TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/13 LVwG-AV-480/001-2021

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Veröffentlicht am 13.08.2021
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Entscheidungsdatum

13.08.2021

Norm

KFG 1967 §57a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 09. März 2021, Zl. ***, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) in der Begutachtungsstelle in ***, ***, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gemäß § 57a Abs. 2a KFG 1967 wird folgende Anordnung erteilt:
„Sie haben bei der wiederkehrenden Begutachtung und der Ausstellung von Prüfgutachten mehr Sorgfalt aufzuwenden, insbesondere die Vorgaben des Mängelkataloges in der jeweils geltenden Fassung einzuhalten. Im Besonderen hat der organisatorische Ablauf der wiederkehrenden Begutachtungen stets nach den Vorgaben des § 10 Abs. 3a der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) zu erfolgen. Um dies zu gewährleisten, ist ein geeignetes, nachvollziehbares Qualitätssicherungs-system dauerhaft einzurichten.“

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 09. März 2021, Zl. ***, wurde die erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung der A GmbH für näher bestimmte Fahrzeugklassen wie folgt widerrufen:

„Die der A GmbH mit ha. Bescheid vom 12. April 2016, ***, erteilte

Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen

in der Begutachtungsstelle ***, ***,

wird mit Rechtskraft dieses Bescheides widerrufen.

Die Begutachtungsplaketten sind nach Rechtskraft dieses Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Tulln zurückzustellen, ebenso ist die auf die Begutachtungsstelle verweisende Prüfstellentafel nach Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen.“

In ihre Begründung nahm die belangte Behörde das Prüfergebnis betreffend die durchgeführte Revision in der Prüfstelle in ***, ***, am 24. Februar 2021, sowie die Stellungnahme der nunmehrigen Beschwerdeführerin vollinhaltlich auf.

Nach Wiedergabe der relevanten Rechtsvorschriften ging die Kraftfahrbehörde von folgender rechtlicher Beurteilung aus:

„Die unrichtige Erstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die nach Abs. 2 erforderliche Vertrauenswürdigkeit in hohem Maß, wobei unter besonderen Umständen bereits die Erstellung nur eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit erschüttern könne (VwGH 22.11.1994, 94/11/0221).

Es wird nicht der Eindruck vermittelt, die Begutachtungstätigkeit werde mit der gehörigen Sorgfalt ausgeübt. Es fehlt an dem Bewusstsein, dass für die behördliche Tätigkeit, namens des Landeshauptmannes von NÖ Gutachten gemäß § 57a KFG zu erstellen, höhere Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Genauigkeit gestellt werden.

Mit der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen wurden hoheitliche Aufgaben übertragen – diese beliehenen Aufgaben hat ein gemäß § 57a KFG 1967 Ermächtigter pflicht- und ordnungsgemäß wahrzunehmen. Tut er dies nicht, ist die vom Gesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit erschüttert, was den Verlust der Ermächtigung nach sich ziehen muss.

Aufgrund der Vielzahl der festgestellten schweren Mängel im schlüssigen und nachvollziehbaren Revisionsbericht über die Revision am 24.2.2021 ist der Verlust der Vertrauenswürdigkeit evident und hat zwingend den Widerruf der Ermächtigung zur Folge, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.“

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Die vom Widerruf der Ermächtigung Betroffene erhob gegen diese behördliche Entscheidung fristgerecht Beschwerde und beantragte die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Durch ihre rechtsfreundliche Vertretung begründete die Rechtsmittelwerberin diesen Antrag wie folgt:

„Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem subjektiven Recht verletzt,

?    dass ihm nicht die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen nach § 57a KFG entzogen werde, wenn nicht das dafür vorgesehene gesetzliche Tatbild erfüllt ist sowie

?    dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die materielle Wahrheit ermittelt werde.

Demnach wird der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten angefochten.

4.1 Zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften

4.1.1 Unterlassene Beweisaufnahme

Aus Sicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde den Sachverhalt, darüber hinaus das Ermittlungsverfahren, einseitig gestaltet. Mit den für den Beschwerdeführer günstigen Sachverhaltensmomenten hat sich die Behörde nicht beschäftigt. Die Eingabe vom 08.03.2021 samt Beweismitteln des Beschwerdeführers (Anzeige über den Verlust der fehlenden Plakette, Messstreifen, Prüfbücher betreffend Hebebühnen) wurden nicht berücksichtigt.

Die Behörde hat demnach in Widerspruch zum Grundsatz der materiellen Wahrheit den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt. Dieses konkrete Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens begründet ein willkürliches Verhalten der Behörde, welches in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte des Beschwerdeführers eingreift (vgl. dazu Punkt 4.3.).

Beweis: PV von C, pA Beschwerdeführer;

                  PV von D, pA Beschwerdeführer;

                  Bereits vorgelegtes Schreiben des Beschwerdeführers vom 08.03.2021

                  samt Beilagen

4.1.2. Mangelhafte Bescheidbegründung

Gemäß § 58 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. In der Begründung sind in Entsprechung des § 60 AVG voneinander getrennt die ermittelten Tatsachen festzuhalten, die Gründe, die zu ihrer Annahme geführt haben, abzugeben (Beweiswürdigung) und die festgestellten Tatsachen in rechtlicher Hinsicht zu würdigen (rechtliche Beurteilung). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begründungspflicht durch bloß pauschale oder abstrakte bzw. „inhaltsleere“ oder „leerformelartige“ Feststellungen oder Behauptungen aber nicht Genüge getan.

In der Bescheidbegründung beruft sich die Behörde lediglich auf die pauschale Behauptung, dass aufgrund des Revisionsberichts der Verlust der Vertrauenswürdigkeit evident sei. Genauere Ausführungen dazu, aufgrund welcher Erwägungen die Behörde zu ihrer Rechtsansicht gelangt, lässt dieser aber offen. Der Begründungspflicht hat die Behörde damit nicht Genüge getan.

4.1.3. Antizipierte Beweiswürdigung

Dadurch, dass sich die belangte Behörde inhaltlich nicht mit dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 08.03.2021 samt den damit übermittelten Unterlagen (Anzeige über den Verlust der fehlenden Plakette, Messstreifen, Prüfbücher betreffend Hebebühnen) auseinandergesetzt hat, liegt ein Verstoß der belangten Behörde gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung vor. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensfehler dar. Hätte sich die belangte Behörde inhaltlich mit der Stellungnahme des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und diese nicht mit der pauschalen Begründung abgetan, dass der Beschwerdeführer im Sinne des § 57a Abs 2 KFG vertrauensunwürdig sei, wäre die belangte Behörde zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt und hätte die Ermächtigung nach § 57a KFG nicht entzogen.

Hätte sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom 08.03.2021 auseinandergesetzt, wonach der Beschwerdeführer bereits nachstehende Änderungen implementiert hat:

?    genaue Kontrolle der Anzahl der Gutachten pro Tag;

?    eine zusätzliche Person wird die Schulung für die Berechtigung der Ausstellung der Gutachten machen;

?    die Gutachten werden nun in der Werkstatt von den berechtigten Personen inkl. Prüfstände und Abgastest in einem eigenen Ordner abgelegt;

?    Plaketten, die verlocht oder von der Stanzmaschine beschädigt wurden, werden storniert und neu geschrieben, anstatt Ersatzplaketten für diese Gutachten auszustellen,

hätte sie die Berechtigung nicht entzogen, da keine Vertrauensunwürdigkeit vorliegt.

Nach § 57a Abs 2 KFG hat der Landeshauptmann die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen unter anderem darin zu widerrufen, wenn der ermächtigte Gewerbetreibende nicht mehr vertrauenswürdig ist. Dies ist dann der Fall, wenn auf Grund seines Verhaltens die Annahme berechtigt ist, die Kraftfahrbehörde könne sich nicht mehr darauf verlassen, dass er die ihm übertragene Verwaltungsaufgabe entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen – ausüben werde (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.9.1984, Slg Nr. 11527/a).

Gerade dies ist aber in gegenständlicher Angelegenheit nicht vorliegend, da der Beschwerdeführer sofort die obig geschilderten Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen hat.

Der Beschwerdeführer hat zu keinem Zeitpunkt die festgestellten Umstände bei der Begutachtungstätigkeit in Abrede gestellt, hat die erforderlichen Unterlagen nachgeliefert und das obige Verbesserungskonzept präsentiert. Eine Vertrauensunwürdigkeit ist darin nicht zu erkennen und liegt auch nicht vor.

Darüber hinaus hätte erforderlichenfalls auch mit § 57a Abs 2a KFG das Auslangen gefunden werden können, wonach der Landeshauptmann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen kann.

Beweis: PV von C, pA Beschwerdeführer;

                  PV von D, pA Beschwerdeführer;

                  Bereits vorgelegtes Schreiben des Beschwerdeführers vom 08.03.2021

                  samt Beilagen

4.2 Zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheids

4.2.1. § 57a Abs 2 KFG

Auch hier verkennt die Behörde, dass keine Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 57a Abs 2 KFG vorliegt und wird dazu auf das Vorbringen unter Punkt 4.1.3. verwiesen.

Beim Gutachten Nr. *** wurde der Grenzwert von 10,07 bemängelt. Dieser Grenzwert ist allerdings als gesetzlicher Wert in der Zulassungsdatenbank eingetragen, wobei der tatsächlich gemessene Wert ohnehin den erlaubten Werten entsprach.

Bei den Gutachten, bei welchen die Werte der Betriebsbremse als nicht nachvollziehbar erachtet wurden, wurde es lediglich verabsäumt ein Komma zu setzen. Bei richtiger Umrechnung sind auch diese Gutachten positiv, da die Werte den Vorgaben entsprechen.

