TE OGH 2021/5/27 6R65/21g

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2021
beobachten
merken

Kopf

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Koller als Vorsitzenden sowie Mag. Sturmayr und Mag. Hackl in der Familienrechtssache des Antragstellers F***** R*****, *****, gegen den Antragsgegner S***** S*****, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger Dr. Monika Holzinger, Rechtsanwälte in 5280 Braunau am Inn, wegen Unterhalt Volljähriger, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 18. März 2021, 9 FAM 40/20d-13, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner S***** S***** hat seine Rekurskosten selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der Antragsteller, der bislang zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages für seinen am 15. Oktober 2000 geborenen Sohn S***** S***** von monatlich EUR 640,00 verpflichtet war, beantragte am 15. Oktober 2020 neben der Aufforderung an den Antragsgegner zur Vorlage einer Schulbestätigung bzw eines Nachweises über ein allfälliges Eigeneinkommen seine Unterhaltsbefreiung; in eventu die Unterhaltsherabsetzung im gesetzlichen Ausmaß ab 1. November 2020.

Der zunächst noch unvertretene Antragsgegner trat dem Antrag mit Schreiben vom 6. November 2020 entgegen und führte unter anderem auch an, dass ihm seinen Erkundigungen zufolge gegenüber dem Antragsteller ein monatlicher Unterhalt von EUR 651,20 zustehen würde.

Nach Aufforderung des Erstgerichtes an den Antragsgegner zur Vorlage von allfälligen Nachweisen über einen AMS-Bezug, den Besuch der Abendschule sowie sämtlicher Bewerbungsunterlagen ab 10. September 2020 mit Belehrung gemäß § 102 AußStrG zeigte die Antragsgegnervertretung zunächst mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2020 ihre Bevollmächtigung an und ersuchte um Fristerstreckung zur Vorlage der geforderten Nachweise bis 23. Dezember 2020. Nach gerichtlicher Bewilligung der beantragten Fristerstreckung äußerte sich der nunmehr anwaltlich vertretene Antragsgegner zu den Anträgen des Antragstellers mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 (erneut) inhaltlich, beantragte den Unterhaltsbefreiungsantrag abzuweisen und den Antragsteller zur Zahlung eines Unterhalts im gesetzlichen Ausmaß ab 1. November 2020 zu verpflichten und legte die inhaltlich des Gerichtsauftrages geforderten Urkunden vor.

Nach unbeantwortet gebliebener gerichtlicher Aufforderung an den Antragsteller, sich bei Zustellung des Schriftsatzes samt Urkundenvorlage des Antragsgegners vom 22. Dezember 2020 dazu gemäß § 17 AußStrG zu äußern, entschied das Erstgericht mit Beschluss vom 17. Februar 2021 über die verfahrensgegenständlichen Anträge (der Antragsgegnervertretung zugestellt am 23. Februar 2021), womit es den seitens des Antragstellers an den Antragsgegner zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag im Zeitraum von 1. November 2020 bis 31. August 2021 von bisher EUR 640,00 auf EUR 500,00 herabsetzte sowie das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Unterhaltsschuldners ebenso wie den Unterhaltserhöhungsantrag des Antragsgegners abwies.

Daraufhin beantragte der Antragsgegner seine anwaltlichen Vertretungskosten des Verfahrens mit EUR 1.133,82 (darin enthalten EUR 188,97 USt) zu bestimmen und dem Antragsteller den Ersatz dieser Verfahrenskosten aufzutragen.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Kostenbestimmungsantrag des Antragsgegners ab und begründete dies damit, dass seitens des Antragsgegners bis zur Hauptsachentscheidung mit Beschluss vom 17. Februar 2021 kein Kostenverzeichnis gelegt worden sei, wodurch der Kostenersatzanspruch des Antragsgegners verwirkt wäre.

Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Antragsgegners wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Antragsteller zum Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 1.133,82 (inklusive 20 % USt) verpflichtet werde.

Der Antragsteller erstattete eine Rekursbeantwortung, mit der er inhaltlich eine Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses anstrebt.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurswerber argumentiert, dass mangels formellen Schlusses der Verhandlung im Ausserstreitverfahren beide Parteien durch das Ergehen einer verfahrensbeendenden Entscheidung überrascht würden, sodass sie ihr Kostenverzeichnis grundsätzlich im Sinne der §§ 54 Abs 2 bzw 237 Abs 3 ZPO binnen vier Wochen nachtragen könnten. Der Antragsgegner sei in diesem Fall ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mangels Erkennbarkeit der Fällung einer Entscheidung von dieser überrascht worden, weswegen er binnen vier Wochen ab Zustellung der Hauptsachentscheidung die Verzeichnung der Kosten nachholen könne bzw deren Verzeichnung nicht verwirkt sei, wodurch seinem Kostenbestimmungsantrag stattzugeben gewesen wäre.

