TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/15 W266 2248114-1

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Veröffentlicht am 15.11.2021
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Entscheidungsdatum

15.11.2021

Norm

AlVG §10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch


W266 2248114-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Andreas KARWAS und Mag. Wolfgang Schieler als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Mödling vom 20.08.2021, XXXX , betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Mödling vom 22.07.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Vorweg weißt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich darauf hin, dass mit dem gegenständlichen Erkenntnis eine Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.7.2021 bzw. über die Beschwerdevorentscheidung vom 8.10.2021 nicht vorweggenommen wird, sondern hierüber eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stattfinden wird, zu welcher der BF und die anderen Beteiligten mit separaten Schreiben geladen werden.

I. Verfahrensgang:

Mit dem im Spruch zitierten Bescheid des AMS Mödling (in der Folge belangte Behörde oder AMS) vom 20.08.2021 wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde des Beschwerdeführers (BF) gegen den Bescheid des AMS Mödling vom 22.07.2021 ausgeschlossen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das AMS mit Bescheid vom 22.07.2021 eine Ausschlussfrist gem. § 10 AlVG für die Zeit vom 07.07.2021 bis 16.08.2021 verhängt habe, da der BF die Aufnahme einer zugewiesenen und zumutbaren Beschäftigung vereitelt habe. Die gegen den BF geführten Exekutionen würden die Einbringlichkeit der Forderung gefährden und würde eine aufschiebende Wirkung auch daher den aus generalpräventiven Gründen im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen. Dieses Vorgehen diene insgesamt dem Zweck der Verhinderung missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die in der Begründung des Bescheides erfolgte Aussage des AMS, er habe etwas vereitelt auf nichts gestützt werde und auch nicht beweisbar sei. Am ärgsten finde er das Argument der gegen ihn betriebenen Exekutionen, da dies eine höchst persönliche Angelegenheit sei. Weiters bringt er vor, dass es alleine seine Zuständigkeit sei, sein Geld zu verwalten und dass eine Sperre nicht dienlich, sondern konterproduktiv sei.

Mit Schreiben vom 8.11.2021, beim Bundesverwaltungsgericht am 10.11.2021 eingelangt, legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes dem BVwG zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 22.7.2021 hat das AMS ausgesprochen, dass der BF seinen Anspruch auf Notstandshilfe für die Zeit vom 07.07.2021 bis 16.08.2021 verloren habe, da der BF die Aufnahme einer zugewiesenen und zumutbaren Beschäftigung vereitelt habe.

Gegen diesen Bescheid hat der BF fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit Bescheid vom 20.08.2021 hat das AMS die aufschiebende Wirkung der Beschwerde des BF gegen den Bescheid des AMS vom 22.07.2021 ausgeschlossen. Begründend wurde unter anderem auf die gegen ihn laufenden Exekutionen und die generalpräventive Wirkung verwiesen

In der dagegen erhobenen Beschwerde wiederholt der BF teilweise seine Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.07.2021.

Der BF macht in seiner Beschwerde keine Angaben zu seinen Einkünften und seinen Vermögensverhältnissen, insbesondere bringt er auch nichts Näheres dazu vor, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der (vorläufigen) Vollstreckung des Bescheides verbunden wären und inwiefern er dadurch einen unverhältnismäßigen Nachteil erlitte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 8.10.2021 hat das AMS die Beschwerde des BF gegen den Bescheid vom 22.7.2021 als unbegründet abgewiesen.

In der Folge beantragte der BF fristgerecht seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

Mit Schreiben vom 8.11.2021, beim Bundesverwaltungsgericht am 10.11.2021 eingelangt, legte das AMS die Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.7.2021 und gegen den Bescheid vom 20.8.2021 unter Anschluss des Verwaltungsaktes dem BVwG zur Entscheidung vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum angefochtenen Bescheid ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Bescheid.

Die Feststellungen zum Vorbringen des BF in seiner Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 20.8.2021 ergeben sich aus der ebenfalls im Akt einliegenden Beschwerde des BF.

Die Feststellung zur Beschwerdevorenstcheidung, zum Vorlageantrag und zum Einlangen der beiden Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht ergeben sich ebenfalls aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus dem Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG in Verbindung mit § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. VwGH vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0065).

Zu A)

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid von der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Daraus folgt:

Auch wenn das AMS bereits eine Beschwerdevorentscheidung getroffen hat, ist dennoch ohne weiteres Verfahren unverzüglich über die Beschwerde hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.

Was die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG anbelangt, entsprechen diese großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5 f.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.09.2014, Zl. 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit ohne weiteres auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Rechtsmitteln gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG hat die Rechtsmittelinstanz zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegeben waren (VwGH 29.09.2005, 2005/11/0123; 28.06.2001, 99/11/0243).

Die zuständige Behörde hat eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des Beschwerdeführers gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen, wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. VwGH 11.01.2012, AW 2011/07/0062; 02.07.2012, AW 2012/03/0011) hat jedoch der Beschwerdeführer – unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen – im Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung. Es ist demnach erforderlich, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.

Diese – zur Konkretisierungspflicht von Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ergangene – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes im Wesentlichen auch auf die Erfordernisse von Beschwerden gegen einen durch die belangte Behörde vorgenommenen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu übertragen, zumal Entscheidungen über die Zuerkennung wie auch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden – der Systematik der §§ 13 und 22 VwGVG folgend – stets eine Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien voraussetzen.

Betrifft der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie hier - einen Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer zu einer Geldleistung verpflichtet wurde, so genügt der Antragsteller dem Konkretisierungsgebot nur dann, wenn er einerseits seine im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie seine Vermögensverhältnisse (unter Einschluss seiner Schulden, aufgeschlüsselt nach Art und Ausmaß) und andererseits, soweit es sich um eine physische Person handelt, seine gesetzlichen Sorgepflichten durch konkrete, tunlichst ziffernmäßige Angaben glaubhaft dartut (vgl. VwGH vom 02.10.2003, AW 2003/08/0028).

Gegenständlich führt der Beschwerdeführer nichts Näheres über seine Vermögensrechtliche Situation aus, insbesondere auch nichts Näheres dazu, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der (vorläufigen) Vollstreckung des Bescheides verbunden wären und inwiefern er dadurch einen unverhältnismäßigen Nachteil erlitte, sodass eine Interessenabwägung nicht vorgenommen werden konnte.

Unter Berücksichtigung des im Rahmen eines Provisorialverfahrens eingeschränkten Prüfungsmaßstabes (gemäß § 13 Abs. 5 letzter Satz VwGVG hat das Bundesverwaltungsgericht "ohne weiteres Verfahren" unverzüglich zu entscheiden [vgl. Dünser, Beschwerde und Vorverfahren bei der Behörde, ZUV 2013, 12 ff.]) vermag das erkennende Gericht die Erwägungen der belangten Behörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Punkt III. wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich vergleichbaren Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Konkretisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W266.2248114.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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