TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/13 96/21/0147

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Veröffentlicht am 13.11.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §8;
FrG 1993 §17 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des T in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28. Dezember 1995, Zl. St 350/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 FrG ausgewiesen. Der Beschwerdeführer sei am 12. Februar 1995 mit einem bis 9. März 1995 befristeten Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist. Sein am 9. März 1995 gestellter Asylantrag sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1995 (rechtswirksam erlassen am 3. Juli 1995) abgewiesen worden.

Am 10. März 1995 habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige geheiratet. Seit Mai 1995 sei er als Tischlerhelfer beschäftigt. Die Eltern des Beschwerdeführers würden sich seiner Angabe zufolge in der Türkei aufhalten, sein älterer Bruder lebe in Linz.

Am 27. Juli 1995 habe der Beschwerdeführer beim Magistrat Linz einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt. Über diesen Antrag sei noch nicht entschieden worden.

Der Beschwerdeführer halte sich nach Ablauf seines Touristensichtvermerkes nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil ihm seit diesem Zeitpunkt weder ein Sichtvermerk noch eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden sei. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 komme dem Beschwerdeführer nicht zu. Er habe seinen Asylantrag nicht fristgerecht (binnen Wochenfrist) gestellt. Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß er von dem Asylgrund erst (später als eine Woche) nach seiner Einreise erfahren und somit den Asylantrag fristgerecht gestellt hätte, sei unglaubwürdig. Der Beschwerdeführer habe nach den Unterlagen im Asylverfahren den Antrag damit begründet, daß er bei der Tauglichkeitsuntersuchung zum Militärdienst als "tauglich" eingestuft worden sei (laut Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten fand diese Untersuchung am 1. Juli 1994 statt). Der Beschwerdeführer habe ein Schreiben vorgewiesen (laut Verwaltungsakt vom 9. Februar 1995), wonach er sich am 20. Februar 1995 bei der für ihn zuständigen Militärbehörde zwecks Abholung des Einberufungsbefehles melden hätte sollen. Bei der Ausreise am Flughafen sei der kontrollierende Beamte bestochen worden, damit der Beschwerdeführer ungehindert ausreisen habe können. Aus diesen Angaben sei zu ersehen, daß die Gründe für die Asylantragstellung bereits bei der Einreise in das Bundesgebiet dem Beschwerdeführer bekannt gewesen seien. Der Asylantrag sei somit nicht binnen Wochenfrist gestellt worden und komme dem Beschwerdeführer infolgedessen auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz 1991 zu. Der Beschwerdeführer habe gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Dem Antrag, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sei nicht stattgegeben worden.

Selbst wenn die verfügte Ausweisung einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers darstellen sollte, sei dieser Eingriff zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und die Tatsache seiner Eheschließung wögen insofern nicht so schwer, als diese Tatsachen im Zeitraum des illegalen Aufenthaltes gesetzt worden seien und der Beschwerdeführer daher nicht allein deshalb damit rechnen habe können, daß ihm der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt werden würde. Dem Interesse an einem geordneten Fremdenwesen liefe es grob zuwider, wenn sich ein Fremder auf eine solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, er habe seinen Asylantrag fristgerecht gestellt; die Frist nach § 7 Asylgesetz beziehe sich sicherlich nicht nur auf den Zeitpunkt der Einreise, sondern auch auf den Zeitpunkt der Kenntnis allfälliger Asylgründe. Diese hätten sich während des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich ergeben und sei daraufhin der Antrag gestellt worden.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Die belangte Behörde hat diesbezüglich die Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren ihrem Bescheid zugrundegelegt. Danach war dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Einreise nicht nur das Ergebnis der Tauglichkeitsprüfung für die Ableistung des Militärdienstes bekannt, sondern hatte er auch bereits das Schreiben der zuständigen Militärbehörde über die Abholung des Einberufungsbefehles in Händen. Warum diesen detaillierten Angaben des Beschwerdeführers nicht zu folgen sei, zeigt die Beschwerde nicht auf.

Soweit der Beschwerdeführer meint, bei ihm seien berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 8 Asylgesetz gegeben, ist er darauf hinzuweisen, daß die Asylbehörde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Asylgesetz 1991 gerade nicht erteilt hat.

Auch die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß das Verfahren auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, geht fehl. Der Beschwerdeführer behauptet nämlich gar nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 FrG, noch bietet der vorgelegte Verwaltungsakt Anhaltspunkte dafür.

Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte den Stand des Asylverfahrens und des Verfahrens nach dem Aufenthaltsgesetz erheben müssen, geht sohin ins Leere.

Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer mit Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihm erteilten Touristensichtvermerkes nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei, stößt daher auf keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil er zwischenzeitig mit einer Österreicherin verheiratet sei und eine ordnungsgemäße Arbeitsstelle habe. Die "privatrechtlichen" Gründe des Ausschlusses der Ausweisung überwögen jedenfalls öffentlich-rechtliche Gründe.

Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Begründung des angefochtenen Bescheides bringt zweifelsfrei zum Ausdruck, daß im Lichte des § 19 FrG die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers gegenüber dem einen hohen Stellenwert einnehmenden maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, welches die Ausweisung des Beschwerdeführers dringend gebieten würde, zurückzustehen hätten. Diese Beurteilung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde hat der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend zutreffend zum Ausdruck gebracht, daß den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zukommt. Andererseits sind die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich angesichts des kurzen Aufenthaltes, davon der überwiegende Teil unrechtmäßig, nicht so ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse. Daran ändert auch das Beschwerdevorbringen - ungeachtet der Frage, ob dieses im Sinn des § 41 VwGG eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung darstellt oder nicht -, daß die Eltern sowie Geschwister des Beschwerdeführers in Österreich lebten, nichts.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung ist - worauf bereits die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - das Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 FrG nicht zu prüfen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996210147.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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