TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/18 W151 2244392-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.10.2021

Norm

ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
GSVG §194
GSVG §2 Abs1 Z4

Spruch


W151 2244392-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ über die Beschwerde von Mag. XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) Wien, vom 08.06.2021, VSNR: XXXX betreffend Feststellung der Pflichtversicherung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) vom 08.06.2021 stellte diese fest, dass die Beschwerdeführerin (in der Folge „BF“) im Zeitraum von 01.01.2018 bis 31.12.2018 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sowie in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit a ASVG unterliege. Dies gründe sich auf den Einkommensteuerbescheid 2018, welcher Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 6.201,80 ausweise. Die BF habe nicht nachgewiesen, dass die Einkünfte aufgrund einer Tätigkeit für eine bzw. mehrere Erwachsenenbildungseinrichtung(en) erzielt worden seien und könne demzufolge nicht festgestellt werden, ob dem ASVG unterliegende Tätigkeiten oder beitragsfreie Aufwandsentschädigungen für nebenberuflich an Erwachsenenbildungseinrichtungen Lehrende vorliegen würden.

2. Dagegen erhob die BF fristgerecht Beschwerde und beantragte die Aufhebung des Bescheides aufgrund grober Verfahrensmängel und Außerachtlassung erheblicher Sachverhalte bzw. Zurückweisung der Sache an die belangte Behörde.

3. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) von der belangten Behörde am 15.07.2021 vorgelegt. Begleitend erstattete die SVS eine Stellungnahme, in der sie auf die Beschwerdegründe einging und insbesondere ausführte, dass die BF in der Beschwerde erneut keine Nachweise für die Höhe der Einkünfte aus einer Tätigkeit als Erwachsenenbildnerin vorgelegt habe. Da im Jahr 2018 auch keine Anmeldung der BF nach dem ASVG erfolgt sei, sei von einer Pflichtversicherung nach dem GSVG in Höhe der Einkünfte nach dem Einkommenssteuerbescheid auszugehen.

4. Nach Aufforderung seitens des erkennenden Gerichts übermittelte die BF mit Schreiben vom 23.08.2021 diverse Unterlagen zum Nachweis ihrer Tätigkeiten in der Erwachsenenbildung.

5. Mit Schreiben vom 30.09.2021 führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der vorgelegten Unterlagen seitens der belangten Behörde nunmehr von keiner selbständigen Erwerbstätigkeit, welche die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG begründet, ausgegangen wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.06.2021 stellte diese fest, dass die BF im Zeitraum von 01.01.2018 bis 31.12.2018 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sowie in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit a ASVG unterliege.

Die belangte Behörde ging dabei, zumal die BF im Verwaltungsverfahren zwar eine Tätigkeit im Bereich der Erwachsenenbildung vorgebracht, diese jedoch trotz mehrfacher Aufforderung durch die belangte Behörde nicht nachgewiesen hat, von den im rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid 2018 ausgewiesenen Einkünften aus selbständiger Arbeit aus.

Laut rechtskräftigem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 erzielte die BF Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 6.201,80.

Die BF legte erst im Verfahren vor dem BVwG Nachweise vor, wonach sie von 01.01.2018 bis 31.12.2018 als Erwachsenenbildnerin bei „ XXXX “ im Ausmaß von 200 Unterrichtseinheiten (je 50 Minuten), sowie an den XXXX als Kursleiterin für Deutsch im Ausmaß von 30 Unterrichtseinheiten (je 50 Minuten) tätig war. Zudem legte sie Stundenaufstellungen vor, demzufolge sie zwischen 02.02.2018 und 20.12.2018 in unterschiedlichem monatlichem Stundenausmaß für „ XXXX “ tätig war.

Aufgrund der nunmehr nachgewiesenen Tätigkeiten der BF im Bereich der Erwachsenenbildung liegt folglich im Kalenderjahr 2018 keine die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG begründende selbständige Erwerbstätigkeit vor und sind diese Feststellungen auch von der SVS mitgetragen.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, sowie den Ermittlungsergebnissen des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere den mit Schreiben der BF vom 23.08.2021 eingebrachten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit:

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat.

Gegenständlich wurde kein Antrag auf Senatsentscheidung gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A):

3.3. Maßgebliche Normen:

Die maßgeblichen Normen des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 560/1978, lauten auszugsweise:

§ 2.

(1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. …

4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.

(2) …“

3.4. Fallbezogen folgt daraus:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.06.2021 stellte diese fest, dass die BF im Zeitraum von 01.01.2018 bis 31.12.2018 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sowie in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit a ASVG unterliege. Die belangte Behörde ging dabei, zumal die BF im Verwaltungsverfahren zwar eine Tätigkeit im Bereich der Erwachsenenbildung vorgebracht, diese jedoch trotz mehrfacher Aufforderung durch die belangte Behörde nicht nachgewiesen hat, von den im rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid 2018 ausgewiesenen Einkünften aus selbständiger Arbeit aus.

Erst im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG brachte die BF, wie den Feststellungen zu entnehmen ist, diverse Unterlagen in Vorlage, aus denen die Tätigkeit der BF im Bereich der Erwachsenenbildung im Jahr 2018 ersichtlich ist. Aufgrund dessen geht das erkennende Gericht – wie nunmehr auch die belangte Behörde – davon aus, dass im Jahr 2018 keine selbständige Erwerbstätigkeit der BF, welche die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG begründet, vorliegt.

Infolge dessen war der Beschwerde somit stattzugeben.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der BF die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Partei zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall liegt dem Bundesverwaltungsgericht die zur Klärung der Rechtsfrage nötige Aktenlage vor. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hätte eine mündliche Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen. Somit war der Sachverhalt iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif und konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das hg. Erkenntnis hält sich an die darin zitierte Judikatur des VwGH.

Schlagworte

Bildungseinrichtung Nachweis der Lehrbefähigung Pflichtversicherung Unterricht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W151.2244392.1.00

Im RIS seit

16.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten