TE Vwgh Beschluss 2021/10/22 Ra 2020/09/0008

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Veröffentlicht am 22.10.2021
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Index

L22003 Landesbedienstete Niederösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

BDG 1979 §43 Abs2
B-VG Art130 Abs3
B-VG Art133 Abs4
LBedG NÖ 2006 §177 Abs2
LBedG NÖ 2006 §177 Abs3
LBedG NÖ 2006 §27 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier, Mag. Michael Pfleger und Mag. Jürgen Brandstätter, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Andreas Hoferstraße 8, gegen das am 14. November 2019 mündlich verkündete und am 19. Dezember 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, LVwG-AV-1114/002-2019, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung nach dem NÖ Landes-Bedienstetengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der im Jahr 1968 geborene Revisionswerber stand bis zu seiner Entlassung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Von seinem Eintritt in den Landesdienst 1997 bis zu seiner Versetzung an die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten mit Jänner 2017 war er in der Landesfeuerwehrschule in X beschäftigt.

2        Mit rechtskräftigem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (kurz: Disziplinarkommission) vom 6. November 2017 wurde der Revisionswerber schuldig gesprochen, eine Dienstpflichtverletzung dadurch begangen zu haben, dass er sich entgegen § 27 Abs. 1 zweiter Satz NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) im Oktober 2016 wiederholt unbefugt Zutritt in die Kantine der NÖ Landesfeuerwehrschule in X verschafft und dort diverse Waren in einem Gesamtwert von € 450,-- widerrechtlich an sich gebracht hat. Gemäß § 174 Abs. 1 Z 3 NÖ LBG wurde über ihn wegen dieser Dienstpflichtverletzung als Disziplinarstrafe eine Geldstrafe in der Höhe von 1,5 Dienstbezügen, das sind € 4.507,50, verhängt. Das gegen den Revisionswerber diesbezüglich durchgeführte Strafverfahren wurde diversionell erledigt.

3        Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission vom 13. September 2019 wurde gegenüber dem Revisionswerber ausgesprochen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich stehende AB ist schuldig, Dienstpflichtverletzungen dadurch begangen zu haben, dass er entgegen § 27 Abs. 1 zweiter Satz NÖ LBG

1.   in X mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, der NÖ Landesfeuerwehrschule, indem er sich mit einem widerrechtlich erlangen Schlüssel Zutritt zur Ausbildungshalle verschaffte, fremde bewegliche Sachen in einem € 5.000,-- übersteigenden Wert durch Einbruch weggenommen bzw. wegzunehmen versucht hat, und zwar

a.   im Zeitraum zwischen 25. Dezember 2018 bis 31. Dezember 2018, einen Akku Druckbelüfter Blow hard Compact im Wert von € 3.876,--, eine Unterwasserpumpe T12 im Wert von € 2.394,-- und eine Unterwasserpumpe T6L im Wert von € 1.632,--;

b.   am 29. März 2019 eine Südbahnwinde im Wert von € 371,28 und einen Winkelschleifer der Marke Milwaukee im Wert von € 344,30, wobei es beim Versuch blieb, zumal er auf frischer Tat betreten wurde,

2.   am 20. Februar 2019 in H mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, die Stadtgemeinde H durch Vortäuschung eines von ihm in seiner Funktion als Feuerwehrkommandant der FF G vorfinanzierten Kaufes über die unter Punkt 1.a. genannten Werkzeuge, sohin durch Täuschung über Tatsachen, wobei er zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich eine von ihm gefälschte Rechnung des Unternehmens FM vorlegte, zur Überweisung von € 2.250,--, sohin zu einer Handlung, die die Stadtgemeinde H am Vermögen schädigte, verleitet hat sowie

3.   am 2. April 2019 ein Taxi der Firma BT OG von P für 18:00 Uhr zum M Parkplatz in L bestellt und der Taxifahrerin CD die unter Punkt 1.a. genannten gestohlenen Werkzeuge zum Transport und zur Rückgabe an die NÖ Landesfeuerwehrschule in X übergeben hat, wobei er den Fahrpreis in der Höhe von € 320,00 nicht bezahlte, ohne seine Identität bekanntzugeben.

Er hat daher in seinem gesamten Verhalten nicht darauf Bedacht genommen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.“

4        Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über den Revisionswerber gemäß § 174 Abs. 1 Z 4 NÖ LBG die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

5        Im Rahmen der Beweiswürdigung verwies die Disziplinarkommission hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 2. auf die Bindungswirkung an die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung. Im Zusammenhang mit dem Spruchpunkt 3. führte die Behörde die Bildaufzeichnungen einer Videoüberwachung, welche in Zusammenhalt mit den Angaben des Revisionswerbers im Rahmen seiner polizeilichen Einvernahme stünden, und dem Umstand an, dass er sich zunächst noch zu sämtlichen Fakten geständig gezeigt habe. Darüber hinaus verwies die Behörde auf die Aussage der Taxilenkerin vor der Polizei. In ihren rechtlichen Erwägungen führte die Disziplinarkommission zusammengefasst aus, dass der Revisionswerber ein außerdienstliches Verhalten durch die Verwirklichung des Tatbestands des schweren Diebstahls durch Einbruch und des schweren Betrugs gesetzt habe, das neben der strafgerichtlichen Verurteilung auch disziplinarrechtlich zu ahnden sei und bejahte das Vorliegen eines disziplinären Überhangs. Der Revisionswerber habe mit seinen Handlungen ein Verhalten an den Tag gelegt, das in der Öffentlichkeit berechtigte Zweifel aufkommen ließe, ob er den Anforderungen, die an ihn als Mitarbeiter der Landesverwaltung gestellt werden, gerecht werde. Wenn ein Bediensteter - wie im gegebenen Fall der Revisionswerber - grundlegende Rechtsnormen verletzt habe, sei zwangsläufig damit zu rechnen, dass ebenso Bedenken hinsichtlich der Einhaltung von Normen im Rahmen der dienstlichen Obliegenheiten aufkommen. Verstöße - wie hier - gegen die zentralsten Bestimmungen des Strafgesetzesbuches durch einen Landesbediensteten würden das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben auf eklatante Weise erschüttern. Im Rahmen der Strafbemessung wies die Behörde darauf hin, dass die Verhängung einer disziplinären „Zusatzstrafe“ dringend geboten sei, um den Revisionswerber von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die am 6. November 2017 über ihn verhängte Disziplinarstrafe habe keine abschreckende Wirkung entfaltet. Der Revisionswerber habe nach etwas mehr als einem Jahr nach deren Verhängung neuerlich gerichtlich strafbare Handlungen und Dienstpflichtverletzungen gesetzt. Die Strafe sei auch aus generalpräventiven Gründen geboten. Als schwerste Dienstpflichtverletzung sei jene unter Spruchpunkt 2. anzusehen. An unzähligen Dienststellen der Landesverwaltung seien die Mitarbeiter täglich mit einer Vielzahl an Schriftstücken konfrontiert, die einerseits eigenständig auf rechtlich korrekte Weise anzufertigen und auszustellen sei, andererseits sei der Inhalt empfangener Dokumente zu beurteilen, ohne diese durch wahrheitswidrige Angaben zu verfälschen. Jeglicher unkorrekte und unsachgemäße Umgang eines öffentlich-rechtlichen Landesbediensteten mit Urkunden wiege daher bereits an sich schwer. Das inkriminierte Verhalten des Revisionswerbers stehe im krassen Widerspruch zum Verhalten eines mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Landesbediensteten. Er habe durch seine vielseitigen Verfehlungen durchwegs schwere und schwerste Dienstpflichtverletzungen begangen, die geeignet seien, das Vertrauen in der Öffentlichkeit in die Redlichkeit eines Landesbediensteten und damit das Ansehen des öffentlichen Dienstes in hohem Maße zu erschüttern. Das verlorene Vertrauen sei nicht wiederherstellbar. Die Verhängung einer nicht unbeträchtlichen Geldstrafe habe den Revisionswerber nicht von der Begehung von weiteren, teilweise gleich gelagerten Dienstpflichtverletzungen abgehalten. Besonders verwerflich sei in diesem Zusammenhang, dass der Revisionswerber in relativ kurzem Abstand zur disziplinarrechtlichen Verurteilung rückfällig geworden sei. Der erste Rückfall sei in weniger als 14 Monaten nach Verhängung der Disziplinarstrafe erfolgt. In den Folgemonaten habe er weitere Rechtsverletzungen gesetzt. Hierbei habe sich die kriminelle Handlungsweise nicht auf eine bloße Tatwiederholung beschränkt, sondern habe er wesentlich gravierendere Straftaten, die allesamt Dienstpflichtverletzungen von erheblicher Schwere darstellen und auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen würden, begangen. Auf Grund der Eigenart und der Persönlichkeit des Revisionswerbers bestehe daher die Wahrscheinlichkeit, dass dieser selbst im Fall einer noch empfindlicheren Sanktion in Form einer sehr hohen Geldstrafe weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde. Auch aus generalpräventiven Erwägungen sei im gegenständlichen Fall mit der Höchststrafe vorzugehen. Insbesondere der wiederholte und massive Verstoß gegen sowohl verfassungs- als auch strafrechtliche Normen, die Rechtsgüter von besonderem Stellenwert, wie im konkreten Fall das Eigentumsrecht schützen sollen, stelle eine Überschreitung dar, die als solche als inakzeptable Dienstpflichtverletzung angesehen werden müsse. Erschwerend seien die unter Spruchpunkt 1. und 3. genannten Dienstpflichtverletzungen, wobei darauf hinzuweisen sei, dass eine Entlassung auch ohne Verwirklichung des Spruchpunkt 3. zugrundeliegenden Tatbestandes zulässig sei, sowie die einschlägige disziplinarrechtliche Verurteilung, die Vielzahl der gesetzten Tathandlungen und das planvolle Vorgehen des Revisionswerbers anzusehen. Als Milderungsgrund sei die Schadensgutmachung zu werten.

6        Wegen der zu den Spruchpunkten 1. und 2. erhobenen Vorwürfe wurde der Revisionswerber im dazu eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren aufgrund des Urteils des Landesgerichts St. Pölten vom 26. Juni 2019 rechtskräftig wegen der Vergehen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1, 15 StGB und des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt.

7        Das zum Tatvorwurf Spruchpunkt 3. eingeleitete Strafverfahren wurde mit Beschluss der Staatsanwaltschaft St. Pölten vom 20. Mai 2019, 2 St 92/19p, gemäß § 192 Abs. 1 Z 1 StPO mit der Begründung eingestellt, dass im Hinblick auf die weiteren verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe eine weitere Verfolgung dieser Fakten keine ins Gewicht fallende Auswirkung auf die zu erwartende Strafe hätte.

8        Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Niederösterreich die vom Revisionswerber gegen das Disziplinarerkenntnis erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

9        Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

10       Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

12       Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13       Im Zulässigkeitsvorbringen der Revision wird ein Dienstbezug der inkriminierten Handlungen bestritten und mangels disziplinären Überhangs das Vorliegen einer Doppelbestrafung behauptet. Es fehle eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum gegenständlichen Sachverhalt. Zudem sei in Abweichung zur (nicht näher konkretisierten) Judikatur bei der Strafzumessung keine Berücksichtigung des bloß disziplinären Überhangs erfolgt. Es liege lediglich ein außerdienstliches Verhalten ohne persönlichen Bereicherungsvorsatz vor. Schließlich bemängelt der Revisionswerber unter dem Aspekt der Zulässigkeit seiner Revision, dass sich das Verwaltungsgericht bei der Verurteilung im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf Punkt 3. des Disziplinarerkenntnisses entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Unmittelbarkeitsgebot (Verweis auf VwGH 31.1.2014, 2013/02/0227) auf die Aussage einer Zeugin gestützt habe, die nur vor der Polizei einvernommen worden sei. Es liege zu diesem Punkt eine vorwegnehmende Beweiswürdigung vor.

14       Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt.

15       Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem § 27 Abs. 1 NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) entsprechenden § 43 Abs. 2 BDG 1979, wonach der verwendete Begriff des „Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ nichts anderes bedeutet als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll. Das zu schützende Rechtsgut liegt dabei in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft. Mit dem Hinweis auf die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben wird dem Beamten ganz allgemein ein dienstliches oder außerdienstliches Verhalten untersagt, das bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben das Einfließenlassen anderer als dienstlicher Interessen vermuten lässt. Diese Rückschlüsse können nur aus einem Verhalten gezogen werden, das mit seinem Aufgabenbereich in Zusammenhang steht (sogenannter Dienstbezug). Dieser Dienstbezug kann ein allgemeiner sein, der sich aus jenen Aufgaben ergibt, die jeder Beamte zu erfüllen hat, er kann sich aber auch aus den besonderen Aufgaben des betroffenen Beamten ergeben. Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0049, mwN). Die Beurteilung des Vorliegens eines Dienstbezugs ist daher anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.

16       Der Revisionswerber wurde aufgrund der in Spruchpunkten 1. und 2. des behördlichen Disziplinarerkenntnisses angeführten Handlungen rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, wobei festgestellt wurde, dass er mit Bereicherungsvorsatz handelte. Die Annahme eines Bereicherungsvorsatzes durch das Verwaltungsgericht ist im Hinblick auf die Bindungswirkung eines Strafurteils (vgl. § 177 Abs. 2 NÖ LBG) nicht zu beanstanden. Es bestehen ebenfalls keine Bedenken gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass das festgestellte Verhalten des Revisionswerbers auf den Dienst zurückwirke und geeignet sei, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch die Beamten zu erschüttern, und dazu insbesondere auf das von ihm „akribisch geplante“ Urkundendelikt und den Umstand, dass der Einbruch in eine Bildungseinrichtung des Landes und ehemalige Dienststelle des Revisionswerbers zum Nachteil einer öffentlichen Einrichtung erfolgt ist (mittels Verwendung eines während seiner Tätigkeit bei der Feuerwehrschule widerrechtlich erlangten Schlüssels) verweist. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines disziplinären Überhangs zutreffend bejaht. Der Zielsetzung der Wahrung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch die Beamten wurde durch die vom Gericht verhängte Strafe nämlich noch nicht entsprochen. Zur Wahrnehmung dieses dienstrechtlichen Aspekts durfte zusätzlich eine Disziplinarstrafe verhängt werden (vgl. VwGH 24.1.2014, 2013/09/0149, mwN).

17       Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen haben sowohl die Disziplinarkommission als auch das Verwaltungsgericht die Strafbemessung entsprechend der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar begründet, warum es die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung aus Gründen der Spezialprävention wie solchen der Generalprävention unter Berücksichtigung der Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie der persönlichen Verhältnisse des Revisionswerbers für notwendig erachtet. Mit dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung vermag der Revisionswerber keine krasse Fehlbeurteilung im Sinne eines Ermessensmissbrauchs bzw. eine Ausübung des Ermessens auf gesetzwidrige Weise aufzuzeigen (vgl. VwGH 9.3.2021, Ra 2019/09/0104; 28.6.2017, Ra 2017/09/0016, jeweils mwN).

18       Insoweit der Revisionswerber im Zusammenhang mit der Verurteilung Spruchpunkt 3. des behördlichen Disziplinarerkenntnisses unter Hinweis auf eine unterlassene Zeugeneinvernahme einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz rügt, macht er einen Verfahrensmangel geltend (vgl. VwGH 7.7.2021, Ra 2020/17/0078; 25.4.2018, Ra 2018/09/0034). Wird ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht, ist der Verfahrensmangel zu präzisieren und dessen Relevanz für den Verfahrensausgang darzutun (vgl. VwGH 28.1.2020, Ra 2020/20/0010, mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss bei Verfahrensmängeln bereits in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden (VwGH 28.4.2020, Ra 2019/14/0537, mwN). Eine derartige Relevanzdarstellung enthält die Zulässigkeitsbegründung allerdings nicht. Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen lässt sich dem Erkenntnis zudem nicht entnehmen, dass sich das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem genannten Tatvorwurf zu Lasten des Revisionswerbers auf die Aussage der genannten Zeugin vor der Polizei gestützt hat.

19       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

20       Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

21       Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Oktober 2021

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020090008.L00

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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