RS Vfgh 2021/6/25 V506/2020 ua

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Veröffentlicht am 25.06.2021
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art18, Art139 Abs1 Z1
StVO 1960 §43 Abs1a, §44, §52 lita Z10a, §90
GeschwindigkeitsbeschränkungsV der Bezirkshauptmannschaft von Hartberg-Fürstenfeld vom 17.10.2018 betr die A2 Südautobahn
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer GeschwindigkeitsbeschränkungsV einer Steiermärkischen Bezirkshauptmannschaft betreffend einen Baustellenbereich auf der A2 Südautobahn; Festlegung des zeitlichen und örtlichen Geltungsbereichs der Verordnung durch Verweis auf den – einen normativen Bestandteil der Verordnung bildenden – straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid möglich; keine Rechtswidrigkeit der Verordnung durch Anbringung der Straßenverkehrszeichen vor Erlassung; keine Zweifel hinsichtlich der – im Verordnungsakt nie geänderten – Geschwindigkeitsbeschränkung

Rechtssatz

Abweisung von Anträgen des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) auf Aufhebung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft von Hartberg-Fürstenfeld (BH) vom 17.10.2018 betreffend straßenpolizeiliche Maßnahmen auf der A2 Südautobahn, GZ: 11.0-511/2018-7. Kundmachung der Verordnung durch - in einem Aktenvermerk festgehaltene - Anbringung der Verkehrszeichen am 16.10.2018.

Kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot des Art18 B-VG:

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der angefochtenen Verordnung wurden mit dieser jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote verordnet, die dem Bescheid der BH vom 17.10.2018, Z11.0-511/2018-6, samt den angeführten Verkehrsführungsplänen entsprechen. Der Umstand, dass die verordnungserlassende Behörde in einer gemäß §43 Abs1a StVO 1960 erlassenen Verordnung zu deren näherer Ausgestaltung auf den straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid verweist, begegnet nach der Rsp des VfGH keinen Bedenken. Durch den ausdrücklichen Verweis auf den straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid vom 17.10.2018 ist die darin enthaltene Festlegung des Baustellenbereiches zum Inhalt der angefochtenen Verordnung geworden. Der Ansicht des LVwG, dass für den normativen Inhalt der angefochtenen Verordnung allein deren (eigener) Wortlaut maßgeblich sei, kann daher nicht gefolgt werden.

Der Bescheid der BH Hartberg-Fürstenfeld vom 17.10.2018, Z11.0-511/2018-6, ist als Folge der Verweisung normativer Bestandteil der angefochtenen Verordnung geworden. Der Inhalt der angefochtenen Verordnung ergibt sich daher aus deren Textierung in Zusammenschau mit diesem Bescheid. Mit diesem Bescheid wurde einem näher bezeichneten Bauunternehmen gemäß §90 Abs1 und 3 und §94b Abs1 litb StVO 1960 für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis zum 31.12.2020 die straßenpolizeiliche Bewilligung zur Durchführung des Bauvorhabens "Errichtung der ASt Riegersdorf" auf der A2 Süd Autobahn, auf der Richtungsfahrbahn Thörl-Maglern im Bereich von Strkm. 135,500 bis Strkm. 137,150 und auf der Richtungsfahrbahn Wien im Bereich von Strkm. 136,600 bis Strkm. 135,050, erteilt.

Aus dem - einen normativen Bestandteil der Verordnung bildenden - straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid ergeben sich daher nach Maßgabe des §43 Abs1a StVO 1960 sowohl der zeitliche als auch der örtliche Geltungsbereich der angefochtenen Verordnung.

Die BH erteilte die straßenpolizeiliche Bewilligung für das Bauvorhaben "Errichtung der ASt Riegersdorf" zunächst mit Bescheid vom 21.09.2018, Z11.0-511/2018-3. Auch in diesem Bescheid wurde bereits auf das am 24.08.2018 vorgelegte verkehrstechnische Gutachten verwiesen, in dem auf die mit "August 2018" datierten Verkehrsführungspläne verwiesen wird. Die BH erließ am selben Tag eine Verordnung, Z11.0-511/2018-4, mit der zur Durchführung der mit Bescheid vom 21.09.2018, Z11.0-511/2018-3, bewilligten Bauarbeiten die in diesem Bescheid "iVm den angeführten Verkehrsführungsplänen" angeführten Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote verordnet wurden.

Mit E-Mail vom 16.10.2018 ersuchte der Leiter der Autobahnmeisterei Ilz um Anpassung der das Bauvorhaben betreffenden Kilometerangaben in dem Bescheid und in der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft und übermittelte zu diesem Zweck den Bescheid und die Verordnung vom 21.09.2018, die jeweils mit handschriftlichen Anpassungen der Kilometerangaben versehen waren. Diese handschriftlichen Änderungen betrafen ausschließlich den Bereich der Baustelle, nicht aber die vorgesehene Geschwindigkeitsbeschränkung.

Die BH übernahm die angeregten Änderungen in den Bescheid vom 17.10.2018, Z11.0-511/2018-6, und erließ auch die - nunmehr angefochtene - Verordnung am selben Tag neu. Mit der Neuerlassung der Verordnung (in Verbindung mit dem straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid vom 17.10.2018) erfolgte daher lediglich eine Änderung der das Bauvorhaben betreffenden Kilometerangaben, eine Änderung des Geltungsbereiches der für die vorliegenden Anträge maßgeblichen Geschwindigkeitsbeschränkung war damit nicht verbunden.

Das - im Zuge des Ansuchens um die straßenpolizeiliche Bewilligung gemäß §90 StVO 1960 von dem Bauunternehmen vorgelegte - verkehrstechnische Gutachten aus dem Jahr 2017, in dem auf mit "November 2017" datierte Verkehrsführungspläne verwiesen wird, wurde weder der Verordnung bzw dem Bescheid vom 21.09.2018, noch dem Änderungsansuchen des Leiters der Autobahnmeisterei Ilz zu Grunde gelegt. Die BH stützte sich bei Erlassung der Bescheide und Verordnungen vom 21.09.2018 bzw vom 17.10.2018 ausschließlich auf das verkehrstechnische Gutachten aus dem Jahr 2018 und damit auf die mit "August 2018" datierten Verkehrsführungspläne. Diese Verkehrsführungspläne blieben im gesamten Verfahren zur Erlassung der angefochtenen Verordnung - bis auf die das Bauvorhaben betreffenden Kilometerangaben - unverändert.

Keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung durch Anbringung der Straßenverkehrszeichen vor ihrer Erlassung:

§43 Abs1a StVO 1960 ermächtigt die zuständige Behörde bei der Durchführung von Arbeiten auf oder neben einer Straße, wenn die für die Arbeitsdurchführung erforderlichen Verkehrsregelungen örtlich und/oder zeitlich nicht genau vorherbestimmbar sind, durch Verordnung die aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs oder zur Sicherheit der mit den Arbeiten beschäftigten Personen erforderlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und/oder Verkehrsgebote zu erlassen.

In einem solchen Fall sind die Organe des Bauführers ermächtigt, nach Maßgabe der Arbeitsdurchführung den örtlichen und zeitlichen Umfang der von der Behörde verordneten Verkehrsmaßnahmen durch die Anbringung oder Sichtbarmachung der betreffenden Straßenverkehrszeichen mit der Wirkung zu bestimmen, als ob der örtliche und zeitliche Umfang von der Behörde bestimmt worden wäre. Der Zeitpunkt und der Ort der Anbringung der Verkehrszeichen sind von den Organen des Bauführers in einem Aktenvermerk festzuhalten.

Ein Organ des Bauführers hielt in einem Aktenvermerk vom 19.10.2018 fest, dass die ordnungsgemäße Kundmachung der mit der angefochtenen Verordnung verfügten Verkehrsmaßnahmen am 16.10.2018 für die Bauphasen 0A und 0B erfolgt sei.

Im Hinblick darauf, dass es mit Bescheid und Verordnung vom 17.10.2018 lediglich zu einer Anpassung der das Bauvorhaben betreffenden Kilometerangaben gekommen ist, die der Verordnung zu Grunde gelegten Pläne - und damit der Geltungsbereich der für die vorliegenden Anträge maßgeblichen Geschwindigkeitsbeschränkung - jedoch nicht geändert wurden, bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen. Das Vorbringen des LVwG, dass die Aufstellung der Straßenverkehrszeichen am 16.10.2018 lediglich in Erfüllung eines bescheidmäßigen Auftrages, nicht aber zur Kundmachung der angefochtenen Verordnung erfolgt sei, geht schon im Hinblick auf den in dem Verordnungsakt einliegenden Aktenvermerk vom 19.10.2018, wonach die Aufstellung der Straßenverkehrszeichen ausdrücklich zur Kundmachung der angefochtenen Verordnung erfolgt ist, ins Leere.

Da die Verkehrsführung für die hier maßgeblichen Bauphasen 0A und 0B mangels eines gegenteiligen Vermerks im Verordnungsakt bis zum Ende des Geltungsbereiches der Verordnung am 31.12.2020 beibehalten wurde, war die angefochtene Verordnung zum jeweiligen Tatzeitpunkt ordnungsgemäß kundgemacht.

Entscheidungstexte

  • V506/2020 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 25.06.2021 V506/2020 ua

Schlagworte

Straßenverkehrszeichen, Geschwindigkeitsbeschränkung, Straßenpolizei, Verordnung Kundmachung, Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Determinierungsgebot, VfGH / Gerichtsantrag, Verkehrsbeschränkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:V506.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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