TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/27 I416 1218380-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2021
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Entscheidungsdatum

27.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I416 1218380-4/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Dr. Markus BERNHAUSER, Schmerlingplatz 3, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.08.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.06.1998 unter dem Namen XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass er fälschlicherweise als Mitglied der „Aschurischen Demokratischen Partei“ gehalten und in Haft genommen worden sei, wo er Folter erfahren habe.

2.       Mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 27.07.1998, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung bzw. Abschiebung in den Irak für zulässig erklärt. Mangels Einbringung eines Rechtsmittels erwuchs der Bescheid mit 19.08.1998 in Rechtskraft.

3.       Der Beschwerdeführer stellte am 06.12.1999 unter dem Namen XXXX einen Asylantrag in Deutschland und wurde in diesem Verfahren ein Übernahmeersuchen nach dem Dublin-Übereinkommen an Österreich gerichtet, woraufhin der Beschwerdeführer am 14.06.2000 nach Österreich überstellt wurde.

4.       Am 15.06.2000 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei er unter dem Namen XXXX auftrat. Dahingehend gab er an, bei seiner Vernehmung zum ersten Asylverfahren einen gefälschten Ausweis vorgelegt zu haben, da sein Hauptziel Deutschland gewesen sei. Sohin sei geplant gewesen, bei einer Anhaltung auf dem Weg nach Deutschland den falschen Ausweis vorzulegen, damit die deutschen Behörden von einem Asylantrag in Österreich nichts erfahren würden.

5.       Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.08.2000, Zl. XXXX , wurde der Asylantrag vom 15.06.2000 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, da er das im Erstverfahren erstattete Fluchtvorbringen wiederholte und keine neuen Asylgründe vorbrachte.

6.       Am 16.08.2000 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 16.08.2000 Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat und wies dieser mit Bescheid vom 22.09.2000, Zl. XXXX , die Berufung des Beschwerdeführers rechtskräftig ab.

7        Der Beschwerdeführer stellte sodann am 11.09.2000 einen weiteren Asylantrag in Deutschland und sicherte das Bundesasylamt, Grundsatz- und Dublinabteilung, mit Schreiben vom 13.11.2000 der Überstellung des Beschwerdeführers am 17.11.2000 nach Österreich zu.

8.       Der sodann am 17.11.2000 in Österreich gestellte Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.11.2000, Zl: XXXX , erneut wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Am 27.11.2000 erfolgte ein Rechtsmittelverzicht des Beschwerdeführers, sodass die Entscheidung des Bundesasylamtes in Rechtskraft erwachsen ist. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 27.11.2000 wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

9.       Am 19.01.2001 erfolgte gemäß dem Dubliner Übereinkommen eine weitere Überstellung des Beschwerdeführers nach Österreich, da er am 05.12.2000 einen weiteren Asylfolgeantrag in Deutschland stellte.

10.      Der nach der Rücküberstellung nach Österreich gestellte vierte Asylantrag des Beschwerdeführers vom 19.01.2001 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.01.2001, Zl. XXXX , wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs aufgrund des zeitweisen unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers erst am 01.03.2001 in Rechtskraft.

11.      Am 17.09.2001 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag in Österreich und wurde dieser mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2002, Zl. XXXX , wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

12.      Mit Schriftsatz seiner damals ausgewiesenen Rechtsvertretung erhob der Beschwerdeführer am 08.03.2002 Berufung gegen den Bescheid vom 20.02.2002, wobei der Beschwerdeführer am 07.05.2002 nach unbekannt verzogen ist. Das Berufungsverfahren wurde daher vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Aktenvermerk vom 15.05.2002 eingestellt, da eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wegen Abwesenheit des Asylwerbers nicht möglich war.

13.      Am 07.10.2002 stellte er einen Antrag auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens und wurde in weiterer Folge für den 30.11.2004 eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt. Der Beschwerdeführer leistete seiner Ladung zur Verhandlung keine Folge und wurde daher das anhängige Berufungsverfahren am 30.11.2004 neuerlich wegen Abwesenheit des Asylwerbers eingestellt.

14.      Am 18.04.2005 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Verbrechen nach dem SMG festgenommen und wurde am 20.04.2005 über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr verhängt. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.11.2005 zu XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen einem Verbrechen nach §§ 28 Abs. 2, Abs. 3 erster Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, § 15 StGB, und den Vergehen nach §§ 28 Abs. 1, 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren, rechtskräftig seit 22.02.2006, verurteilt. Der Beschwerdeführer wurde am 18.04.2008, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, aus der Freiheitsstrafe entlassen.

15.      Aufgrund eines Schriftsatzes des damals ausgewiesenen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 15.12.2004, in welchem der Antrag auf Fortsetzung des Verfahren gestellt wurde, beraumte der Unabhängige Bundesasylsenat in der Angelegenheit der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.03.2002 für 17.10.2006 eine neuerliche mündliche Verhandlung an.

16.      Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom 08.03.2002 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.02.2002 mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 02.03.2007, Zl. XXXX , gemäß § 68 Abs. 1 AVG rechtskräftig abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die im Berufungsverfahren des Beschwerdeführers erstmals vorgebrachte Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur christlichen Religionsgemeinschaft eine unzulässige Neuerung im Berufungsverfahren darstelle und daher nicht zu berücksichtigen sei.