Beim Gutachten Nr. *** wurde ein zweiter Abgastest durchgeführt, welcher positiv ausfiel.

Zusammengefasst hat der Beschwerdeführer keinen Entziehungstatbestand gesetzt und belastet die dennoch vorgenommene Entziehung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Beweis: PV von C, pA Beschwerdeführer;

                  PV von D, pA Beschwerdeführer;

                  bereits vorgelegtes Schreiben des Beschwerdeführers vom 08.03.2021

                  samt Beilagen.

4.3. Zum Beschwerdegrund der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte des Beschwerdeführers

4.3.1. Erwerbsfreiheit gem. Art 6 StGG

Art 6 StGG gewährt das Recht, unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig auszuüben. Art 6 StGG schützt sowohl den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit als auch die Ausübung der Erwerbstätigkeit. Da dem Beschwerdeführer ohne Vorliegen der dafür erforderlichen Vertrauensunwürdigkeit die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen mit Rechtskraft des Bescheids entzogen wurde, ist es dem Beschwerdeführer mit Rechtskraft des Bescheids untersagt, Begutachtungen durchzuführen und ist er dadurch in seinem Recht auf Erwerbsfreiheit gem. Art 6 StGG verletzt.“

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Am 31. Mai 2021 führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, welche von der belangten Behörde unbesucht blieb. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen dieser Verhandlung durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt der Landeshauptfrau von Niederösterreich zur Zl. ***, sowie in jenen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich mit der Zl. LVwG-AV-480-2021 Beweis erhoben, auf deren Verlesung seitens des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin verzichtet wurde.

In diesem Beschwerdeverfahren wurde Herr E als kraftfahrtechnischer Amtssachverständiger bestellt und wurde er unter Anschluss einer Kopie des behördlichen Aktes, unter Berücksichtigung des im behördlichen Akt inneliegenden Revisionsberichtes ersucht, Befund und Gutachten im Verhandlungsverlauf zu erstatten, ob die vom kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen im Revisionsbericht vorgenommene Beurteilung aus fachlicher Sicht schlüssig und nachvollziehbar ist. Ebenso erfolgte die Einvernahme des zur Vertretung nach außen berufenen handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, D.

Nach Aufnahme der dargestellten Beweismittel wurde dem Beschwerdeführervertreter eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift samt Beilagen zur Verfügung gestellt und wurde ihm Gelegenheit gegeben, innerhalb der vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich festgesetzten Frist weitere Beweismittel vorzulegen.

Mit E-Mail vom 09. Juni 2021 wurden zwei Abnahmegutachten betreffend die Hebebühnen, sowie Nachweise über die durchgeführten Reparaturen vorgelegt und hierzu mitgeteilt:

„wie in der Verhandlung am 31.05.2021 von Ihnen freigestellt übermitteln wir Ihnen im Anhang zwei Abnahmegutachten betreffend der Hebebühnen sowie Nachweise über die durchgeführten Reparaturen. Insbesondere aus den Reparaturaufträgen zu F, H und G ergibt sich, dass das Auftragsdatum jeweils vor dem 04.06.2020 liegt und die Fahrzeuge sich daher länger im Betrieb der Beschwerdeführerin befanden. Nach Durchsicht der Unterlagen hat Herr D festgestellt, dass am 04.06.2020 12 Überprüfungen und am 17.07.2020 14 Überprüfungen durchgeführt wurden. Der Rest wurde von den Vortagen übernommen, wo die Fahrzeuge das Betriebsgelände nicht verlassen haben.

Hinsichtlich der restlichen vorzulegenden Urkunden wird höflich um Fristerstreckung von einer Woche, sohin bis zum 16.06.2021 ersucht.“

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2021 wurde ergänzend Folgendes vorgebracht:

„In umseits näher bezeichneter Rechtssache erstattet die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter nachstehende ergänzende

URKUNDENVORLAGE:

1.   Überprüfungen nach § 57a am 04.06.2020 und am 17.07.2020:

Am 04.06.2020 wurden von der Beschwerdeführerin zwölf § 57a-Überprüfungen durchgeführt, am 17.07.2020 vierzehn § 57a-Überprüfungen.

Die Arbeiten an den Kfz / Überprüfungen der Kfz erfolgten nicht immer am selben Tag der Gutachtensausstellung. Etliche Fahrzeuge befanden sich bereits vor der tatsächlichen Gutachtenserstellung über Tage und Wochen im Betrieb der Beschwerdeführerin. Teilweise benötigte die Beschwerdeführerin für die Materialbeschaffung Vorlaufzeiten, manchmal verhielt es sich auch so, dass Kunden ihr Fahrzeug zum Standort der Beschwerdeführerin brachten und diese ersuchten eine § 57a-Überprüfung durchzuführen, sollte die Beschwerdeführerin über ein freies Zeitfenster verfügen.

Die Beschwerdeführerin wurde beispielsweise am 26.05.2020 mit der Begutachtung des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen *** beauftragt. Die Gutachtenserstellung erfolgte am 04.06.2020. Am 02.06.2020 erfolgte die Auftragserteilung betreffend das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***, die Gutachtenserstellung erfolgte am 04.06.2020. Auch das Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen *** wurde laut Gutachten am 04.06.2020 begutachtet, das Kfz befand sich allerdings bereits seit 19.05.2020 bei der Beschwerdeführerin. Auf diese Art und Weise wurde mit zahlreichen weiteren Kfz verfahren, wie dies aus den nunmehr vorliegenden Unterlagen ersichtlich ist.

Beweis:     Konvolut an Aufträgen und Gutachten samt Abgasnachweisen; Aufträge im Zeitraum 13.07.2020 bis 17.07.2020.

2.   Hebebühnen:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 5 AM-VO sind Fahrzeughebebühnen mindestens einmal im Kalenderjahr, jedoch längstens im Abstand von 15 Monaten, einer wiederkehrenden Prüfung zu unterziehen.

Aus dem Hinweisblatt zur wiederkehrenden Prüfung von Arbeitsmitteln gemäß Arbeitsmittelverordnung (AM-VO), ergeben sich die nachfolgenden Prüfinhalte, welche die wiederkehrende Prüfung mindestens umfassen muss:

?    Prüfung von verschleißbehafteten Komponenten wie Bremsen, Kupplung, Rollen, Räder, Tragmitteln.

?    Einstellung von sicherheitsrelevanten Bauteilen und Sicherheitseinrichtungen wie Lastkontrolleinrichtungen und Bewegungsbegrenzungen.

?    Funktionsprüfung sicherheitsrelevanter Bauteile wie Schalteinrichtungen, Notausschaltvorrichtungen, Lichtschranken, Bewegungssensoren, Kontaktleisten, Schaltmatten, Warn- und Signaleinrichtungen sowie Verriegelungen.

?    Bei Arbeitskörben ist auch die Eignung des Arbeitsmittels (Kran, Hubstapler, mechanische Leiter) zu prüfen, mit dem der Arbeitskorb gehoben wird.

Die jährlichen Überprüfungen, welche den oben aufgelisteten Anforderungen entsprachen, fanden an den nachfolgenden Terminen statt:

?    01.03.2017

?    22.02.2018

?    21.03.2019

?    14.03.2020

Beweis: Prüfinhalte Hebebühne;

Auszüge Prüfbücher.

3.   Fertigstellung von Gutachten:

Wenn Fahrzeuge Mängel aufweisen, welche vor Ausstellung eines positiven Gutachtens behoben werden müssen, so stellt die Beschwerdeführerin nicht zuerst ein negatives § 57a-Gutachten aus, führt dann die Reparaturarbeiten durch und erstattet dann ein positives Gutachten. Vielmehr führt die Beschwerdeführerin die vorzunehmenden Reparaturarbeiten durch und begutachtet die Kfz nach erfolgreicher Mängelbehebung positiv. Im Gutachten finden sich sodann Vermerke wie „schwerer Mangel behoben“.

Beweis: PV von C, pA Beschwerdeführer;

PV von D, pA Beschwerdeführer.

4.   Anträge:

Aus all den genannten Gründen hält die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides aufrecht.“

4.   Feststellungen:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. April 2016, Zl. ***, wurde der A GmbH die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, für näher bestimmte Fahrzeugkategorien erteilt.

Diese Begutachtungsstelle wurde im Auftrag der belangten Behörde am 24. Februar 2021 von einem kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen überprüft und wurden von diesem betreffend den Revisionszeitraum 01. Juni 2020 bis 23. Februar 2021 folgende Mängel aufgezeigt:

„…..

2. Begutachtungsplaketten                                                       SM       LM       IO

…..

- Kein Nachweis über Verbleib                                                                

Plakette Nr.: *** ist nicht auffindbar

….

3. Gutachten

…..

- unrichtige Eintragungen im Gutachten                                                       

Bei einer Vielzahl von Gutachten wurden bei den Werten der Abgasuntersuchung nicht nachvollziehbare Werte eingegeben: Auszug:

Gutachten Nr.: ***: Grenzwert Hersteller: 10,07 (siehe Anhang ***)

In den nachstehend angeführten Gutachten (Fzge. mit Dieselmotor)

In den nachstehend angeführten Gutachten (Fzge. mit Dieselmotor) wurden die Abgase nicht, wie vorgeschrieben, bei der Abregeldrehzahl, sondern bei der Abregeldrehzahl eine höhere/niedrige Zwischendrehzahl angegeben, somit kein gültiger Abgastest:

Gutachten Nr.: ***: Abregeldrehzahl: 180 (siehe Anhang ***)

Gutachten Nr.: ***: Abregeldrehzahl: 827 (siehe Anhang ***)

Gutachten Nr.: ***: Abregeldrehzahl:75479 (siehe Anhang ***)

Eine Kontrolle dieser Werte auf den ausgeruckten Messstreifen der Abgasmessungen konnte nicht durchgeführt werden, da von der Firma keine Messstreifen vorgelegt werden konnten.

Laut PBStV ist folgender Prüfablauf definiert:

Das Gaspedal ist voll durchzutreten und nach dem Erreichen der Prüfdrehzahl lt. Feld P4 im Zulassungsschein sofort wieder freizugeben.

Bei diesem Prüfverfahren schwingt die Drehzahl zumindest leicht über die angegebene Drehzahl lt. Feld P4. Die Drehzahl laut Feld P4 ist zumindest zu erreichen.

Da bei den Messungen die Nenndrehzahl nicht erreicht wurde bzw. unglaubwürdige Werte eingetragen wurden, müssen die Abgasmessungen als nicht gültig angesehen werden.

- nicht Berücksichtigung der Vorgaben des Mängelkatalogs                            

An mehreren Tagen wurde von einer geeigneten Person eine Vielzahl von Gutachten positiv ausgestellt:

Auszug:

23.06.2020 ….19 Gutachten ….. Zeitraum: 8:23 Uhr bis 16:54 Uhr (8,5h)

4.6.2020 …… 17 Gutachten

5.6.2020……. 17 Gutachten … Zeitraum: 8:42 Uhr bis 16:54 Uhr (8h)

17.7.2020 ….. 20 Gutachten …. Zeitraum: 8:04 Uhr bis 17:05 Uhr (9h), erstellt durch Herrn I

(siehe Anlage 4.6-1,4.6-2,5.6-1,5.6-2,17.7-1,17.7-2)

Es wurden somit von einer geeigneten Person an mehreren Tagen bis zu 20 Gutachten ausgefolgt.

Beispiel 17.7.2020: An diesem Tag wurden in dem Zeitraum: 8:04 Uhr bis 17:05 Uhr (9h) 20 Gutachten erstellt. Das würde bedeuten, dass alle 27 Minuten ein Gutachten erstellt wurde, durchgehend 9h ohne Pause.

Inwieweit an mehreren Tagen bis zu 20 Fahrzeug gem. § 57a KFG 1967 unter Einbezug der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung in einem Zeitraum von 27 Minuten (inkl. Erstellung EBV-Gutachten) begutachtet werden kann, muss der rechtlichen Würdigung überlassen bleiben.

…..

- Auffälligkeit bei den eingetragenen Messwerten                                     

Bei einer Vielzahl von Gutachten wurden bei den Werten der Betriebsbremse nicht nachvollziehbare Werte eingegeben: Auszug:

 

Gutachten Nr.: ***: Werte:

Abbremsung Betriebsbremse: Achse1: links: 2680 KN, rechts: 2760 KN

Abbremsung Betriebsbremse: Achse2: links: 2400 KN, rechts: 2560 KN

Feststellbremse: Achse2: 2200 KN

Feststellbremse: Achse2: 2160 KN

Gutachten Nr.: ***: Werte:

Abbremsung Betriebsbremse: Achse1: links: 3560 KN, rechts: 3800 KN

Abbremsung Betriebsbremse: Achse2: links: 2200 KN, rechts: 2080 KN

Feststellbremse: Achse2: 2200 KN

Feststellbremse: Achse2: 2080 KN

Gutachten Nr.: ***: Werte:

Abbremsung Betriebsbremse: Achse1: links: 3560 KN, rechts: 3120 KN

Abbremsung Betriebsbremse: Achse2: links: 3120 KN, rechts: 3160 KN

Feststellbremse: Achse2: 3120 KN

Feststellbremse: Achse2: 2080 KN

Siehe Anlage:***, ***, ***

- Messschriebe (Abgasuntersuchung) nicht vorhanden                            

Im Zuge der Revision wurde die Firma aufgefordert die Messschriebe der Abgasuntersuchungen zu den ausgestellten Gutachten vorzulegen. Es konnten nur einige wenige Messschriebe vorgelegt werden. Ein Nachweis über eine ordnungsgemäße Durchführung der Abgasuntersuchungen konnte somit nicht vorgelegt werden, da keine Ausdrucke vorhanden waren.

……

- Abgasmessung nicht ordnungsgemäß durchgeführt                                     

Gutachten Nr.: ***, Der Abgastest (OBD Funktionsprüfung) ist "Nicht bestanden", trotzdem wurde im Gutachten das Ergebnis "Bestanden" angeführt und das Gutachten positiv ausgestellt.

Dieses Fahrzeug hätte jedoch „negativ" beurteilt werden müssen.

Siehe Anlage:***, Abgastest ***

4. Technische Einrichtungen

…..

- Abnahmebefund und behördliche Überprüfungen liegen nicht vor                   

Bei den vorhandenen Hebebühnen war die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung laut AM-VO § 8 längst überfällig oder es konnte gar kein Prüfbuch/keine Überprüfung vorgelegt werden.

Hebebühnen unterliegen der Arbeitsmittel-Verordnung (AM-VO) und sind laut § 8 mindestens einmal im Kalenderjahr und max. alle 15 Monaten zu überprüfen.

….“

Die Plakette Nr. ***, grün, dürfte im Rahmen des Austausches des Tresors in Verlust geraten sein, als diese mit dem alten Gerät entsorgt wurde.

Beim Gutachten Nr. *** wurde der Grenzwert des Herstellers mit 10,07 berücksichtigt. Aus technischer Sicht ist dieser Wert nicht möglich, doch beruht dieser aus einer fehlerhaften Eintragung dieses Wertes in der Fahrzeugdatenbank, sodass der Fehler der Beschwerdeführerin nicht anzulasten ist.

Bei den Gutachten-Nrn. ***, *** und *** wurde die Abregeldrehzahl unrichtig bei der Erstellung des Gutachtens im EBV eingegeben. Dabei handelt es sich um einen Übertragungsfehler, sodass kein Gutachten zu Unrecht positiv ausgestellt wurde.

Bei der Revision am 24. Februar 2021 konnten nicht sämtliche Messstreifen der Abgasmessungen dem kontrollierenden Amtssachverständigen vorgelegt werden, da sich damals diese Messberichte aufgrund einer Steuerprüfung beim Steuerberater befanden. Zu diesem Zeitpunkt war es nämlich üblich, dass die Messstreifen nicht mit den § 57a-Gutachten gesondert im Betrieb abgelegt wurden, sondern wurden diese mit den Reparaturaufträgen archiviert. Weil die Reparaturaufträge samt Beilagen, insbesondere Messstreifen und Anzahlungsbelege, aufgrund einer Finanzprüfung vom Steuerberater für eine Nachprüfung gebraucht wurden, befanden sich im Revisionszeitpunkt die Messstreifen nicht im Betrieb. Im Beschwerdeverfahren konnten nunmehr die fehlenden Messberichte vorgelegt werden und sind diesbezüglich keine Beanstandungen zu treffen.

An manchen Tagen, die den Revisionszeitraum betreffen, wurden eine Vielzahl von Gutachten positiv ausgestellt. Zwar ist nicht anzunehmen, dass bei der vom Amtssachverständigen festgestellten hohen Anzahl an täglichen Begutachtungen eine ordnungsgemäße, der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung entsprechende Überprüfung der Fahrzeuge samt Erstellung eines EBV-Gutachtens möglich ist. Im Betrieb der Rechtsmittelwerberin wurde aber es bisher so gehandhabt, dass beim Anlegen des Reparaturauftrages im betrieblichen EDV-System, wozu auch die Durchführung einer § 57a Abs. 4 KFG-Überprüfung unternehmensintern zählt, mit der Überprüfungstätigkeit zum Teil begonnen wurde. Zeigte sich im Rahmen der Überprüfung, dass Reparaturarbeiten durchzuführen waren, so wurde die Reparatur organisiert, falls notwendig die entsprechenden Ersatzteile beschafft, und wurden erst nach erfolgreicher Durchführung der Reparaturarbeiten die § 57a Abs. 4 KFG-Gutachten fertiggestellt. So konnte es passieren, dass an einem Tag zum Abschluss einer der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung entsprechenden Begutachtung lediglich Teilüberprüfungen, wie zB die Bremsenprüfung bzw. der Abgastest, durchzuführen waren, weil die anderen Prüfpositionen des Mängelkataloges bereits an anderen Tagen abgearbeitet wurden.

Auch begründet sich die hohe Anzahl an Gutachtensabschlüssen an einem Tag damit, dass bis zur Durchführung der Revision im Betrieb der Ermächtigten es usus war, dass die Erstellung des Gutachtens im EBV erst nach Abschluss der tatsächlichen Prüftätigkeit durchgeführt wurde, weil zu diesem Zeitpunkt die Arbeitsplätze der eingesetzten Prüfer nicht mit einem PC ausgestattet waren. Zwischenzeitlich wurden diesem Personal I-Pads zur Verfügung gestellt, welche eine parallele Erstellung der Gutachten im Rahmen des Prüfvorganges sicherstellen.

Bei der Erstellung der Gutachten mit den Nrn. ***, *** und *** wurden die Werte der Bremsenprüfung insofern falsch eingegeben, als von einem Prüfer irrtümlich die gemessene Kraft in der falschen Einheit eingetragen wurde (Kilonewton versus Newton). Durch diesen Eingabefehler wurde aber kein Gutachten zu Unrecht positiv erstattet.

Beim Gutachten-Nr. *** wurden zwei Abgastests durchgeführt, wobei der zweite Test das Ergebnis „bestanden“ ergab. Es wurde sohin zu Recht ein positives Gutachten ausgestellt.

