TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/19 W116 2216793-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.07.2021
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Entscheidungsdatum

19.07.2021

Norm

BDG 1979 §43
BDG 1979 §91
BDG 1979 §92 Abs1 Z2
BDG 1979 §93
BDG 1979 §95
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W116 2216793-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch GI Bernhard AUGDOPPLER, gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 04.03.2019, Zl BMI-46046/34-DK/4/2018, betreffend die Verhängung der Disziplinarstrafe Geldstrafe nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.07.2021 zu Recht erkannt:

A)       

Der Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG insofern abgeändert, als über den Beschwerdeführer an Stelle einer Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von 700,- (siebenhundert) Euro verhängt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer ist Beamter der Landespolizeidirektion für Oberösterreich und versieht als eingeteilter Beamter Dienst auf der PI XXXX . Er steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2.       Am 18.11.2021 erstattete die Polizeiinspektion Viktring gegen den Beschwerdeführer eine Anzeige beim Strafamt der LPD Kärnten wegen § 82 Abs. 1 SPG. Der Beschwerdeführer wurde darin beschuldigt, er habe sich am 18.11.2016 um 02:35 Uhr in einer namentlich genannten Diskothek in Klagenfurt in eine Amtshandlung der Polizei auf aggressive Art und Weise eingemischt und habe versucht diese zu stören. Ein Exekutivbeamter habe den Beschwerdeführer aufgefordert, sein aggressives Verhalten einzustellen. Daraufhin habe sich der Beschwerdeführer zu diesem umgedreht und dem Exekutivbeamten mit beiden Händen einen Stoß gegen die linke Schulter und den linken Brustbereich versetzt, so dass dieser nach hinten wankte. In der Folge sei der Beschwerdeführer über eine Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt worden und man habe ihm die Festnahme angedroht, sollte er sein aggressives Verhalten nicht einstellen. Daraufhin habe der Beschwerdeführer kooperativ an der Identitätsfeststellung mitgewirkt.

3.       Mit Schreiben vom 29.11.2016 erstatte das Stadtpolizeikommando XXXX gegen den Beschwerdeführer in der Angelegenheit gemäß § 109 BDG 1979 eine Disziplinaranzeige an die LPD Oberösterreich.

4.       Mit Abschlussbericht vom 18.01.2017 erstattete die LPD Klagenfurt in der Angelegenheit gegen den Beschwerdeführer eine Strafanzeige an die StA Klagenfurt wegen Verdacht auf tätlichen Angriff auf einen Beamten. Mit Benachrichtigung vom 07.02.2017 teilte die StA Klagenfurt mit, dass das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 191 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde.

5.       Mit Straferkenntnis der LPD Kärnten vom 28.08.2017 wurde über den Beschwerdeführer in der Angelegenheit eine Geldstrafe wegen Verletzung des § 82 Abs. 1 SPG in der Höhe von Euro 45,- verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Kärnten mit Erkenntnis vom 27.08.2018 als unbegründet abgewiesen.

6.       Mit Schreiben vom 25.11.2018 leitete die LPD Oberösterreich die gegen den Beschwerdeführer in der Angelegenheit erstattete Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission beim BMI (in der Folge DK) weiter.

7.       Mit Bescheid vom 17.12.2018 leitete die DK wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe gemäß § 123 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren ein.

8.       Am 28.02.2019 führte die DK in der Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durch. Mit beschwerdegegenständlichem Disziplinarerkenntnis der DK vom 04.03.2019 wurde der Beschwerdeführer schuldig gesprochen, er habe (im Original, anonymisiert)

„1) am 18.06.2016 um 02.35 Uhr in seiner Freizeit in der Diskothek B in Klagenfurt in stark alkoholisiertem Zustand eine polizeiliche Amtshandlung gestört, in dem er sich immer wieder lautstark und aggressiv bei den einschreitenden Polizisten über die Amtshandlung beschwerte und sich immer wieder - auch physisch - in die Amtshandlung drängte; und

2) dem in der Folge gegen ihn einschreitenden Beamten, nachdem ihn dieser abgemahnt und aufgefordert hatte sein Verhalten einzustellen, einen Stoß gegen dessen Brust und Schulter versetzt, worauf dem Disziplinarbeschuldigten die Festnahme angedroht wurde.“ 

Der Beschuldigte habe mit diesem Verhalten seine Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 2 iVm. § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt. Über ihn wurde gemäß § 92 Abs. 1 Zi. 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von € 2.000,-- verhängt. In der Begründung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anoymisiert):

„Verantwortung des Beschuldigten:

Der Disziplinarbeschuldigte bekannte sich „eher nicht schuldig“ (Anmerkung: offensichtlicher Schreibfehler, weil sich der Beschwerdeführer laut Verhandlungsprotokoll „eher schuldig“ bekannte).

Angaben des Beschuldigten:

Der Beschuldigte wurde dann zu seinem Werdegang und der Ausbildung innerhalb der Polizei befragt. Seine Motivation, am 01.12. 2013 in den Polizeidienst einzutreten, er wollte einen Beruf, in dem er helfen konnte und empfand den Polizeiberuf darüber hinaus als interessant.

In der Folge beschrieb er zusammenfassend den Vorfall so, dass er bei einem Volleyball-Auswahllager der Polizei in Kärnten gewesen sei. Er sei dann am letzten Abend mit 7 Kollegen noch in die Disco gegangen, dort hätten sie sich dann ua eine Flasche Gin beststellt und diese gemeinsam getrunken. Er selbst habe zudem 2-3 Bier getrunken. Zum Zeitpunkt des Vorfalls seien wohl 100, 150 bis 200 Personen in der Disco gewesen.

Im Verlauf des weiteren Abends sei es dann zu einer Amtshandlung gegen einen seiner Volleyballkollegen gekommen, da diesem vorgeworfen wurde, dieser hätte eine Lampe beschädigt. Dieser Volleyballkollege (L) wäre zuerst vom Security¬Personal in einen ruhigeren Bereich der Disco gebracht und dort Polizisten in Zivil (die eine Überwurfjacke trugen) übergeben worden. Er selbst sei mitgegangen und wollte auf seinen Kollegen (den Polizeischüler Lukas) dahingehend einwirken, dass er sich ausweisen solle. Seine eigene Motivation sei gewesen, auf die Situation deeskalierend einzuwirken. Angesprochen, ob er das in seinem Zustand konnte, zumal aus der Anzeige (zitierend) hervorgehe, dass er „stark alkoholisiert“ gewesen sei, führte der Disziplinarbeschuldigte aus, dass er zu dem Zeitpunkt - seiner eigenen Wahrnehmung nach - mittelstark alkoholisiert gewesen sei.

Er wisse, dass ein Einschreiten in Großdiscotheken nicht immer leicht sei, zumal in seinem eigenen Überwachungsrayon (PI W) sich ebenfalls eine Großdisco befinde, in welcher auch er schon einschreiten musste.

Es sei dann bei der Amtshandlung zu einer „Traubenbildung“ gekommen und er habe dann eine Person, welche seitlich von hinten bei ihm vorbei in Richtung „L“ gehen wollte, mit seiner Hand einen Stoß gegen dessen Brust gegeben - damit wollte er ihn nur aufhalten, er habe nicht gewusst, dass es sich bei der Person um einen weiteren Polizisten handeln würde. Es sei eigentlich kein richtiger Stoß gewesen, er wollte die Person eigentlich nur „wegdrücken“, zudem fühlte auch er sich von der Person bedrängt. Im Nachhinein gesehen, sei es ein Fehler gewesen, er hätte sich in die Amtshandlung tatsächlich nicht einmischen sollen.

Angesprochen darauf, dass er noch im provisorischen Dienstverhältnis sei und warum er seinen „Job“ ohne Not auf das Spiel setze, führte er aus, dass ihm diese Frage auch schon von seinem unmittelbaren Vorgesetzten gestellt wurde. Es sei ihm damals nicht bewusst gewesen, er wisse aber zwischenzeitlich - eben durch seine Vorgesetzten - dass sein Verhalten auch zu einer Kündigung hätte führen können. Aus heutiger Sicht sei sein Verhalten „nach hinten“ losgegangen.

Der Disziplinaranwalt führte in seinem Plädoyer zusammenfassend aus, dass die vorgeworfene Dienstpflichtverletzung sich in der mündlichen Verhandlung bestätigt habe und eine weitere Beweiswürdigung, auch aufgrund des Geständnisses des Disziplinarbeschuldigten, erübrigen würde. Es dürfe aber trotz allem nicht übersehen werden, dass das strafrechtliche Verfahren nach § 270 StGB - „nur“ wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde und der Disziplinarbeschuldigte sich noch im provisorischen Dienstverhältnis befinde. Erschwerend wird wohl zu werten sein, dass zwei Dienstpflichtverletzungen angelastet wurden und sich diese bestätigt haben. Mildernd wird die bisherige Unbescholtenheit und die gute Dienstbeschreibung zu werten sein. Zudem sehe er auch eine positive Zukunftsprognose. Dies mag aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotz allem eine Geldbuße wohl nicht ausreichend sein wird. Seitens der Disziplinaranwaltschaft fordere er eine Geldstrafe im unteren Drittel.

Der Verteidiger ging in seinem Plädoyer vorweg darauf ein, dass selbst die Strafbehörde, die eine Geldstrafe von € 45,-- für das aggressive Verhalten verhing, kein großes Strafbedürfnis erkannte und wohl selbst nur von einem geringen Verschulden ausging. Der Disziplinarbeschuldigte sei geständig und darf auch nicht übersehen werden, dass der Vorfall schon sehr lange, fast 3 Jahre, zurückliege. Sein Mandant sei unbescholten, habe eine vorbildliche Dienstbeschreibung und eine sehr positive Zukunftsprognose. Aus Sicht der Verteidigung sei wohl ein Schuldspruch ohne Strafe ausreichend.

Schlusswort des Beschuldigten:

Der Beschuldigte führt aus, dass er sich den Worten seines Verteidigers anschließe. Er wolle nochmals betont wissen, dass es sich um eine „blöde Situation“ gehandelt habe und er für sich ein ähnliches Verhalten für die Zukunft ausschließen könne.“
Zur Schuldfrage wurde in weiterer Folge festgestellt, dass der Beschwerdeführer das ihm zum Vorwurf gemachte Verhalten vorsätzlich begangen habe. Nach Ausführungen zur Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG 1979 wurde Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„Gerade ein solches, wie in der Judikatur beschriebenes Verhalten, liegt gegenständlich vor. Der Disziplinarbeschuldigte setzte ein Verhalten in einem öffentlichen Lokal (Diskothek), das jedenfalls geeignet war, das Vertrauen der Bevölkerung in die sachliche Wahrnehmung zu beeinträchtigen. Nicht anders kann es erklärt werden, wenn es notwendig ist, dass Polizeibeamte den Disziplinarbeschuldigten wegen dessen aggressivem Verhalten abmahnen und dieser sein aggressives Verhalten erst nach Androhung der Festnahme durch die Polizisten einstellte. Dass solche Amtshandlungen — der Natur der Sache folgend (laut / eng / viele Menschen in unmittelbarer Nähe) - nicht zu den „einfachsten“ gehören würden und ein Einschreiten nicht erleichtert wird, wenn die bereits einschreitenden Polizeibeamten einen weiteren „Störenfried“ beamtshandeln müssen, musste dem Disziplinarbeschuldigten aus dessen eigener Erfahrung (Großdisco im Überwachungsbereich der PI W) bewusst gewesen sein, zumal er auch selbst schon in solchen Situation einschreiten musste, (allgemeiner Funktionsbezug).

Die in der mündlichen Verhandlung durch den Disziplinarbeschuldigten vorgebrachte Argumentation, er wollte tatsächlich nur deeskalierend wirken, geht in mehrerer Hinsicht ins Leere, zum einen waren die einschreitenden Kollegen nicht auf die Hilfe eines stark alkoholisierten, außer Dienst befindlichen Kollegen angewiesen und ergaben sich weder aus dem Akt noch aus der mündlichen Verhandlung Anhaltspunkte in die Richtung, dass die Situation eskaliert wäre oder drohte zu eskalieren, zum anderen war es letztendlich sogar notwendig, den Disziplinarbeschuldigten abzumahnen und diesem die Festnahme anzudrohen.

In der öffentlichen Wahrnehmung sind Polizeibehörden einer besonderen Beobachtung ausgesetzt. Gerade deswegen kommt dem ordnungs- und gesetzmäßigen Vollzug der Gesetze und Werte eine besondere Bedeutung zu.

Zusammenfassend hat der Disziplinarbeschuldigte es zu verantworten, dass durch sein Verhalten in der Öffentlichkeit es notwendig wurde, dass die Polizei gegen ihn einschreiten musste und stellt dies unstrittig eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs 2 BDG dar.“

Nach rechtlichen Ausführungen zur Strafbemessung nach § 93 Abs. 1 BDG 1979 wurden schließlich Folgendes festgestellt (im Original):

„Erschwernis- und Milderungsgründe:

Besonders verwerflich war, dass der Disziplinarbeschuldigte eine Amtshandlung der Polizei nicht nur störte, sondern diese Störung erst einstellte, als ihm die Festnahme angedroht wurde. Zudem hat er im Zuge dieser Amtshandlung einen im Dienst befindlichen Polizeibeamten durch einen bewussten Stoß bzw. Wegdrücken gegen dessen Brust versucht, von einer Amtshandlung, welche dessen Kollegen mit einer weiteren Person führten, fernzuhalten und musste deshalb in der Folge gegen ihn wegen § 270 StGB bei der StA Anzeige erstattet werden.

Die Dienstpflichtverletzung damit rechtfertigen zu wollen, dass der Disziplinarbeschuldigte eigentlich deeskalierend „mithelfen“ wollte, war aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes, aber auch aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar.

Sich - trotz Nachfrage - somit mehrmals als „eher“ schuldig zu verantworten, erreicht nicht die von der Judikatur geforderte Qualität für ein reumütiges Geständnis und kann somit auch nicht strafmildernd gewertet werden.

Es lag zu jedem Zeitpunkt in der Einflusssphäre des Disziplinarbeschuldigten unmittelbar zu reagieren und somit die Dienstpflichtverletzung abzuwenden. Wie in der Verhandlung durch den Vorsitzenden beschrieben, hätte ein „einfacher Schritt zurück“ gegenständlich wohl tatsächlich „deeskalierende“ Wirkung erzeugt bzw. wäre ein Einschreiten gegen den Disziplinarbeschuldigten nicht notwendig gewesen.

Die verfügte Sanktion erweist sich vor allem aus generalpräventiven Gründen als zwingend notwendig. Aus der Gesamtbetrachtung, gerade im Hinblick darauf, dass es der Disziplinarbeschuldigte war, der selbst eine gravierende Rechtsverletzung - gegen im Dienst befindliche und korrekt einschreitende Polizeibeamte - setzte und es notwendig war, gegen ihn mehrere Anzeigen zu erstatten und diese der Öffentlichkeit alleine schon aus den Umständen bekannt wurden, dass zumindest das Beschwerdeverfahren beim LVwG Kärnten öffentlich war, ist ein diesbezüglicher Vertrauensverlust der Allgemeinheit nachvollziehbar.

Insgesamt war die Strafe aus spezial- und generalpräventiven Gründen notwendig.“

9.       Mit Schriftsatz vom 24.03.2019 brachte der BF über seinen rechtlichen Vertreter rechtzeitig eine Beschwerde ein. Darin wird nach Darstellung des Verfahrens folgendes ausgeführt (auszugsweise, anonymisert):

„Der erkennende Senat der Disziplinarkommission hat die Rechtsnorm, die ihr grundsätzlich Ermessen einräumt, im Verhältnis zum Zweck der Norm zu extensiv ausgelegt und sich bei der Festsetzung der Strafhöhe ausschließlich von generalpräventiven Gesichtspunkten leiten lassen. Auf Seite 4 des Erkenntnisses wird angeführt, dass ich mich „eher nicht schuldig“ bekannt hätte. Das entspricht nicht den Tatsachen. Auf die Frage des Senatsvorsitzenden nach Verlesung des Spruches des Einleitungsbeschlusses, ob ich mich für schuldig bekennen würde, antwortete ich mit „eher schuldig“. Dies wurde einmal nachgefragt. Im weiteren Verlauf der Verhandlung gaben ich und auch mein Verteidiger wiederholt und ausdrücklich zu verstehen, dass ich das Unrecht meiner Handlung eingesehen hätte und mir der Vorfall auch leidtue.

Weiters wird angeführt, dass ich mich „trotz Nachfrage“ somit mehrmals als „eher“ schuldig verantwortet hätte und somit kein reumütiges Geständnis vorliegen würde, das strafmildernd gewertet hätte werden können. Dies entspricht nicht meinen Aussagen bzw. meiner Rechtfertigung.

Auf Seite 10 des Erkenntnisses wird angeführt, dass sich die verfügte Sanktion vor allem aus generalpräventiven Gründen als zwingend notwendig erweisen würde. Aus der Gesamtbetrachtung, gerade im Hinblick darauf, dass ich es war, der selbst die gravierende Rechtsverletzung setzte und es notwendig war, gegen mich mehrere Anzeigen zu erstatten und diese der Öffentlichkeit alleine schon aus den Umständen bekannt wurden, dass zumindest das Beschwerdeverfahren beim LVwG Kärnten öffentlich war, ein diesbezüglicher Vertrauensverlust der Allgemeinheit nachvollziehbar war.

Keinerlei Berücksichtigung bei der Strafbemessung fanden jedoch folgende Tatsachen bzw. Milderungsgründe:

Die Dienstpflichtverletzung ereignete sich am 18.6.2016, also vor fast drei Jahren. Seither habe ich mir sowohl im Dienst als auch privat nichts zuschulden kommen lassen. Im Gegenteil, ich wurde trotz der geringen Anzahl an Dienstjahren bereits für meine außerordentlichen Leistungen belobigt. Auch fand die über meine Person abgegebene Dienstbeschreibung meines Dienstellenleiters, die dem Senat als Beweisantrag vorgelegt wurde, keinerlei Niederschlag im Straferkenntnis.“
Der im Akt aufliegenden Dienstbeschreibung des Beschwerdeführers ist Folgendes zu entnehmen (im Original, anonymisiert):

„(Der Beschwerdeführer) versieht seit Dezember 2015 Dienst in der PI W. Bereits vor meinem Wechsel in die PI W (01.01.2019) fiel mir (der Beschwerdeführer) im Zuge dienststellenübergreifender Amtshandlungen nur positiv auf.

Dieses Bild hat sich in meiner jetzigen Tätigkeit als Pl-Kdt bestätigt. (Der Beschwerdeführer) ist bei der Dienstverrichtung vorbildlich und engagiert. Er erledigt die ihm aufgetragenen Tätigkeiten (Aktenerledigungen - Straf- sowie Verwaltungsrecht; Verkehrsschwerpunkte, etc.) zu meiner vollsten Zufriedenheit und zeigt überdies Engagement und Initiative.

Soziale Kompetenz, Unterstützung der Kollegen, Verlässlichkeit, Rückhalt und sicher auch eine Prise Humor sind weitere Eigenschaften, die dazu führen, dass (der Beschwerdeführer) Respekt und Wertschätzung seitens der Kollegen entgegengebracht werden.

Innerhalb der Kollegen ist (der Beschwerdeführer) bestens integriert.

Im Umgang mit den Parteien ist (der Beschwerdeführer) stets freundlich, höflich und korrekt; Amtshandlungen werden immer mit dem nötigen Respekt und der jeweiligen Rechtsmaterie entsprechend geführt.“

10.      Am 16.07.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines rechtlichen Vertreters und des Disziplinaranwalts eine mündliche Verhandlung durch. Zunächst wurde festgestellt, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Strafhöhe richtet. Der Schuldspruch wurde nicht bekämpft. Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gab der Beschwerdeführer an, ledig zu sein und keine Sorgepflichten oder Schulden zu haben. Die Frage, ob es weitere Vergehen des Beschwerdeführers geben würde, wurde von diesem verneint und auch der Disziplinaranwalt gab an, dass ihm diesbezüglich nichts vorliegen würde. In weiterer Folge schilderte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Vorfall aus seiner Sicht. Er habe sich in die Amtshandlung deshalb eingemischt, weil der davon Betroffene auch privat sein Freund sei und dieser ihn ersucht habe, dass er mit ihm und der Polizei mitgehe. Im Zuge der Amtshandlung sei der Freund aufgefordert worden, einen Ausweis zu zeigen und seine Daten bekannt zu geben, was dieser aus irgendeinem Grund nicht wollte. Die ganze Situation sei dann immer lauter geworden, auch deshalb, weil es in der Disko generell schon sehr laut gewesen sei. Aber es habe auch daran gelegen, dass sich sein Freund nicht beamtshandeln lassen habe wollen. Das habe den Beschwerdeführer dazu bewogen, sich einzumischen. Eigentlich habe er seinen Freund überzeugen wollen, dass er seinen Ausweis vorzeigt. Es sei dann zu einer Traubenbildung gekommen. Er habe auf seinen Freund eingeredet und ihn dabei auch berührt, um ihn zur Ausweisleistung zu bewegen. Dann sei ein weiterer Polizist in Zivil von hinten dazu gekommen. Dieser habe keine Überwurfjacke getragen und sei daher für ihn nicht als Polizist erkennbar gewesen. Als er noch nähergekommen sei, habe er diesen mit dem Handrücken bzw. Unterarm zur Seite geschoben. Nachdem sich dieser die Überwurfjacke angezogen und mit ihm ein Gespräch geführt habe, habe er erkannt, dass es ein Kollege war. Dieser habe ihm dann auch mitgeteilt, dass eine Anzeige gegen ihn erstattet werde. Dass das eine dumme Geschichte war, sei ihm klar. Das Ganze wäre ihm eigentlich gar nichts angegangen. Er habe eigentlich nur seinem Freund und Kollegen helfen wollen.

Zur Strafbemessung brachte der rechtliche Vertreter des Beschwerdeführers zunächst vor, dass die disziplinäre und strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers jedenfalls mildernd zu werten gewesen wäre. Dem stimmte auch der Disziplinaranwalt zu. Auf Vorhalt, dass nach Ansicht des Richters auch ein Tat- und Schuldeingeständnis vorliege, was sich aus dem Verhandlungsprotokoll der Disziplinarkommission ergebe, wonach sich der Beschwerdeführer zunächst mit „eher schuldig“ bekannt und in weiterer Folge auch zugegeben habe, dass sein Vorgehen ein Fehler gewesen sei, entgegnete der Disziplinaranwalt, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschuldigteneinvernahme vom 18.01.2017 zu erkennen gegeben habe, dass er nichts Unrechtes getan hätte. Auch der Umstand, dass er ein Rechtsmittel (Anm.: gegen die verhängte Verwaltungsstrafe) eingebracht habe, zeige, dass er in diesem Zusammenhang kein Unrechtsbewusstsein habe. Und schließlich habe sich der Beschwerdeführer auch in der Disziplinarverhandlung nur „eher schuldig“ bekannt. Darin sei nach der Judikatur des BVwG kein reumütiges Geständnis zu erkennen. Dem entgegnete der Vertreter des Beschwerdeführers, dass im Disziplinarverfahren der Unmittelbarkeitsgrundsatz herrsche, weshalb nur berücksichtigt werden dürfe, was in der Verhandlung vorgekommen sei. Deshalb hätte die vom Disziplinarwalt angeführte Einvernahme nicht berücksichtigt werden dürfen. Dem entgegnete der Disziplinaranwalt, dass der gesamte Akteninhalt als verlesen gelte. Der Richter wies darauf hin, dass alleine aus dem Umstand, dass jemand ein Rechtsmittel in Anspruch nimmt, noch nicht auf das Nichtvorliegen von Reumütigkeit geschlossen werden kann. Im Verhandlungsprotokoll finden sich zu diesem Thema lediglich drei Stellen, die Verantwortung als „eher schuldig, die Bezeichnung der Handlung als Fehler und das Plädoyer des Disziplinaranwalts, worin dieser selbst das Geständnis des Beschuldigten anführt. In weiterer Folge wurde die im Akt aufliegende Dienstbeschreibung des Beschwerdeführers verlesen und auf eine im Schreiben der LPD vom 20.11.2011 angeführte Belobigung des Beschwerdeführers hingewiesen. Der Beschwerdeführervertreter legte in der Folge eine aktuelle Dienstbeschreibung (08.07.2021) des Beschwerdeführers vor. Der erste Teil deckt sich inhaltlich mit der bereits im Akt liegenden Dienstbeschreibung. Aus dem zweiten Teil der Dienstbeschreibung ergibt sich, dass die Dienstleistung des Beschwerdeführers nach wie vor zur vollsten Zufriedenheit seines Vorgesetzten ist und er in diesem Jahr auch für zwei Belohnungen vorgesehen wurde.

In weiterer Folge wird darauf hingewiesen, dass die Disziplinarkommission im bekämpften Bescheid unter Erschwerungs- und Milderungsgründe ausführt, dass die Tat besonders verwerflich sei, weil der Disziplinarbeschuldigte eine Amtshandlung nicht nur störte, sondern diese Störung erst einstellte, als ihm die Festnahme angedroht wurde. Zudem habe er im Zuge dieser Amtshandlung einen im Dienst befindlichen Polizeibeamten durch einen bewussten Stoß bzw. Wegdrücken gegen die Brust versucht, von einer Amtshandlung fern zu halten, weshalb in Folge gegen ihn wegen § 270 StGB eine Strafanzeige erstattet werden musste. Diese Ausführungen sind unter Milderungs- und Erschwerungsgründe jedenfalls fehl am Platz, da es sich dabei im Wesentlichen um die Beschreibung der Tathandlung handelt, die die festgestellte Pflichtverletzung begründet. Eine weitere Würdigung als Erschwerungsgrund wäre auf Grund des Doppelverwertungsverbots jedenfalls ausgeschlossen. Der Disziplinaranwalt gab auf Nachfrage an, dagegen keine Einwände zu haben.

Zur Schwere der Pflichtverletzung führte der Richter aus, grundsätzlich die Ansicht der Disziplinarkommission zu teilen sei, dass die vorliegende Dienstpflichtverletzung grundsätzlich nicht als leicht bezeichnet werden kann. Erstens liege ein besonderer Funktionsbezug vor, da er mit seinem Verhalten Amtshandlungen gestört hat, die er auch selbst im Dienst ausführen müsse. Zudem komme, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Man könne theoretisch auch davon ausgehen, dass zwei Pflichtverletzungen vorliegen, obwohl es sich eigentlich um einen Handlungsstrang handelt. Sollte die Disziplinarkommission von zwei getrennten Dienstpflichtverletzungen ausgegangen sein, so fehlt in der Begründung auch eine Auseinandersetzung, welche der Dienstpflichtverletzung als die schwerere betrachtet wird und eine abschließende Würdigung als Erschwerungsgrund, dass zwei Pflichtverletzungen vorliegen.

Zur langen Verfahrensdauer wurde festgestellt, dass die Disziplinarkommission das Verfahren nicht hinausgezögert hat, sondern die lange Dauer im Wesentlichen mit einer Unterbrechung des Disziplinarverfahrens wegen eines anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens in Zusammenhang stand. Dazu kommen nun aber weitere zwei Jahre, mit der Folge, dass die Tat nun mehr als 4 Jahre zurückliegt. Das wird jedenfalls bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sein. Dem stimmte der Disziplinaranwalt zu.

Der Beschwerdeführer gab an, er verspreche, dass so etwas nie wieder vorkommen werde. Es sei für ihn auch nicht leicht in der Rolle des Beschwerdeführers bzw. des Beschuldigten zu sein.

Im Abschlussplädoyer führte der Disziplinaranwalt nach Wiederholung der Tathandlung Folgendes aus (im Original, anonymisiert):

… Er hat damit in einer breiten Öffentlichkeit ein Verhalten gesetzt, das nicht nur unerträglich war, sondern auch von vielen Besuchern der Diskothek wahrgenommen werden konnte. Und dann hat er – und das kann man gar nicht ausreichend unterstreichen – einen Stoß gegen die Brust eines Polizeibeamten gesetzt. Er hat also einen eigenen Kameraden angegriffen und an einer Amtshandlung zu hindern gesucht. Und wenn er die schon in einer überfüllten Diskothek schwierige Amtshandlung nicht völlig verhindert hat, so hat er sie doch unnötig für die einschreitenden Kameraden erschwert. Ein Verhalten, das in der Kultur der Polizei ein komplette no go ist. Ein Verhalten, das schnell als Widerstand gegen die Staatsgewalt gewertet werden kann und dann laut Judikatur des VwGH einen so schweren Vertrauensbruch bedeuten würde, dass nur die Entlassung folgen kann. Warum sieht der VwGH oder die Disziplinaranwaltschaft solche Angriffe aber so streng? Die Polizei weltweit zeichnet sich nur den Chorgeist aus. Zu oft wird dieser Chorgeist auch dazu verwendet, Unangenehmes zu vertuschen. Ein gesunder Chorgeist hingegen ist eine Gefahrengemeinschaft von Kameraden, denen jeder Kamerad blind vertrauen kann, muss und vertrauen will. Denn zwischen einem Kameraden und einem Arbeitskollegen besteht ein relevanter Unterschied. Ihrem Kollegen vertrauen sie vielleicht ihre Arbeit an. Ihrem Kameraden im Dienst werden sie täglich ihr Leben anvertrauen. Deshalb wiegt es so dramatisch, dass der Disziplinarbeschuldigte einen Kameraden angegriffen hat. Deshalb ist das keine Bagatelle, sondern ein schwerwiegender Vertrauensbruch in der uniformierten Kameradenschaft der Österreichischen Bundespolizei.

Er hat durch dieses Verhalten sogar einen tätlichen Angriff nach dem Strafgesetzbuch gesetzt. Denn es gab zwar auf Grund der staatsanwaltschaftlichen Entscheidung keine Anklage oder ein Urteil, aber doch eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit. Eine rein strafprozessuale Entscheidung, die am vorliegenden Tatbestand des tätlichen Angriffs, des nicht Vorliegens von Rechtfertigungsgründen und am Vorliegen der Schuldfähigkeit des Disziplinarbeschuldigten keinen Zweifel lässt. Er hat eine gerichtlich strafbare Handlung begangen, die aber am untersten Limit gelegen hat und deshalb von der Staatsanwaltschaft nicht weiterverfolgt wurde.

Daneben wurde er für sein aggressives Verhalten auch noch rechtskräftig bestraft, wonach er eine Verwaltungsübertretung und zwar jene des aggressiven Verhaltens gesetzt hat. Wer sich trotz Abmahnung aggressiv gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht verhält. Dabei ist dieses Verhalten von der Judikatur wie folgt beschrieben: Wer die ihm zugebilligte Abwehr vermeintlichen polizeilichen Unrechts derart überschreitet, dass diese Abwehr zufolge des Tons des Vorbringens und / oder der zur Schau gestellten Gestik als aggressiv gewertet werden muss.

Anstelle aber in tiefer Reue diese Verwaltungsstrafe anzunehmen und die Sache auf sich beruhen zu lassen, erhob der Disziplinarbeschuldigte eine Beschwerde an das LVwG. Und zwar wegen Schuld, nicht Strafhöhe. Auch dort wurde entschieden, dass der Disziplinarbeschuldigte ein aggressives Verhalten gesetzt hatte.

Zusammengefasst stehen wir also vor einem Polizeibeamten, der beide zentrale Schutznormen für die Österreichische Bundespolizei verletzt hat. Er hat einen Sachverhalt verwirklicht, der einen tätlichen Angriff auf einen Beamten verwirklichte, und er hat sich gegenüber mehreren Polizeibeamten durch seine unerträgliche Art der Gestik und Kommunikation aggressiv verhalten. Dabei war der Disziplinarbeschuldigte damals nicht einmal pragmatisiert.

Nun, heute wird dies anders sein. Ich gehe davon aus, dass er sich zwischenzeitlich zu einem brauchbaren Polizeibeamten gemausert hat, der den Chorgeist richtig versteht und lebt. Dennoch halte ich es für befremdlich, dass wir heute noch einmal über diesen Sachverhalt diskutieren. Das Ganze hat sich vor nunmehr 5 Jahren ereignet. Die Disziplinarkommission hat in ihrer Erstentscheidung eine Geldstrafe von 2000 € verhängt. Sie können von Glück sprechen, dass mein zwischenzeitlich pensionierter Vorgänger Oberst K in diesen Dingen ein großes Herz hatte. Jedenfalls hat er im Namen der Disziplinaranwaltschaft nicht auch Beschwerde erhoben und haben Sie heute deshalb das große Glück, dass die Strafe nicht höher werden kann, als in der ersten Instanz.

Dennoch darf ich den Senat darauf hinweisen, dass die damals verhängte Strafe sich ohnehin schon im untersten Bereich des spezial- und generalpräventiv Notwendigen bewegt hat. Eine Verringerung dieser Strafe ist keinesfalls in Betracht zu ziehen.

Das Disziplinarrecht verfolgt den Zweck, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung des Ames sicherzustellen. Wie wurde das Vertrauen der Allgemeinheit aber erschüttert, wenn ein sturzbetrunkener junger Polizeibeamter in einer vollen Diskothek eine polizeiliche Amtshandlung stört, die ihn nichts angeht, dabei einem Polizeibeamten stößt, schreit und laut gestikuliert. Was soll die Allgemeinheit von der Österreichischen Bundespolizei und Ihrem stolzen Chor halten, wenn man ein solches Verhalten im Kameradengericht nicht streng ahndet. Und streng geahndet wurde es in der ersten Instanz ohnehin nicht. Gerade einmal 2000 €, insofern eine Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezuges, sohin die unterste Grenze der möglichen Geldstrafe. Halten wir uns vor Augen, dass dieses Verhalten in der Privatwirtschaft zu einer fristlosen Kündigung führen würde.

Ich lese in der Beschwerde des von mir sehr geschätzten Beamtenverteidigers A, dass sich der Disziplinarbeschuldigte doch reuig gezeigt hätte. Nun, das hat er nicht. Er hat sich für eher schuldig erkannt. Jetzt möchte ich an dieser Stelle doch den Senat fragen, was der Disziplinarbeschuldigte denn an diesem Abend richtiggemacht hat? Wo war er denn eher nicht schuldig? Beim Stoßen des Kollegen, beim Anschreien, beim heftigen Gestikulieren, beim aggressiven Verhalten. Es ist eine Tatsache, dass hier kein Geständnis vorliegt, das die Vorwurfspunkte umfasst und vor allem fehlte damals die klare innere gesinnungsmäßige Missbilligung und Distanzierung des eigenen Verhaltens. Denn wenn ich mein Verhalten missbillige, dann muss ich weder eine Beschwerde an das LVwG erheben, noch muss ich das gegen mich verhängte Disziplinarerkenntnis bekämpfen. Es lag damals kein reumütiges Geständnis vor und war dies deshalb nicht als Milderungsgrund anzunehmen.

Und auch in seiner mündlichen Rechtfertigung im Verfahren vor der Disziplinarkommission hat er doch ernsthaft behauptet, er hätte deeskalieren zu wirken versucht. Dafür gibt es ein passendes Sprichwort: sie stecken nicht im Stau, Sie sind der Stau. Sie waren damals nicht die Deeskalation, sondern die Eskalation. Sie hatten ein riesiges Glück, dass die Polizeibeamten – ihre damaligen wie heutigen Kameraden – sie nicht einfach festgenommen haben. Denn dann würde es diese Verhandlung heute mit Sicherheit nicht geben.

Den einzigen Milderungsgrund, den ich dem Disziplinarbeschuldigte zugestehe, ist die übermäßig lange Verfahrensdauer. 5 Jahre bis zu einer Verhandlung beim BVwG sind zu lange.

Nicht hingegen als Milderungsgrund ist zu erkennen, dass sich der Disziplinarbeschuldigte nach dem Vorfall zumindest 3 Jahre bis zur vorgelegten Stellungnahme wohl verhalten hat. Das ist kein Milderungsgrund, sondern das normale von einem Beamten zu erwartende dienstliche Verhalten, für das er seinen monatlichen Gehalt erhält. Das normal geforderte Verhalten als Milderungsgrund anzunehmen, wäre übertrieben. Eine überdurchschnittliche herausragende dienstliche Verrichtung ersehe ich dem Akt jedenfalls keine.

Spezialpräventiv war die Strafe fruchtend. Der Disziplinarbeschuldigte hat sich bis heute stets wohlverhalten und hat seinen Alkoholmissbrauch von damals sowie sein Gemüt und seinen Charakter unter Kontrolle. Die Spezialprävention der ersten Instanz hat gewirkt und kann heute wohl mit gutem Gewissen zurücktreten.

Aber bei der Generalprävention schaut es völlig anders aus. Die Kameraden der Polizei würden mit völligem Unverständnis reagieren, wenn einer der unseren ein solches unerträgliches Verhalten setzt, und dann auch noch mit einer geringen Strafe davonkommt. Alles was unterhalb der Geldstrafe – sohin Geldbuße oder Verweis liegt – ist für die Verwirklichung zweier Straftatbestände, deren ureigenster Zweck es ist, Polizeibeamte im Einsatz strafrechtlich zu schützen – indiskutabel. Stellen wir uns vor, wie die Allgemeinheit mit Unverständnis reagieren würde, würde sie von einer Herabsetzung dieser niedrigen Strafe erfahren. Bei der Schwere der Schuld ist zu berücksichtigen:

•        Die Verhaltensweisen des Disziplinarbeschuldigten waren strafrechtlich sanktioniert

•        Sie waren beide Male jene Strafnormen, die im Besonderen Polizeibeamte schützen

•        Er hat den speziellen Funktionsbezug verwirklicht, weil er sowohl für das Delikt des § 270 StGB als auch jenes des aggressiven Verhaltens zur Verfolgung verpflichtet ist.

•        Sein Verhalten war vorsätzlich und nicht nur fahrlässig gesetzt.

•        Er war sichtlich alkoholisiert, hat diese aber selber herbeigeführt und wusste auf Grund seiner dienstlichen Tätigkeit, was Alkohol mit dem Verhalten mancher Menschen macht.

•        Und spätestens seit diesem Vorfall auf einer kleinen Insel namens Ibiza und der gerne verwendete Rechtfertigung einer „bsoffenen Geschichte“ bin ich überzeugt, dass Alkohol uns nicht enthemmt und verstellt, sondern oft unseren wahren Charakter zum Vorschein bringt!

Bei den Erschwernisgründen ist zu beachten, dass aus Sicht der DA doch zwei Verhaltensweisen vorliegen. Zunächst war er aggressiv und setzte eine Verwaltungsübertretung. Von dieser getrennt versetzte er einen Stoß und verwirklichte § 270 StGB. Das ersieht man bereits daraus, dass sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verwaltungsstrafbehörde ihre Zuständigkeit wahrgenommen haben. Keiner hat eine Unzuständigkeit erkannt. Denn sowohl das aggressive Verhalten wurde bestraft, als auch die Staatsanwaltschaft hat „nur“ eingestellt, nicht aber den Tatbestand als nicht gegeben erachtet. Als einzigen Milderungsgrund stimme ich der zu langen Verfahrensdauer zu und dass er sich seit vielen Jahren wohl verhält. Da die Erschwernisgründe aber damals wie heute überwiegen, ist an der Strafe nichts zu reduzieren. Von einem provisorischen Beamten, der in anderen LPDs vermutlich gar nicht mehr pragmatisiert worden wäre, wäre ein anderes Verhalten zu erwarten gewesen, als 2 Verwaltungsgerichte mit dieser Sache Jahre später noch zu belästigen. Er hätte die Strafe auch einfach annehmen können, sie war meines Erachtens damals viel zu niedrig, ist heute aber unter Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer und seines dienstlich positiven Werdeganges aber genau richtig. Aus diesem Grund beantragt die Disziplinaranwaltschaft die Abweisung der Beschwerde als unbegründet und die Bestätigung des erstinstanzlichen Erkenntnisses der Disziplinarkommission.“
Der rechtliche Vertreter des Beschwerdeführers führte in seinem Schlussplädoyer folgendes aus (im Original, anonymisiert):

„Der Beschuldigte und die Verteidigung nahmen bei der erstinstanzlichen Verhandlung die Tatsachenfeststellung im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten zur Kenntnis und als gegeben an. Es ist also davon auszugehen, dass es sich bei dem angezeigten und abgeurteilten Verhalten des Beschuldigten um ein aggressives Verhalten gegenüber einem Sicherheitswachebeamten gehandelt hat. Die ausgesprochene Strafe von 45 Euro bei einem Strafrahmen von bis zu 500 Euro macht aber erfahrungsgemäß auch deutlich, dass von Seiten der Strafbehörde von einem sehr geringen Verschulden ausgegangen wurde. Zum strafrechtlichen Verfahren ist jedoch anzuführen, dass es eine Frage der Auslegung ist, ob ein Verfahren nur wegen Geringfügigkeit oder eben wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde. Jedoch obliegt es der Disziplinarbehörde, den Sachverhalt vom disziplinarrechtlichen Standpunkt aus zu würdigen. Der Beschuldigte ist zum Sachverhalt und zum Umstand geständig, dass das von ihm vor nunmehr fünf Jahren gesetzte Verhalten in der Freizeit geeignet war, dem Ansehen der Beamtenschaft in der Öffentlichkeit zu schaden und der Vorfall tut ihm sehr leid. Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, die Milderungsgründe sind zu berücksichtigen und auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Der Beschuldigte ist zu seiner Dienstpflichtverletzung geständig und sieht seine Verfehlung auch vollkommen ein. Sein größter Wunsch ist, dass dieses lange Verfahren endlich einen Abschluss finden möge. Er ist disziplinär unbescholten und wurde für seine dienstliche Tätigkeit, trotz der sehr kurzen Zeit, für seine außerordentlichen Leistungen bereits belobigt. Durch die lange Dauer des Verfahrens wurde er in seinem beruflichen Fortkommen bereits mehrmals behindert, da er sich nicht für die Auswahlprüfung des E2a-Kurses für dienstführende Beamte bewerben konnte. Auch die Betrauung mit einem unbesetzten dienstführenden Posten auf der PI P wurde ihm aus dem gleichen Grunde verwehrt. Sein nunmehriger Dienststellenleiter, Chefinspektor P beschreibt ihn wie bereits verlesen und der SPK-Kommandant, Oberst H lobte ihn in einem Telefonat vor 2 Tagen in derselben Art und Weise. Unter Abwägung aller Umstände und im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beschuldigten lässt sich in spezialpräventiver Hinsicht eine sehr positive Zukunftsprognose stellen, die wiederum gegen die Verhängung der Disziplinarstrafe, der Geldstrafe, spricht. Aus diesem Grunde wurde auch Beschwerde gegen das Erkenntnis eingebracht.“
Der Beschwerdeführer gab abschließend an, dass es ihm extrem leidtue und das nie wieder vorkommen werde.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Beamter der Landespolizeidirektion für Oberösterreich und versieht als eingeteilter Beamter Dienst auf der PI XXXX . Er steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist ledig, schuldenfrei und hat keine Sorgepflichten. Der für die Bemessung von Geldbußen und Geldstrafen maßgebliche Monatsbezug des Beschwerdeführers betrug 1.916,50 Euro.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich und disziplinarrechtlich unbescholten. Er verrichtet seinen Dienst zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten und wird von seinen Kollegen respektiert. Aufgrund des positiven persönlichen Eindrucks, den der Beschwerdeführer mit seinem aufrichtigen, respektvollen und korrekten Auftreten in der mündlichen Verhandlung hinterließ, kann davon ausgegangen werden, dass er die Tathandlungen ernsthaft bereut und in Zukunft keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen wird.

Der Beschwerdeführer hat am 18.06.2016 um 02.35 Uhr in seiner Freizeit in der Diskothek B in Klagenfurt in stark alkoholisiertem Zustand eine polizeiliche Amtshandlung gestört, in dem er sich immer wieder lautstark und aggressiv bei den einschreitenden Polizisten über die Amtshandlung beschwerte und sich immer wieder - auch physisch - in die Amtshandlung drängte; und dem in der Folge gegen ihn einschreitenden Beamten, nachdem ihn dieser abgemahnt und aufgefordert hatte sein Verhalten einzustellen, einen Stoß gegen dessen Brust und Schulter versetzt, worauf dem Disziplinarbeschuldigten die Festnahme angedroht wurde.

Der Beschwerdeführer hat sich bereits in der mündlichen Verhandlung vor der DK hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen schuldig bekannt und die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen in den wesentlichen Punkten eingestanden. Die gegenständliche Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die verhängte Strafhöhe. Der Schuldspruch erwuchs daher in Rechtskraft.

Mit Abschlussbericht vom 18.01.2017 erstattete die LPD Klagenfurt in der Angelegenheit gegen den Beschwerdeführer eine Strafanzeige an die StA Klagenfurt wegen Verdacht auf tätlichen Angriff auf einen Beamten. Mit Benachrichtigung vom 07.02.2017 teilte die StA Klagenfurt mit, dass das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 191 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde.

Mit Straferkenntnis der LPD Kärnten vom 28.08.2017 wurde über den Beschwerdeführer wegen dem ihm hier zum Vorwurf gemachten Verhalten wegen Verletzung des § 82 Abs. 1 SPG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 45,- verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Kärnten mit Erkenntnis vom 27.08.2018 als unbegründet abgewiesen.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten, aus der im Akt aufliegenden und der in der Verhandlung vorgelegten aktuellen Dienstbeschreibung vom 08.07.2021, den diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen der Parteien und dem aufrichtigen und korrekten Auftreten des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen betreffend die dem Beschwerdeführer hier zum Vorwurf gemachten Tathandlungen ergeben sich zur Gänze aus den im Akt aufliegenden Unterlagen, dabei insbesondere aus den Tatsachenfeststellungen der Strafbehörde und des Landesverwaltungsgerichts sowie aus dem vorliegenden Disziplinarerkenntnis, dessen Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist.

Die Feststellungen betreffend die gegen den Beschwerdeführer in der Angelegenheit geführten verwaltungsstrafrechtlichen und strafgerichtlichen Verfahren ergeben sich zur Gänze aus den diesbezüglich im Akt aufliegenden Unterlagen.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2019 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Angelegenheiten des § 20 Abs. 1 Z 2 und 3, des § 38, des § 40 und des § 41 Abs. 2 durch einen Senat zu erfolgen. Da hier kein derartiger Fall vorliegt, ist Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Angelegenheit am 16.07.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt steht nun aufgrund der Aktenlage und der weiteren Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

3.2.    Zu Spruchteil A):

3.2.1.  Zu den maßgeblichen Bestimmungen:

§ 43 des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, in der zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 153/2009 lautet:

Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

§ 91 des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, in der hier maßgeblichen (Tatzeitpunkt 18.11.2016) Fassung BGBl. I Nr. 87/2002 lautet:

Dienstpflichtverletzungen

§ 91.   Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

§§ 92, 93 und 95 des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, in den hier (Tatzeitpunkt 18.11.2016) maßgeblichen Fassungen BGBl. I Nr. 140/2011, BGBl I Nr. 147/2009 und BGBl I Nr. 210/2013 lauten:

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges,

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen,

4. die Entlassung.

….

Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Zusammentreffen von strafbaren Handlungen mit Dienstpflichtverletzungen

§ 95. (1) Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, ist von der disziplinären Verfolgung des Beamten abzusehen. Erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung nicht in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes (disziplinärer Überhang), ist nach § 93 vorzugehen.

(2) Die Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines Verwaltungsgerichts) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (das Verwaltungsgericht) als nicht erweisbar angenommen hat.

3.2.2.  Zur Auslegung und Anwendung auf den vorliegenden Fall:

Zunächst ist vorauszuschicken, dass die DK zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der BF mit dem ihm hier zum Vorwurf gemachten Verhalten gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 (in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt) schuldhaft verstoßen und damit Dienstpflichtverletzungen nach § 91 BDG 1979 begangen hat. Der Schuldspruch wurde in der Beschwerde auch nicht angefochten.

Gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 wäre von einer disziplinären Verfolgung dann abzusehen, wenn der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurde und sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes erschöpft. Es ist daher bei einer bereits erfolgten verwaltungsbehördlichen Bestrafung zunächst zu prüfen, ob ein sogenannter disziplinärer Überhang vorliegt.

Zur Frage des Vorliegens eines disziplinären Überhangs hat der VwGH bereits wiederholt ausgeführt, dass bei einer Ahndung des fraglichen Verhaltens nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 ein disziplinärer Überhang in der Regel immer vorliegen wird. Siehe dazu insbesondere den Stammrechtssatz des VwGH vom 18.04.2002, Zl. 2000/09/0176:

„Der für die disziplinäre Verfolgung wesentliche Gesichtspunkt, das Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, wird bei der Verhängung von Verwaltungsstrafen oder einer gerichtlichen Strafe in keiner Weise berücksichtigt, da das Verhalten in diesen Verfahren nur an jenen Maßstäben zu messen ist, die für alle Normunterworfenen zu gelten haben. Daraus folgt aber, dass die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Verurteilung in jenen Fällen, in denen das strafbare Verhalten zugleich eine Verletzung des im § 43 Abs. 2 BDG 1979 geregelten Tatbestandsmerkmales des "Vertrauens der Allgemeinheit" beinhaltet, den mit der Disziplinarstrafe verfolgten Zweck, den Beamten an die ihm auf Grund seines Beamtenstatus obliegenden besonderen Pflichten zu mahnen, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, nicht miterfüllen und daher objektiv auch nicht die mit der Disziplinarstrafe beabsichtigte Wirkung auf den betreffenden Beamten entfalten kann (vgl. die bei Schwabl/Chilf, Disziplinarrecht2, auf S. 126 referierte hg. Judikatur, sowie Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten2, S. 45).“.
Ein solch disziplinärer Überhang liegt auch im gegenständlichen Fall vor. Die Disziplinarbehörde hat in diesem Zusammenhang zu Recht zum Ausdruck gebracht, dass es das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben eines Polizisten erschüttert, wenn bekannt wird, dass er sich in seiner Freizeit in einer Diskothek im angetrunkenen Zustand auf aggressive Art und Weise in eine Amtshandlung der Polizei einmischt und dabei einem einschreitenden Beamten sogar einen Stoß versetzt, sodass ihm schließlich sogar die Festnahme angedroht werden muss. Ein besonderer Funktionsbezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers, der solche Einsätze dienstlich selbst durchzuführen hat, ist hier jedenfalls gegeben. Gerade im Polizeidienst ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in das rechtmäßige Vorgehen seiner Organe für ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Gerichtsbetriebs unverzichtbar. Die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe erscheint daher auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts notwendig, um sowohl dem BF als auch allen übrigen Bediensteten das mit ihrer besonderen Stellung verbundene hohe Maß an Verantwortung vor Augen zu führen.
Die Disziplinarkommission hat eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000,- Euro verhängt, das entspricht ungefähr einem Monatsbezug des Beschwerdeführers im für die Strafzumessung relevanten Monat (konkret 1,916,50 Euro)

Zur Strafbemessung nach § 93 BDG 1979 in der hier anzuwendenden Fassung der Dienstrechtsnovelle 2008, BGBl. I Nr. 147, hat der VwGH zuletzt in seinem Erkenntnis vom 25.09.2019, Zl 2019/09/0062, Folgendes zusammengefasst:

"Zu der nunmehr anzuwendenden Rechtslage ist zu bemerken, dass der erste Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nicht verändert worden ist. Nach wie vor gilt als ‚Maß für die Höhe der Strafe' die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der ‚Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes und für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend als auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR 14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der ‚Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2008, Zl. 2007/09/0320, und vom 29. April 2011, Zl. 2009/09/0132, mwN).

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). Daran hat sich auch durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nichts geändert.

Unverändert ist durch die Dienstrechts-Novelle 2008 auch § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 geblieben, wonach bei der Strafbemessung die nach dem Strafgesetzbuch maßgebenden Gründe dem Sinne nach zu berücksichtigen sind und daher hinsichtlich des Grades des Verschuldens nach dem gemäß zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen ist, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte.

Ferner sind w

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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