TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/13 96/21/0690

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Veröffentlicht am 13.11.1996
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
25/02 Strafvollzug;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §20 Abs1;
StGB §43;
StVG;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des A in M, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 25. Juni 1996, Zl. Frb-4250a-42/96, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. Juni 1996 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 und 2 iVm § 21 Fremdengesetz -FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.

Nach dem in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Inhalt des Bescheides liegt folgender Sachverhalt vor:

Der Beschwerdeführer wurde insgesamt achtmal verwaltungsbehördlich rechtskräftig bestraft, davon am 12. Mai 1993, 8. Oktober 1993, 29. März 1994, 3. November 1994 und 8. Februar 1995 jeweils wegen der Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967. Weiters wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wie folgt verurteilt:

Am 24. Mai 1993 vom Landesgericht Feldkirch wegen §§ 91 Abs. 1, 136 Abs. 1 und 3 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je S 50,--; am 5. Mai 1994 vom Bezirksgericht Feldkirch wegen § 83 Abs. 1 StGB zu

60 Tagessätzen zu je S 200,--; am 19. Jänner 1995 vom Landesgericht Feldkirch wegen § 107 Abs. 1 StGB zu

120 Tagessätzen zu je S 30,--; am 19. März 1996 vom Landesgericht Feldkirch wegen § 12 Abs. 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr.

Dieser letzten Verurteilung liegt zugrunde, daß er Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt bzw. andere zur Ein- und Ausfuhr bestimmt hat und dieses unter anderem auch Minderjährigen überlassen hat. Bei den Drogen handelte es sich um mehrere 100 Ecstasy-Tabletten sowie 7 g Kokain und 20 g Cannabisharz.

Der Beschwerdeführer lebte bis zu seinem 4. Lebensjahr (1978) in Österreich, kehrte in der Folge im Jahr 1988 nach einem Aufenthalt in der Türkei wieder nach Österreich zurück und lebt hier zusammen mit seinen Geschwistern und Eltern im gemeinsamen Haushalt. Nach Abschluß der Pflichtschule arbeitete er bei verschiedenen Arbeitgebern.

Die Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes begründete die belangte Behörde damit, daß im Hinblick auf die gerichtlichen Verurteilungen die Voraussetzung des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vorliege und wegen der schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen gemäß § 64 Abs. 1 KFG auch die Voraussetzung des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG. Dadurch sei im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG die Annahme gerechtfertigt, daß sein weiterer Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe.

Der Beschwerdeführer sei in Österreich erheblich integriert. Durch die Verwirklichung eines Suchtgiftdeliktes stelle der Beschwerdeführer jedoch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Erschwerend komme noch hinzu, daß er selbst nach der Verhaftung wegen des Verdachtes des Verbrechens bzw. Vergehens nach den §§ 12 und 16 SGG wiederum Ecstasy-Pillen verkauft habe. Weder gerichtliche Verurteilungen noch Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen noch die Verhängung einer Untersuchungshaft hätten den Beschwerdeführer davon abhalten können, wiederum gravierend straffällig zu werden. Es wögen somit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer als dessen gravierende Auswirkungen auf seine Lebenssituation und die seiner Familie. Ob eine Suchtgifttherapie erfolgreich verlaufe, könne nicht beurteilt werden, weil der Beschwerdeführer mit dieser Therapie noch gar nicht angefangen habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß im Hinblick auf die gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten und begegnet keinen Bedenken.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt die vorsätzliche Mißachtung einer zentralen kraftfahrrechtlichen Norm wie der des § 64 Abs. 1 KFG, wonach das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der (zuständigen österreichischen) Behörde erteilten Lenkerberechtigung zulässig ist, eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung dar, weshalb die belangte Behörde zu Recht zur Auffassung gelangte, daß auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht worden sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/1215, ua.).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die zutreffende Rechtsansicht der belangten Behörde, daß aufgrund seines Fehlverhaltens die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

2. Zutreffend nahm die belangte Behörde einen mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundenen beträchtlichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers an. Ebenso zutreffend erachtete sie diese Maßnahme zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen als dringend geboten und somit im Grunde des § 19 FrG als zulässig. Gegen diese Annahme, die schon im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität der ständigen hg. Rechtsprechung folgt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 96/21/0449), bringt der Beschwerdeführer nichts vor.

3. Unter Hinweis auf die Umstände seiner Integration in Österreich bekämpft der Beschwerdeführer das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung. Indem die belangte Behörde wegen der Schwere und der Vielzahl der vom Beschwerdeführer begangenen verwaltungsbehördlich und gerichtlich strafbaren Handlungen das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als schwererwiegend ansah als das gegenläufige private Interesse des Beschwerdeführers, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle von Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 96/21/0449). Wenn der Beschwerdeführer auf einen ihm zur Durchführung einer Drogentherapie erteilten Strafaufschub verweist, ist ihm zu entgegnen, daß die zur Vollziehung des Fremdengesetzes zuständige Behörde wie im Falle einer gerichtlich ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht oder einer bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe nicht an die hiebei vom Gericht angestellten Erwägungen gebunden ist, sondern vielmehr die im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG gebotene Interessenabwägung eigenständig und ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes zu treffen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0753). Der Umstand, daß das Gericht aus seiner Sicht zur Ermöglichung einer Therapie einen Vollzugsaufschub für angezeigt hält, führt nicht dazu, die privaten Interessen des Beschwerdeführers bzw. die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation als schwerer wiegend zu werten als die durch sein Fehlverhalten gravierend beeinträchtigten gegenläufigen öffentlichen Interessen. Der Beschwerdeführer meint weiters, nicht mit "harten Drogen" gehandelt zu haben. Dieser Umstand vermag das genannte öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht zu schmälern, überließ der Beschwerdeführer doch die bekanntlich als Einstiegsdrogen tauglichen Suchtgifte auch Minderjährigen. Darüber hinaus läßt das gesamte Fehlverhalten des Beschwerdeführers keinerlei Bereitschaft erkennen, sich an strafrechtliche und wichtige verwaltungsrechtliche Normen zu halten. Der Beschwerdeführer ließ sich auch durch das anhängige Strafverfahren nicht davon abhalten, neuerlich seinen Suchtgifthandel zu betreiben. Völlig zutreffend verneinte die belangte Behörde das Vorliegen einer positiven Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer.

4. Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996210690.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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