TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/22 W156 2242922-1

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Veröffentlicht am 22.10.2021
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Entscheidungsdatum

22.10.2021

Norm

ASGG §65
ASVG §354
ASVG §367
ASVG §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W156 2242922-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Günther Clementschitsch, Rechtsanwalt in 9500 Villach, gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB), vom 08.04.2021 zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)        Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 08.04.2021 erließ die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (in weiterer Folge: belangte Behörde) einen Bescheid, in welchem festgestellt wurde, dass für Herrn XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer, kurz: BF), im Zeitraum vom 11.07.2008 bis 20.07.2008 und vom 07.09.2008 bis zum 13.09.2008 eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 lit. c ASVG bestanden hätte. Die belangte Behörde führte dazu aus, dass der BF Widerspruch gegen die Kontoerstgutschrift vom 18.01.2017 bei der SVS (damals Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft) eingelegt hätte, wobei der Zeitraum von 01.06.2008 bis 31.01.2009 strittig gewesen wäre.

Die SVS hätte mit Schreiben vom 27.02.2017 die belangte Behörde um Erlassung eines diesbezüglichen Bescheides gemäß § 367a Abs. 4 ASVG ersucht und hätte diese am 08.05.2017 einen einschlägigen Bescheid erlassen, welcher jedoch am 16.12.2019 gemäß § 68 Abs. 2 AVG wieder aufgehoben worden wäre. Diesem Vorgang hätte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, GZ: W156 2152020-1/13E, vom 19.11.2019, zu Grunde gelegen, mit der die Unzulässigkeit des Rechtsweges festgestellt worden wäre. Das Bundesverwaltungsgericht hätte mit dieser Entscheidung dem zuvor in selbiger Sache ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, Ra 2018/08/0004, vom 17.10.2019 gefolgt.

In weiterer Folge wäre der - dem Bescheid vom 08.05.2017 zu Grunde liegende - Bescheid der belangten Behörde vom 08.10.2010 dem BF erneut zugestellt und das Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt worden, da dieser Bescheid eine wesentliche Vorfrage bilde. Die Mangelhaftigkeit der Zustellung wäre im obig bezeichneten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes festgestellt worden.

Der BF hätte gegen den neuerlich zugesellten Bescheid vom 08.10.2010 fristgerecht Klage beim Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht eingebracht, welches nunmehr mit Urteil vom 20.01.2021, GZ: XXXX , rechtkräftig entschieden hätte, dass im fraglichen Zeitraum ein Anspruch auf Krankengeld lediglich vom 11.07.2008 bis zum 20.07.2008 und vom 07.09.2008 bis zum 13.09.2008 bestanden hätte. Das Mehrbegehren des BF wäre mit der Begründung abgewiesen worden, dass in diesen Zeiten kein Aufenthalt des BF in Österreich bestanden hätte

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund des gerichtlich zugesprochenen Bezugs von Krankengeld für diese Zeiten eine Teilversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 lit. c ASVG bestanden hätte. Darüberhinausgehende Zeiten hätten mangels Bezugs von Krankengeld nicht festgestellt worden können.

Da gemäß § 367Abs. 4 ASVG „Beginn und Ende dieser Versicherung“ festzustellen gewesen wäre, sei die Angelegenheit als „Verwaltungssache“ im Sinne des ASVG zu klassifizieren.

2. Der BF brachte gegen diesen Bescheid fristgerecht mit Schreiben vom 18.05.2021 Beschwerde ein.

Bereits nach den Feststellungen des Arbeits- und Sozialgerichts hätte über den Zeitraum vom 01.06.2008 bis 30.09.2008 eine Arbeitsunfähigkeit des BF vorgelegen, wodurch der Krankengeldanspruch des BF dokumentiert sei.

