TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/10 94/04/0247

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Veröffentlicht am 10.12.1996
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Index

50/01 Gewerbeordnung;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

GewO 1994 §340 Abs4;
HKG 1946 §1 Abs1;
HKG 1946 §32 Abs1;
HKG 1946 §36;
HKG 1946 §42 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der J-Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Wirtschaftskammer Kärnten (Präsident) vom 26. August 1994, Zl. 1.443/94, Präs. Abt./Dr. La/Pil, betreffend Feststellung der Fachgruppenmitgliedschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Wirtschaftskammer Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bezüglich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zl. 92/09/0091, hingewiesen.

Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten (Präsident) vom 15. Oktober 1991, mit dem gemäß § 42 Abs. 4 Handelskammergesetz festgestellt worden war, daß die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Gewerbeberechtigung lautend auf "Schlosser" der Fachvertretung der Maschinen- und Stahlbauindustrie angehöre, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsanschauung niedergelegt, daß auf das vorliegende (behördliche) Verfahren über die Feststellung der Fachgruppenmitgliedschaft die Bestimmungen des AVG nicht anzuwenden seien. Die belangte Behörde habe dieses Verfahren nach allgemeinen Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahren zu führen. Zu diesen Grundsätzen seien insbesondere die Einräumung des Parteiengehörs und die Begründungspflicht von Bescheiden zu zählen. Ein "Streitfall" im Sinne von § 42 Abs. 4 Handelskammergesetz sei (nach den im Bescheid getroffenen Feststellungen) vorgelegen. Die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin kein Parteiengehör eingeräumt und den maßgeblichen Sachverhalt im Sinne des § 7 GewO 1973 (insbesondere im Sinne des § 7 Abs. 2 und 7 leg. cit.) nicht umfassend festgestellt. Durch diesen Begründungsmangel sei der Verwaltungsgerichtshof daran gehindert gewesen, die Rechtmäßigkeit des genannten Bescheides vom 15. Oktober 1991 zu prüfen.

Im fortgesetzten Verfahren traf die belangte Behörde (nunmehr: Wirtschaftskammer Kärnten) mit Bescheid vom 26. August 1994 folgende Entscheidung:

"Spruch:

Gemäß § 42 (4) Handelskammergesetz wird festgestellt, daß die Firma J-Gesellschaft m.b.H., E-Straße 133, K, ihre Gewerbeberechtigung lautend auf "Schlosser" in der Form eines Industriebetriebes ausübt und daher der Fachvertretung der Maschinen- und Stahlbauindustrie angehört."

Zur Begründung dieser (als Ersatzbescheid ergangenen) Entscheidung wurde - nach Darlegung der Entwicklung der "J-Firmengruppe" - im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei im fortgesetzten Verfahren mit Schreiben vom 18. März 1994 zur Bekanntgabe der Kennzahlen ihres Unternehmens hinsichtlich Beschäftigungsstand, Anlagevermögen, Produktionsverfahren (arbeitsteilig, Schichtbetrieb, Serienmäßigkeit) durchschnittlicher Produktionswert, monatliche Erzeugungsmenge und Produktionsprogramm aufgefordert worden. Obwohl die Beschwerdeführerin zu dieser Mitwirkung am Ermittlungsverfahren gemäß § 67 Handelskammergesetz verpflichtet gewesen wäre, habe sie das genannte Schreiben der belangten Behörde nicht beantwortet. Die danach (von Amts wegen gemäß § 63 Handelskammergesetz) erhobenen Unternehmensdaten habe die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Mai 1994 zur Stellungnahme vorgehalten. Auch dieses Schreiben habe die Beschwerdeführerin nicht beantwortet. Der "Firmenanwalt" habe am 21. Juli 1994 Akteneinsicht genommen; auch danach habe die Beschwerdeführerin jedoch kein Vorbringen erstattet. Nach Auskunft der Kärntner Gebietskrankenkasse habe die Beschwerdeführerin mit Stichtag vom 24. Juli 1994 366 Mitarbeiter, davon 175 Angestellte, 157 Arbeiter und 34 Lehrlinge beschäftigt. Diese hohe Anzahl von Mitarbeitern sei für einen Gewerbebetrieb unüblich. Mitgliedsbetriebe der Landesinnung der Schlosser, Landmaschinenmechaniker und Schmiede würden - nach Auskunft der Sektion Gewerbe und Handwerk - demgegenüber im Durchschnitt nur ca. zehn Mitarbeiter beschäftigen. Aus der großen Anzahl von Mitarbeitern im Angestelltenverhältnis sei zu folgern, daß bei der Beschwerdeführerin auch eine organisatorische Trennung zwischen dem technischen und dem kaufmännischen Bereich bestehe. Routinearbeiten würden im Maschinenbau kaum anfallen, sodaß demnach qualifiziertes Personal besonders wichtig sei. Dieser hohe Qualifikationsgrad der Mitarbeiter lasse den Schluß auf das Vorliegen eines modernen Industriebetriebes zu. Anlernkräfte könnten im modernen Maschinenbau kaum beschäftigt werden, da dem Kunden zumeist Komplettlösungen angeboten würden; diese würden aber einen hohen Qualifikationsgrad der Mitarbeiter voraussetzen. Die Kärntner Industrie bestehe zum überwiegenden Teil aus kleineren und mittleren Unternehmungen; 90 % der Mitgliedsbetriebe (gemeint: der Sektion Industrie) würden über weniger als 100 Beschäftigte verfügen. Schon aufgrund ihrer Größe und ihrer weltweiten Verflechtungen sei die Beschwerdeführerin als Industriebetrieb zu werten; diese Merkmale seien für einen Gewerbebetrieb unüblich. Nach dem Jahresbericht der Sektion Industrie habe der durchschnittliche Produktionswert pro Beschäftigten in der Kärntner Maschinen- und Stahlbauindustrie im Jahr 1993 S 911.000,-- betragen. Aufgrund ihres Beschäftigungsstandes würde sich daher ein (hochgerechneter) jährlicher Gesamtproduktionswert von 333 Mio Schilling für die Beschwerdeführerin ergeben. Unter Berücksichtigung von in den letzten Jahren aufgetretenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten könne für das Unternehmen der Beschwerdeführerin ein jährlicher Produktionswert von 300 Mio Schilling angenommen werden. Ein derartiges Produktionsvolumen untermauere gleichfalls die Annahme, daß die Beschwerdeführerin als Industriebetrieb anzusehen sei. Im österreichischen Metallgewerbe betrage die Exportquote - nach der Stellungnahme der Sektion Gewerbe und Handwerk vom 15. Juli 1994 - lediglich 5 %. Der demgegenüber hohe Exportanteil der "Unternehmensgruppe J" sowie die internationalen Absatzmärkte bzw. Auftragsbestände aus den wichtigsten Industrienationen der Welt seien als weiterer Anhaltspunkt zu werten, der den Gesamtdruck eines Industriebetriebes erhärte. Aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahren sei zu folgern, daß die Beschwerdeführerin das Gewerbe "Schlosser" in der Form eines Industriebetriebes ausübe und daher der Sektion Industrie, Fachvertretung der Maschinen- und Stahlbauindustrie zuzuordnen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B 2063/94-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin "in ihrem Recht auf Zugehörigkeit zur Sektion Gewerbe in der Wirtschaftskammer Kärnten, ferner in ihrem Recht auf gesetzmäßige Entscheidung entsprechend den Bestimmungen des Handelskammergesetzes, der Fachgruppenordnung und des AVG" verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht sie im wesentlichen geltend, es sei unverständlich, weswegen die belangte Behörde das Vorhandensein einer Firmengruppe J annehme. Es sei nicht geprüft worden, ob die Beschwerdeführerin Rechtsnachfolgerin der im angefochtenen Bescheid genannten anderen Firmen sei. Die Behauptung der Sektion Industrie, daß die Beschwerdeführerin der größte Maschinenhersteller Kärntens sei, habe die belangte Behörde kritiklos und ungeprüft übernommen. Ein etwa gleich großer Maschinenhersteller in Kärnten, die Firma X, gehöre nämlich der Sektion Gewerbe und Handwerk an. Auch andere, ähnlich große Maschinenhersteller in Kärnten würden dieser Sektion angehören. Ein Anhörungsverfahren der in Frage kommenden Sektionen (nach § 42 Abs. 4 HKG) habe nicht stattgefunden. Ob bzw. mit welchem Inhalt die Sektion Gewerbe und Handwerk auf die Anfrage (der belangten Behörde) vom 11. Juli 1994 geantwortet habe, sei der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht worden. Darin liege neuerlich eine Verletzung des Parteiengehörs. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die hohe Anzahl an Mitarbeitern für einen Gewerbebetrieb unüblich wäre, sei unrichtig. Der zwischen der Sektion Gewerbe der Bundeswirtschaftskammer und dem österreichischen Gewerkschaftsbund abgeschlossene Kollektivvertrag vom 1. Jänner 1993 sehe unter anderem auch Regelungen für Großbetriebe vor. Es sei daher unrichtig, daß ein Gewerbebetrieb unbedingt nur zehn Beschäftigte aufweisen müsse. Nach § 7 Abs. 1 Z. 6 der GewO sei nicht allein die Anzahl der ständig beschäftigten Arbeiter maßgeblich. Dazu, ob die überwiegende Anzahl ihrer Arbeitskräfte nur mit bestimmten regelmäßig wiederkehrenden Teilverrichtungen beschäftigt seien, habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen. Aus dem Vergleich ihrer Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis zur Anzahl im Arbeiterverhältnis könne eine organisatorische Trennung zwischen dem technischen und kaufmännischen Betrieb nicht abgeleitet werden. Die Anzahl der Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis sei deshalb nicht aussagekräftig, weil eine Reihe von im händischen Arbeitsbereich tätigen Mitarbeitern arbeitsrechtlich als Angestellte eingestuft worden seien. Es sei auch unrichtig, daß aus der relativ hohen Anzahl der Angestellten auf einen Qualifikationsgrad dieser Angestellten geschlossen werden könne. Dafür, daß weltweite Verflechtungen bestünden, fehle jegliche Begründung. Daß sie (auch) Kunden im (europäischen und außereuropäischen) Ausland habe, mache sie (die Beschwerdeführerin) "nicht zur Industrie". Der Produktionswert pro Beschäftigtem sei kein "Parameter für die Frage, ob ein Gewerbe industriemäßig betrieben wird oder nicht". Der im angefochtenen Bescheid für ihr Unternehmen angenommene Produktionswert von 300 Mio Schilling sei dem Akt nicht zu entnehmen; es handle sich dabei um eine Mutmaßung. Im angefochtenen Bescheid werde der Begriff "unüblich" verwendet. Dieser "absolut dehnbare" Begriff sei aber im § 7 GewO nicht enthalten. Die belangte Behörde habe sich mit den im § 7 GewO genannten Kriterien nicht befaßt. Die vorhandene Arbeitsteilung oder die auf dem Gebiet der Textilmaschinen entwickelten Neuerungen würden die Beschwerdeführerin noch nicht zum Industriebetrieb machen. Auch der Umstand, daß sie ihre Maschinen in die USA, nach Lateinamerika, Afrika und Asien liefere, sage nichts darüber aus, ob ihr Betrieb als Industriebetrieb geführt werde. Es sei nicht entscheidend, was bei einem Gewerbebetrieb üblich sei, sondern vielmehr, ob die Kriterien des § 7 Abs. 1 GewO auf sie anwendbar seien. Es gehöre auch nicht zu den Aufgaben der belangten Behörde, allfällige Wettbewerbsvorteile auszugleichen oder Überlegungen darüber anzustellen, aufgrund welcher Kollektivverträge die Entlohnung erfolge. Sie (die Beschwerdeführerin) verfüge über einen Gewerbeschein für "Schlosserei". In diesem Gewerbeschein sei festgehalten, daß das Gewerbe "handwerksmäßig ist". Sie stelle in ihrem Betrieb Einzel- und nicht Serienprodukte her. Jede Maschine werde den besonderen Bedürfnissen des Kunden angepaßt. Zum Teil erfolge die Herstellung der Maschinen in Lohnarbeit. Es liege "ja auch kein hoher Kapitaleinsatz vor". Ob die Voraussetzungen für die Ausübung eines Gewerbes in Form eines Industriebetriebes vorlägen, entscheide die Gewerbebehörde anläßlich des Antrages auf Erteilung der Gewerbeberechtigung. Der Gewerbeschein der Beschwerdeführerin vom 2. Juli 1990 laute jedenfalls auf ein handwerksmäßiges Gewerbe. Sie gehöre daher in die Fachgruppe des Handwerks und Gewerbes.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, es habe kein Anhörungsverfahren (nach § 42 Abs. 4 HKG) stattgefunden.

Die Betrachtung des Verfahrensverlaufes (in dieser Hinsicht) zeigt jedoch, daß die Sektion Industrie am 22. Mai 1991 unter anderem auch hinsichtlich der Beschwerdeführerin einen (mit Begründungsdarlegungen versehenen) schriftlichen Antrag auf Feststellung bzw. Änderung der Fachgruppenmitgliedschaft stellte. Die Sektion Gewerbe gab dazu am 20. Juni 1991 eine schriftliche Stellungnahme ab, in der sie Bedenken an der Zuordnung der "Firma J" zur Sektion Gewerbe äußerte und ausdrücklich einräumte, daß "die Firma J seit je her als Industriebetrieb gemeldet und erfaßt" gewesen sei. Im fortgesetzten Verfahren (nach der Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 1991 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zl. 92/09/0091) hielt die Sektion Industrie mit Schreiben vom 16. August 1993 an der von ihr beantragten Änderung der Fachgruppenmitgliedschaft der Beschwerdeführerin fest. Die Sektion Gewerbe und Handwerk erklärte dazu mit Schreiben vom 15. Juli 1994, daß sie "keinen Handlungsbedarf zur Änderung der Zuordnung" sehe und widersprach damit im Ergebnis (erstmals) dem Antrag der Sektion Industrie. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe vor ihrer Entscheidung - entgegen der Bestimmung des § 42 Abs. 4 Handelskammergesetz - die in Betracht kommenden Sektionen nicht gehört, trifft demnach nicht zu.

