TE Vwgh Beschluss 2021/10/22 Ra 2021/13/0062

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Veröffentlicht am 22.10.2021
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZustG §21 Abs2 idF 1982/200
ZustRÄG 2007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der S in M, vertreten durch Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KEG in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 18. Februar 2021, Zl. RV/7104222/2020, betreffend Ablauf der Aussetzung der Einhebung und Festsetzung von Aussetzungszinsen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die vorliegende außerordentliche Revision in ihrem Abschnitt zur Zulässigkeit der Revision ausschließlich Ausführungen enthält, welche wortident mit den in der Revision ausgeführten Revisionsgründen sind.

5        Enthält eine Revision die Ausführungen zur Begründetheit der Revision (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) wortident auch als Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision, dann wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Erfordernis der gesonderten Darlegung von im § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht entsprochen (vgl. etwa VwGH 4.1.2021, Ra 2019/17/0080; 6.10.2020, Ra 2019/16/0033; 8.9.2020, Ra 2019/17/0038; 5.8.2020, Ra 2018/17/0191; 25.5.2020, Ra 2019/16/0123; 17.5.2018, Ra 2018/08/0083, jeweils mwN).

6        Der Revision gelingt es aber auch nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:

7        Mit dem angefochtenen Beschluss wurde ausgesprochen, dass der Vorlageantrag der Revisionswerberin vom 21. Jänner 2020 als zurückgenommen gilt (§ 85 Abs. 2 BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO). In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der Revisionswerberin sei mit Beschluss vom 25. Jänner 2021 aufgetragen worden, den Mangel des Vorlageantrags vom 21. Jänner 2020 (unzureichende Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung) zu beheben. Mit Beschwerde vom 27. Juni 2019 seien zwei Bescheide (jeweils vom 29. Mai 2019) angefochten worden (Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung; Festsetzung von Aussetzungszinsen). Diese Beschwerde sei mit zwei Beschwerdevorentscheidungen (jeweils vom 19. Dezember 2019) abgewiesen worden. Im Vorlageantrag sei aber unspezifiziert nur von einer Beschwerdevorentscheidung die Rede. Der Mängelbehebungsauftrag sei am 28. Jänner 2021 durch Hinterlegung zugestellt worden. Da dieser Mängelbehebungsauftrag als nicht behoben zurückgestellt worden sei, sei in der Kanzlei des Vertreters der Revisionswerberin angerufen worden. Dieser Anruf sei dort nicht entgegengenommen worden, es sei jedoch unmittelbar darauf eine SMS mit dem Wortlaut „Kann ich später anrufen?“ eingegangen. Der Kanzlei sei daraufhin mit SMS mitgeteilt worden, dass es sich um das Beschwerdeverfahren der Revisionswerberin im Zusammenhang mit dem Mängelbehebungsauftrag handle. Der angekündigte Rückruf sei nicht erfolgt. Es müsse von der ordnungsgemäßen Zustellung des Mängelbehebungsauftrags durch Hinterlegung ausgegangen werden.

8        Zur Zulässigkeit führt die Revision zunächst aus, ein zweiter Zustellversuch sei aus der dargelegten Begründung nicht ersichtlich. Ein zweiter Zustellversuch ist aber seit dem Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 5/2008, im Gesetz nicht vorgesehen (Aufhebung des § 21 Abs. 2 Zustellgesetz).

9        Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass nach dem sich in den Akten befindlichen Rückschein der Beschluss vom 25. Jänner 2021 nach einem Zustellversuch am 28. Jänner 2021 beim zuständigen Postamt hinterlegt wurde; Beginn der Abholfrist war der 28. Jänner 2021. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde nach dem Rückschein in die Abgabeeinrichtung eingelegt.

10       Ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis macht als öffentliche Urkunde Beweis über die Zustellung; allerdings ist der Gegenbeweis möglich (vgl. VwGH 16.10.2020, Ra 2020/13/0066; vgl. auch OGH 27.5.2021, 4 Ob 90/21w). Die bloße - durch keine Beweisanbote gestützte - Behauptung, es sei keine Hinterlegungsverständigung erfolgt, belegt keine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtswidrigkeit oder Mangelhaftigkeit.

11       Wenn die Revisionswerberin weiters darauf verweist, ihr Vertreter (also jene Person, der die Sendung zuzustellen war) sei am 17. Februar 2021 von der Abgabestelle abwesend gewesen, so kommt es darauf schon deswegen nicht an, weil der Zustellversuch am 28. Jänner 2021 erfolgte (am 17. Februar 2021 kam es nur zur - erfolglosen - telefonischen Nachfrage, auf welche der Vertreter im Übrigen entgegen dem Vorbringen in der Revision umgehend, wenn auch nicht inhaltlich reagierte).

12       Die Revision macht weiters geltend, der Vorlageantrag habe kein Formgebrechen enthalten. Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin lag aber nicht eine (1) Beschwerdevorentscheidung vom 19. Dezember 2019 vor, es handelte sich vielmehr um zwei Beschwerdevorentscheidungen. Der Vorlageantrag, der sich jeweils nur auf „eine“ Beschwerdevorentscheidung bezog, war daher dahin unklar, welche der beiden Beschwerdevorentscheidungen gemeint war (allenfalls, ob beide bekämpft werden sollten). Die Aufforderung zur Behebung des Mangels (§ 264 Abs. 1 zweiter Satz BAO: Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung) war daher im vorliegenden Verfahren nicht rechtswidrig.

13       Das weitere Vorbringen, „dass hier im Sinne des § 274 Abs. 3 Z 2 iVm § 274 Abs. 5 BAO von einer zurückgenommenen Erklärung auszugehen ist, da aus § 85 Abs. 2 in casu nicht in Verbindung mit § 276 Abs. 1 BAO gebracht werden darf“, ist nicht recht verständlich. Die Zulässigkeit der Revision kann mit diesem Vorbringen jedenfalls nicht aufgezeigt werden: Gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 BAO kann ungeachtet eines Antrags von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde als zurückgenommen zu erklären ist (§ 85 Abs. 2 BAO). Ein derartiger Fall liegt hier vor. Im Übrigen wird in der Revision auch die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels nicht aufgezeigt, wenn geltend gemacht wird, in der Verhandlung hätte geklärt werden können, „dass hier der Vorlageantrag sich eindeutig auf die Beschwerdevorentscheidung vom 19.12.2019 bezieht“, womit neuerlich unklar bliebe, gegen welche der beiden Beschwerdevorentscheidungen (oder beide) sich der Vorlageantrag hätte wenden sollen.

14       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021130062.L01

Im RIS seit

15.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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