Die Hebebühnen wurden innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Intervalls den Vorschriften entsprechend überprüft, doch konnten die Prüfbücher erst im Anschluss an die Revision der belangten Behörde vorgelegt werden.

5.   Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Akt, insbesondere aus Gutachten des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen anlässlich der Revision am 24. Februar 2021 in Zusammenschau mit dem vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung eingeholten Gutachten des Herrn E vom 31. März 2021.

Die Feststellungen zum Verbleib der fehlenden Begutachtungsplakette, zum organisatorischen Ablauf der Begutachtungstätigkeit vor Durchführung der Revision, sowie zum Verbleib der Messstreifen und der Prüfbücher der Hebebühnen konnten aufgrund der Angaben in der Beschwerdeschrift, sowie der Einvernahme einer der handelsrechtlichen Geschäftsführer der Rechtsmittelwerberin (laut aktuellem Firmenbuchauszug zur FN *** verfügt das Unternehmen zwischenzeitlich über drei handelsrechtliche Geschäftsführer) vor dem Verwaltungsgericht getroffen werden, an dessen Richtigkeit das erkennende Gericht zu zweifeln keine Veranlassung hat.

Dass Reparaturarbeiten an Fahrzeugen durchgeführt wurden, bezüglich derer die Gutachten an den im Revisionsgutachten festgestellten Tagen abgeschlossen wurden, ergibt sich aus dem Konvolut der von der Beschwerdeführerin ergänzend vorgelegten Rechnungen samt Gutachten und Messberichten der Abgastests. Die Feststellungen zu den Prüfbüchern beruhen auf den der belangten Behörde vorgelegten Auszügen aus diesen bzw. aus dem ergänzend im verwaltungsgerichtlichen Verfahren übermittelten Abnahmegutachten.

Letztlich ist lediglich die Rechtsfrage strittig, ob aus den festgestellten Mängeln eine Vertrauensunwürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 abgeleitet werden kann.

6.   Rechtslage:

§ 28 VwGVG regelt Folgendes:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 17 VwGVG sieht vor:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die relevante Bestimmung des § 57a Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) lautet auszugsweise wie folgt:

(2) Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.

(2a) Der Landeshauptmann hat regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.

[…]

Nach dieser gesetzlichen Bestimmung hat der Landeshauptmann die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen unter anderem dann zu widerrufen, wenn der ermächtigte Gewerbetreibende nicht mehr vertrauenswürdig ist.

Gemäß § 10 Abs. 4 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) hat die Fahrzeugbegutachtung entsprechend einem vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigten Mängelkatalog zu erfolgen. Dieser Mängelkatalog ist entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik zu ergänzen. Die Beurteilung der festgestellten Mängel hat jedoch nach Anlage 6 zu erfolgen.

§ 10 Abs. 3a PBStV schreibt vor:

Werden im Zuge der Überprüfung oder Begutachtung eines Fahrzeuges Mängel festgestellt, die ein positives Gutachten und die Ausfolgung einer Begutachtungsplakette verhindern, so ist ein negatives Gutachten auszustellen. Im Falle einer Wiedervorführung des Fahrzeugs in derselben Prüf- oder Begutachtungsstelle innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen gerechnet ab dem Tag nach der seinerzeitigen Begutachtung müssen nur die Prüfpositionen neuerlich geprüft werden, bei denen diese Mängel festgestellt worden sind, sofern seither nicht mehr als 1 000 km zurückgelegt worden sind und das Fahrzeug keine offensichtlichen neuen Mängel, die ein positives Gutachten verhindern, aufweist (Nachprüfung). Für das positive Gutachten ist das Datum der Nachprüfung maßgeblich.

Diesem Verordnungswortlaut zufolge muss nicht bei Übernahme eines reparaturbedürftigen Fahrzeuges, bei welchem in Anschluss auch eine Begutachtung nach § 57a Abs. 4 KFG 1967 durchgeführt werden soll, unverzüglich entsprechend dem § 10 Abs. 3a PBStV mit der Durchführung der Überprüfung begonnen und folglich ein negatives Gutachten ausgestellt werden. Wird jedoch mit einer Begutachtung eines Fahrzeuges begonnen und kommen im Zuge dieser Begutachtungstätigkeit Mängel iSd § 10 PBStV hervor, so ist jedenfalls nach § 10 Abs. 3a PBStV vorzugehen und ein negatives Gutachten auszustellen. § 10 Abs. 3a PBStV schreibt bei Vorliegen eines Mangels, der ein positives Gutachten verhindert, als einzige mögliche Vorgangsweise die Ausstellung eines negativen Gutachtens vor und lässt somit nicht den Weg offen, die Begutachtungstätigkeit zur Durchführung der notwendigen Reparatur zu unterbrechen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Gewerbetreibender dann als vertrauenswürdig im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 anzusehen, wenn ausreichend Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragene Verwaltungsaufgabe entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – der Gewährleistung, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen – ausüben werde (vgl. VwGH 22.11.1994, 94/11/0221).

Insbesondere die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit in hohem Maß (vgl. VwGH 18.12.1985, 85/11/0077). Unter besonderen Umständen kann bereits die Erstellung eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Gewerbebetreibenden erschüttern (vgl. VwGH 02.07.1991, 91/11/0026 mwN). Davon ist die Erstellung mangelhafter Gutachten, insbesondere solcher, welche aus mangelnder Sorgfalt unrichtige Daten enthalten oder unvollständig erstellt wurden, zu unterscheiden, wie wohl auch eine nicht ausreichende Gewissenhaftigkeit im Rahmen der Ausübung der übertragenen Aufgaben die Vertrauenswürdigkeit des Ermächtigten erschüttern kann.

Werden innerhalb relativ kurzer Zeit nicht bloß ein einziges, sondern eine ganze Reihe unrichtiger Gutachten durch einen zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen ermächtigten Gewerbetreibenden erstellt, kann von einem „einmaligen“ Fehlverhalten nicht die Rede sein (LVwG NÖ 29.11.2016, LVwG-AV-808/001-2016). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch betont, dass bei der Beurteilung der Ermächtigungsvoraussetzungen, insbesondere bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Betriebsinhabers, jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. VwGH 18.12.1985, 85/11/0077).

Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbildes (vgl. VwGH 08.09.2016, Ro 2015/11/0016).

Auf Grund der festgestellten Mängel (Verlust einer Plakette, Übertragungsfehler in drei Gutachten, Wahl einer falschen Einheit bei drei Bremsenprüfungen, Wahl einer nicht den Vorgaben des § 10 Abs. 3a PBStV entsprechenden Ablauforganisation) gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Ansicht, dass die Beschwerdeführerin bei der Ausübung der Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 eine gewisse Sorglosigkeit an Tag gelegt hat.

Der Widerruf einer nach § 57a Abs. 2 leg. cit. erteilten Ermächtigung stellt keine Strafe, sondern – entsprechend dem dargestellten Verwaltungszweck – eine Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit dar. Trotz einer nachträglichen eingetretenen Vertrauensunwürdigkeit eines nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 Ermächtigten darf ein Widerruf nur ausgesprochen (bestätigt) werden, wenn – entsprechend den Grundsätzen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.11.1983, 82/11/0270 – die Vertrauensunwürdigkeit noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes gegeben ist (vgl. VwGH 19.09.1984, 83/11/0167).

Wesentlich für die Beurteilung des Vorliegens der notwendigen Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich die Wertung der Tatsache, welche die belangte Behörde ihrer (Widerrufs-)Entscheidung zugrunde gelegt hat, die seither verstrichene Zeit sowie das Verhalten während dieser Zeit.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid insbesondere auf eine „Vielzahl der festgestellten schweren Mängel im schlüssigen und nachvollziehbaren Revisionsbericht“ gestützt.

Diesbezüglich ist einerseits festzuhalten, dass letztlich kein einziges Gutachten zu Unrecht positiv ausgestellt wurde. Auch hat in die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin durch das Verwaltungsgericht einzufließen, dass viele der vom kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen gerügten Mängel – entsprechend der Feststellungen (unrichtige Eintragungen in Gutachten, Messschriebe [Abgasuntersuchung] nicht vorhanden, Abgasmessung nicht ordnungsgemäß durchgeführt, Abnahmebefund und behördliche Überprüfungen liegen nicht vor) – nicht (mehr) vorliegen bzw. vorlagen.

Andererseits kann aufgrund des beim Verwaltungsgericht hinterlassenen Persönlichkeitsbildes des handelsrechtlichen Geschäftsführers D, das auf eine eingehende Befassung mit der Problematik schließen lässt, angenommen werden, dass die festgestellten Mängel durch eine Sensibilisierung der befassten Prüfer zukünftig hintangehalten werden. Auch hat in die Entscheidung einzufließen, dass seitens der Rechtsmittelwerberin glaubhaft Maßnahmen ergriffen wurden, welche die aufgezeigten Fehlerquellen künftig auszuschließen.

Festzuhalten ist, dass keinerlei Anhaltspunkte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommen sind, welche darauf hindeuten, dass durch die von der Rechtsmittelwerberin praktizierte, dem § 10 Abs. 3a PBStV widersprechende Ablauforganisation die grundsätzliche Qualität ihrer Begutachtungstätigkeit mit Mängeln behaftet hat.

Zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Durchführung der Begutachtungstätigkeit iSd § 10 Abs. 3a PBStV ist im Hinblick auf den im Verwaltungsrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die spruchgemäße Anordnung zur Vermeidung der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bestehenden Mängel notwendig. Da jedoch nicht von einer weiterhin vorliegenden Vertrauensunwürdigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen ist, (vgl. VwGH 27.03.2008, 2005/11/0193), kann mit der Erteilung des Maßnahmenauftrages im Rahmen der vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zu treffenden Pr

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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