Bei ihrem Vorwurf, hinsichtlich der Antwort der Sektion Gewerbe und Handwerk auf die Anfrage der belangten Behörde vom 11. Juli 1994 sei ihr Parteiengehör verletzt worden, läßt die Beschwerdeführerin jedoch außer acht, daß ihr rechtsfreundlicher Vertreter, Rechtsanwalt Dr. G, am 21. Juli 1994 in den gegenständlichen Akt Einsicht genommen hat. Dem dazu festgehaltenen Aktenvermerk ist des weiteren zu entnehmen, daß Dr. G die Möglichkeit bekam, die aus seiner Sicht wichtigsten Schriftstücke zu kopieren; der Vertreter der Beschwerdeführerin gab damals auch bekannt, daß eine schriftliche Äußerung demnächst erfolgen werde. Die angekündigte Äußerung wurde dann freilich nicht erstattet. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu erkennen, inwieweit die Beschwerdeführerin gehindert wurde, ihr Parteiengehör, insbesondere zum Schreiben der Sektion Gewerbe und Handwerk vom 15. Juli 1994 vor der Bescheiderlassung am 30. August 1994 wahrzunehmen.

Schließlich unterläßt es die Beschwerdeführerin auch, die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen, da sie nicht darlegt, welches für ihren Standpunkt erhebliche Vorbringen sie zu der genannten Äußerung erstatten hätte können.

Die Beweiswürdigung der Behörde unterliegt der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofes nur dahin, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde, und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Die auf den Vorwurf hinauslaufenden Beschwerdeausführungen, die belangte Behörde sei (in tatsächlicher Hinsicht) zu Fehlschlüssen über das Unternehmen der Beschwerdeführerin gekommen, zeigen daher relevante (vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende) Mängel der Beweiswürdigung nicht auf. Bei ihrer Kritik sieht die Beschwerdeführerin auch daran vorbei, daß sie - trotz Aufforderung und gebotener Gelegenheit - die von der belangten Behörde verlangten Auskünfte über ihr Unternehmen nicht erteilte. Auch in der Beschwerde wird nicht dargelegt, welche Erwägungen und Beweismittel die belangte Behörde zu einer anderen Einsicht hätten führen können bzw. welchen anderen Sachverhalt die belangte Behörde festzustellen gehabt hätte. Die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Beschwerdeausführungen (Verfahrensrüge) erweisen sich somit als unbegründet.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist auch die Rechtsrüge nicht berechtigt:

Gemäß § 1 Abs. 1 Handelskammergesetz (HKG), in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 958/1993, sind die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Landeskammern, Bundeskammer) berufen, die gemeinsamen Interessen aller physischen und juristischen Personen sowie offener Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften) und eingetragener Erwerbsgesellschaften zu vertreten, die sich aus dem selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie ... und andere ... innerhalb ihres räumlichen Wirkungsbereiches ergeben.

§ 32 Abs. 1 leg. cit.:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten regelt auf Antrag der Bundeskammer, der nur nach Anhörung aller Landeskammern gestellt werden kann, im Einvernehmen mit den beteiligten Bundesministerien durch Verordnung (Fachgruppenordnung) die Errichtung der Fachgruppen und Fachverbände, insbesondere ihre Zahl und Bezeichnung, ihren Wirkungsbereich und die Handhabung des Aufsichtsrechtes. Bei der Regelung der Errichtung der Fachgruppen und Fachverbände ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß wirtschaftlich verwandte Berufszweige zusammengefaßt werden und eine wirksame Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder möglich ist. Innerhalb des Fachverbandes kann im Bereich einer, mehrerer oder sämtlicher Landeskammern mehr als eine Fachgruppe (Fachvertretung) vorgesehen werden, wenn dies für eine wirksame Interessenvertretung wegen der wirtschaftlichen Bedeutung oder der Mitgliederzahl der in den Wirkungsbereich des Fachverbandes fallenden Berufszweige zweckmäßig ist."

Die §§ 34 bis 36 leg. cit. bestimmen:

"§ 34. (1) Die Bundeskammer und jede Landeskammer gliedert sich in fachlicher Hinsicht in je eine Sektion für die Unternehmungen

a)

des Gewerbes und Handwerks,

b)

der Industrie,

c)

des Handels,

d)

des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens,

e)

des Verkehrs,

f)

des Fremdenverkehrs.

(2) Die einzelnen Sektionen umfassen die in den §§ 35 bis 40 (Sektionskatalog) angegebenen Berechtigungen.

Sektion Gewerbe und Handwerk

§ 35. Die Zugehörigkeit zu dieser Sektion wird begründet durch Berechtigungen zum Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, insbesondere von der Gewerbordnung unterliegenden Unternehmungen mit Ausnahme der in den §§ 36 bis 40 dieses Bundesgesetzes aufgezählten Unternehmungen, ungeachtet dieser Ausnahme jedenfalls durch Berechtigungen zum Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes der Drucker gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 9 der Gewerbeordnung 1973 und der Erzeuger von Druckformen für die Massenherstellung von Vervielfältigungen gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 10 der Gewerbeordnung 1973; ferner durch Bewilligungen zur Ausübung eines im § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 103/1924 i.d.F. der Verordnung BGBl. Nr. 109/1925 und der Kundmachung BGBl. Nr. 199/1950 unter lit. b angeführten Wandergewerbes, das gemäß § 376 Z. 3 der Gewerbeordnung 1973 weiterhin ausgeübt werden darf. Ausgenommen von der Zugehörigkeit zur Sektion Gewerbe und Handwerk sind ständig von einem Auftraggeber betraute Warenpräsentatoren sowie Holdinggesellschaften, soweit sie nach der überwiegenden Erwerbstätigkeit der von ihnen erfaßten Unternehmungen einer anderen Sektion zuzuordnen sind.

Sektion Industrie

§ 36. Die Zugehörigkeit zu dieser Sektion wird begründet durch Berechtigungen zum Betrieb von der Gewerbeordnung unterliegenden Unternehmungen, wenn das Gewerbe in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt wird, von Bergbauunternehmungen, von Energieversorgungsunternehmungen ausschließlich der Elektrizitätswerke, jedoch einschließlich der Gaswerke und Energie-Verteilungsunternehmungen, letztere ausschließlich der Elektrizitäts-Verteilungsunternehmungen, von Sägewerksunternehmungen, von Tonaufnahme- und Tonvervielfältigungsunternehmungen, von Unternehmern der Audio-Visuellenprogrammproduktionen, von Unternehmungen der Filmproduktion einschließlich der Filmverleih- und Filmvertriebsunternehmungen und von sonstigen Industrieunternehmungen."

Die Beschwerdeführerin läßt bei ihren (allein auf die Merkmale des § 7 GewO abgestellten) Beschwerdeausführungen unberücksichtigt, daß die Zugehörigkeit zur Sektion Industrie gemäß § 36 HKG unter anderem auch von "sonstigen Industrieunternehmungen" begründet wird. Daß sie keine solche "sonstige Industrieunternehmung" sei, behauptet die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht.

