RS Vwgh 2021/9/29 Ra 2021/01/0181

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Veröffentlicht am 29.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs6 Z2
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGVG 2014 §7 Abs4

Rechtssatz

Gerade weil nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten ist, erfordert die Prüfung der Relevanz eines behaupteten Verfahrensfehlers einen Rückgriff auf die materielle Rechtslage. So erkennt der VwGH in ständiger Rechtsprechung etwa im Baurecht, dass Verfahrensfehler für die Nachbarn nur dann von Relevanz sein können, wenn damit eine Verletzung ihrer materiellen Nachbarrechte gegeben wäre, da die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter als ihre materiellen Rechte gehen (vgl. etwa VwGH 11.12.2020, Ra 2018/06/0247-0249, mwN). Auch in anderen Bereichen hat der VwGH festgehalten, dass die behauptete Verletzung einer Verfahrensvorschrift (dort im Recht auf Durchführung eines Verbesserungsverfahrens) nicht losgelöst von materiellen Rechten zu einer Verletzung subjektiver Rechte führen kann (vgl. beispielsweise VwGH 30.1.2015, Ra 2014/17/0025-0027, mwN). An diesem notwendigen Rückgriff auf die materielle Rechtslage ändert auch nichts, dass es bei der Ausübung der der vor dem VwG belangten Behörde im Rahmen ihrer Amtsrevision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zukommenden Parteistellung im Verfahren vor dem VwGH im Gegensatz zu einer Parteirevision, bei der die Geltendmachung einer Verletzung von Verfahrensvorschriften keinen Revisionspunkt (nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) darstellt (vgl. etwa VwGH 27.11.2020, Ra 2020/01/0312, mwN), nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte geht (vgl. etwa VwGH 8.3.2021, Ra 2020/14/0341, mwN; vgl. zu diesen wesentlichen Unterschieden zwischen den beiden Rechtschutzinstrumenten auch VfGH 7.10.2020, G 196/2020, mwN). Denn für die Prüfung der Relevanz, also ob der behauptete Verfahrensfehler für den Verfahrensausgang entscheidungswesentlich ist, ist in der Regel - ausgenommen prozessuale Fragen wie etwa die Rechtzeitigkeit einer Beschwerde (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0276) - immer zu prüfen, ob die bei Vermeidung des Verfahrensfehlers konkret dargelegte günstigere Sachverhaltsgrundlage nach der materiellen Rechtslage überhaupt von Bedeutung ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021010181.L16

Im RIS seit

25.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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