TE Vfgh Beschluss 2021/9/25 UA6/2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2021
beobachten
merken

Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art30 Abs3
B-VG Art53 Abs3
B-VG Art138b Abs1 Z7
VO-UA §6, §9, §11, §20, §21, §23
InformationsordnungsG §2, §4, §13, §18, §19, §20
InformationsV betr den Umgang mit klassifizierte und nicht-öffentliche Informationen im Nationalrat und Bundesrat
VfGG §7 Abs1, §56i

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde betreffend den Umgang mit Chatprotokollen des Mobiltelefons des Beschwerdeführers durch den Ibiza-Untersuchungsausschuss mangels zulässigen Beschwerdegegenstands bzw -vorbringens; keine Ermächtigung bzw Verpflichtung des Vorsitzenden und des Verfahrensrichters, bestimmte – von informationspflichtigen Organen vorgelegte – Akten und Unterlagen (Chatprotokolle) auf deren abstrakte Relevanz zu prüfen und von der Verteilung an Mitglieder des Untersuchungsausschusses auszunehmen; Unzulässigkeit der Beschwerde gegen die Verwaltung und Verteilung der Unterlagen durch den Vorsitzenden und den Verfahrensrichter mangels Möglichkeit der Verletzung in Persönlichkeitsrechten durch dieses Verhalten; Präsident des Nationalrates für Verwaltung und Verteilung der Unterlagen nach dem InformationsordnungsG und die InformationsV zuständig; Weitergabe von Unterlagen durch einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses an Außenstehende mangels Ausübung der Funktion als Nationalratsmitglied kein Beschwerdegegenstand

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. 54 Mitglieder des Nationalrates haben am 11. Dezember 2019 ein – zur Gänze zulässiges (vgl VfGH 3.3.2020, UA1/2020) – Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) mit folgendem Untersuchungsgegenstand im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist die mutmaßliche politische Absprache über das Gewähren ungebührlicher Vorteile im Bereich der Vollziehung des Bundes durch Mitglieder der Bundesregierung oder Staatssekretäre und diesen jeweils unterstellte leitende Bedienstete an natürliche oder juristische Personen, die politische Parteien direkt oder indirekt begünstigten, im Zuge der

a) Vollziehung der §§12a, 14 bis 16, 18 bis 24a, 30, 31, 31b Abs1 und 6 bis 9, sowie 57 bis 59 Glücksspielgesetz idjgF;

b) Einflussnahme auf die Casinos Austria AG, ihre direkten oder indirekten EigentümerInnen sowie ihre Tochterunternehmen und jeweiligen OrganwalterInnen;

c) Vorbereitung von Gesetzgebungsverfahren auf Grundlage der Art10 Abs1 Z1, 4-6 und 8-12, Art11 Abs1 Z3 und 7, Art12 Abs1 Z1 und 5 sowie Art14b Abs1 B-VG idjgF;

d) Vollziehung der §121a BAO sowie Art1 §49a FinStrG idjgF in Bezug auf die in litb genannten Personen;

e) Umstrukturierung der Finanzaufsicht (BMF, Österreichische Nationalbank und Finanzmarktaufsicht) sowie der ÖBIB zur ÖBAG einschließlich der Bestellung der jeweiligen Organe;

f) Bestellung von Organen (einschließlich Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführungen) von Unternehmungen, an denen der Bund mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist;

g) straf- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen in Folge des Ibiza-Videos und gegen die Casinos Austria AG, ihre direkten und indirekten EigentümerInnen sowie Tochterunternehmen und jeweiligen OrganwalterInnen

einschließlich von Vorbereitungs- und Verdunkelungshandlungen im Zeitraum von 18. Dezember 2017 bis 10. Dezember 2019

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands

1. Managementscheidungen bei der Casinos Austria AG

Aufklärung über die Strategie, die Beweggründe und die Verfahren zur Besetzung von Funktionen in der Casinos Austria AG und ihren Tochterunternehmen sowie die Kommunikation zwischen den Eigentümern der CASAG bzw Mitgliedern der Gesellschaftsgremien sowie Amtsträgern. Dazu zählt die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen, die Willensbildung sowie die Überprüfung der jeweiligen persönlichen Eignung bei der Bestellung der GeschäftsleiterInnen (insbesondere ***********) sowie des Aufsichtsrates der CASAG, die Wahrnehmung der Eigentümerinteressen der Republik sowie die in Folge des Bekanntwerdens der Ermittlungen der WKStA getroffenen Maßnahmen.

2. Reform und Vollziehung bestimmter Teile des Glücksspielgesetzes

Aufklärung über die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt, die Vorgangsweise und die politische Einflussnahme auf die Vollziehung des Glücksspielgesetzes sowie die Vorbereitung möglicher Gesetze im Glücksspielbereich einschließlich der Bemühungen von Dritten um bestimmte Handlungen seitens der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder ('Hintergrunddeals').

3. Begünstigung von Dritten

Aufklärung über die Einflussnahme von politischen FunktionsträgerInnen, leitenden Bediensteten sowie deren jeweiligen Büros auf die Vollziehung von Angelegenheiten betreffend Personen, die direkt oder indirekt Parteien oder WahlwerberInnen begünstigten einschließlich diese betreffende behördliche Ermittlungen sowie der Umgang mit Ansuchen um privilegierte Behandlung durch diesen Personenkreis.

4. Neustrukturierung der Finanzaufsicht

Aufklärung über die Strategie, die Beweggründe und die Verfahren in Zusammenhang mit der Reform der Finanzaufsicht, insbesondere den Kompetenzverschiebungen zwischen BMF, FMA und OeNB und die Neubesetzung der jeweiligen Organe. Dazu zählt auch die (versuchte) Einflussnahme Dritter auf die Reformüberlegungen.

5. Ermittlungen in der Ibiza-Affäre

Aufklärung über die politische Einflussnahme auf den Zeitablauf, die Vorgangs-weise, Kommunikation und Strategie der behördlichen Ermittlungen in Folge des Bekanntwerdens des Ibiza-Videos einschließlich der Tätigkeiten und Zusammensetzung der SOKO Ibiza.

6. Beteiligungsmanagement des Bundes

Aufklärung über die Einflussnahme der Bundesregierung auf die ÖBIB bzw ÖBAG, die Hintergründe, Strategien und Motive der Umstrukturierung der ÖBIB zur ÖBAG und die verwaltungsseitige Vorbereitung der entsprechenden Gesetzesnovellen sowie Aufklärung über das Funktionieren des Beteiligungsmanagements des Bundes.

7. Personalpolitik in staatsnahen Unternehmen

Aufklärung über die Beeinflussung von Personalentscheidungen in Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, einschließlich der Bestellung von Thomas Schmid zum Vorstand der ÖBAG, sowie von Mitgliedern von Aufsichtsräten als mögliche Gegenleistung oder Belohnung für die direkte oder indirekte Begünstigung politischer Parteien oder WahlwerberInnen.

8. Verdacht des Gesetzeskaufs

Aufklärung über die Einräumung von Einflussnahmemöglichkeiten an Dritte auf das Gesetzgebungsverfahren – sofern es der Vollziehung zuzurechnen ist – einschließlich Regierungsakten, als Folge der Begünstigung bestimmter politischer Parteien oder WahlwerberInnen."

1.2. Der Beschwerdeführer ist Beschuldigter in einem von der Staatsanwaltschaft Innsbruck geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §310 StGB. Im Zuge der Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft Innsbruck am 25. Februar 2021 unter anderem das Mobiltelefon des Beschwerdeführers gemäß §110 StPO sicher. Gegen die Sicherstellung erhob der Beschwerdeführer am 5. März 2021 Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß §106 StPO.

1.3. Am 17. März 2021 verlangte ein Viertel der Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses von der Bundesministerin für Justiz gemäß §25 Abs2 VO-UA, "dem Ibiza-Untersuchungsausschuss alle Akten und Unterlagen mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand zu übermitteln, welche sich auf dem sichergestellten Mobiltelefon des mittlerweile suspendierten [Beschwerdeführers] befinden". Das Verlangen wurde wie folgt begründet:

"Begründung

Der Ibiza-Untersuchungsausschuss kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B-VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher die Möglichkeit ein, andere Organe um die Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands zu verpflichten.

Die Auskunftsperson *********** führte im Rahmen seiner Befragung durch den Ausschuss aus, dass er nicht ausschließen könne, Akten und Unterlagen bzw Ablichtungen von diesen Dokumenten aus Verfahren mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand an *********** abseits der schriftlichen Berichtswege über das Mobiltelefon gesendet zu haben. Ausschließen konnte *********** auch nicht die Weitergabe von der Information an *********** über geplante Hausdurchsuchungen oder anderer Zwangsmaßnahmen vor deren Durchführung- dies selbst nach Suspendierung von ***********. Generell meinte *********** dass er derartige fernmündliche Kommunikationen nicht grundsätzlich dokumentiert – sie sich also nicht in den Akten, die dem Untersuchungsausschuss vorliegen, wiederfinden.

Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass gegen *********** in einem anderen Fall wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses in Zusammenhang mit Hausdurchsuchungen ermittelt wird, brisant.

Ein derartiges Vorgehen ermöglicht politische Einflussnahme auf die Ermittlungen. Denn es stellt sich die Frage, inwieweit Informationen betreffend Hausdurchsuchungen in Verfahren in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand vorab an *********** und an wen in weiterer Folge übermittelt wurden, sowie inwieweit sich weitere Akten und Unterlagen mit (zumindest) abstrakter Relevanz in Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand sich in den sichergestellten Daten befinden.

Das vorlagepflichtige Organ ist zur vollständigen Vorlage aller vom Untersuchungsausschuss als relevant betrachteten Akten und Unterlagen verpflichtet. Er hat die tatsächliche Relevanz dieser Akten und Unterlagen zunächst selbst zu überprüfen, wobei es genügt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Akten und Unterlagen für die Untersuchung relevant sein könnten (abstrakte Relevanz)."

1.4. Am 31. Mai 2021 und am 30. Juni 2021 übermittelte die Bundesministerin für Justiz in Entsprechung der ergänzenden Beweisanforderung vom 17. März 2021 Akten und Unterlagen klassifiziert mit der Stufe 2 "vertraulich" gemäß dem Informationsordnungsgesetz an die Registratur des Nationalrates in der Parlamentsdirektion. Unter den übermittelten Unterlagen waren auch Chatprotokolle des Mobiltelefons des Beschwerdeführers.

1.5. Nach Verständigung der Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses über das Einlangen der Unterlagen durch die Parlamentsdirektion wurden Kopien der Unterlagen an zugangsberechtigte Personen aller Klubs ausgefolgt.

1.6. Am 1. Juni 2021 (und an den darauffolgenden Tagen) berichteten mehrere Medien aus dem Inhalt der Chatprotokolle des Beschwerdeführers.

2. In seiner auf Art138b Abs1 Z7 B-VG gestützten Beschwerde macht der Einschreiter die Verletzung in näher bezeichneten Persönlichkeitsrechten im Zusammenhang mit der "Verteilung der privaten Chatprotokolle an Mitglieder des Untersuchungsausschusses" (Beschwerdepunkt 1), der "Unterlassung der Setzung geeigneter Maßnahmen" zur Verhinderung der Weitergabe der Chatprotokolle an Dritte (Beschwerdepunkt 2) und der "Weitergabe [der Chatprotokolle] an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses" (Beschwerdepunkt 3) geltend.

2.1. Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge

"a. die Zurverfügungstellung der über die Auswertung meines Mobiltelefons erlangten privaten elektronischen Kommunikation, soweit sie keine für den Untersuchungsgegenstand abstrakte Relevanz aufweist, an alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses durch den Untersuchungsausschuss, in eventu durch den Vorsitzenden und/oder den Verfahrensrichter,

b. die Unterlassung der Setzung geeigneter Maßnahmen, die eine Weitergabe von über die Auswertung meines Mobiltelefons erlangter privater elektronischer Kommunikation verhindert hätten, durch den Untersuchungsausschuss, in eventu durch den Vorsitzenden und/oder den Verfahrensrichter sowie

c. die Weitergabe meiner Chatdaten, insbesondere solcher Daten, die keine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufweisen, an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses und/oder die mittelbare oder unmittelbare Weitergabe der Daten an die Medien durch ********************* und/oder *********************** und/oder ein anderes Mitglied des Untersuchungsausschusses oder durch den Untersuchungsausschuss

für rechtswidrig […] erklären".

2.2. In der Beschwerde behauptet der Einschreiter, die von der Bundesministerin für Justiz an den Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelten Chatprotokolle seien ohne nähere Sichtung dahingehend, ob eine (zumindest abstrakte) Relevanz für den Untersuchungsgegenstand vorliege, den Mitgliedern des Ibiza-Untersuchungsausschusses zugänglich gemacht bzw an diese verteilt worden. Am 1. Juni 2021 seien die auf dem sichergestellten Mobiltelefon des Beschwerdeführers gespeicherten Chatprotokolle auszugsweise in – vom Beschwerdeführer näher bezeichneten – Print- und Online-Medien veröffentlicht worden. Die Chatprotokolle seien von Mitgliedern des Klubs der NEOS (an Medienvertreter) weitergegeben worden; dies folge aus der Beschriftung der (veröffentlichten) Unterlagen sowie einer Presseaussendung des Klubs der NEOS vom 3. Juni 2021, in welcher der (damalige) Generalsekretär der NEOS meinte: "Die Veröffentlichung der ********-Chats war im Interesse der Republik notwendig, um die Integrität der Justiz und des Verfassungsgerichtshofes sicherzustellen." Weiters heiße es in der Presseaussendung des Klubs der NEOS vom 3. Juni 2021, eine "Rüge" sei "in Kauf zu nehmen." Nach Auffassung des Beschwerdeführers folge daraus, dass die Chatprotokolle von den Mitgliedern des Ibiza-Untersuchungsausschusses, entweder von *********************** oder von *********************, an Personen außerhalb des Ibiza-Untersuchungsausschusses weitergegeben worden seien.

2.3. Der Beschwerdeführer begründet die Zulässigkeit und Begründetheit seiner Beschwerde im Einzelnen wie folgt (ohne die Hervorhebung im Original):

"2. Zulässigkeit der Beschwerde

2.1. Art138b Abs1 Z7 litb B-VG

Gemäß Art138b Abs1 Z7 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Mitgliedes eines solchen Untersuchungsausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrats in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

Ich verkenne nicht, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 20.015/2015 die Anfechtbarkeit gemäß Art138b Abs1 Z7 litb B-VG lediglich für ein 'Verhalten des Mitglieds des Untersuchungsausschusses während und nicht außerhalb der Sitzung des Untersuchungsausschusses bejaht hat. Eine vorbehaltlose und undifferenzierte Übertragung dieser restriktiven Interpretation von Art138b B-VG auf Fälle wie den hier vorliegenden würde in solchen Fällen, wie nachstehend noch aufzuzeigen ist, angesichts des vom Gesetzgeber gewählten Rechtsschutzsystems zu einer in einem Rechtsstaat nicht hinnehmbaren, mit der EMRK und der GRC unvereinbaren Rechtsschutzlücke in einem besonders sensiblen Bereich führen.

Abgesehen davon ist der vorliegende Fall aus folgenden Gründen anders zu beurteilen als das der damaligen Entscheidung zugrunde liegende Verhalten eines Untersuchungsausschussmitglieds:

Dem genannten Begründungselement im Erkenntnis VfSlg 20.015/2015 lag eine einzige Tatsachenbehauptung gegenüber Medienvertretern außerhalb einer Sitzung des Untersuchungsausschusses (in einem Fernsehinterview […]) zugrunde. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall um die bewusste Weiterleitung von vertraulichen Unterlagen aus dem Untersuchungsausschuss an Personen außerhalb des Ausschusses und/oder Medienvertreter. Die Chatprotokolle wurden den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses in ihrer Funktion als Mitglieder dieses Ausschusses zugänglich gemacht. Wenn nun ein Mitglied des Untersuchungsausschusses nicht-öffentliche Unterlagen des Untersuchungsausschusses weitergibt, verletzt es damit nicht nur meine Persönlichkeitsrechte, sondern verstößt gleichzeitig gegen Bestimmungen des InfOG und gegen das Veröffentlichungsverbot gemäß §21 Abs5 VO-UA. Zudem konterkariert die Weitergabe der mit Stufe 2 klassifizierten Unterlagen an die Medien den Sinn und Zweck von §21 Abs3 VO-UA, weshalb eine solche Weitergabe in einem untrennbaren Konnex zu den Sitzungen des Untersuchungsausschusses steht.

In dem Fall, der dem Erkenntnis VfSlg 20.015/2015 zugrunde lag, wurden durch die Äußerungen gegenüber Medienvertretern keine Bestimmungen der VO-UA verletzt.

Hingegen ist durch das angefochtene Verhalten in meinem Fall genau das geschehen. Stünde die Veröffentlichung (bzw die Weiterleitung an Medien zum Zwecke der Veröffentlichung) der Unterlagen in keinem Zusammenhang zur Tätigkeit als Mitglied des Untersuchungsausschusses, so wäre das Verbot der Veröffentlichung auch nicht in der VO-UA geregelt. Es besteht daher ein untrennbarer Zusammenhang der Weitergabe der Informationen mit der Ausübung des Berufs als Mitglied des Nationalrats, konkret als Mitglied des Untersuchungsausschusses. Damit liegt ein ausreichender sachlicher Zusammenhang mit der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses vor, […] sodass das angefochtene Verhalten Gegenstand im Verfahren nach Art138b Abs1 Z7 litb B-VG sein muss.

Für den sachlichen Zusammenhang mit der Ausübung der Funktion als Mitglied des Untersuchungsausschusses spricht im Übrigen auch §54 Abs3 VO-UA, der ausdrücklich auch bestimmte außerhalb einer Sitzung des Untersuchungsausschusses erfolgte Rechtsverletzungen mit Sanktionen belegt. Bei der Weitergabe von Informationen aus dem Kreis der Zugangsberechtigten nach §13 Abs2 Z1 InfOG an Nichtberechtigte (gleichgültig ob direkt an die Medien oder an einen Dritten, der die Unterlagen dann an die Medien weiterleitet) handelt es sich um einen Akt, der in untrennbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses steht. Das ergibt sich auch aus §9 Abs3 und §21 Abs6 VO-UA, wonach der Verfahrensrichter den Vorsitzenden auf Verstöße gegen das InfOG hinzuweisen hat – und zwar ohne zwischen Verstößen während und außerhalb von Sitzungen zu unterscheiden.

Ausgehend von der nachfolgenden Medienberichterstattung ist die Weitergabe der Informationen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die NEOS-Abgeordneten und Untersuchungsausschussmitglieder *********** und/oder **************** erfolgt. Die NEOS haben die Weitergabe selbst zugestanden. Die Zurechenbarkeit des meine Persönlichkeitsrechte verletzenden Verhaltens zu einem bestimmten Mitglied des Untersuchungsausschusses ist aber gar nicht zwingend erforderlich, um eine Rechtsverletzung nach Art138b Abs1 Z7 litb B-VG festzustellen. Es ist ausreichend, dass es sich um das Verhalten 'eines' Mitglieds handelt. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut von Art138b Abs1 Z7 litb B-VG, sondern darüber hinaus auch aus §56i Abs3 Z1 VfGG, wonach die Beschwerde nur dann angeben muss, wer das angefochtene Verhalten gesetzt hat, wenn dies zumutbar ist. Die Angabe einer konkreten Person ist im vorliegenden Fall deswegen nicht zumutbar, weil ich keinerlei Parteistellung im Untersuchungsausschuss und keine rechtlichen Mittel habe, um Informationen zu erhalten, die mir eine abschließende Zuordnung der Rechtsverletzung zu einer bestimmten Person ermöglichen. Ich habe daher im Ergebnis keine Möglichkeit, rechtswidriges, mich in meinen Persönlichkeitsrechten verletzendes Verhalten von Ausschussmitgliedern konkret einzelnen Mitgliedern des Ausschusses zuzuordnen.

2.2. Art138b Abs1 Z7 lita B-VG

Gemäß Art138b Abs1 Z7 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrats in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

Die Entgegennahme, Verarbeitung und unkontrollierte Verbreitung von privaten, den Untersuchungsgegenstand nicht betreffenden Chatprotokollen stellt (auch) ein Verhalten des Untersuchungsausschusses (also nicht nur eines einzelnen Ausschussmitglieds) dar. Wenn von der Staatsanwaltschaft sichergestellte, private (den Untersuchungsgegenstand wie gesagt nicht betreffende) Chatprotokolle dem Untersuchungsausschuss übermittelt werden, ist der weitere Umgang mit diesen Informationen und eine Weitergabe an jemanden außerhalb des Kreises der Zugangsberechtigten nicht nur dem Ausschussmitglied zuzurechnen, das für die Weitergabe verantwortlich ist, sondern dem Untersuchungsausschuss in seiner Gesamtheit.

Die VO-UA und das InfOG sehen an mehreren Stellen ein Weitergabe- und Veröffentlichungsverbot vor. Dem Untersuchungsausschuss übermittelte Akten und Unterlagen dürfen – und zwar unabhängig von einer Klassifizierung gemäß §21 Abs5 VO-UA nicht veröffentlicht werden. Finden Akten und Unterlagen dennoch ihren Weg zu Medienvertretern, etwa weil es der Untersuchungsausschuss unterlassen hat, ausreichende Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren, hat der Untersuchungsausschuss in seiner Gesamtheit gegen seine Pflicht zur Geheimhaltung der Informationen verstoßen. Es liegt ein Verhalten (in Form eines Unterlassens) vor, das Gegenstand einer Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 lita B-VG sein kann.

2.3. Art138b Abs1 Z7 litc B-VG

Gemäß Art138b Abs1 Z7 litc B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch ein Verhalten gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet. Gemäß §56i Abs1 VfGG kann Beschwerde (unter anderem) gegen ein Verhalten des Verfahrensrichters und seines Stellvertreters (Z1) sowie des Vorsitzenden und seines Stellvertreters (Z4) erhoben werden.

Der Verfahrensrichter und der Vorsitzende hätten – wie auch der Untersuchungsausschuss in seiner Gesamtheit – dafür Sorge tragen müssen, dass private, den Untersuchungsgegenstand nicht betreffende Chatprotokolle nicht an alle Mitglieder des Ausschusses verteilt und unkontrolliert weiterverbreitet werden. Diese Verpflichtung ergibt sich auch aus der VO-UA, die dem Vorsitzenden und dem Verfahrensrichter die Aufgabe zuweist, Veröffentlichungen zu unterbinden bzw auf Verstöße gegen das InfOG hinzuweisen.[…] Der Vorsitzende und der Verfahrensrichter sind somit dafür verantwortlich, ein System einzurichten, durch welches die Einhaltung der Geheimhaltungsvorschriften jederzeit sichergestellt werden kann.[…] Wie dieses System konkret auszugestalten ist, bleibt ihnen überlassen; entscheidend ist im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu §9 VStG, dass das System im Ergebnis funktioniert.[…] Auch der Umstand, dass das Handeln anderer Personen (Ausschussmitglieder) eigenmächtig erfolgt, ändert nichts an der Verpflichtung, ein entsprechendes Kontrollsystem einzurichten, welches gerade auch im Fall eigenmächtiger Handlungen Platz zu greifen hat.[…]

Die Verteilung der Protokolle an alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses bei gleichzeitiger Unterlassung der Setzung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung einer Weiterleitung an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses stellt ein Verhalten dar, das gemäß Art138b Abs1 Z7 litc B-VG Gegenstand einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sein kann.

2.4. Schließen einer allfällig bestehenden grundrechtswidrigen Rechtsschutzlücke

Verfolgt man die aktuellen Entwicklungen rund um den Untersuchungsausschuss, entsteht (bei einem funktionierenden demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich vertrauenden Personen) großes Unbehagen.

Der Rechtsstaat steht losgelöst vom konkreten Fall vor einer Herausforderung:

Die Vernichtung der Reputation eines Menschen durch Mitglieder des Untersuchungsausschusses ist zu einfach möglich und wird nicht ausreichend sanktioniert. Die Rechtsbehelfe, sich gegen eine solche persönliche Vernichtung zur Wehr zu setzen, sind, soweit sie überhaupt vorhanden sind, jedenfalls nicht ausreichend.

Die Staatsanwaltschaft stellt Mobiltelefone sicher, wertet exzessiv und ohne jeden zeitlichen und inhaltlichen Bezug zu den eigenen Ermittlungen private, mehrere Jahre zurückliegende Chatprotokolle aus. Sie leitet diese losgelöst vom Grund der Sicherstellung, der Rechtmäßigkeit der Auswertung und der Bedeutung des Inhalts für den Untersuchungsgegenstand, ohne dem Betroffenen die Möglichkeit einer Stellungnahme oder Sichtung der Chatprotokolle zu geben, in einem nicht nachprüfbaren Umfang (und mit hoher Wahrscheinlichkeit […] aus dem Gesamtkontext gerissen) an den Untersuchungsausschuss weiter.

Der Untersuchungsausschuss und dessen zahlreiche Mitglieder wären zwar grundsätzlich nach der VO-UA zur Geheimhaltung verpflichtet. Die Versuchung, zu Unrecht erhaltene, höchstpersönliche private Unterhaltungen der Betroffenen als Waffe gegen politische Gegner zu nutzen, scheint aber im Verhältnis zu den damit verbundenen Sanktionen zu groß zu sein. Einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses sehen, wie die aktuellen Ereignisse zeigen, nicht die politische Aufarbeitung des Untersuchungsgegenstands, sondern vielmehr Strafanzeigen und medienwirksam erhobene Vorwürfe des Gesetzesbruchs gegen politische Gegner als Kernaufgabe ihrer Tätigkeit im Untersuchungsausschuss. Selbst lassen sie allerdings kein gesteigertes Interesse daran erkennen, sich an Normen zu halten, die an sie gerichtet sind und die auch dem Schutz der Persönlichkeitsrechte dritter Personen dienen. Die Maximierung des eigenen politischen Vorteils steht an erster Stelle ihres Handelns. Die Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen dagegen scheinen auf der Liste der Prioritäten einzelner Ausschussmitglieder nicht einmal auf.

Will man sich als direkt Betroffener gegen die rechtswidrige Weitergabe personenbezogener und privater Daten (zuerst an den Untersuchungsausschuss und in weiterer Folge an die Medien) zur Wehr setzen, steht man vor folgendem Gesamtproblem:

?    Die Staatsanwaltschaft bzw die Bundesministerin für Justiz als vorlagepflichtiges Organ verweisen darauf, dass die Vorlage der Informationen nicht im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern außerhalb der StPO erfolgt. Der rechtliche Rahmen ergebe sich aus Art53 B-VG und der VO-UA. Weder aus §1 DSG noch aus Art8 EMRK ergebe sich ein subjektives Recht auf Mitwirkung bei der Vorlage. Es bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Akteneinsicht bzw eine Sichtung der zur Übermittlung an den Untersuchungsausschuss vorgesehenen Unterlagen. […]

Vor der Übermittlung der (vielleicht oder vielleicht auch nicht abstrakt relevanten) Daten an den Untersuchungsausschuss werden der betroffenen Person somit keine Rechtsschutzmöglichkeiten welcher Art immer eingeräumt.

?    Sobald die Unterlagen beim Untersuchungsausschuss angekommen sind, ist offensichtlich die (grundsätzlich verbotene) Weitergabe von dem eigenen politischen Vorteil dienenden Unterlagen an die Medien die Regel. Wer dabei die Unterlagen weitergibt, hängt primär davon ab, wem die Weitergabe politisch am meisten nützt. Sämtliche Mitglieder des Untersuchungsausschusses haben Zugriff auf die Informationen. Vor dem Untersuchungsausschuss kommt der betroffenen Person keine Parteistellung und keine Rechtsschutzmöglichkeit zu. Sie kann sich vorab weder gegen die Verteilung von für den Untersuchungsgegenstand irrelevanten Informationen an alle Ausschussmitglieder noch gegen die unberechtigte Weitergabe an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses wehren.

?    Will die betroffene Person die Verletzung ihres Rechts auf Schutz personenbezogener Daten bei der Datenschutzbehörde geltend machen, wird ihre Beschwerde nach seit 2010 durchgehend vertretener Spruchpraxis mit der Argumentation zurückgewiesen, aufgrund des Prinzips der Gewaltentrennung sei die Datenschutzbehörde nicht für Verletzungen durch den Untersuchungsausschuss als Organ der Gesetzgebung zuständig […] – und das, obwohl das Bundesverwaltungsgericht […] und der Gerichtshof der Europäischen Union […] ausdrücklich klargestellt haben, dass die parlamentarische Tätigkeit keineswegs aus dem Anwendungsbereich der DSGVO ausgenommen ist.

?    Das zivil- und strafrechtliche Vorgehen gegen einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses scheitert primär an der Immunität der Abgeordneten, letztlich aber auch daran, dass die rechtswidrige Weitergabe von Unterlagen oft nicht einem konkreten Mitglied des Untersuchungsausschusses zugeordnet werden bzw die Zurechnung nicht nachgewiesen werden kann. Inwieweit auch §19 InfOG zivilrechtliche Ansprüche bei Verletzung von Bestimmungen des InfOG generell ausschließt – was wohl die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung begründen würde – kann hier dahingestellt bleiben.

Für den Betroffenen – und, man darf sich hier keinen Illusionen hingeben, das kann jeder sein, der irgendeiner im Ausschuss vertretenen Parlamentsfraktion nicht zu Gesicht steht – öffnet sich eine riesige Rechtsschutzlücke. Wenn nun nicht einmal eine auf Art138b B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof möglich sein sollte, bestünde keine einzige Möglichkeit der betroffenen Person, die ihr nach Art8, 9 und 10 EMRK, Art7, 8, 10 und 11 GRC, §1 DSG, der DSGVO, Art10a StGG und §77 UrhG zustehenden Grund- und Persönlichkeitsrechte wirksam zu schützen. Es läge eine Gesamtsituation vor, die Art13 EMRK sowie Art47 GRC widerspräche. Ohne wirksame Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen wäre die in §27 VO-UA gesetzlich normierte Vorlagepflicht im Ergebnis daher verfassungswidrig.

3. Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Gemäß §56i Abs2 VfGG beträgt die Frist zur Erhebung der Beschwerde nach Art138b Abs1 Z7 B-VG sechs Wochen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von dem Verhalten erlangt hat.

Ich habe (erst) durch die Medienberichte am 01.06.2021 davon Kenntnis erlangt, dass die Bundesministerin für Justiz der ergänzenden Beweisanforderung zur Vorlage von Daten von meinem sichergestellten Mobiltelefon offensichtlich nachgekommen ist und Daten an den Untersuchungsausschuss übermittelt hat, diese Daten zunächst den Untersuchungsausschussmitgliedern zugänglich gemacht und anschließend an die Medien weitergegeben wurden.

Am 03.06.2021 habe ich durch eine Presseaussendung davon erfahren, dass die Weitergabe durch die NEOS-Mitglieder des Untersuchungsausschusses erfolgte. Meine Beschwerde ist daher hinsichtlich aller Beschwerdepunkte rechtzeitig.

[…]

5.4. Beschwerdepunkt: Verteilung der privaten Chatprotokolle an Mitglieder des Untersuchungsausschusses

Im Untersuchungsausschuss wurden nach Einlangen der Unterlagen keine Maßnahmen dahingehend unternommen, um die nicht einmal abstrakt relevanten Informationen von der Verteilung an alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses auszunehmen oder die Weitergabe an Medienvertreter wirksam zu verhindern. Vielmehr wurden sämtliche Informationen den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zugänglich gemacht (siehe dazu auch Punkt 2.3).

Die Weiterleitung der Chatprotokolle an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses verstößt auch gegen §23 VO-UA, der die Verwendung von Beweismitteln ausschließt, die durch strafbare Handlungen oder Umgehung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen erlangt worden sind. Die Übermittlung von Chats, die keine (potentiell) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand haben und die auch außerhalb des Untersuchungszeitraums liegen, durch die Bundesministerin stellt einen Verstoß gegen Art5 und 6 DSGVO dar. […] Die Erlangung der Beweismittel unter Verletzung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen führt dazu, dass der Untersuchungsausschuss die Beweismittel nicht verwenden (und damit auch nicht an alle Ausschussmitglieder verteilen) hätte dürfen.

Ich wurde vom Untersuchungsausschuss weder über das Einlangen der mich betreffenden Unterlagen informiert noch wurde mir die Möglichkeit eingeräumt, rechtzeitig vor Verteilung an die Ausschussmitglieder Einsicht in die Unterlagen zu nehmen und die Unterlassung der Verteilung bzw die Löschung jener Informationen zu beantragen, die keine Relevanz für den Untersuchungsausschuss aufweisen.

Der Vorsitzende hat es unterlassen, Maßnahmen gegen die Weitergabe der Unterlagen zu setzen, obwohl ihm nach §6 Abs3 VO-UA die Aufgabe zukommt, auf die Wahrung des Grundrechts- und Persönlichkeitsschutzes zu achten. Ähnliches gilt für den Verfahrensrichter, weil er nicht nach §9 Abs3 und §21 Abs6 VO-UA vorgegangen ist.

5.5. Beschwerdepunkt: Weitergabe an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses (Medien)

Die Weitergabe der dem Untersuchungsausschuss übermittelten Unterlagen an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses verstößt gleich gegen mehrere Rechtsvorschriften:

?    InfOG:

Zum einen sind die Informationen gemäß §4 Abs1 Z2 InfOG als 'vertraulich' qualifiziert. §13 InfOG regelt, welchen Personen Zugang zu den Informationen zu gewähren ist. Medienvertreter fallen nicht unter die zugangsberechtigten Personen. Gemäß §2 InfOG ist jede Person, der Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, zur Verschwiegenheit über die Informationen verpflichtet und sie hat durch Einhaltung der vorgesehenen Schutzstandards dafür Sorge zu tragen, dass kein Unbefugter Kenntnis von den klassifizierten Informationen erlangt.

?    VO-UA:

Zudem ist die Weitergabe von Beweismitteln (Akten und Unterlagen) des Untersuchungsausschusses auch von der VO-UA verboten. §20 Abs1 VO-UA regelt klar, welche den Untersuchungsausschuss betreffende Unterlagen veröffentlicht werden dürfen. Dazu gehören Befragungsprotokolle, ergänzende Beweisanforderungen und Ladungslisten, Gutachten von Sachverständigen, Berichte von Ermittlungsbeauftragten und schriftliche Stellungnahmen von Auskunftspersonen. Bei der (jedenfalls erforderlichen) Beratung und Beschlussfassung über die Veröffentlichung ist eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen nach dem InfOG sowie schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen bei der Verwendung personenbezogener Daten vorzunehmen (§20 Abs4 VO-UA).

§21 Abs5 VO-UA normiert aber unmissverständlich: Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden.

Die VO-UA unterscheidet dabei nicht zwischen klassifizierten und nicht-klassifizierten Informationen. Sie macht das Veröffentlichungsverbot auch nicht davon abhängig, ob die Informationen vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind und/oder ob schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen gegen eine Veröffentlichung sprechen.

Zusammengefasst hat sich (mindestens) ein Untersuchungsausschussmitglied dazu entschieden, sich durch die rechtswidrige Weitergabe meiner privaten Chats nicht nur über meine mit dieser Beschwerde geltend gemachten schutzwürdigen Persönlichkeitsrechte, sondern auch über ein ausdrücklich verankertes gesetzliches Verbot hinwegzusetzen.

Die Weitergabe der Chats, insbesondere (aber nicht nur) der privaten, nicht den Untersuchungsgegenstand betreffenden Chats an Personen außerhalb des Untersuchungsausschusses, insbesondere an die Medien, erfolgte somit rechtswidrig und verletzte die von mir in dieser Beschwerde geltend gemachten Persönlichkeitsrechte."

3. Der Präsident des Nationalrates hat innerhalb der gesetzten Frist keine Äußerung erstattet.

II. Rechtslage

1. Gemäß Art138b Abs1 Z7 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden einer Person, die durch das Verhalten eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates (lita), eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates (litb) oder gesetzlich zu bestimmender Personen in Ausübung ihrer Funktion im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss (litc) in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein behauptet.

2. §56i Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl 85/1953, idF BGBl I 101/2014 bestimmt:

"§56i. (1) Personen, wegen deren Verhaltens in Ausübung ihrer Funktionen im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss Beschwerde erhoben werden kann (im Folgenden Funktionäre genannt), sind:

1. der Verfahrensrichter und sein Stellvertreter;

2. der Verfahrensanwalt und sein Stellvertreter;

3. der Ermittlungsbeauftragte;

4. der Vorsitzende und seine Stellvertreter.

(2) Die Frist zur Erhebung der Beschwerde wegen eines Verhaltens

1. eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates,

2. eines Mitgliedes eines solchen Ausschusses in Ausübung seines Berufes als Mitglied des Nationalrates oder

3. eines Funktionärs eines Untersuchungsausschusses

beträgt sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von dem Verhalten erlangt hat, wenn er aber durch dieses Verhalten behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.

(3) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Verhaltens und, soweit dies zumutbar ist, die Angabe, wer es gesetzt hat;

2. den Sachverhalt;

3. die Bezeichnung der Persönlichkeitsrechte, in denen der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet;

4. die erforderlichen Beweise;

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob das Verhalten rechtzeitig angefochten wurde.

(4) Parteien des Verfahrens sind der Beschwerdeführer und der Präsident des Nationalrates.