Es wäre durch das Arbeits- und Sozialgericht auch nicht festgestellt worden, dass der BF etwa seine Meldepflicht gegenüber der Sozialversicherung verletzt hätte. Seine Auslandsaufenthalte wären mit der belangten Behörde abgestimmt und seine Behandlung in Schweden auch der Sozialversicherungsanstalt zur Kenntnis gebracht worden. Es handle sich hierbei um einen erlaubten Domizilwechsel, der den Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach nicht berühre.

Eine Beurteilung der Teilversicherung in der Pensionsversicherung lediglich nach dem tatsächlichen Bezug von Krankengeld bilde eine sachlich ungerechtfertigte Differenzierung, weil der Bezug von Krankengeld dann, wenn unbestrittenermaßen ein Anspruch auf Krankengeld vorliege, bei einem – grundsätzlich erlaubten – Aufenthalt im Ausland auch von Zufälligkeiten abhängig sein könne, insbesondere von jener, dass der Krankheitszustand eine Reise nicht mehr erlaube.

Die von der belangten Behörde angewendete Regelung sei im Sinne eines Anspruches auf Krankengeld auszulegen, sodass für den festgestellten krankheitswertigen Zustand des BF in den Monaten Juni bis September 2008 eine Teilversicherung festgestellt hätte werden müssen.

3. Mit Schreiben vom 25.05.2021 übermittelte die belangte Behörde den Beschwerdeakt an das Bundesverwaltungsgericht. Inhaltlich werde zur Beschwerde insbesondere auf den klaren Wortlaut des § 8 Abs. 1 Z 2 lit. c ASVG verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF wurde am XXXX geboren und war bis zum 31.03.2008 als technischer Direktor bei der XXXX AG in Österreich und Schweden tätig.

Mit 31.03.2008 endete das Dienstverhältnis des BF bei der XXXX AG. Der BF befand sich ab dem 31.03.2008 in Krankenstand.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.10.2010 wurde eine Gewährung von Krankengeld ab dem 31.05.2010 mangels Arbeitsunfähigkeit abgelehnt.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, Ra 2018/08/0004-8, vom 17.10.2019 wurde – nach Erhebung einer außerordentlichen Revision durch den BF gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, GZ: W156 2152020-1/3E, vom 06.11.2017 – die Mangelhaftigkeit der Zustellung des Bescheides vom 08.10.2010 festgestellt.

Der BF erhob gegen den neuerlich zugestellten Bescheid vom 08.10.2010 fristgerecht Klage beim Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht und wurde ihm mit rechtskräftigem Urteil vom 20.01.2021, GZ: XXXX , für den Zeitraum von 11.07.2008 bis 20.07.2008 und vom 07.09.2008 bis 13.09.2008 ein tägliches Krankengeld in der Höhe von EUR 91,70 brutto (EUR 75,93 netto) zugesprochen. Das darüberhinausgehende Mehrbegehren des BF wurde hingegen abgewiesen.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wurde für den vom Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht zugesprochenen Zeitraum eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 lit. c ASVG festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Zeiten des Bezuges von Krankengeld ergeben sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 20.01.2021, GZ: XXXX .

Die sonstigen Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Der Sachverhalt ist in den entscheidungsrelevanten Bereichen unstrittig. Vorliegend handelt es sich sohin um eine reine Beurteilung einer Rechtsfrage. Strittig ist die Frage, ob eine Teilversicherung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 lit. c ebenso bei mangelndem tatsächlichen Bezug von Krankengeld vorliegen könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

§ 354 ASVG in der Fassung BGBl. I 100/2018 lautet:

Leistungssachen sind die Angelegenheiten, in denen es sich handelt um

1. die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs. 1, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 29a), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht;

2. Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung,

3. Streitigkeiten über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt II des Fünften Teiles;

4. Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§ 247),

4a. die Feststellung der Invalidität (§§ 255a, 280a) oder der Berufsunfähigkeit (§ 273a),

5. die Feststellung der Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift oder eines Nachtragsabzuges (§ 15 APG),

6. die Feststellung des Rechtsanspruches auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253e (§ 270a, § 276e).

§ 367a ASVG in der Fassung BGBl. I 100/2018 lautet:

(1) Gegen Bescheide der Versicherungsträger in Leistungssachen nach § 354 Z 5 kann binnen drei Monaten nach Zustellung Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den er sich richtet, und einen begründeten Entscheidungsantrag zu enthalten. Er bedarf der Schriftform und ist bei jenem Versicherungsträger einzubringen, der den Bescheid erlassen hat. Ein beim Gericht eingebrachter Widerspruch gilt als beim Versicherungsträger eingebracht und ist an diesen unverzüglich weiterzuleiten.

(….)

4) Ist die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, der Beginn oder das Ende der Versicherung, die maßgebende Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft strittig, so ist das Widerspruchsverfahren auszusetzen, bis darüber im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist; die Frist nach Abs. 2 ist bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Ist zum Zeitpunkt der Aussetzung noch kein Verfahren in diesen Angelegenheiten anhängig, so hat der über den Widerspruch zu entscheidende Pensionsversicherungsträger dessen Einleitung zu beantragen; die rechtskräftige Entscheidung ist ihm unverzüglich zu übermitteln.

§ 65 ASGG in der Fassung BGBl. I 35/2012 lautet:

(1) Sozialrechtssachen sind Rechtsstreitigkeiten über

1. den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen, soweit hiebei nicht die Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen (§ 354 Z 1 ASVG, § 194 GSVG, § 182 BSVG, § 65 NVG 1972, § 129 B-KUVG, § 84 StVG beziehungsweise §§ 4 Abs. 2, 43 und 44 BPGG);

2. die Pflicht zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung oder eines zu Unrecht empfangenen Pflegegeldes (§ 354 Z 2 ASVG, § 194 GSVG, § 182 BSVG, § 65 NVG 1972, § 129 B-KUVG, § 84 StVG beziehungsweise § 11 Abs. 3 zweiter Halbsatz und Abs. 4 BPGG sowie Z 6 bis 8 und §§ 89 und 91);

3. Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe (§ 354 Z 3 ASVG, § 194 GSVG, § 182 BSVG, § 65 NVG 1972, § 129 B-KUVG, §§ 13 und 14 BPGG);

4. den Bestand von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung (§§ 247, 247a ASVG, §§ 117a, 117b GSVG, §§ 108a, 108b BSVG, §§ 46a, 46b NVG 1972), soweit diese Rechtsstreitigkeiten nicht Teil einer Rechtsstreitigkeit nach Z 1 sind (§ 354 Z 4 ASVG, § 194 GSVG, § 182 BSVG, § 65 NVG 1972, § 129 B-KUVG), sowie über Bestand und Umfang einer Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift (§ 15 APG);

5. die Kostenersatzpflicht eines Versicherungsträgers beziehungsweise eines Versicherten in einem Verfahren in Leistungssachen (§ 359 Abs. 2, 4 und 5 ASVG, § 194 GSVG, § 182 BSVG, § 65 NVG 1972, § 129 B-KUVG, § 84 StVG, § 30 BPGG, Z 6 bis 8);

6. Ansprüche auf Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz, BGBl. Nr. 642/1973;

7. Ansprüche auf Insolvenz-Entgelt oder einen Vorschuss auf dieses nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. Nr. 324/1977;

8. Ansprüche auf Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG), BGBl. Nr. 473/1992, auf Kinderbetreuungsgeld und auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001.

§ 414 ASVG in der Fassung BGBl. I 2/2015 lautet:

(1) Gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Gemäß § 414 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I 2/2015, hat das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen zu entscheiden.

Gemäß §§ 2 Abs. 1 und 65 Abs. 1 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG), BGBl. I 335/2012 iVm § 354 ASVG sind hingegen zur Entscheidung über Leistungssachen die ordentlichen Gerichte berufen.