Im Verfahren – wie hier – über Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder herrscht Kostenersatzpflicht gemäß § 78 AußStrG (Nademleinsky in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 101 AußStrG Rz 78 mN; 5 Ob 85/17m). Gemäß § 78 Abs 4 AußStrG sind auf die Verzeichnung der Kosten und ihre Verzinsung die Bestimmungen der ZPO sinngemäß anzuwenden. Aufgrund des dadurch auch getätigten Verweises auf § 54 ZPO folgt, dass das nicht rechtzeitige Verzeichnen von Kosten auch in Außerstreitsachen zum Anspruchsverlust führt (Obermaier aaO § 78 AußStrG Rz 9 ff mwN). Aufgrund der – ohne Vorliegen einer Gesetzeslücke – mangels Schlusses der Verhandlung gemäß § 193 ZPO nicht deckungsgleichen Situation des Außerstreitverfahrens mit jener im streitigen Zivilprozess bestehen zwei divergierende zweitinstanzliche Judikaturlinien, von denen der Rekurswerber nur die für ihn günstige zitiert, wonach die Partei durch das Ergehen einer verfahrensbeendenden Entscheidung überrascht werde, sodass sie ihr Kostenverzeichnis binnen vier Wochen „analog § 54 Abs 2 ZPO“, allenfalls auch „analog § 54 Abs 2, § 237 Abs 3 ZPO“ nachtragen könne (LGZ Wien 42 R 45/08s EF 122.229; 44 R 29/13k EF 140.443). Dem gegenüber fällt inhaltlich der anderen Judikaturlinie die unterlassene Kostenverzeichnung in die Risikosphäre der Partei, die ja die dargestellte Rechtslage kennen muss, sodass die Kosten ab Zustellung des verfahrensbeendenden Beschlusses bei Anspruchsverlust verwirkt sind, was zB dadurch abgewendet werden kann, dass alle Kosten – wirksam – sukzessiv in jedem Schriftsatz und bei jeder Einvernahme verzeichnet werden (LG Linz 15 R 29/15p, EF 148.068; LG Salzburg 21 R 418/15i EF 152.058; 21 R 180/17t EF 155.584; 21 R 3/10b EF 129.439). Dem sind in jüngerer Zeit auch jene beiden Senate des LGZ Wien gefolgt, die vormals noch die nunmehr vom Rekurswerber ins Treffen geführte Ansicht vertraten (LGZ Wien 42 R 213/15g EF 148.067; 44 R 110/16a EF 152.059; sowie 45 R 361/14t EF 144.408). Der Oberste Gerichtshof hat dazu – soweit ersichtlich – einzig in der Entscheidung 1 Ob 111/14a dahin Stellung genommen, dass von der Partei jedenfalls dann, wenn sie erkennen kann, dass – möglicherweise erst im Instanzenweg – ein verfahrensbeendender Beschluss ergehen kann, die gesamten bis dahin aufgelaufenen Kosten bei sonstigem Anspruchsverlust gemäß § 54 Abs 1 ZPO verzeichnet werden müssen. Zudem sind nach der Judikatur die Kosten bereits im Antrag zu verzeichnen, wenn über eine Eingabe sofort entschieden werden kann (LGZ Wien 42 R 213/15g EF 148.067).

Der erkennende Rekurssenat schließt sich der – wie vorzitiert – mittlerweile klar überwiegenden Judikaturlinie an, wonach die unterlassene Kostenverzeichnung in die Risikosphäre der Partei, die die dargestellte Rechtslage kennen muss, fällt, sodass der Kostenersatzanspruch ab Zustellung des verfahrensbeendenden Beschlusses verwirkt ist. Dazu kommt, dass der Antragsgegner bei Aufforderung samt Belehrung gemäß § 102 AußStrG durch das Erstgericht, die zur Beurteilung des gestellten Antrags relevanten Unterlagen vorzulegen, sehr wohl hätte erkennen können, dass nach dieser Vorlage oder dem ungenützten Verstreichen der insofern gewährten Frist ohne weitere Aufforderung an den oder Einschreiten des Antragsgegners ein verfahrensbeendender Beschluss bei Erledigung der gestellten Sachanträge ergehen würde; dies umso mehr, da sich der Antragsgegner seinerseits mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 – insofern unaufgefordert – (nochmals) im Detail zu sämtlichen Ausführungen des Antragstellers entsprechend inhaltlich äußerte. Daher wäre er bei sonstigem Anspruchsverlust – zumindest im Zweifel – gehalten gewesen, spätestens mit diesem Schriftsatz sämtliche bisherige Verfahrenskosten gemäß § 78 Abs 4 AußStrG iVm § 54 Abs 1 ZPO zu verzeichnen.

Da somit zu Recht das Erstgericht den nach der verfahrensbeendenden Entscheidung gestellten Kostenbestimmungsantrag wegen Verwirkung des Kostenersatzanspruches abgewiesen hat, war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Der Antragsgegner hat die Kosten seines erfolglosen Rekurses gemäß § 78 AußStrG iVm den §§ 50, 41 ZPO selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig, da eine Entscheidung über den Kostenpunkt im Sinne dieser Bestimmung nicht nur bei der Bemessung der Kosten sondern auch bei der Klärung der Frage vorliegt, ob überhaupt ein Anspruch auf Kostenersatz besteht, wem dieser zusteht oder bei Ablehnung einer Kostenentscheidung (5 Ob 103/09x; RIS-Justiz RS0044233 [T26]).

Textnummer

ERI0000045

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00469:2021:00600R00065.21G.0527.000

Im RIS seit

25.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten