeinde Gänserndorf, vertreten durch Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH in 2230 Gänserndorf, Dr. Wilhelm Exner Platz 6, gegen die Bescheide der Niederösterreichische Landesregierung vom 23. September 2009, Zlen. K4-A-315/215-2009, K4-A-315/216-2009 und K4-A-315/211-2009, jeweils betreffend Anträge auf Wiederaufnahme eines Verfahrens und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist in einer Angelegenheit nach dem NÖ Pflichtschulgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 23. September 2009, Zl. K4-A-315/215-2009, wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei, das Verfahren betreffend die Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages für das Schuljahr 2004/2005 wieder aufzunehmen, ebenso abgewiesen wie der Antrag der beschwerdeführenden Partei, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den dieses Vorschreibungsverfahren abschließenden Bescheid des Gewerblichen Berufsschulrates vom 17. Jänner 2006 zu bewilligen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe zur Begründung ihrer Anträge vorgebracht, sie habe auf Grund der Vorschreibung eines Schulerhaltungsbeitrages Nachforschungen über die Zuordnung der bei einem bestimmten Unternehmen beschäftigten Lehrlinge zum Betriebsstandort in Gänserndorf angestellt. Eine Aufstellung über die Anzahl dieser Lehrlinge und deren Zuordnung zu einer Betriebsstätte habe das Unternehmen der beschwerdeführenden Partei erst am 30. September 2008 bekannt gegeben. Aus diesen Unterlagen sei ersichtlich, dass die Zuordnung nach internen Verwaltungsgesichtspunkten, nicht aber nach dem konkreten Betriebsstandort der einzelnen Lehrlinge erfolgt sei. Die - der Zuordnung durch das Unternehmen folgende - Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages sei unrichtig. Da die Art und Weise der Zuordnung der Lehrlinge durch das Unternehmen der beschwerdeführenden Partei erst mit 30. September 2008 bekannt geworden sei, habe sie dies im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend machen können. Eine Berücksichtigung hätte jedoch zu einer deutlichen Verringerung des festgesetzten Schulerhaltungsbeitrages geführt.

Mit diesem Vorbringen habe die beschwerdeführende Partei weder einen Grund für die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Vorschreibungsverfahrens, noch einen Grund für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dargetan. Die Informationen, die aus den von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Listen ersichtlich seien, ergäben sich auch aus den bei den Landesberufsschulen aufliegenden Lehrverträgen, deren Inhalt in die der Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages zu Grunde gelegten Listen eingearbeitet werde: Auf Grund der von den Lehrlingen vorgelegten Lehrverträge würden durch den Gewerblichen Berufsschulrat Listen erstellt, in denen der Name des jeweiligen Schülers, die Adresse des Lehrbetriebes und der Schulstandort angegeben seien. Ein Lehrvertrag, der von der Wirtschaftskammer im Rahmen der Lehrlingsstelle bestätigt werde, enthalte die Daten des Lehrberechtigten und für Betriebe, die mehrere Zweigstellen oder Tochtergesellschaften haben, zusätzlich die Möglichkeit zur Angabe des Standortes der Ausbildung, sofern diese von der Adresse des Lehrberechtigten abweiche. Im vorliegenden Fall seien zwar die Lehrberechtigten zum Teil nicht in Gänserndorf angesiedelt, allerdings sei als Ausbildungsstandort Gänserndorf eingetragen. Gemäß den Bestimmungen des § 65 NÖ Pflichtschulgesetz werde jene Gemeinde als Lehrbetriebsgemeinde zur Zahlung des Schulerhaltungsbeitrages herangezogen, in der der Lehrling seine Ausbildung mache, d.h. wo sich der Standort seiner Ausbildung befinde. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Unterlagen zeigten somit keine Neuerungen im Tatsachenbereich auf. Mängel im Ermittlungsverfahren rechtfertigten aber ebenso wie eine unzutreffende rechtliche Beurteilung durch die Behörde keine Wiederaufnahme des Verfahrens. Die beschwerdeführende Partei habe auch zu keinem Zeitpunkt Einsicht in den Verwaltungsakt begehrt bzw. Informationen über das Zustandekommen der Schülerlisten. Es treffe sie daher zumindest ein Mitverschulden an der von ihr versäumten Geltendmachung der nunmehr vorgebrachten Umstände. Da die beschwerdeführende Partei die vermeintlich neuen Tatsachen jederzeit einsehen hätte können und dies bei gehöriger Aufmerksamkeit auch tun hätte müssen, liege auch weder ein unvorhergesehenes, noch ein unabwendbares Ereignis vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 2009/10/0235 protokollierte Beschwerde.

II.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 23. September 2009, Zl. K4-A-315/216-2009, wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei, das Verfahren betreffend die Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages für das Schuljahr 2005/2006 wieder aufzunehmen, ebenso abgewiesen wie der Antrag der beschwerdeführenden Partei, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den dieses Vorschreibungsverfahren abschließenden Bescheid des Gewerblichen Berufsschulrates vom 10. Jänner 2007 zu bewilligen. Begründend wurde im Wesentlichen wie unter I. dargestellt ausgeführt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 2009/10/0236 protokollierte Beschwerde.

III.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 23. September 2009, Zl. K4-A-315/211-2009, wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei, das Verfahren betreffend die Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages für das Schuljahr 2006/2007 wieder aufzunehmen, ebenso abgewiesen wie der Antrag der beschwerdeführenden Partei, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den dieses Vorschreibungsverfahren abschließenden Bescheid des Gewerblichen Berufsschulrates vom 21. Jänner 2008 zu bewilligen. Begründend wurde im Wesentlichen wie unter I. dargestellt ausgeführt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2009/10/0237 protokollierte Beschwerde.

IV.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide jeweils im Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie im Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, und - im Zusammenhang damit - auf Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, auf ausreichende Bescheidbegründung sowie auf Parteiengehör verletzt.

In Ansehung der behaupteten Verletzung im Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gleichen die vorliegenden Beschwerdefälle jenen, über die bereits mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2009, Zlen. 2009/10/0232 bis 0234, entschieden wurde. Aus den dort dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zeigen auch die vorliegenden Beschwerden keine Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheiden zu Grunde gelegten Auffassung auf, die beschwerdeführende Partei habe keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und alleine oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Den angefochtenen Bescheiden liegt die Auffassung zu Grunde, die beschwerdeführende Partei habe keine neuen Tatsachen vorgebracht. Aus den von ihr vorgelegten Unterlagen ergebe sich betreffend den Betriebsstandort der Lehrlinge nichts anderes als aus den der Vorschreibung der Schulerhaltungsbeiträge zu Grunde gelegten Lehrverträgen, denen zufolge die Lehrberechtigten zwar zum Teil nicht in Gänserndorf angesiedelt seien, in denen aber als Ausbildungsstandort Gänserndorf eingetragen sei. Die Frage jedoch, ob die diesen Angaben folgenden Annahmen der Behörde betreffend den Betriebsstandort der einzelnen Lehrlinge mangelhaft seien, sei nicht in einem Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen.

Die beschwerdeführende Partei bringt dagegen im Wesentlichen vor, bei der "richtigen Zahl" der ihr zuzuordnenden Berufsschüler handle es sich um eine neu hervorgekommene Tatsache. Bevor sie die Unterlagen vom Unternehmen erhalten habe, habe sie keine Kenntnis von der unrichtigen Zuordnung gehabt, sie habe sich auf die Ermittlungen der Behörde verlassen müssen. Es treffe sie auch keinerlei Verschulden an der Unkenntnis der nunmehr geltend gemachten Tatsachen. Es sei ihr nicht möglich gewesen, vorherzusehen, dass ihr auf Grund interner Gründe des Unternehmens Berufsschüler zugeordnet würden, die mit ihr nicht in Bezug zu bringen seien. Sie sei auch nicht verpflichtet, "gleichsam unbegründete Rechtsmittel" zu erheben. Es könne ihr kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie mangels anderer Anhaltspunkte davon ausgegangen sei, dass die Behörde ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nachgekommen sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei nicht auf, dass ihre Wiederaufnahmeanträge zu Unrecht abgewiesen worden wären. Sie erachtet den Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG nämlich deshalb als gegeben, weil sie auf Grund von Nachforschungen erst im Nachhinein erkannt habe, dass der Betriebsstandort der einzelnen Lehrlinge nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei; hätte die Behörde weiter gehende Ermittlungen über den Betriebsstandort geführt, statt sich mit den diesbezüglichen Unternehmensangaben zu begnügen, wäre sie zur "richtigen Zahl" der der beschwerdeführenden Partei zuzuordnenden Berufsschüler gelangt. Mit dem Vorwurf der mangelhaften Ermittlung der der Vorschreibung des Schulerhaltungsbeitrages zu Grunde gelegten Annahmen wird aber allenfalls ein Verfahrensmangel des wieder aufzunehmenden Verfahrens behauptet, der Umstand, dass dieser von der Partei erst nachträglich erkannt wird, stellt nach ständiger hg. Judikatur jedoch keinen Wiederaufnahmegrund iSd § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG dar (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1995, Zl. 94/06/0269, u.a.).

Da die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei im geltend gemachten Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens somit nicht verletzt hat, erübrigt sich auch ein Eingehen auf die im Zusammenhang damit geltend gemachten Verfahrensrügen. Sie wären, selbst wenn sie gegeben wären, ohne Einfluss auf das Verfahrensergebnis.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2009

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2009:2009100235.X00

Im RIS seit

10.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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