Im konkreten Fall brachte der BF gemäß § 367a Abs. 1 ASVG Widerspruch gegen den Bescheid der SVS über die Kontoerstgutschrift vom 12.12.2016 ein.

Über die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, Beginn und Ende der Versicherung, die maßgebliche Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft darf gemäß § 367a Abs. 4 ASVG im Verfahren über den Widerspruch gegen die Kontoerstgutschrift nicht entschieden werden. Ist eines dieser Elemente des § 367a Abs. 4 SVG strittig, so ist eine Entscheidung darüber im Verfahren in Verwaltungssachen abzuwarten bzw. – wenn ein solches Verfahren noch nicht anhängig ist – beim dafür jeweils zuständigen Versicherungsträger zu beantragen, der seine Entscheidung dem beteiligten Pensionsversicherungsträger unverzüglich zu übermitteln hat (vgl.Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 367a ASVG, Stand 1.10.2019, rdb.at). In Abweichung von § 38 AVG ist es der SVS verwehrt, über diese Vorfrage selbst zu entscheiden (vgl. Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm [212. Lfg.] § 367a ASVG Rz 15).

Fallgegenständlich war der Beginn und das Ende der Versicherung strittig, weshalb die SVS mit Schreiben vom 27.02.2017 die belangte Behörde um Erlassung eines „Bescheides gemäß
§ 367a Abs. 4 ASVG“ ersuchte.

Durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde über den Beginn und das Ende der Teilversicherung des BF in der Pensionsversicherung und somit über eine Vorfrage des § 367a Abs. 4 ASVG entschieden. Bei dieser Entscheidung handelt es sich somit um eine Verwaltungssache gemäß § 355 Z 1 ASVG.

Somit ist Bundesverwaltungsgericht für die Behandlung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.2. Verfahrensrelevante materiellrechtliche Bestimmungen:

§ 8 ASVG in der Fassung BGBl. I 100/2018 lautet:

(1) Nur in den nachstehend angeführten Versicherungen sind überdies auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (teilversichert):

(…..)

2. in der Pensionsversicherung

a) Personen, die Wochengeld beziehen oder deren Anspruch auf Wochengeld ruht;

b) Personen, die eine Geldleistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, nach dem Sonderunterstützungsgesetz (SUG), BGBl. Nr. 642/1973, oder nach dem Überbrückungshilfengesetz (ÜHG), BGBl. Nr. 174/1963, oder eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes nach dem Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG), BGBl. Nr. 313/1994, rechtmäßig beziehen, wenn sie nicht nach § 4 Abs. 1 Z 8 pflichtversichert sind, oder Notstandshilfe oder erweiterte Überbrückungshilfe ausschließlich wegen Anrechnung des Einkommens des Partners oder der Partnerin nicht beziehen oder deren Anspruch auf Arbeitslosengeld ausschließlich nach § 16 Abs. 1 lit. l AlVG ruht;

c) die BezieherInnen von Krankengeld, Rehabilitationsgeld und Wiedereingliederungsgeld;

d) Personen, die nach dem Wehrgesetz 2001

aa) Präsenz- oder Ausbildungsdienst leisten, ausgenommen die in sublit. bb genannten Personen,

bb) Ausbildungsdienst leisten, ab dem 13. Monat des Ausbildungsdienstes,

wenn sie zuletzt nach diesem Bundesgesetz pensionsversichert oder noch nicht pensionsversichert waren;

e) Personen, die auf Grund des Zivildienstgesetzes ordentlichen oder außerordentlichen Zivildienst leisten, wenn sie zuletzt nach diesem Bundesgesetz pensionsversichert oder noch nicht pensionsversichert waren;

f) Personen, die Übergangsgeld nach diesem Bundesgesetz beziehen, wenn sie nicht nach § 4 Abs. 1 Z 8 pflichtversichert sind;

g) Personen, die ihr Kind (§ 227a Abs. 2) in den ersten 48 Kalendermonaten nach der Geburt oder im Fall einer Mehrlingsgeburt ihre Kinder in den ersten 60 Kalendermonaten nach der Geburt tatsächlich und überwiegend im Sinne des § 227a Abs. 4 bis 6 im Inland erziehen, wenn sie zuletzt nach diesem Bundesgesetz pensionsversichert oder noch nicht pensionsversichert waren;

h) die Wissenschaftlichen (Künstlerischen) MitarbeiterInnen (in Ausbildung) nach § 6 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste, BGBl. Nr. 463/1974;

i) die zur Fremdsprachenassistenz nach § 3a des Lehrbeauftragtengesetzes bestellten Personen;

j) pflegeteilzeitbeschäftigte Personen, die ein aliquotes Pflegekarenzgeld nach § 21c des Bundespflegegeldgesetzes beziehen, wenn sie auf Grund des Dienstverhältnisses, in dem Pflegeteilzeit vereinbart wurde, der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegen;

k) die Bezieher des Familienzeitbonus nach dem Familienzeitbonusgesetz, wenn sie zuletzt nach diesem Bundesgesetz pensionsversichert oder noch nicht pensionsversichert waren;

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Unbestritten ist der - aufgrund des rechtskräftigem Urteils des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 20.01.2021, GZ: XXXX festgestellte –Krankengeldbezug des BF im Zeitraum von 11.07.2008 bis 20.07.2008 und vom 07.09.2008 bis 13.09.2008. Das darüberhinausgehende Mehrbegehren des BF wurde abgewiesen. Die belangte Behörde sowie das Bundesverwaltungsgericht sind an das Urteil des Landesgerichts gebunden. In seinem Erkenntnis vom 23.03.2006, Zl. 2004/07/0047, führt der Verwaltungsgerichtshof dazu aus, dass die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft dann eintritt, wenn von dem Inhalt der rechtskräftig entschiedenen Streitsache notwendig die Entscheidung eines weiteren Anspruches abhängt (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung), somit der rechtskräftig entschiedene Anspruch Vorfrage und bedingendes Rechtsverhältnis für den weiteren Anspruch ist.

Strittig ist fallgegenständlich lediglich, ob die Beurteilung der Teilversicherung des BF in der Pensionsversicherung an den tatsächlichen Bezug von Krankengeld zu knüpfen war.

Wie die belangte Behörde zu Recht ausführt, war im gegenständlichen Fall auf den klaren Wortlaut des § 8 Abs. 1 Z 2 lit. c ASVG abzustellen. Wie aus dem Wortlaut dieser Bestimmung eindeutig hervorgeht, war es aus Sicht des erkennenden Gerichts die klare Intention des Gesetzgebers die Feststellung der Teilversicherung in der Pensionsversicherung an den tatsächlichen Bezug des Krankengelds zu knüpfen (vgl. auch VwGH vom 09.12.2020, Ro 2019/08/0012).

Der Wortlaut dieser Bestimmung lässt somit – wie vom BF gefordert – auch keinen Spielraum zu, im Sinne eines bloßen Anspruches auf Krankengeld ausgelegt zu werden, weshalb durch die Feststellung der belangten Behörde auch keine sachlich ungerechtfertigte Differenzierung erkannt werden kann.

Somit erfolge die Abweisung des Anspruchs durch die belangte Behörde zu Recht, weswegen die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

3.2. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und kann auch nicht erkannt werden, dass sich an der Beurteilung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung etwas geändert hätte:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht zudem von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist und in der Beschwerde nicht bestritten wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat (vgl. dazu auch das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027).
4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da § 8 Abs. 2 lit.c ASVG eine klare Reglung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90) trifft.

Zudem weicht die Entscheidung in der Auslegung des § 8 Abs. 2 lit. C ASVG nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. Punkt 3.1).

Schlagworte

Bindungswirkung Guthaben Krankengeld Pensionsversicherung Teilversicherung Verwaltungssache Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W156.2242922.1.00

Im RIS seit

16.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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