17.      Im Zuge seiner Festnahme am 08.05.2008 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag in Österreich und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab er befragt zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er sein Heimatland zwar wegen Problemen mit der Regierung verlassen habe, mittlerweile jedoch befürchte, aufgrund seiner Zugehörigkeit zur christlichen Religionsgemeinschaft bei einer Rückkehr in den Irak getötet zu werden.

18.      Am 27.05.2008 und am 29.05.2008 erfolgten zwei niederschriftliche Einvernahmen des Beschwerdeführers durch das Bundesasylamt und führte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe den Terror im Irak sowie die Drohungen und Verfolgungen von Christen im Irak an. Außerdem würden zwei seiner Schwestern bei „den Amerikanern“ als Dolmetscherinnen arbeiten und sei dadurch die gesamte Familie extrem gefährdet. Die Familie hätte mehrere Drohbriefe erhalten und daher die Wohnung wechseln müssen. Als die Familie in Mosul gelebt habe, seien sie aufgefordert worden, das Gebiet zu verlassen, und sei dieses Gebiet schließlich am 23.01.2008 von Terroristen angegriffen und weitgehend zerstört worden. Zudem wolle er in der Nähe seiner in Österreich lebenden Tochter XXXX (A.E.), geb. am XXXX , leben und Österreich nicht verlassen.

19.      Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.08.2008, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 08.05.2008 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Irak ausgewiesen.

20.      Der gegen den Bescheid vom 30.08.2008 erhobenen Beschwerde vom 18.09.2008 wurde mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 13.10.2008, Zl. XXXX , die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

21.      Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 03.11.2008, XXXX , wurde der Beschwerde vom 18.09.2008 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Begründend führte der Asylgerichtshof an, dass es die Erstbehörde unterlassen habe, sich ausreichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, als dieser erstmals vorgebracht habe, bei seiner Rückkehr aufgrund der früheren Tätigkeit seiner Schwestern als Dolmetscherinnen der sog. „Coalition Provisional Authority (CPA) North“ ebenfalls einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt zu sein. Die unterstützend vorgelegten Unterlagen wären jedoch zu würdigen gewesen und hätte die Behörde aktuelle Berichte heranzuziehen gehabt, um die aktuelle Lage im Irak in Hinblick auf eine Gefährdung aufgrund einer solchen Tätigkeit für die CPA im Nordirak beurteilen zu können.

22.      Am 22.04.2009 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt und erklärte der Beschwerdeführer dabei, dass er als (assyrischer) Christ im Irak bei einer Kontrolle auf der Straße jederzeit sterben könnte. Zudem legte er Berichte zur Bescheinigung der Verfolgung der christlichen Minderheit in Mosul vor.

23.      Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.04.2009, Zl. XXXX , wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers vom 08.05.2008 gemäß § 3 AsylG stattgegeben und ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wurde zudem festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

24.      Am 24.03.2018 wurde über den Beschwerdeführer zur Zl. XXXX die Untersuchungshaft wegen des Verdachts nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall verhängt und am 02.07.2018 durch die Staatsanwaltschaft XXXX vor dem Landesgericht XXXX als Schöffengericht Anklage gegen den Beschwerdeführer erhoben.

25.      Der Beschwerdeführer wurde mittels Parteiengehör vom 13.08.2018 über die Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Kenntnis gesetzt und wurde ihm die Möglichkeit gewährt, schriftliche Fragen zu seiner aktuellen privaten und familiären Situation in Österreich zu beantworten bzw. eine Stellungnahme zur Situation im Irak abzugeben.

26.      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX als Schöffengericht vom 16.08.2018 zu XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt.

27.      Am 29.05.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Darin erklärte der Beschwerdeführer unter anderem, dass er keine Medikamente nehme, jedoch Probleme mit den Nieren, Nierensteine und einen Leistenbruch habe. Er habe bereits zwei Operationen wegen des Leistenbruchs hinter sich, eine im Irak und eine in Österreich, und habe er hohe Blutfettwerte gehabt, wogegen er Medikamente genommen habe. Er sei derzeit beim Gefängnisarzt wegen seiner Nierensteine in Behandlung und habe keine Einwände gegen eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht. Dahingehend führte er weiters aus, dass es in seiner Heimatgegend im Irak keine Krankenhäuser gäbe und die Stadt Mosul dem Erdboden gleichgemacht worden sei. Es gäbe keine Medikamente und sei die ärztliche Betreuung miserabel, weshalb er Angst um seine Gesundheit habe. Zudem sei er seit 21 Jahren aus dem Irak weg und habe keine Beziehung mehr zum Irak. Sein Vater sei im Jahr 2015 verstorben und seine Familie nicht mehr im Irak; seine Angehörigen würden in den USA, in Deutschland und in Australien leben. Er befinde sich seit 1998 im österreichischen Bundesgebiet, wobei er neben einigen kürzeren Aufenthalten in Deutschland wegen eines Asylantrages ungefähr zehn Monate in Deutschland verbracht habe. Er sei ledig und entstamme aus einer früheren Beziehung mit einer Österreicherin eine gemeinsame Tochter. Deren Mutter wolle nicht, dass ein starker Kontakt zur gemeinsamen Tochter bestehe und würde seine Tochter ihn nicht im Gefängnis besuchen, allerdings habe er eine besondere Bindung zu seiner Tochter und hätte er vor der Inhaftierung Alimente bezahlt. Seit dem Jahr 2011 sei er in einer Beziehung mit einer arabischen Frau, welche ihn im Gefängnis besuche. Er absolviere derzeit im Gefängnis eine Ausbildung zum Koch um ein neues Leben anzufangen und habe Schulden in der Höhe von über EUR 33.000. Da er aufgrund seiner Vorstrafe keine Arbeit gefunden habe, habe er illegal in Österreich gearbeitet und sein Leben mit Sozialhilfeleistungen finanziert. Er habe bereits Deutschkurse absolviert, könne gut Deutsch verstehen und sei Mitglied der assyrischen Kirche in XXXX . Im Irak habe er insgesamt dreizehn Jahre die Schule besucht. Befragt zu den Lebensumständen im Irak erklärte der Beschwerdeführer, dass es der Familie von finanzieller Seite her gut gegangen sei, jedoch sei es für sie als Christen schwer gewesen im Land zu leben. Er habe im Irak als Supervisor in einem Hotel gearbeitet und monatlich 300 irakische Dinar verdient. Er habe in Mosul, Mansour, mit seinen Eltern und Geschwistern in einem Eigentumshaus gelebt. Aufgrund seiner Probleme wegen der Religion sei er damals aus dem Irak ausgereist und bestünden diese nach wie vor, da Daesh keine Christen möge und sein Leben aufgrund der verschiedenen Milizen in Gefahr wäre.

28.      Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 06.09.2019, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid vom 22.04.2009, Zl. XXXX , zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Des Weiteren wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

29.      Mit Verfahrensanordnung vom 11.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, als Rechtsberaterin für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

30.      Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 06.09.2019 erhob der Beschwerdeführer durch seine nunmehr ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 01.10.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte unrichtige Sachverhaltsfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtige rechtliche Beurteilung sowie wesentliche Verfahrensmängel. Weiters würden wesentliche Neuerungen vorgebracht, welche bisher ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht angeführt hätten werden können. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde zu Unrecht zur Beurteilung gekommen sei, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Straftaten eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit und die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich darstelle. So hätte es sich bei der Verurteilung nicht um den Handel mit schweren Drogen gehandelt, sondern um Cannabiskraut bzw. Cannabisharz und stellt dies nicht eine derartige Gefahr für die Allgemeinheit des Staates dar; schließlich gäbe es Staaten, in welchen der Konsum, die Weitergabe und der Handel mit derartigen Produkten legal seien. Die Taten des Beschwerdeführers seien weder für sich genommen besonders schwerwiegend gewesen, noch seien besondere Umstände hinzugetreten, welche begründen würden, dass der Straftat die außerordentliche Schwere anhafte. Auch liege keine Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers vor und sei das Verhalten des Beschwerdeführers in Haft nicht in die Prognoseerstellung der belangten Behörde einbezogen worden. Die belangte Behörde habe es unberücksichtigt gelassen, dass der Beschwerdeführer nunmehr seit mehr als zehn Jahren im Bundesgebiet seinen Aufenthalt habe und läge die erforderliche Qualifikation, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet wäre, nicht vor. Des Weiteren habe die belangte Behörde trotz der herangezogenen eindeutigen Länderberichte unrichtigerweise angenommen, dass dem Beschwerdeführer keine konventionswidrige Gefährdung seines Lebens und seiner Gesundheit und körperlichen Integrität zukommen würde, insbesondere da der Beschwerdeführer syrischer Christ sei. So sei er als Angehöriger einer Minderheit auch weiterhin mit Belästigungen, einschließlich sexueller Übergriffe und Einschränkungen durch lokale Behörden in einigen Regionen konfrontiert. Der irakische Staat könne den Schutz von Minderheiten somit nicht sicherstellen. Des Weiteren habe er eine Tochter in Österreich und sei deren Mutter nicht dazu in der Lage, alleine für den Lebensunterhalt der gemeinsamen Tochter aufzukommen und sich ausreichend um sie zu kümmern. Ohne Kontakt zum Beschwerdeführer sei das Kindeswohl gefährdet. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid in sämtlichen Spruchpunkten abändern und zwar dahingehend, dass der dem Beschwerdeführer zuerkannte Status des Asylberechtigten nicht aberkannt werde und nicht festgestellt werde, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme, sowie dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, aussprechen, dass gegen den Beschwerdeführer keine Rückkehrentscheidung erlassen werde, feststellen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak nicht zulässig sei, keine Frist für eine freiwillige Ausreise zu bemessen, gegen den Beschwerdeführer kein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes deutlich herabzusetzen sowie in eventu den angefochtenen Bescheid in sämtlichen Punkten aufzuheben und jedenfalls eine mündliche Verhandlung unter Ladung des Beschwerdeführers abzuhalten. Dem Beschwerdeschriftsatz wurden zudem verschiedene Zeitungsberichte beigelegt.

31.      Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 15.10.2019 vorgelegt.

32.      Am 23.12.2019 wurden dem erkennenden Gericht zahlreiche den Beschwerdeführer betreffende Unterlagen durch die belangte Behörde vorgelegt, welche im Zuge der Beschwerdevorlage versehentlich nicht übermittelt worden seien. Dabei handelte es sich um eine Zustimmungserklärung gemäß § 1 DSG, verschiedene medizinische Befunde, einen Beschluss des BG XXXX zur Zl. XXXX sowie eine Eingabe in diesem Verfahren, einen Bescheid des Magistrats der Stadt XXXX XXXX datiert mit 03.07.2018, verschiedene Auflistungen, eine Teilnahmebestätigung des AMS datiert mit 12.02.2018, eine Teilnahme- und Zeitbestätigung des ÖIF datiert mit 01.02.2018, Zertifikate „Deutsch für Anfänger und Fortgeschrittene“ sowie „Deutsch für Fortgeschrittene“ datiert mit 18.03.2010 und 27.05.2010, eine Bestätigung BFI datiert mit 25.10.2001.

33.      Am 02.08.2021 langte dahingehend ein E-Mail der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt XXXX ein, worin die geladene Zeugin XXXX (H.A.) für ihre Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung entschuldigt wurde.

34.      Am 03.08.2021 erfolgte in Anwesenheit und unter Einvernahme des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht, in deren Verlauf der anwesende Rechtsvertreter auf die zeugenschaftliche Einvernahme der Zeugin verzichtete. Am Ende der Beschwerdeverhandlung wurde dem Beschwerdeführer mit Beschluss aufgetragen, binnen 14 Tagen entweder die Geburtsurkunde oder das Vaterschaftsanerkenntnis betreffend seine Tochter vorzulegen.

35.      Nach Beantragung einer Fristerstreckung langte beim erkennenden Gericht am 20.08.2021 die Geburtsurkunde der XXXX (im Folgenden: S.T.I.) sowie die Beurkundung der Anerkennung der Vaterschaft nach fremden Recht ein. Des Weiteren wurde ein Passierschein für Freigänger, gültig ab dem 16.08.2021, vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, syrisch-assyrischer Abstammung und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er spricht muttersprachlich Arameisch und Arabisch. Seine Identität steht fest.

Er reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.06.1998, 15.06.2000, 17.11.2000, 19.01.2001 und 17.09.2001 jeweils einen Asylantrag in Österreich sowie am 06.12.1999 und 11.09.2000, 05.12.2000 je einen Asylantrag in Deutschland, welchen jedoch allesamt nicht Folge gegeben wurde.

Am 08.05.2008 stellte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welchem letztlich mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 22.04.2009, Zl. XXXX , stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Durchgängig aufhältig im österreichischen Bundesgebiet ist der Beschwerdeführer erst jedenfalls seit April 2005 und war er davon über sechs Jahre in Haft.

Er leidet an keinen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen, welche einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen und gehört keiner Risikogruppe im Sinne der COVID-19-Pandemie an. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer stammt aus Mosul und besuchte im Irak zunächst neun Jahre die Grund- und Mittelschule sowie anschließend vier Jahre eine Tourismusschule. In weiterer Folge verdiente er sich seinen Lebensunterhalt durch seine Arbeit als „Supervisor“ in einem Hotel. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer noch Verwandte im Irak hat und ob er in Kontakt zu seinen Familienangehörigen steht.

Aus einer früheren Beziehung des Beschwerdeführers mit der Österreicherin Manuela EIBL stammt die gemeinsame Tochter XXXX , geb. am XXXX . Die österreichische Staatsbürgerin lebt derzeit in XXXX und besteht kein Kontakt zum Beschwerdeführer bzw. fanden bislang keine Besuche in der Haftanstalt statt.

Des Weiteren ist er in einer Beziehung mit der syrischen Staatsbürgerin XXXX , geb. am XXXX . Seiner Lebensgefährtin kommt der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zu und war das Paar von 12.12.2012 bis 25.09.2014 an derselben Adresse gemeldet. Zu seiner Lebensgefährtin hat der Beschwerdeführer aufrechten Kontakt und besucht sie ihn in regelmäßigen Abständen in Haft. Ein gegenseitiges finanzielles Abhängigkeitsverhältnis liegt zwischen ihnen nicht vor. Am XXXX wurde die gemeinsame Tochter S.T.I in Österreich geboren.

Es leben keine weiteren Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich und weist er auch sonst keine sonstigen maßgeblichen privaten Beziehungen auf. Er hat jedoch während seinem bisherigen Aufenthalt diverse private Bekanntschaften in Österreich geschlossen.

Der Beschwerdeführer weist Deutschkenntnisse auf und besuchte während seines Aufenthaltes in Österreich einen Deutschkurs auf dem Niveau A1. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer eine Sprachprüfung auf dem Niveau A1 positiv abgelegt hat. Er hat am 01.02.2018 an einem Werte- und Orientierungskurs sowie zwischen 29.01.2018 bis 02.03.2018 an einem Kompetenzcheck berufliche Integration teilgenommen, jedoch ansonsten keine Weiterbildungen besucht. Während seiner Haft hat er eine Lehre zum Koch absolviert und im Jahr 2020 positiv abgeschlossen. Abgesehen von seiner Mitgliedschaft in einer assyrischen Kirche ist er kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Institution in Österreich und verrichtet keine gemeinnützigen oder ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Der Beschwerdeführer ging zuletzt im Jahr 2014 einer legalen Erwerbstätigkeit nach und finanzierte sich seinen Lebensunterhalt in Österreich überwiegend durch Sozialhilfeleistungen bzw. Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Während seinem langjährigen Aufenthalt in Österreich war er insgesamt etwa ein Jahr und zweieinhalb Monate – außerhalb seiner Haftzeiten - legal erwerbstätig. Er ist in Besitz einer Einstellungsbestätigung für die Zeit nach seiner Enthaftung.

Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus Schulden in der Höhe von EUR 14.928,00 aufgrund eines mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.08.2019 zu XXXX für verfallen erklärten Geldbetrages sowie EUR 1.697,55 aufgrund zu Unrecht empfangener Leistungen der Mindestsicherung. Außerdem stehen ihm aufgrund nicht geleisteter Alimentszahlungen Schulden in unbekannter Höhe gegenüber.

Eine entscheidungsrelevante Teilnahme des Beschwerdeführers am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in Österreich kann trotz seiner Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von mindestens 16 Jahren nicht festgestellt werden. Er weist in Österreich keinen Grad der Integration auf, der seiner langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet entspricht. Es liegen keine Hinweise auf das Vorliegen von entscheidungsrelevanten Anknüpfungspunkten in sozialer, sprachlicher und wirtschaftlicher Natur in Österreich bzw. allenfalls gesetzter Integrationsschritte des Beschwerdeführers vor.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.11.2005 zu XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen einem Verbrechen nach den §§ 28 Abs. 2, Abs. 3 erster Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, § 15 StGB, und den Vergehen nach den §§ 28 Abs. 1 und 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren, rechtskräftig seit 22.02.2006, verurteilt. Der Beschwerdeführer wurde am 18.04.2008, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, aus der Strafhaft entlassen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX als Schöffengericht vom 16.08.2018 zu XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt. Dieser Verurteilung lag im Wesentlichen zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 2013 bis zu seiner Festnahme am 23.03.2018 in XXXX , XXXX , XXXX und XXXX vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen hat, dass es in Verkehr gesetzt werde, und dass er vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge eingeführt, ausgeführt und anderen überlassen hat, wobei er die Taten in einer insgesamt das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging.

Bei der Strafbemessung wurde mildernd die Geständigkeit des Beschwerdeführers sowie das längere Wohlverhalten nach der letzten Verurteilung berücksichtigt, wohingegen die einschlägige Vorstrafenbelastung, die hohe Menge des in Verkehr gebrachten Suchtgiftes, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und der lange Tatzeitraum erschwerend gewertet wurden.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Haft in der Justizanstalt XXXX und ist seit 09.11.2020 Freigänger. Zunächst war er als Hausmeister zugeteilt, seit 16.08.2021 ist er montags bis freitags in der Küche des Bundesministeriums XXXX eingeteilt.

1.2. Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Irak nach wie vor mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte. Dem Beschwerdeführer droht zum gegenständlichen Zeitpunkt im Irak keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung.

Festgestellt wird, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet, noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Aufgrund der allgemeinen Lage im Irak wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Irak übermittelt. Zudem wurden im Rahmen der Beschwerdeverhandlung folgende Berichte ergänzend eingebracht: EASO Bericht „Iraq Security situation“ vom Oktober 2020, der EASO Bericht „Country Guidance Iraq – Guidance note and common analysis“ vom Jänner 2021, der EASO Informationsbericht über das Herkunftsland „Irak Gezielte Gewalt gegen Individuen“ vom März 2019, der EASO Bericht „Irak Interne Mobilität“ vom Februar 2019, der EASO Bericht „Irak Zentrale sozioökonomische Indikatoren“ vom Februar 2019, der UNHCR-Bericht „UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen [HCR/PC/IRQ/2019/05]“ vom Mai 2019, der Asylländerbericht der ÖB Amman vom Oktober 2020, Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation zum Irak bezüglich der sozioökonomischen Lage und zur Sicherheitslage in Mossul von August 2019, April 2020 und16.04.2021, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Irak zur Lage der Christen im Irak bzw. der assyrischen Christen vom Juli 2019, einen Bericht von Amnesty International zur Menschenrechtslage vom 07.04.2021.

Daraus ergeben sich folgende entscheidungswesentliche Feststellungen:

Politische Lage:

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018) und es wurde ein neues politisches System im Irak eingeführt (Fanack 2.9.2019). Gemäß der Verfassung vom 15.10.2005 ist der Irak ein islamischer, demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.1.2019; vgl. GIZ 1.2020a; Fanack 2.9.2019), der aus 18 Gouvernements (muhafaz?t) besteht (Fanack 2.9.2019). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Kurdische Region im Irak (KRI) ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung (Kurdistan Regional Government, KRG), verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 2.9.2019). Beherrschende Themenblöcke der irakischen Innenpolitik sind Sicherheit, Wiederaufbau und Grundversorgung, Korruptionsbekämpfung und Ressourcenverteilung, die systemisch miteinander verknüpft sind (GIZ 1.2020a).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuww?b, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und kann einmal wiedergewählt werden. Er genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 2.9.2019).

Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (Fanack 2.9.2019; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik und ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 2.9.2019). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 28.2.2020; vgl. GIZ 1.2020a). Neun Sitze werden den Minderheiten zur Verfügung gestellt, die festgeschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25% (GIZ 1.2020a).

Nach einem ethnisch-konfessionellen System (Muhasasa) teilen sich die drei größten Bevölkerungsgruppen des Irak - Schiiten, Sunniten und Kurden - die Macht durch die Verteilung der Ämter des Präsidenten, des Premierministers und des Parlamentspräsidenten (AW 4.12.2019). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018). Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.1.2019).

Am 12.5.2018 fanden im Irak Parlamentswahlen statt, die fünfte landesweite Wahl seit der Absetzung Saddam Husseins im Jahr 2003. Die Wahl war durch eine historisch niedrige Wahlbeteiligung und Betrugsvorwürfe gekennzeichnet, wobei es weniger Sicherheitsvorfälle gab als bei den Wahlen in den Vorjahren (ISW 24.5.2018). Aufgrund von Wahlbetrugsvorwürfen trat das Parlament erst Anfang September zusammen (ZO 2.10.2018).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih von Patriotischen Union Kurdistans (PUK) zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018; vgl. ZO 2.10.2018; KAS 5.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (DW 2.10.2018). Nach langen Verhandlungsprozessen und zahlreichen Protesten wurden im Juni 2019 die letzten und sicherheitsrelevanten Ressorts Innere, Justiz und Verteidigung besetzt (GIZ 1.2020a).

Im November 2019 trat Premierminister Adel Abdul Mahdi als Folge der seit dem 1.10.2019 anhaltenden Massenproteste gegen die Korruption, den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch den Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten (RFE/RL 24.12.2019; vgl. RFE/RL 6.2.2020). Präsident Barham Salih ernannte am 1.2.2020 Muhammad Tawfiq Allawi zum neuen Premierminister (RFE/RL 6.2.2020). Dieser scheiterte mit der Regierungsbildung und verkündete seinen Rücktritt (Standard 2.3.2020; vgl. Reuters 1.3.2020). Am 17.3.2020 wurde der als sekulär geltende Adnan al-Zurfi, ehemaliger Gouverneur von Najaf als neuer Premierminister designiert (Reuters 17.3.2020).

Im Dezember 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderung der Demonstranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vgl. NYT 24.12.2019). Das neue Wahlgesetz sieht vor, dass zukünftig für Einzelpersonen statt für Parteienlisten gestimmt werden soll. Hierzu soll der Irak in Wahlbezirke eingeteilt werden. Unklar ist jedoch für diese Einteilung, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 Jahren keinen Zensus gegeben hat (NYT 24.12.2019).

Die nächsten Wahlen im Irak sind die Provinzwahlen am 20.4.2020, wobei es sich um die zweite Verschiebung des ursprünglichen Wahltermins vom 22.12.2018 handelt. Es ist unklar, ob die Wahl in allen Gouvernements des Irak stattfinden wird, insbesondere in jenen, die noch mit der Rückkehr von IDPs und dem Wiederaufbau der Infrastruktur zu kämpfen haben. Die irakischen Provinzwahlen umfassen nicht die Gouvernements Erbil, Sulaymaniyah, Duhok und Halabja, die alle Teil der KRI sind, die von ihrer eigenen Wahlkommission festgelegte Provinz- und Kommunalwahlen durchführt (Kurdistan24 17.6.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 13.3.2020

-        AW - Arab Weekly, The (4.12.2019): Confessional politics ensured Iran’s colonisation of Iraq, https://thearabweekly.com/confessional-politics-ensured-irans-colonisation-iraq, Zugriff 13.3.2020

-        CIA - Central Intelligence Agency (28.2.2020): The World Factbook – Iraq, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html, Zugriff 13.3.2020

-        DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 13.3.2020

-        Fanack (2.9.2019): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 13.3.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 13.3.2020

-        ISW - Institute for the Study of War (24.5.2018): Breaking Down Iraq's Election Results, http://www.understandingwar.org/backgrounder/breaking-down-iraqs-election-results, Zugriff 13.3.2020

-        KAS - Konrad Adenauer Stiftung (5.10.2018): Politische Weichenstellungen in Bagdad und Wahlen in der Autonomen Region Kurdistan, https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=e646d401-329d-97e0-6217-69f08dbc782a&groupId=252038, Zugriff 13.3.2020

-        KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.3.2020

-        Kurdistan24 (17.6.2019): Iraq's electoral commission postpones local elections until April 2020, https://www.kurdistan24.net/en/news/80728bf3-eb95-4e76-a30f-345cf9a48d3c, Zugriff 13.3.2020

-        NYT - The New York Times (24.12.2019): Iraq’s New Election Law Draws Much Criticism and Few Cheers, https://www.nytimes.com/2019/12/24/world/middleeast/iraq-election-law.html, Zugriff 13.3.2020

-        Reuters (17.3.2020): Little-known ex-governor Zurfi named as new Iraqi prime minister-designate, https://www.reuters.com/article/us-iraq-pm-designate/iraqi-president-salih-names-adnan-al-zurfi-as-new-prime-minister-designate-state-tv-says-idUSKBN21419J?il=0, Zugriff 17.3.2020

-        Reuters (1.3.2020): Iraq's Allawi withdraws his candidacy for prime minister post: tweet, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics-primeminister/iraqs-allawi-withdraws-his-candidacy-for-prime-minister-post-tweet-idUSKBN20O2AD, Zugriff 13.3.2020

-        RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.2.2020): Iraqi Protesters Clash With Sadr Backers In Deadly Najaf Standoff, https://www.ecoi.net/en/document/2024704.html, Zugriff 13.3.2020

-        RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (24.12.2019): Iraqi Parliament Approves New Election Law, https://www.ecoi.net/de/dokument/2021836.html, Zugriff 13.3.2020

-        RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 13.3.2020

-        Standard, Der (2.3.2020): Designierter irakischer Premier Allawi bei Regierungsbildung gescheitert, https://www.derstandard.at/story/2000115222708/designierter-irakischer-premier-allawi-bei-regierungsbildung-gescheitert, Zugriff 13.3.2020

-        ZO - Zeit Online (2.10.2018): Irak hat neuen Präsidenten gewählt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-10/barham-salih-irak-praesident-wahl, Zugriff 13.3.2020

Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen, territorialen Sieg über den Islamischen Staat (IS) (Reuters 9.12.2017; vgl. AI 26.2.2019). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem verbessert (FH 4.3.2020). Ende 2018 befanden sich die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) in der nominellen Kontrolle über alle vom IS befreiten Gebiete (USDOS 1.11.2019).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.1.2019).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.1.2019). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (FIS 6.2.2018). Die Zahl der Entführungen gegen Lösegeld zugunsten extremistischer Gruppen wie dem IS oder krimineller Banden ist zwischenzeitlich zurückgegangen (Diyaruna 5.2.2019), aber UNAMI berichtet, dass seit Beginn der Massenproteste vom 1.10.2019 fast täglich Demonstranten in Bagdad und im gesamten Süden des Irak verschwunden sind. Die Entführer werden als „Milizionäre“, „bewaffnete Organisationen“ und „Kriminelle“ bezeichnet (New Arab 12.12.2019).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 2.10.2019a). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungskräfte (PMF) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019b; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019b; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).

Als Reaktion auf die Ermordung des stellvertretenden Leiters der PMF-Kommission, Abu Mahdi Al-Muhandis, sowie des Kommandeurs der Quds-Einheiten des Korps der Islamischen Revolutionsgarden des Iran, Generalmajor Qassem Soleimani, durch einen Drohnenangriff der USA am 3.1.2020 (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020; Joel Wing 15.1.2020) wurden mehrere US-Stützpunkte durch den Iran und PMF-Milizen mit Raketen und Mörsern beschossen (Joel Wing 15.1.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020

-        ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019b): Regional Overview – Middle East 2 October 2019, https://www.acleddata.com/2019/10/02/regional-overview-middle-east-2-october-2019/, Zugriff 13.3.2020

-        AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone-190924052551906.html, Zugriff 13.3.2020

-        Al Jazeera (25.8.2019): Iraq paramilitary: Israel behind drone attack near Syria border, https://www.aljazeera.com/news/2019/08/iraq-paramilitary-israel-drone-attack-syria-border-190825184711737.html, Zugriff 13.3.2020

-        Al Monitor (23.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html, Zugriff 13.3.2020

-        Diyaruna (5.2.2019): Baghdad sees steep decline in kidnappings, https://diyaruna.com/en_GB/articles/cnmi_di/features/2019/02/05/feature-02, Zugriff 13.3.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020

-        FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 13.3.2020

-        Joel Wing, Musings on Iraq (15.1.2020): Pro-Iran Hashd Continue Attacks Upon US Interests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/pro-iran-hashd-continue-attacks-upon-us.html, Zugriff 13.3.2020

-        Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020

-        MEMO - Middle East Monitor (21.1.2020): Iraq’s PMF appoints new deputy head as successor to Al-Muhandis, https://www.middleeastmonitor.com/20200221-iraqs-pmf-appoints-new-deputy-head-as-successor-to-al-muhandis/, Zugriff 13.3.2020

-        New Arab, The (12.12.2019): 'We are not safe': UN urges accountability over spate of kidnappings, assassinations in Iraq, https://www.alaraby.co.uk/english/news/2019/12/11/un-urges-accountability-over-spate-of-iraq-kidnappings-assassinations, Zugriff 13.3.2020

-        Reuters (9.12.2017): Iraq declares final victory over Islamic State, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-islamicstate/iraq-declares-final-victory-over-islamic-state-idUSKBN1E30B9, Zugriff 13.3.2020

-        Reuters (30.9.2019): Iraqi PM says Israel is responsible for attacks on Iraqi militias: Al Jazeera, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraqi-pm-says-israel-is-responsible-for-attacks-on-iraqi-militias-al-jazeera-idUSKBN1WF1E5, Zugriff 13.3.2020

-        USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020

Islamischer Staat (IS)

Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) durch den damaligen Premierminister al-Abadi im Dezember 2017 (USCIRF 4.2019; vgl Reuters 9.12.2017) hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt (Military Times 7.7.2019) und kehrte zu Untergrund-Taktiken zurück (USDOS 1.11.2019; vgl. BBC 23.12.2019; FH 4.3.2020). Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen (Portal 9.10.2019) und einen neuerlichen Machtzuwachs im Norden des Landes (PGN 11.1.2020).

Der IS unterhält ein Netz von Zellen, die sich auf die Gouvernements Ninewa, Salah ad-Din, Kirkuk und Diyala konzentrieren, während seine Taktik IED-Angriffe auf Sicherheitspersonal, Brandstiftung auf landwirtschaftlichen Flächen und Erpressung von Einheimischen umfasst (Garda 3.3.2020). Der IS führt in vielen Landesteilen weiterhin kleinere bewaffnete Operationen, Attentate und Angriffe mit improvisierten Sprengkörpern (IED) durch (USCIRF 4.2019). Er stellt trotz seines Gebietsverlustes weiterhin eine Bedrohung für Sicherheitskräfte und Zivilisten, einschließlich Kinder, dar (UN General Assembly 30.7.2019). Er ist nach wie vor der Hauptverantwortliche für Übergriffe und Gräueltaten im Irak, insbesondere in den Gouvernements Anbar, Bagdad, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din (USDOS 11.3.2020; vgl. UN General Assembly 30.7.2019). Im Jahr 2019 war der IS insbesondere in abgelegenem, schwer zugänglichem Gelände aktiv, hauptsächlich in den Wüsten der Gouvernements Anbar und Ninewa sowie in den Hamrin-Bergen, die sich über die Gouvernements Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala erstrecken (ACLED 2.10.2019a). Er ist nach wie vor dabei sich zu reorganisieren und versucht seine Kader und Führung zu erhalten (Joel Wing 16.10.2019).

Der IS setzt weiterhin auf Gewaltakte gegen Regierungziele sowie regierungstreue zivile Ziele, wie Polizisten, Stammesführer, Politiker, Dorfvorsteher und Regierungsmitarbeiter (ACLED 2.10.2019a; vgl. USDOS 1.11.2019), dies unter Einsatz von improvisierten Sprengkörpern (IEDs) und Schusswaffen sowie mittels gezielten Morden (USDOS 1.11.2019), sowie Brandstiftung. Die Übergriffe sollen Spannungen zwischen arabischen und kurdischen Gemeinschaften entfachen, die Wiederaufbaubemühungen der Regierung untergraben und soziale Spannungen verschärfen (ACLED 2.10.2019a).

Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert (Joel Wing 16.10.2019). Der IS ist fast vollständig in ländliche und gebirgige Regionen zurückgedrängt, in denen es wenig Regierungspräsenz gibt, und wo er de facto die Kontrolle über einige Gebiete insbesondere im Süden von Kirkuk und im zentralen und nordöstlichen Diyala aufgebaut hat (Joel Wing 3.2.2020).

Im Mai 2019 hat der IS im gesamten Mittelirak landwirtschaftliche Anbauflächen in Brand gesetzt, mit dem Zweck die Bauernschaft einzuschüchtern und Steuern einzuheben, bzw. um die Bauern zu vertreiben und ihre Dörfer als Stützpunkte nutzen zu können. Das geschah bei insgesamt 33 Bauernhöfen - einer in Bagdad, neun in Diyala, 13 in Kirkuk und je fünf in Ninewa und Salah ad-Din - wobei es gleichzeitig auch Brände wegen der heißen Jahreszeit und infolge lokaler Streitigkeiten gab (Joel Wing 5.6.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Am 23.5.2019 bekannte sich der Islamische Staat (IS) in seiner Zeitung Al-Nabla zu den Brandstiftungen. Kurdische Medien berichteten zudem von Brandstiftung in Daquq, Khanaqin und Makhmour (BAMF 27.5.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Im Jänner 2020 hat der IS eine Büffelherde in Baquba im Distrikt Khanaqin in Diyala abgeschlachtet, um eine Stadt einzuschüchtern (Joel Wing 3.2.2020; vgl. NINA 17.1.2020).

Mit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 stellte der IS seine Operation weitgehend ein, wie er es stets während Demonstrationen getan hat, trat aber mit dem Nachlassen der Proteste wieder in den Konflikt ein (Joel Wing 6.1.2020).

Quellen:

-        ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020

-        ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (18.6.2019): Regional Overview – Middle East 18 June 2019, https://www.acleddata.com/2019/06/18/regional-overview-middle-east-18-june-2019/, Zugriff 13.3.2020

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (27.5.2019): Briefing Notes 27. Mai 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010482/briefingnotes-kw22-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        BBC News (23.12.2019): Isis in Iraq: Militants 'getting stronger again', https://www.bbc.com/news/world-middle-east-50850325, Zugriff 13.3.2020

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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