Die Errichtung von Fachgruppen und Fachverbänden soll gemäß § 32 Abs. 1 HKG erkennbar dem (auch im § 1 Abs. 1 leg. cit. festgelegten) Zweck dienen, Mitglieder mit gleichen Interessen zusammenzufassen und eine wirksame Interessenvertretung zu ermöglichen. Der Gesetzgeber geht somit davon aus, daß die Zugehörigkeit zu Sektionen eine im wesentlichen gleiche Ausrichtung der Interessen ihrer Mitglieder erfordert. Unter diesem Gesichtspunkt ist dem Katalog der im § 36 HKG genannten Unternehmungen als Gemeinsamkeit der von dieser Sektion wahrzunehmenden Interessen jedenfalls das Merkmal einer im wesentlichen gleichartigen Unternehmensstruktur zu entnehmen. Solcherart müssen "sonstige Industrieunternehmungen" im Sinne der Generalklauses des § 36 leg. cit. Großbetriebe sein.

Der Gesetzgeber hat hinsichtlich der genannten Generalklausel eine Legaldefinition nicht vorgegeben. Die Abgrenzung im Einzelfall, ob ein bestimmter Betrieb der Industrie zuzuordnen ist oder nicht, erfordert daher eine Gesamtbeurteilung aller erheblichen Umstände der konkreten Betriebsstruktur unter dem genannten Wertungsgesichtspunkt der Gemeinsamkeit der Interessenvertretung.

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß die Rechtsansicht der belangten Behörde, eine wertende Gesamtbetrachtung der hinsichtlich des Unternehmens der Beschwerdeführerin festgestellten Strukturmerkmale würde für eine Zuordnung ihres Unternehmens zur Sektion Industrie sprechen, nicht als rechtswidrig zu erkennen ist. Daß die von dieser Sektion (Fachvertretung der Maschinen- und Stahlbauindustrie) wahrzunehmende Interessenvertretung auf ihr Unternehmen nicht anwendbar wäre, da sie gegenüber den Mitgliedern dieser Sektion abweichende Interessen habe, behauptet die Beschwerdeführerin selbst nicht. Sie zieht auch nicht in Zweifel, daß ihr Unternehmen als Großbetrieb zu werten ist. Den Beschwerdeausführungen ist jedenfalls kein erheblicher Gesichtspunkt zu entnehmen, der geeignet wäre, die behördliche Wertung des Unternehmens der Beschwerdeführerin als Großbetrieb fehlerhaft erscheinen zu lassen. Insoweit in der Beschwerde ohne nähere Begründung vorgebracht wird, es läge kein hoher Kapitaleinsatz vor, ist diese Behauptung nicht nachvollziehbar. In diesem Zusammenhang genügt es auf den im vorgelegten Verwaltungsakt befindlichen Firmenbuchauszug zu verweisen, aus dem zu erkennen ist, daß für die Beschwerdeführerin ein Stammkapital in der Höhe von ÖS 37,500.000,-- eingetragen ist. Daß ein Stammkapital dieser Höhe weder gering ist noch als regelmäßige Kapitalausstattung eines Mitgliedsbetriebes der Sektion Gewerbe und Handwerk gelten kann, bedarf keiner weiteren Begründung.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist aus dem Wortlaut ihres Gewerbescheines allein für ihre Zugehörigkeit zur Sektion Industrie noch nichts gewonnen. Denn die Beurteilung, ob eine "sonstige Industrieunternehmung" im Sinne des § 36 HKG vorliegt, bedarf keiner Bestätigung oder Mitwirkung der Gewerbebehörde. Die einem Gewerbeberechtigten im gewerbebehördlichen Verfahren erteilte Gewerbeberechtigung schließt keineswegs aus, daß er sein Gewerbe (faktisch) handwerksmäßig oder industrieförmig ausübt. Die belangte Behörde war daher durch den Wortlaut des Gewerbescheins der Beschwerdeführerin allein nicht gehindert, im kammerbehördlichen Feststellungsverfahren eine (an der faktischen Ausübung orientierte) selbständige Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob das Unternehmen der Beschwerdeführerin als "sonstige Industrieunternehmung" im Sinne des § 36 HKG anzusehen ist.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Beschwerdeführerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz, insbesondere im Zusammenhang mit ihrem Verhandlungsantrag keine Gründe vorgebracht hat, die eine Erörterung des vorliegenden Beschwerdefalles in einer mündlichen Verhandlung angezeigt erschienen ließen. Auch die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens lassen erkennen, daß eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließ.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den für die Gegenschrift überhöht verzeichneten Schriftsatzaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994040247.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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