TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/7 W142 2246987-1

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Veröffentlicht am 07.10.2021
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Entscheidungsdatum

07.10.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §33 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W142 2246987-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 23.09.2021, Zl. 1284584405-211316995, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), ein indischer Staatsangehöriger, ist auf dem Luftweg, aus Doha kommend, am Flughafen Wien-Schwechat angereist. Am 12.09.2021 stellte der BF beim SPK Schwechat Referat III-FB1 -Grenzkontrolle im Zuge der Amtshandlung einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, den XXXX zu führen, am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Indien zu sein. Als Grund für seinen Antrag auf internationalen Schutz gab er an, dass er in Indien verfolgt werde und um sein Leben fürchten würde.

Bei der Erstbefragung am 13.09.2021 gab der BF vor dem SPK Schwechat, REFERAT III-FB 2- Grenzbez. Sonderaufgaben, zu seinen Fluchtgründen wie folgt an:

„Ich war der Vorsitzende der „AAM.PARTY“ im Kollege. Im Jahr 2017 fand eine Wahl statt. Meine Partei verlor. Die Gegenpartei, welche der Wahlgewinner war, verfolgte uns seitdem. Auf meine Person wurde 3 Anschläge verübt, ich habe diese überlebt. Weiters wurde ich von dieser Partei mit dem Tod bedroht.

Aus diesen vorhin genannten Gründen bin ich aus Indien geflüchtet um in einem sicheren Land um internationalen Schutz an zu suchen. Da mich mein Freund hier nach Österreich gebracht hat, will ich hier auch bleiben und um Schutz ansuchen.

Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin! Ich habe keine weiteren Gründe für eine Asylantragstellung.“

Am 16.09.2021 erfolgte in der Erstaufnahmestelle Flughafen eine Rechtsberatung durch einen Rechtsberater in der Sprache Punjabi, wobei dem Rechtsberater zuvor schon der gesamte Akteninhalt zur Einsichtnahme überlassen worden war.

Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 16.09.2021 vor der Erstaufnahmestelle Flughafen, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht in ärztlicher Behandlung stehe, keine Medikamente nehme und körperlich und geistig gesund sei. Weiters gab der Beschwerdeführer Folgendes an (Schreibfehler korrigiert):

LA: Haben Sie im bisherigen Verfahren, insbesondere bei der polizeilichen Erstbefragung am 13.09.2021 wahrheitsgemäße Angaben gemacht und wurde Ihnen diese rückübersetzt und korrekt protokolliert? Wollen Sie etwas ergänzen?
VP: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt. Es wurde nicht geschrieben, von welcher Partei ich gefährdet bin. Ich bin gefährdet von der BJP Partei und Kongress Partei. Auf Nachfrage, es wurde rückübersetzt und korrekt protokolliert.
LA: Wie heißen Sie und wann und wo wurden Sie geboren?
VP: Mein Name ist XXXX und ich wurde am XXXX im Dorf XXXX geboren.
LA: Sind Sie verheiratet? Wenn ja, wie lauten die Daten (Name, Geburtsdatum) Ihrer Gattin?
VP: Nein, befragt ich bin ledig.
LA: Haben Sie Kinder? Wenn ja, wie viele? Nennen Sie den Namen und Geburtsdaten der Kinder.
VP: Nein.
LA: Haben Sie noch Angehörige in Ihrer Heimat Indien?
VP: Nur meine Eltern. Mein Vater XXXX , 50 Jahre alt, meine Mutter XXXX , ca. 48 Jahre. Auf Nachfrage, ich habe Onkel und Tanten in Indien. Auf Nachfrage, ich habe keine Großeltern und keine Geschwister.
LA: Wo genau halten sich Ihre Angehörigen aktuell auf?
VP: Indien, Punjab (Provinz), Patiala, Parta, XXXX .
Zuvor lebten wir in XXXX und sind dann umgezogen. Auf Nachfrage, meine Eltern leben in der Provinz Haryana, wo genau weiß ich nicht. Ich habe seit über einem Jahr keinen Kontakt zu meinen Eltern.
LA: Wovon bestreiten Ihre Angehörigen in Indien den Lebensunterhalt?
VP: Sie lebten von der Landwirtschaft. Was sie in Haryana machen, weiß ich nicht.
LA: Bitte geben Sie so genau wie möglich die Adresse im Heimatland an, an der Sie zuletzt gelebt haben?
VP: Indien, Punjab (Provinz), Patiala, Patran, XXXX .
LA: Wie lange haben Sie an dieser Adresse gelebt?
VP: Von Geburt bis vor einem Jahr habe ich dort gelebt.
LA: Wo lebten Sie danach?
VP: Danach habe ich mich einige Zeit in Delhi aufgehalten, von Delhi bin ich nach Mumbai gezogen. Danach habe ich Indien verlassen.
LA: Unter welchen Umständen und mit wem lebten Sie in Indien? (Haus, Wohnung, Miete, Eigentum …?)
VP: In Kartapur lebte ich bei meinen Eltern. Auf Nachfrage, in unserem eigenen Haus. Nachgefragt, in Delhi und in Mumbai habe ich mich versteckt bei einem Freund aufgehalten.
LA: Wann, wie und mit wem hatten Sie zuletzt Kontakt in Ihrem Heimatland?
VP: Mein Freund, der mich hierhergebracht hat, nur mit ihm hatte ich Kontakt. Sein Name ist XXXX . Nachgefragt, er kam mit nach Österreich. Auf Nachfrage, ich weiß nicht wohin er ist. Er war nicht mein Schlepper.
LA: Warum haben Sie keinen Kontakt zu Ihren Eltern?
VP: Da mein Leben in Gefahr ist, haben meine Eltern den Kontakt mit mir abgebrochen.
LA: Haben Sie in Österreich irgendwelche verwandtschaftlichen oder privaten Bezugspunkte?
VP: Nein.
LA: Welche Schul- und Ausbildung haben Sie?
VP: 12 Jahre Grundschule mit Matura. Nachgefragt, ich habe keinen Beruf erlernt. Ich wollte ins College gehen.
LA: Sie haben das College nicht besucht?
VP: Doch. Aber nicht abgeschlossen. Nachgefragt, ich war von 2016-2018 im College, Studienrichtung. VP denkt nach. Bachelor of Arts.
LA: Wovon haben Sie gelebt? Wo waren Sie beschäftigt? Waren Sie bis zu Ihrer Ausreise beruflich tätig?
VP: Mein Vater hat mich unterstützt. Nachgefragt, im Jahr wo ich nicht mehr zu Hause war, hat mich mein Freund unterstützt. Der Freund, der mit nach Österreich kam.
LA: Möchten Sie irgendwelche Beweismittel/Dokumente/ärztliche Befunde etc. vorlegen? Haben Sie Dokumente bei sich?
VP: Nein, nur in Indien habe ich welche. Nachgefragt, Polizeianzeige, ich wurde angezeigt. LA: Warum wurden Sie angezeigt? Wann?
VP: Ende 2018 wurde ich angezeigt. Auf Nachfrage, von der gegnerischen Partei.
LA: Von welcher gegnerischen Partei?
VP: Von der Kongress und BJP Partei.
LA: Warum wurden Sie angezeigt?
VP: Im Jahr 2017 gab es Wahlen ich war Chairman von der Aam Partei unsere Partei hat die Wahl verloren und wurden von der gegnerischen Partei schikaniert.
LA: WARUM genau wurden Sie angezeigt?
VP: Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass die Polizei mich gesucht hat und ich habe Indien verlassen.
Anm. VP ist nervös und spielt mit dem Kugelschreiber – aufgefordert diesen liegen zu lassen.
LA: Von wann bis wann haben Sie die Grundschule besucht? Wann haben Sie maturiert?
VP: Ich war sehr gut in der Schule und habe Klassen übersprungen. Von 2005 bis 2013 habe ich 10 Klassen absolviert und von 2013-2015 habe ich die Maturaklasse besucht.
LA: In welchem Alter beginnt man in Indien mit der Schule?
VP: Mit 3-4 Jahren.
Anm. Es wird ins Internet Einsicht genommen – Schulsystem in Indien beginnt mit der Volksschule im Alter von 6-10 Jahren.
LA: In Indien beginnt die Schule für die Kinder mit 6 Jahren, Ihre Angaben gehen sich leider nicht ganz aus!
VP: Bei uns ist es nicht so streng. Es gibt keine Gesetze, man kann schon mit 3 Jahren anfangen.
LA: Können Sie diese Anzeige nach Österreich übermitteln? Warum haben Sie dieses Schriftstück nicht mitgenommen?
VP: Nein, ich habe mit niemanden Kontakt. Es war nicht möglich es mitzunehmen. Nachgefragt, vor einem Jahr habe ich mein Dorf verlassen und habe mit niemanden Kontakt.
LA: Wo wurde die Anzeige gestellt – welche Polizeistation?
VP: VP denkt nach. Mir fällt der Name nicht ein, aber es war in der Stadt Patiala.
LA: Wenn Sie so hochintelligent sind, müssten Sie sich daran erinnern können!
VP: Es fällt mir nicht ein.
LA: Hatten Sie jemals einen Reisepass? Wo befindet sich dieser? Wo wurde dieser ausgestellt?
VP: Ja. Mein Freund hat diesen bei sich. Nachgefragt, der in Österreich ist. Der Pass wurde vor 2 Jahren ausgestellt, in der Stadt Chandigarh.
LA: Wo hält sich Ihr Freund in Österreich auf?
VP: Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm. Ich weiß nicht wo er ist.
LA: Was haben Sie noch für Dokumente im Heimatland?
VP: Die polizeiliche Anzeige und meine Schulzeugnisse und meinen Personalausweis. Das alles ist in Indien.
LA: Sonst habe Sie keine Dokumente oder sonstige Ausweise?
VP: Nein.
LA: Nennen Sie bitte den vollen Namen Ihres Freundes, welcher mit Ihnen nach Österreich ist.
VP: XXXX , geb. XXXX .
LA: Warum hat Ihr Freund keinen Asylantrag gestellt?
VP: Sein Leben ist nicht gefährdet. Ich weiß auch nicht wohin er gegangen ist. Wir haben gemeinsam das Land verlassen, ich weiß nicht wo er ist.
LA: Wann haben Sie Ihren Entschluss zur Ausreise gefasst?
VP: Mein Freund hat es für mich entschieden. Nachgefragt, er wollte mein Leben retten, er liebt mich sehr.
LA: Nennen Sie mir den Weg Ihrer Ausreise. Wer hat das Ticket besorgt und wie?
VP: Mein Freund hat die Reise organisiert. Mit dem Flugzeug bin ich her. Nachgefragt, ich weiß nicht den Flughafen. Mein Freund hat mich in ein Land gebracht und von dort sind wir hierher geflogen.
LA: Sie wissen nicht, über welchen Flughafen Sie nach Österreich gekommen sind?
VP: Von Mumbai sind wir nach Delhi geflogen und von Delhi weiter.
LA: Wohin weiter?
VP: Ich weiß es nicht.
LA: Sie können schon lesen und schreiben?
VP: Ja.
LA: Dann haben Sie ein Flugticket gehabt von Delhi mit dem Weiterflug – wohin es geht.
VP: Er hat mir kein Flugticket in die Hand gegeben.
LA: Wohin wäre Ihr Flug gegangen – von Wien weiter?
VP: Weiß ich nicht.
Anm. lt. Polizei Flugroute von Doha nach Wien gekommen – Weiterflug nach Belgrad.
LA: Es wird der VP Partei der Flugdaten, samt seiner Passnummer und der Name XXXX vorgehalten. Was bedeutet XXXX ? Anm. XXXX bedeutet XXXX .
VP: Ich weiß es nicht.
LA: War die Flucht schlepperunterstützt? (Wie viel hast es gekostet woher kam das Geld)
VP: Nein.
LA: Wer hat die Reise bezahlt?
VP: Mein Freund hat das ganze bezahlt. Der XXXX hat alles gemacht.
LA: Wie erfolgte Ihre Ausreise legal oder illegal?
VP: Wie meinen sie das?
LA: Haben Sie, als Sie von Indien-Delhi in ein für Sie unbekanntes Land geflogen sind den Reisepass hergezeigt?
VP: Ja.
LA: Wie verlief die Ausreisekontrolle?
VP: Keine Probleme, es verlief sehr gut.
LA: Waren Sie sonst jemals im Ausland?
VP: Nein.
LA: Haben Sie bereits woanders um Asyl angesucht? (wenn ja, wann? – wo? Ausgang d. Verfahrens?)
VP: Nein.
LA: War Österreich jetzt Ihr Zielland?
VP: Nein, ich wollte irgendwohin, wo mein Leben sicher ist. Mein Zielland war Österreich nicht.
LA: Bitte nennen Sie Ihre Staatsangehörigkeit, Volksgruppe und Religionszugehörigkeit?
VP: Ich bin indischer Staatsbürger, gehöre der Volksgruppe der Kamboj an und bekenne mich dem Sikhismus.
LA: Welche Stellung hat Ihre Kaste in Indien?
VP: Es ist eine höhere Kaste. Jat und Kamboj sind höhere Kasten, die Regierung ist gegen uns.
LA: Wie wirkt sich die Kastenzugehörigkeit Kamboj auf das Verhältnis zu Behörden und Polizei aus?
VP: Niemand hört auf uns. Auf Nachfrage, es ist allgemein gegen die Sikhs, die Regierung ist gegen die Sikhs.
LA: Hatten Sie wegen Ihrer Volksgruppe und/oder Religionszugehörigkeit Probleme im Heimatland?
VP: Nein. Ich hatte keine.
LA: Werden Sie gesucht im Heimatland oder gibt es einen Haftbefehl?
VP: Ich wurde ja angezeigt.
LA: Das war 2018 und Sie haben Indien auf legalem Wege verlassen können!
VP: Es gibt keine Gesetze in Indien.
LA: Haben Sie im Heimatland strafbare Handlungen begangen, sind Sie vorbestraft / verurteilt oder waren Sie schon einmal in Haft oder Gefangenschaft?
VP: Nein.
LA: Kommen wir bitte jetzt nochmals zu allen Ihren Fluchtgründen. Sie haben schon etwas dazu angegeben. Warum haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen? Nennen Sie nun bitte detailliert und in Ihren eigenen Worten alle Ihre Fluchtgründe, sodass ich mir ein Bild davonmachen kann? Sie haben hierzu ausreichend Zeit.
VP: Im Jahr 2017 gab es Wahlen in unserem College, ich war damals Vorsitzender von der Aam Partei. Wir haben die Wahlen verloren. Die gegnerischen Parteien haben gewonnen. Sie haben angefangen uns zu foltern und zu schikanieren. Sie wollten, dass ich mich ihrer Partei anschließe. Ich wollte nicht, mich der gegnerischen Partei anzuschließen.
Anm. VP wiederholt sich.
VP: Ich wurde auch dreimal angegriffen. Ich wurde angezeigt und die Polizei kam zu mir nach Hause und hat mich gesucht. Meine Familie hat mich dann von dort weggeschickt. Seit 1 Jahr habe ich keinen Kontakt mit meiner Familie. Fertig. Ich wurde mit dem Tod bedroht. LA: Wann, von wem und wie wären Sie angegriffen worden?
VP: Beide Parteien haben mich angegriffen. Das erste Mal am 07.01.2019, zweite Mal 19.12.2019 und das dritte Mal am 07.07.2020. nach dem 3 Angriff habe ich das Land verlassen.
LA: Mit Land verlassen, meinen Sie Indien?
VP: Nein, das Dorf verlassen.
LA: Von wem genau wären Sie angegriffen und wie?
VP: Ich wurde angegriffen. Meine Freunde haben mich immer rechtzeitig informiert, dass ich angegriffen werde und aus diesem Grund ist es mir auch gelungen mein Leben zu retten und bin jetzt hier.
LA: Wurden Sie jetzt angegriffen oder wurden Sie immer vorher gewarnt und wurden daher nicht angegriffen?
VP: Ja, sie haben mich immer vorher gewarnt und ich wurde nicht angegriffen.
LA: Die Wahlen wären 2017 gewesen und weshalb wären Sie im Jahr 2019/2020 angegriffen worden?
VP: Weil ich mich der Partei nicht angeschlossen habe, deswegen haben sie mich angegriffen. Auf Nachfrage, von 2017bis 2019 gab es keine Übergriffe. Sie haben mich nur bedroht.
LA: Wie und wer hätte Sie bedroht?
VP: Über Handy habe ich Drohungen bekommen. Auf Nachfrage, mehrmals wurde ich angerufen und ein paar Mal haben sie eine SMS geschickt.
LA: Wer hätte Sie angerufen oder SMS geschickt?
VP: Es sind Parteimitglieder gewesen. Auf Nachfrage, von der Kongress und BJP Partei.
LA: Woher wussten Sie das, dass diese Sie anrufen?
VP: Ich wusste es, da sie gegen mich sind.
LA: Haben diese Personen Ihren Namen genannt oder Partei?
VP: Nein. Sie haben manchmal gesagt, dass sie von der Kongress Partei sind.
LA: Gingen Sie zur Polizei, um Anzeige zu erstatten – über die versuchten Übergriffe?
VP: Nein, die Polizei ist unter denen.
LA: Sie wurden niemals körperlich angegriffen. Sie wurden immer von den geplanten 3 Übergriffen gegen Ihre Person gewarnt. Ist dies korrekt?
VP: Ja, das ist korrekt. Ich wurde nie persönlich angegriffen.
LA: Das sind Ihre Fluchtgründe, weshalb Sie nun einen Asylantrag gestellt haben?
VP: Ja.
LA: Gibt es sonst noch ein Vorbringen oder Vorfälle zu Ihrem Fluchtgrund?
VP: Nein.
LA: Sie befinden sich im Sondertransitbereich. Es besteht für Sie jederzeit die Möglichkeit freiwillig auszureisen.
VP: Nein.
LA an Rechtsberatung: Gibt es von Ihrer Seite noch offene Fragen oder Anträge?
RB: Dankeschön.
LA: Als Ergebnis der heutigen Einvernahme wird Ihnen mitgeteilt, dass Ihnen die Einreise in das Bundesgebiet NICHT gestattet wird. Sie bleiben weiterhin im Sondertransit – Sie können jederzeit freiwillig ausreisen.
Anmerkung: In einem allgemeinen Rechtsgespräch wird für die VP der weitere mögliche Ablauf eines Flughafenverfahrens erörtert, d.h. Einbindung von UNHCR – Zustimmung von UNHCR - Abweisung des Antrages mit Bescheid des BFA im Flughafenverfahren – Beschwerdemöglichkeit an Bundesverwaltungsgericht – abweisendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes – Zurückweisung der VP durch LPD - aber auch die jeweiligen Chancen für die VP im Flughafenverfahren - keine Zustimmung von UNHCR – Einreisegestattung – Weiterführung des Verfahrens im Inland – oder Stattgebung der Beschwerde durch Bundesverwaltungsgericht - Einreisegestattung - Weiterführung des Verfahrens im Inland.
VP wird in allgemeinem Rechtsgespräch auch über die Dauer der einzelnen Verfahrensschritte, die Umstände der Konfinierung, Möglichkeit der Unterstützung durch BBU, SWB des Wachzimmers, ärztliche Betreuungsmöglichkeiten, Telefonkontakte usw. – abermals in Kenntnis gesetzt.
LA: Haben Sie diese beabsichtigte Vorgehensweise verstanden?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie am Ende dieser Einvernahme irgendetwas ergänzen?
VP: Nein.
LA: Wie haben Sie die Dolmetscherin verstanden?
VP: Ich habe die Dolmetscherin gut verstanden.
LA: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.
VP: Ja.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Es hat alles gepasst.
LA: Ich hätte noch eine Frage, haben Sie einen Mitgliedsausweis oder sonst. Belege, dass Sie Vorsitzender der AAm Partei gewesen wären?
VP: In Indien. Ich bin aber auch kein Mitglied mehr, ich habe die Partei verlassen.
LA: Weshalb führten Sie dies nicht zuvor bereits an, dass Sie einen Ausweis hätten, sie wurden dazu extra befragt - Seite 7 EV Protokoll.
„LA: Sonst habe Sie keine Dokumente oder sonstige Ausweise?
VP: Nein. Seite 7 EV“
VP: Ich dachte normale Dokumente.“

Mit Schreiben vom 17.09.2021 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an das UNHCR Büro in Österreich ersuchte das Bundesamt den UNHCR um Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG zur Abweisung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 AsylG.

Am 23.09.2021 langte die Zustimmung des UNHCR, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2. AsylG abzuweisen, ein.

Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 23.09.2021 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, ihm den Status eines Asylberechtigten sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 auch den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt, und ihm unter einem auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt. Begründend wurde im angefochtenen Bescheid, neben umfangreichen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Indien, unter Darlegung näherer Erwägungen unter anderem zur Person des BF festgestellt: „Ihre Identität steht mangels Vorlage eines identitätsbezeugenden Dokumentes nicht fest. Ihren indischen Reisepass hätten Sie Ihrem mitgereisten Freund in Österreich übergeben. Der Aufenthaltsort Ihres mitgereisten Freundes in Österreich sei Ihnen nicht bekannt. Sie sind Staatsangehöriger von Indien. Sie gehören der Volksgruppe der Kamboj an und bekennen sich zur Religionszugehörigkeit des Sikhismus. Sie sind ledig und haben keine Kinder. Sie haben von Geburt bis ein Jahr vor Ihrer Ausreise in Provinz Punjab, Patiala, Parta, XXXX , bei Ihren Eltern gelebt. Das letzte Jahr vor Ihrer Ausreise haben Sie sich in Delhi und in Mumbai/Indien aufgehalten. Sie hätten 12 Jahre die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen und absolvierten von 2016-2018 ein College, welches Sie nicht abgeschlossen haben. Sie wurden von Ihrem Vater unterstützt. Sie verfügen in Indien über familiäre Anknüpfungspunkte, Ihre Eltern und Ihre Onkel und Tanten leben in Indien. Ihre Eltern lebten in der Provinz Punjab, Patiala, Parta, XXXX . Seit einem Jahr leben Ihre Eltern in der Provinz Haryana. Die ärztliche Untersuchung im Sondertransit des Flughafens ergab keine Anhaltspunkte für eine schwere physische oder psychische Erkrankung. Sie leiden an keinen lebensbedrohenden Erkrankungen.“ Zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaats wurde wie folgt festgestellt: „Die von Ihnen vorgebrachten Beweggründe für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats – eine Bedrohung/ Verfolgung durch die BJP Partei und Kongress Partei – sind nicht glaubhaft. Es ist Ihnen nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung glaubhaft zu machen. Sie verfügen in Ihrem Heimatland über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte. Sie sind arbeitsfähig, verfügen über Schulbildung. Sie wurden von Ihrem Vater unterstützt, welcher im Besitz eines landwirtschaftlichen Betriebes ist und die elementare Grundversorgung in Ihrem Herkunftsland ist gewährleistet.“ Zur Situation im Fall seiner Rückkehr wurde wie folgt festgestellt: „Es konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr nach Indien dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wären oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen könnte. Sie verfügen in Ihrem Herkunftsstaat über familiäre und soziale Bezugspunkte – Ihre Eltern, sowie Ihre Onkel und Tanten leben in Indien. Sie sind ein gesunder Mann, verfügen über Schulbildung. Sie sind arbeitsfähig und können Ihren Lebensunterhalt aus eigenem bestritten. Sie wurden von Ihrem Vater unterstützt, welcher im Besitz eines landwirtschaftlichen Betriebes ist. Sie sind arbeitsfähig und die elementare Grundversorgung in Ihrem Herkunftsland ist gewährleistet. Es war insgesamt festzustellen, dass bei einer Rückkehr nicht mit dem Entzug Ihrer Lebensgrundlage zu rechnen ist und Sie auch nicht in eine aussichtslose Situation geraten würden.“ Zu seinem Privat- und Familienleben wurde wie folgt festgestellt: „In Österreich haben Sie keine Familienangehörigen oder Verwandten. Sie waren bisher noch nie in Österreich und haben daher keine Anknüpfungspunkte. Sie sprechen nicht Deutsch. Ihre Eltern und Ihre Onkel und Tanten leben in Indien. Zu Ihren Angehörigen in Indien hätten Sie keinen Kontakt.“

Bezüglich des Fluchtvorbringens wurde beweiswürdigend festgehalten: „Sie waren nicht in der Lage, konkrete Angaben zu Ihrem Vorbringen darzulegen. Sie führten in den Befragungen oberflächliche und auf genaueres Nachfragen unterschiedliche Angaben zu Ihren Fluchtgründen an. Im Rahmen Ihrer Erstbefragung am 13.09.2021 führten Sie aus, dass Sie der Vorsitzende der „AAM.PARTY“ im Kollege gewesen wären. Im Jahr 2017 hätten Wahlen stattgefunden, bei welchen Ihre Partei verloren hätte. Die Gegenpartei, welcher der Wahlgewinner gewesen wäre, hätte Sie und andere (uns) seitdem verfolgt. Auf Ihre Person wären 3 Anschläge verübt worden, welche Sie überlebt hätten. Sie wären von dieser Partei mit dem Tode bedroht worden. Aus diesen genannten Gründen seien Sie aus Indien geflüchtet, um in einem sicheren Land einen Antrag auf Internationalen Schutz zu stellen. Ein Freund hätte Sie nach Österreich gebracht und Sie wollen hierbleiben und um Schutz ansuchen. Weitere Gründe für Ihre Asylantragstellung brachten Sie nicht vor.

In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führten Sie ebenfalls aus, dass Sie im College der Vorsitzende der „AAM Partei“ gewesen wären und die Wahlen im Jahr 2017 verloren hätten. Jedoch waren Ihre Angaben zu Ihrem College Besuch sehr unglaubwürdig. Sie erklärten, dass Sie 12 Jahre lang die Grundschule besucht und diese auch mit der Matura abgeschlossen hätten. Einen Beruf hätten Sie nicht erlernt. Sie hätten auf ein College gehen wollen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 5, vom 16.09.2021). Ihre diesbezüglich getätigte Aussage lässt den Anschein, dass Sie gar kein College besucht haben. Nachdem Sie von der Einvernahme Leiterin gefragt wurden, ob Sie ein College nicht besucht hätten. Führten Sie aus, dass Sie doch ein College besucht hätten. Nachgefragt, gaben Sie an von 2016-2018 das College besucht zu haben, dies jedoch nicht abgeschlossen hätten. Sie waren nicht in der Lage zu benennen, welche Studienrichtung Sie absolviert hätten. In Bezug auf diese Frage, mussten Sie nachdenken und gaben danach lapidar an „Bachelor of Arts“ (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 5, vom 16.09.2021). Bei einem „Bachelor of Arts“ handelt es sich normalerweise um einen Studienabschluss und nicht um eine Studienrichtung. Da Ihre Angaben zu Ihrer Tätigkeit als Vorsitzender der AAM. Partei während Ihrer Collegezeit, der erkennenden Behörde sehr unglaubwürdig erschienen, wurden Sie zu Ihrer Schulzeit befragt. Sie wurden aufgefordert den Zeitraum, in welchem Sie die Grundschule besucht haben zu benennen. Zu Beginn erklärten Sie, dass Sie sehr gut in der Schule gewesen wären und aufgrund dessen hätten Sie Klassen übersprungen. Sie seien von 2005 bis 2013 in die Grundschule gegangen und von 2013 bis 2015 hätten Sie die Maturaklasse besucht (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 6, vom 16.09.2021). Ihre getätigten Aussagen entbehren jeder Glaubwürdigkeit. Sie wurden im Jahr 2001 geboren. Im Jahr 2005 wären Sie 4 Jahre alt gewesen. Eine Einsichtnahme im Internet durch die anwesende Dolmetscherin zum Schulsystem Indien ergab, dass die „Primary School“ im Alter von 6-10 beginnt. Dieser Umstand wurde Ihnen vorgehalten. Daraufhin erklärten Sie, dass dies in Indien nicht so streng ist, man kann schon mit 3 Jahren anfangen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 7, vom 16.09.2021). Ihre unglaubwürdigen Angaben unterstreichen noch mehr die Unglaubwürdigkeit Ihres Vorbringens. Zur Steigerung Ihres Fluchtvorbringens gaben Sie an, dass Sie eine Anzeige von der Polizei Ende 2018 erhalten hätten. Lediglich auf Nachfragen der erkennenden Behörde konnten überhaupt Details zu der von Ihnen ins Treffen geführte Anzeige in Erfahrung gebracht werden. Erstaunlich sind dabei Ihre Ausführungen, in welcher Sie erklärten, dass Sie von den der Kongress und BJP Partei angezeigt worden wären. Sie wurden DREIMAL von der Einvernahme Leiterin befragt, warum Sie angezeigt worden wären. Sie waren nicht in der Lage darauf eine Antwort zu geben. Sie würden es nicht wissen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 6, vom 16.09.2021).

Da es sich bei Ihrem Fluchtvorbringen um eine konstruierte Geschichte handelt, unterstreicht auch Ihr Verhalten in der Einvernahme. Sie wurden nervös und begannen mit dem Kugelschreiber zu spielen. Anzuführen ist, dass Sie in der Erstbefragung mit keinem Wort eine Anzeige gegen Ihre Person ins Treffen führten. Zudem erklärten Sie, dass die Gegenpartei, welche die Wahl im Jahr 2017 gewonnen hätte – angemerkt Einzahl – Sie und andere verfolgen würde. Zu Beginn der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, gaben Sie als Ergänzung zur Erstbefragung an, dass Sie von der BJP Partei und der Kongress Partei gefährdet wären. Also wären Sie nun von zwei Parteien gefährdet gewesen. Eine Person, welche so wie Sie es darzulegen versuchten, aufgrund Ihrer Intelligenz Klassen übersprungen hätten. Hätte sich erinnern können, von wie vielen Parteien eine Gefährdung gegen Ihre Person ausgehen würde. Sie sind ein junger, gesunder Mann und aus den medizinischen Unterlagen der Untersuchung im Sondertransitbereich und auch aus Ihren getätigten Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand, dass Sie gesund sind und keine Medikamente einnehmen, konnte nicht festgestellt werden, dass Sie an einer Erkrankung leiden würden, welche sich auf das Erinnerungsvermögen beziehen würde. Dies unterstreicht auch Ihre Aussage auf die Frage, auf welcher Polizeistation diese Anzeige ausgestellt worden wäre. Diese wäre in der Stadt Patiala ausgestellt worden, jedoch der Name würde Ihnen nicht einfallen. Diese Anzeige würde sich bei Ihnen zu Hause in Indien befinden, es sei Ihnen aber nicht möglich, diese nach Österreich zu übermitteln, da Sie über keinen Kontakt zu Ihren Eltern verfügen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 7, vom 16.09.2021). Zudem waren Sie nicht in der Lage oder auch nicht gewillt, den Namen des Landes – des Flughafens zu benennen, über welchen Sie nach Österreich gereist wären. Sie gaben lediglich an, dass Sie von Dehli weggeflogen wären, wohin weiter würden Sie nicht wissen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 8, vom 16.09.2021). Hätte es wirklich eine Anzeige gegen Sie gegeben und wären Sie wirklich von der Polizei gesucht worden, so hätten Sie nicht auf legalem Wege aus Indien ausreisen können. Sie haben sich der Grenzkontrolle bei Ihrer Ausreise aus Indien unterzogen, welche ohne Probleme, sogar laut Ihren Angaben sehr gut verlief (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 9, vom 16.09.2021). In der Erstbefragung führten Sie aus, dass drei Anschläge gegen Ihre Person verübt worden wären, diese hätten Sie überlebt (vgl. Erstbefragung, S. 6, Pkt. 11, vom 13.09.2021). Diese Vorfälle brachten Sie auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Treffen. Sie wären dreimal angegriffen worden. Bemerkenswert ist, dass Sie diese drei Vorfälle datieren konnten. Nach dem 3. Angriff, welcher am 07.07.2020 stattgefunden hätte, hätten Sie das Land verlassen. Auf Nachfrage der Einvernahme Leiterin gaben Sie an, dass Sie das Dorf verlassen hätten. Sie wurden dezidiert gefragt, von wem und wie Sie angegriffen worden wären. Erstaunlich sind dazu Ihre Ausführungen, dass Sie eigentlich gar nicht angegriffen worden wären. Freunde hätten Sie immer rechtzeitig informiert, dass Sie angegriffen werden würden (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 10, vom 16.09.2021). Diese Aussage Ihrerseits unterstreicht noch mehr die Unglaubwürdigkeit Ihres gesamten Vorbringens. Eine Person, welche derartige Vorfälle tatsächlich erlebt hat, kann sich an jedes Detail erinnern und will dies auch genauso zu Protokoll geben. Sie hingegen blieben mit Ihren Aussagen immerzu vage und oberflächlich, selbst auf die Nachfragen der Behörde vermieden Sie es auf Details einzugehen. Etwaige Details konnten nur aufgrund, andauernde Nachfrage protokolliert werden. Im Laufe der Einvernahme führten Sie auf Nachfrage der Einvernahme Leiterin aus, dass Sie es im Zeitraum von 2017 bis 2019 keine Übergriffe gegen Ihre Person gegeben hätte. Sie wären nur bedroht worden. Anzumerken ist, dass Sie bei dieser Frage, die angebliche Anzeige aus dem Jahr 2018 mit keinem Wort erwähnten. Nachgefragt führten Sie aus, dass Sie über das Handy Drohungen bekommen hätten, manchmal telefonisch und manchmal per SMS. Allgemein gaben Sie an, dass dies Parteimitglieder gewesen wären. Sie hätten dies von sich aus gewusst, da diese gegen Sie wären. Bemerkenswert ist, dass diese Personen zum Teil gar nicht ihren Namen genannt hätten. Manchmal hätten die Anrufer gesagt, dass diese zur Kongress Partei gehören würden (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 11, vom 16.09.2021). Sie haben sich ein grobes Konstrukt zurechtgelegt, jedoch nicht ganz durchdacht. Hätte es diese Geschichte wirklich gegeben, was die erkennende Behörde nicht glaubt, so hätten Sie sich an jedes Detail erinnern können. Eine Person, welche wirklich verfolgt werden würde, kann sich an Zeiten erinnern. Es scheiterte jedoch schon an den von Ihnen getätigten Zeitangaben zu Ihrem Schulbesuch. Eine Verfolgung aufgrund der Volksgruppe und/oder Religionszugehörigkeit verneinten Sie (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 9, vom 16.09.2021). Da sich Ihr Fluchtvorbringen auf einem inhaltslosen Konstrukt beruht, ist eine Glaubwürdigkeit des Vorbringens nicht erdenklich. In der Gesamtschau waren Sie nicht in der Lage ein glaubhaftes Vorbringen zu Ihren zentralen Asylvorbringens darzulegen. Hätten die von Ihnen behaupteten Bedrohungen gegen Ihre Person tatsächlich stattgefunden, wären von Ihnen detaillierte und nachvollziehbare Angaben zu erwarten gewesen. Es kann nicht Aufgabe der Einvernahme Leiterin sein, jede Ihrer unzähligen vagen und pauschalen Angaben bzw. Andeutungen durch mehrmaliges Nachfragen zu konkretisieren, sondern liegt es an Ihnen ein detailliertes und stimmiges Vorbringen zu erstatten, um die nötige Glaubwürdigkeit zu erlangen. In einer Gesamtwürdigung Ihres Vorbringens gelangt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Anbracht der aufgetretenen Widersprüche sowie der mangelnden Plausibilität der in Rede stehenden Angaben zur Ansicht, dass nicht glaubwürdig ist, dass Sie in Indien, bedroht worden wären. Diesbezüglich haben Sie eine individuelle Bedrohung oder Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Zusammenfassend gelangt die erkennende Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechenden Ergebnis, indem sie aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere aber aufgrund des Vorbringens zu den Fluchtgründen zu dem Schluss kommt, dass Sie mit diesem keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft machen konnten. Aufgrund der oben angeführten Erwägungen ist es für die ho. Behörde erwiesen, dass Ihr Vorbringen insgesamt vage, ausweichend, konstruiert und nicht glaubhaft ist. Sie konnten zu Ihrem Fluchtgrund nicht die nötigen Emotionen bzw. Interaktionen glaubhaft vorbringen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Sie aus rein wirtschaftlichen Gründen und nicht aus wohlbegründeter Furcht vor staatlicher Verfolgung, Ihr Heimatland verlassen haben. Da Ihren Fluchtgründen kein Glauben geschenkt wird und Sie problemlos mit Ihrem echten Reisepass das Land verlassen haben, ist bei einer Einreise nach Indien nicht mit Schwierigkeiten zu rechnen. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass Sie aufgrund einer Asylantragstellung bei einer Rückkehr mit Schwierigkeiten zu rechnen haben. Es sind keine Umstände amtsbekannt, dass in Indien derzeit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben sämtlicher dort lebender Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre. In Anlehnung an die vorstehenden Ausführungen ist in Ihrem Fall hervorzuheben, dass Sie in Ihren Heimatländern keine aktuell drohende Verfolgung zu erwarten haben, wie bereits im gegenständlichen Bescheid ausgeführt wurde. Somit ist eine essentielle Voraussetzung für das oben angeführte wirtschaftliche Existenzminimum - ein verfolgungssicherer Ort- erfüllt. Was nun die zweite Voraussetzung –die Erwerbsfähigkeit- betrifft, ist anzumerken, dass es sich in Ihrem Fall um einen arbeitsfähigen jungen Mann, mit 12 Jahren Schulbildung handelt. Daher ist zusammenfassend jedenfalls davon auszugehen, dass Sie im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Lage sein werden, die dringendsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen und nicht über anfängliche Schwierigkeiten hinaus in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten. Aufgrund der vorstehenden Überlegungen geht das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zweifelsfrei davon aus, dass Sie in Ihrem Heimatland keiner existenziellen Notlage ausgesetzt sind, nachdem Sie dort keine Verfolgung zu befürchten haben, Erwerbsfähigkeit gegeben ist und sich auch aus der allgemeinen Lage in Ihrem Heimatland nicht ergibt, dass praktisch jede dorthin zurückkehrende Person in eine Existenzgefährdende Lage gerät. Es besteht kein Behandlungsbedarf wegen einer lebensbedrohenden Erkrankung. Sie sind gesund und benötigen keinerlei Behandlungsmethoden oder sonstige medizinische Betreuung, welche in Österreich und nicht in Indien vorhanden wären. Aus diesen Gründen waren die entsprechenden Feststellungen bezüglich der Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr zu treffen.“

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesamt aus, dass, wie schon in der Begründung zur Entscheidung über seinen Asylantrag ausgeführt, er keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht habe, weshalb auf keinen Fall aus den behaupteten Gründen bei einer Rückkehr nach Indien von einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgegangen werden könne und für ihn als Zivilperson von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgegangen werden könne. Auch unter Berücksichtigung der derzeitigen Situation sei nicht erkennbar, dass jeder indische Staatsangehöriger mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit ausgesetzt wäre. Es sei auch unter Zugrundelegung seiner Angaben nicht davon auszugehen, dass er sich bei einer Rückkehr nach Indien in einer massiven wirtschaftlichen Notlage befinden würden. Der BF sei gesund, arbeitsfähig und sei es ihm bei Rückkehr daher zuzumuten, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und auch durch die Annahme von Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem verfüge er über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Indien. In seinem Fall sei auch nicht von einer akuten Behandlungsbedürftigkeit oder gar einer lebensbedrohenden Situation auszugehen. Im gesamten Verfahren sei kein begründeter Hinweis im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylG hervorgekommen, aus welchem ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre.

Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt aus, dass die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG schon daran scheitere, dass er sich nicht im Bundesgebiet aufhalte.

Gegen diesen Bescheid wurde im Wesentlichen wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung fristgerecht Beschwerde erhoben. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem konkreten Vorbringen des BF und der daraus erwachsenden Gefährdungssituation in Indien sei nicht erfolgt. Die Länderfeststellungen würden die unsichere, instabile und beunruhigende Sicherheitslage zeigen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und hat am 12.09.2021 am Flughafen Schwechat gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. In Indien leben seine Eltern, Tanten und Onkeln. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer verfügt über eine zwölfjährige Schulbildung. Er wurde vom Vater unterstützt. Er ist geistig und körperlich gesund, er nimmt keinerlei Medikamente.

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Indien wird Folgendes festgestellt:

Länderspezifische Anmerkungen

?        Letzte Änderung: 04.09.2020

Hinweis:

Das Länderinformationsblatt geht nicht oder nur eingeschränkt auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sowie auf eventuelle Maßnahmen gegen diese ein - wie etwa Einstellungen des Reiseverkehrs in oder aus einem Land oder Bewegungseinschränkungen im Land. Dies betrifft insbesondere auch Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, die Möglichkeiten zur Selbst-Quarantäne, die Versorgungslage, wirtschaftliche, politische und andere Folgen, die derzeit nicht absehbar sind. Diesbezüglich darf jedoch auf die regelmäßigen Kurzinformationen der Staatendokumentation zur aktuellen COVID-19 Lage in bestimmten Ländern hingewiesen werden.

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports oder der John Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.

COVID-19

?        Letzte Änderung: 21.05.2021

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verhängte die indische Regierung am 25. März 2020 eine Ausgangssperre über das gesamte Land, die nur in Einzelfällen (Herstellung lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen, Einkaufen für den persönlichen Bedarf, Arztbesuche, usw.) durchbrochen werden durfte. Trotz der Ausgangssperre sanken die Infektionszahlen nicht. Seit der ersten Aufsperrphase, die am 8. Juni 2020 begann, schießt die Zahl der Infektionen noch steiler als bisher nach oben. Größte Herausforderung während der Krise waren die Millionen von Wanderarbeitern, die praktisch über Nacht arbeitslos wurden, jedoch auf Grund der Ausgangssperre nicht in ihre Dörfer zurückkehren konnten (ÖB 9.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Viele von ihnen wurden mehrere Wochen in Lagern unter Quarantäne gestellt (also de facto eingesperrt), teilweise mit nur schlechter Versorgung (ÖB 9.2020). Menschen mit Beeinträchtigungen sind von coronabedingten Maßnahme wie Abriegelungen und sozialen Distanzierungen besonders betroffen. Der Zugangs zu medizinischer Versorgung und lebenswichtigen Gütern und der Ausübung sozialer Distanzierung, insbesondere für diejenigen, die persönliche Unterstützung für Aufgaben des täglichen Lebens erhalten (HRW 13.1.2021). Während der ersten Wochen der COVID-19 Pandemie, wurden Muslime für die Verbreitung des Coronavirus, auch von Vertretern der Regierungsparteien verantwortlich gemacht (FH 3.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).

Nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums vom 11. Oktober 2020 wurden seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Infektionen mit COVID registriert. Die täglichen offiziellen Fallzahlen stiegen zwar zuletzt weniger schnell als noch im September, die Neuinfektionen nehmen in absoluten Zahlen jedoch schneller zu als in jedem anderen Land der Welt. Medien berichten in einigen Teilen des Landes von einem Mangel an medizinischem Sauerstoff in Krankenhäusern (BAMF 12.10.2020).

Die Lage in Indien, dass mit Bezug auf das Infektionsgeschehen (neben den USA und Brasilien) zu den am schwersten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Ländern weltweit zählt, hat sich sich gegenüber dem Sommer 2020 mit damals fast 100.000 Neuinfektionen pro Tag inzwischen etwas entspannt. Es erkranken offiziellen Angaben zufolge nach wie vor etwa 40.000 Menschen täglich am Virus. In den Ballungszentren kann die medizinische Versorgung weitestgehend aufrecht erhalten werden (GTAI 3.12.2020). Indiens Wirtschaft wurde durch die COVID-19-Pandemie stark beeinträchtigt (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Das Land rutschte im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2020-21 erstmals in eine wirtschaftliche Rezession (PRC 18.3.2021). Es wird allgemein erwartet, dass das Land ab 2021 zu einem nachhaltigen Wachstum zurückkehren wird (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Nach dem zweimonatigen harten Lockdown im Frühjahr 2020 hat die indische Regierung das öffentliche Leben im Rahmen ihrer Unlock-Strategie schrittweise wieder hochgefahren. Die Bundesstaaten und Unionsterritorien haben dabei weitreichendere Entscheidungsbefugnisse, welche Lockerungen sie umsetzen und welche nicht. Mit den bestehenden Einschränkungen sollen vor allem Superspreader-Events wie religiöse Großveranstaltungen und Hochzeiten eingedämmt werden. Massentests, Kontaktnachverfolgung, Isolierung von Infizierten und die Abschottung von Gebieten mit hohen Fallzahlen (Containment Zones) sollen helfen, das Virus zurückzudrängen (GTAI 3.12.2020; vgl. WKO 13.1.2021). Es kann daher vereinzelt und regional sowie zeitlich begrenzt zu erneuten Lockdowns kommen. Eine Skizzierung in „Red Zone“, „Orange Zone“ und „Green Zone“ wird von der Regierung des Bundesstaates/Unionsterritoriums in Absprache mit dem Gesundheitsministerium und der nationalen Regierung entschieden (WKO 13.1.2021).

Gegen regierungskritische Äußerungen, auch im Zusammenhang mit Maßnahmen der Regierung im Umgang mit der COVID-19 Pandemie wurden mittels aus der Kolonialzeit stammenden Gesetzen zur Staatsverhetzung und dem im Jahr 2000 erlassenen IT-Gesetz vorgegangen (FH 3.3.2021). Medienvertreter sehen sich Drohungen, Verhaftungen, Strafverfahren oder körperlichen Angriffen durch Mobs oder der Polizei wegen der Berichterstattung über die Pandemie ausgesetzt (HRW 13.1.2021). Mehrere von der Regierung zur Eindämmung einer Verbreitung der Pandemie getroffenen Maßnahmen wurden von Menschenrechtsanwälten als invasiv angesehen (FH 3.3.2021).

Im ersten Quartal 2021 wird Indien mit einem Anstieg der Fallzahlen vor einer zweiten COVID-19 Welle erfasst (TOI 21.3.2021; vgl. TFE 20.3.2021) und verzeichnete im Zeitraum ab April/Mai 2021 die höchsten Zahlen an täglichen Todesfällen wegen des Coronavirus seit Beginn der Pandemie (BAMF 3.5.2021). Kritik äußert sich aus dem Umstand heraus, dass Indien, ob seiner Pharmaindustrie, als "Apotheke der Welt" durch die Lieferung von Covid-19-Impfstoffen an viele Länder der Welt genießt (FE 20.3.2021; vgl. TOI 21.3.2021), gleichzeitig jedoch bei der Durchimpfung der eigenen Bevölkerung landesweit lediglich einen Wert von rund zwei Prozent erreicht (HO 28.4.2021).

Auch der Umstand, dass im Zuge der Regionalwahlen in einigen Bundesstaaten große Kundgebungen mit zum Teil Zehntausender Besucher abgehalten wurden, wie auch die Durchführung des hinuistischen Festes Kumbh-Mela in Haridwar im nördlichen Bundesstaat Uttarakhand, an dem im Zeitraum von Jänner 2021 bis zum 27. April knapp 25 Millionen Hindus vor Ort teilgenommen haben, attestieren der indischen regierung eine "praktizierte Sorglosigkeit". Die Aussage der BJP bei einer Wahlveranstaltung im Bundestaat Assam in der verkündet wurde, "Wahlveranstaltungen und religiöse Zusammenkünfte tragen nicht zur Verbreitung von Covid-19 bei", wird kritisiert (BAMF 3.5.2021; vgl. HO 28.4.2021).

Seit Mai 2021 sind alle Erwachsenen impfberechtigt, davor nur über 45-Jährige. In mehreren Bundesstaaten des Landes ist der Impfstoff ausgegangen, Hilfsgüter aus mehreren Ländern wie Beatmungsgeräte, Anlagen zur Sauerstofferzeugung, Medikamente und Impfstoff werden Indien von der internationalen Staatengemeionschaft zur Verfügung gestellt. Medienberichten zufolge will Indien die eigene Impfstoffproduktion bis Juni 2021 erhöhen, von der staalichen indischen Eisenbahngesellschaft gab bekannt, 4.000 Waggons mit einer Kapazität von 64.000 Betten als provisorische Stationen für Corona-Patienten bereitzustellen (BAMF 3.5.2021).

Alle Experten davon aus, dass kurzfristig die Fallzahlen wie auch die Zahlen der Toten weiter ansteigen werden, da das staatliche Gesundheitssystem in vielen Landesteilen schon jetzt an seine Grenzen gestoßen ist. Eine mittelfristige Prognose ist noch unklar. Eine Hoffnung stellt, bedingt durch den bereits erfolgten sehr breiten Ansteckung der Bevölkerung das Erreichen einer Herdenimmunität dar (HO 25.4.2021).

Quellen:

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.5.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw18-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 7.5.2021

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.10.2020): https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2020/briefingnotes-kw42-2020.pdf;jsessionid=91E533F0FC7A0F35C0751A9F00F3D711.internet572?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 12.10.2020

?        DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/country-information-report-india.pdf, Zugriff 18.1.2021

?        FE – Financial Express (20.3.2021): Coronavirus Lockdown 2021 News Highlights: Only partial relaxation from lockdown in Nagpur from Monday, https://www.financialexpress.com/lifestyle/health/coronavirus-lockdown-2021-live-news-coronavirus-india-latest-march-20-updates-narendra-modi-covid-lockdown-night-curfew-maharashtra-mumbai-pune-nagpur-uttar-pradesh-delhi-bengaluru-hyderabad-punjab-gu/2216571/, Zugriff 22.3.2021

?        FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046516.html, Zugriff 22.3.2021

?        GTAI – German Trade & Invest [Deutschland] (3.12.2020): Indien sieht erste Anzeichen einer Konjunkturbelebung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/indien/indien-sieht-erste-anzeichen-einer-konjunkturbelebung-234424, Zugriff 18.1.2021

?        HO – Heise Online (25.4.2021): Telepolis: Corona in Indien: Sorglosigkeit, Mutanten und himmelschreiende Ungleichheit, https://www.heise.de/tp/features/Corona-in-Indien-Sorglosigkeit-Mutanten-und-himmelschreiende-Ungleichheit-6030218.html, Zugriff 7.5.2021

?        HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043608.html, Zugriff 18.1.2021

?        ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien

?        PRC – Pew Research Center (18.3.2021): In the pandemic, India’s middle class shrinks and poverty spreads while China sees smaller changes, https://www.pewresearch.org/fact-tank/2021/03/18/in-the-pandemic-indias-middle-class-shrinks-and-poverty-spreads-while-china-sees-smaller-changes/, Zugriff 22.3.2021

?        TOI – Times of India (21.3.2021): Government failed to control Covid spread, must vaccinate all within months: Congress,
http://timesofindia.indiatimes.com/articleshow/81618736.cms?utm_source=contentofinterest&utm_medium=text&utm_campaign=cppst, Zugriff 22.3.2021

?        WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (13.1.2021): Coronavirus: Situation in Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-indien.html, Zugriff 18.1.2021

Politische Lage

?        Letzte Änderung: 21.05.2021

Indien ist mit über 1,3 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA 27.4.2021; vgl. AA 23.9.2020). Indien hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer regionalen Hegemonialmacht in Südostasien entwickelt. Nachdem sich das Land während des Kalten Krieges vor allem innerhalb der Blockfreienbewegung profilierte, verfolgt es heute eine eindeutig pro-westliche Politik (BICC 1.2021).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 30.3.2021). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Ebene der Bundesstaaten (AA 23.9.2020). Im Einklang mit der Verfassung haben die 28 Bundesstaaten und acht Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 30.3.2021).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister der Regierungschef ist (USDOS 30.3.2021). Der Präsident nimmt weitgehend repräsentative Aufgaben wahr. Die politische Macht liegt hingegen beim Premierminister und seiner Regierung, die dem Parlament verantwortlich ist. Präsident ist seit 25. Juli 2017 Ram Nath Kovind, der der Kaste der Dalits (Unberührbaren) entstammt (GIZ 1.2021a).

Der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist nach britischem Muster durchgesetzt (AA 23.9.2020). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit ist verfassungsmäßig garantiert, der Instanzenzug ist dreistufig (AA 23.9.2020). Das oberste Gericht (Supreme Court) in New Delhi steht an der Spitze der Judikative und wird gefolgt von den High Courts auf Länderebene (GIZ 1.2021a).

Die Verfassung garantiert Rede- und Meinungsfreiheit (USDOS 30.3.2021). Unabhängigen Medien drücken eine große Bandbreite von Meinungen und Ansichten ohne Einschränkungen aus (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). Allerdings haben die Angriffe auf die Pressefreiheit unter der Regierung Modi zugenommen (FH 3.3.2021).

Im April/Mai 2019 wählten etwa 900 Mio. Wahlberechtigte ein neues Unterhaus. Im System des einfachen Mehrheitswahlrechts konnte die Bharatiya Janata Party (BJP) unter der Führung des amtierenden Premierministers Narendra Modi ihr Wahlergebnis von 2014 nochmals verbessern (AA 23.9.2020).

Als deutlicher Sieger mit 352 von 542 Sitzen stellt das Parteienbündnis "National Democratic Alliance (NDA)", mit der BJP als stärkster Partei (303 Sitze) erneut die Regierung. Der BJP-Spitzenkandidat und amtierende Premierminister Narendra Modi wurde im Amt bestätigt. Die United Progressive Alliance rund um die Congress Party (52 Sitze) erhielt insgesamt 92 Sitze (ÖB 9.2020; vgl. AA 19.7.2019). Die Wahlen verliefen, abgesehen von vereinzelten gewalttätigen Zusammenstößen v. a. im Bundesstaat Westbengal, korrekt und frei. Im Wahlbezirk Vellore (East) im Bundesstaat Tamil Nadu wurden die Wahlen wegen des dringenden Verdachts des Stimmenkaufs ausgesetzt und werden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt (AA 19.7.2019). Mit der BJP-Regierung unter Narendra Modi haben die hindu-nationalistischen Töne deutlich zugenommen. Die zahlreichen hindunationalen Organisationen, allen voran das Freiwilligenkorps RSS [Rashtriya Swayamsevak Sangh], fühlen sich nun gestärkt und versuchen verstärkt, die Innenpolitik aktiv in ihrem Sinn zu bestimmen (GIZ 1.2021a). Mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts treibt die regierende BJP ihre hindunationalistische Agenda weiter voran. Die Reform wurde notwendig, um die Defizite des Bürgerregisters des Bundesstaats Assam zu beheben und den Weg für ein landesweites Staatsbürgerregister zu ebnen. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die Vorhaben vor allem Muslime und Musliminnen diskriminieren, einer großen Zahl von Personen den Anspruch auf die Staatsbürgerschaft entziehen könnten und Grundwerte der Verfassung untergraben (SWP 2.1.2020; vgl. TG 26.2.2020). Kritiker der Regierung machten die aufwiegelnde Rhetorik und die Minderheitenpolitik der regierenden Hindunationalisten, den Innenminister und die Bharatiya Janata Party (BJP) für die Gewalt verantwortlich, bei welcher Ende Februar 2020 mehr als 30 Personen getötet wurden. Hunderte wurden verletzt (FAZ 26.2.2020; vgl. DW 27.2.2020).

Bei der Wahl zum Regionalparlament der Hauptstadtregion New Delhi musste die Partei des Regierungschefs Narendra Modi gegenüber der regierenden Antikorruptionspartei Aam Aadmi (AAP) eine schwere Niederlage einstecken. Diese gewann die Regionalwahl erneut mit 62 von 70 Wahlbezirken. Die AAP unter Führung von Arvind Kejriwal, punktete bei den Wählern mit Themen wie Subventionen für Wasser und Strom, Verbesserung der Infrastruktur für medizinische Dienstleistungen sowie die Sicherheit von Frauen, während die BJP für das umstrittene Staatsbürgerschaftsgesetz warb (KBS 12.2.2020). Modis Partei hat in den vergangenen zwei Jahren bereits bei verschiedenen Regionalwahlen in den Bundesstaaten Maharashtra und Jharkhand heftige Rückschläge hinnehmen müssen (quanatra.de 14.2.2020; vgl. KBS 12.2.2020).

Bei Regionalwahlen in vier indischen Bundesstaaten und einem Unionsterritorium hat die konservative Regierungspartei BJP von Premierminister Modi offenbar keine Zugewinne erzielt. In Westbengalen liegt die BJP deutlich hinter der Regionalpartei All India Trinamool Congress (TMC) von Chefministerin Mamata Banerjee. Auch in Assam, Tamil Nadu, Kerala und Puducherry fanden Wahlen statt. Nur in Assam konnte die BJP an der Macht festhalten, aber auch dort erzielte sie – wie in den anderen Bundesstaaten – keine Zugewinne. Der Wahlkampf fand inmitten der Corona-Pandemie zum Teil mit riesigen Wahlkundgebungen statt. Viele Experten sehen darin die Ursache für den dramatischen Anstieg der Infektionszahlen im Land. Modi hatte sich im Wahlkampf besonders in Westbengalen engagiert, das an der Grenze zu Bangladesch liegt und eine starke muslimische Minderheit hat. Die BJP versprach, hunderttausende Muslime auszuweisen, die vor Jahrzehnten aus Bangladesch nach Indien geflohen sind (DS 3.5.2021).

Trotz der Annäherung an die USA und der zunehmenden Spannungen mit China betont Indien weiterhin seine strategische Autonomie. Diese beinhaltet auch den Anspruch auf eine eigenständige Rolle im Kontext der geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA im Indo-Pazifik. So haben Indien und China in den letzten Jahren auch immer wieder kooperiert, zum Beispiel in der Shanghaier Orga-nisation für Zusammenarbeit. Innerhalb der Quad hat sich Indien für ein inklusives Verständnis des Indo-Pazifiks ausgesprochen, das im Unterschied zu den Vorstellungen der USA bislang immer die Einbeziehung Chinas beinhaltete (SWP 7.2020). Ein ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat ist weiterhin ein strategisches Ziel Indiens (GIZ 1.2021a).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl-_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09.2020.pdf, Zugriff 15.10.2020

?        AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Mai 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014276/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl-_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Mai_2019%29%2C_19.07.2019.pdf, Zugriff 15.10.2020

?        AA – Auswärtiges Amt (11.2.2021): Indien: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/politisches-portrait/206048, Zugriff 6.5.2021

?        BICC – Bonn International Centre for Conversion (1.2021): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien, http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2020_Indien.pdf, Zugriff 23.3.2021

?        CIA - Central Intelligence Agency (27.4.2021): The World Factbook – India, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/india/#people-and-society, Zugriff 6.5.2021

?        DS Der Standard (3.5.2021): Indien: Regionalwahl-Schlappe für Modi inmitten steigender Corona-Zahlen, https://www.derstandard.at/story/2000126330932/indienregionalwahl-schlappe-fuer-modi-inmitten-steigender-corona-faelle, Zugriff 6.5.2021

?        DW – Deutsche Welle (27.2.2020): Sierens China: Schwieriges Dreiecksverhältnis, https://www.dw.com/de/sierens-china-schwieriges-dreiecksverh%C3%A4ltnis/a-52556817, Zugriff 28.2.2020

?        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.2.2020): Immer mehr Tote nach Unruhen in Delhi, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/indien-tote-bei-gewalt-zwischen-hindus-und-muslimen-in-delhi-16652177.html, Zugriff 28.2.2020

?        FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046516.html, Zugriff 6.5.2021

?        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (1.2021a): Indien, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/indien/geschichte-staat/, Zugriff 11.5.2021

?        KBS – Korean Broadcasting System (12.2.2020): Niederlage für Indiens Regierungschef Modi bei Wahl in Neu Delhi, http://world.kbs.co.kr/service/contents_view.htmlang=g&board_seq=379626, Zugriff 14.2.2020

?        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien

?        Quantara.de (14.2.2020): Herbe Niederlage für Indiens Regierungschef Modi bei Wahl in Neu Delhi, https://de.qantara.de/content/herbe-niederlage-fuer-indiens-regierungschef-modi-bei-wahl-in-neu-delhi, Zugriff 20.2.2020

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (7.2020): Indisch-chinesische Konfrontation im Himalaya. Eine Belastungsprobe für Indiens strategische Autonomie, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2020A63_IndienChina.pdf, Zugriff 11.5.2021

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2019): Indiens Ringen um die Staatsbürgerschaft, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2020A02_wgnArora_WEB.pdf, Zugriff 18.2.2020

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2019): Keine Ruhe in Kaschmir. Die Auflösung des Bundesstaats und die Folgen für Indien, https://www.swp-berlin.org/10.18449/2019A45/, Zugriff 16.1.2020

?        TG – The Guardian (26.2.2020): Anti-Muslim violence in Delhi serves Modi well, https://www.theguardian.com/commentisfree/2020/feb/26/violence-delhi-modi-project-bjp-citizenship-law, Zugriff 28.2.2020

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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