RS Vwgh 2021/10/28 Ro 2021/09/0006

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Veröffentlicht am 28.10.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
10/10 Grundrechte
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art7
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §2
EpidemieG 1950 §24
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z7
EpidemieG 1950 §43 Abs4
StGG Art2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2021/09/0009 E 10.11.2021
Ro 2021/09/0011 E 10.11.2021
Ro 2021/09/0012 E 10.11.2021

Rechtssatz

Wie der VfGH in seinem Erkenntnis vom 14. Juli 2020, V 363/2020, dargelegt hat, können Menschen auf Grundlage des § 2 COVID-19-MaßnahmenG 2020 nicht dazu verhalten werden, an einem bestimmten Ort zu verbleiben (vgl. VfGH 10.12.2020, V 512/2020, zum Verbot des Verlassens des eigenen Wohnsitzes). Daher kann sich das Verbot des Verlassens bestimmter Ortsteile nicht auf § 2 legcit. stützen. Es ist jedoch nicht entscheidend, auf welche Rechtsgrundlage eine Verordnung förmlich (zB in ihrer Promulgationsklausel) gestützt wird. Der Umstand, dass das Verbot des Verlassens bestimmter Ortsteile gemäß der Verordnung einer BH in § 2 COVID-19-MaßnahmenG 2020 keine Grundlage findet, führt daher nur dann zur Gesetzwidrigkeit dieser Bestimmung, wenn es sich auch nicht auf eine andere gesetzliche Grundlage stützen konnte. Als weitere Rechtsgrundlage kommt die Verordnungsermächtigung des § 24 EpidemieG 1950 in Betracht. So hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 10. Dezember 2020, V 535/2020, eine formal auf das COVID-19-MaßnahmenG 2020 gestützte Bestimmung, welche die ‚Zufahrt zu und die Abfahrt aus den Gemeinden im Landesgebiet' (mit Ausnahmen) verboten hatte, als Verkehrsbeschränkung angesehen, die durch § 24 EpidemieG 1950 gedeckt sein kann. Durch das Verbot des Verlassens bestimmter Ortsteile in einer Gemeinde gemäß der Verordnung der BH wird demnach ebenfalls eine Verkehrsbeschränkung verfügt, die in § 24 EpidemieG 1950 eine hinreichende Grundlage findet. Die BH ist als zuständige Bezirksverwaltungsbehörde im Zeitpunkt der Verordnungserlassung gemäß § 43 Abs 4 EpidemieG 1950 auch zur Erlassung eines derartigen Verbotes ermächtigt. Indem das VwG bei seiner Entscheidung die Frage, ob ein Vergütungsanspruch nach § 32 Abs 1 Z 7 EpidemieG 1950 zusteht oder nicht, ausschließlich auf Grund der Promulgationsklausel der Verordnung verneint hat, hat es dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt und die beschwerdeführende Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art 2 StGG, Art 7 B-VG) verletzt. Der VwGH schließt sich dieser Rechtsauffassung des VfGH an. Demnach liegt entgegen der Ansicht des VwG im Revisionsfall eine Verkehrsbeschränkung nach § 24 EpidemieG 1950 vor, die (grundsätzlich) einen Anspruch nach § 32 Abs. 1 Z 7 EpidemieG 1950 zu begründen vermag.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021090006.J02

Im RIS seit

30.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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