(5) Eine Ausfertigung der Beschwerde ist dem Präsidenten des Nationalrates mit der Aufforderung zuzustellen, dass es ihm freisteht, eine Äußerung zu erstatten. Er hat gegebenenfalls jene Mitglieder oder Funktionäre, wegen deren Verhaltens Beschwerde erhoben worden ist, unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, ihm gegenüber zu dieser schriftlich Stellung zu nehmen. Die zur Erstattung der Äußerung gesetzte Frist hat mindestens vier Wochen, wenn sich die Beschwerde jedoch auch gegen ein Verhalten von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses oder Funktionären richtet, mindestens sechs Wochen zu betragen.

(6) Die Äußerung hat zu enthalten:

1. den Sachverhalt;

2. die erforderlichen Beweise;

3. die Stellungnahmen gemäß Abs5.

(7) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet ohne unnötigen Aufschub.

(8) Das angefochtene Verhalten ist für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist."

3. Die in Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) enthaltene Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA), BGBl 410/1975, idF BGBl I 63/2021 lautet auszugsweise:

"Aufgaben des Vorsitzenden

§6. […]

(3) Im Rahmen der Vorsitzführung eröffnet und schließt der Vorsitzende die Sitzungen des Untersuchungsausschusses. Er handhabt die Geschäftsordnung und achtet auf die Wahrung des Grundrechts- und Persönlichkeitsschutzes. Er leitet die Verhandlungen und sorgt für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung während der Sitzung. Er ist jederzeit berechtigt, in den Fällen des §11 Abs4 und des §42 Abs2 aber verpflichtet, die Sitzung zu unterbrechen. Der Vorsitzende leitet die Befragung von Auskunftspersonen und Sachverständigen gemäß §37.

[…]

Aufgaben des Verfahrensrichters

§9. […]

(3) Der Verfahrensrichter belehrt die Auskunftspersonen und die Sachverständigen über ihre Rechte und Pflichten und führt im Auftrag des Vorsitzenden die Erstbefragung gemäß §39 durch und kann gemäß §40 Abs3 ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten. Er hat den Vorsitzenden auf unzulässige Fragen gemäß §41 und Verstöße gegen das InfOG hinzuweisen sowie ihn in allen Verfahrensfragen zu beraten und kann den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß §17 Abs3 beantragen. Bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses gemäß §20 kann er Einspruch erheben.

[…]

Aufgaben des Verfahrensanwaltes

§11. (1) Der Verfahrensanwalt nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen des Untersuchungsausschusses teil. Er hat sich zur Wahrung seiner Aufgaben unverzüglich an den Vorsitzenden zu wenden. Erforderlichenfalls hat der Vorsitzende die Befragung zu unterbrechen.

(2) Der Verfahrensanwalt hat den Vorsitzenden oder den Verfahrensrichter jederzeit unverzüglich auf Verletzungen der Verfahrensordnung sowie auf Eingriffe in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte einer Auskunftsperson hinzuweisen.

(3) Der Verfahrensanwalt hat unverzüglich auf Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß §17 Abs2 und auf das Vorliegen von Aussageverweigerungsgründen gemäß §§43 und 44 hinzuweisen. Bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses gemäß §20 kann er Einspruch erheben.

(4) Der Verfahrensanwalt hat Auskunftspersonen vor und während einer Befragung im Untersuchungsausschuss die Möglichkeit zur vertraulichen Beratung zu geben. Zu diesem Zweck kann er auch eine Unterbrechung der Sitzung verlangen.

(5) Der Verfahrensanwalt ist zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in dieser Eigenschaft bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse einer Auskunftsperson gelegen ist, verpflichtet. Er hat in gerichtlichen und sonstigen behördlichen Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften das Recht auf diese Verschwiegenheit.

[…]

§21. Informationssicherheit

(1) Für den Umgang mit klassifizierten Informationen und nicht-öffentlichen Informationen im Untersuchungsausschuss gilt das Informationsordnungsgesetz mit der Maßgabe, dass

1. einer Auskunftsperson gemäß §42 klassifizierte Akten und Unterlagen vorgelegt werden können, soweit dem nicht eine Vereinbarung gemäß §58 entgegensteht,

2. Mitglieder und von den Klubs gemäß §13 InfOG namhaft gemachte Personen bei Einsichtnahme Notizen über den Inhalt klassifizierter Akten und Unterlagen der Stufen 2 und 3 anfertigen dürfen, wobei die Notizen entsprechend der Klassifizierungsstufe der Akten und Unterlagen zu behandeln sind,

3. Mitglieder und von den Klubs gemäß §13 InfOG namhaft gemachte Personen Zugang zu allen im Untersuchungsausschuss entstandenen klassifizierten Informationen haben,

4. bei fortgesetzter Verletzung der Bestimmungen des InfOG ein Ordnungsgeld gemäß §54 festgesetzt werden kann.

(2) Findet die Befragung von Auskunftspersonen nicht in vertraulicher oder geheimer Sitzung statt, kann ein Mitglied bei der Befragung Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 1 jedenfalls verwenden, wenn es vor Beginn der Befragung einen entsprechenden Antrag gestellt und der Vorsitzende dies nach Beratung mit dem Verfahrensrichter gestattet hat. Der Vorsitzende hat die Bedingungen für die Verwendung dieser Akten und Unterlagen bekanntzugeben und für die Wahrung schutzbedürftiger Geheimhaltungsinteressen zu sorgen.

(3) Wenn ein Mitglied bei der Befragung Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 oder höher verwenden möchte, hat es dies dem Vorsitzenden rechtzeitig mitzuteilen. Der Vorsitzende hat Vorsorge dafür zu treffen, dass diese Teile der Befragung in vertraulicher oder geheimer Sitzung gemäß §37a GOG stattfinden können.

(4) Jede Person, der im Untersuchungsausschuss Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, ist auch über die Bestimmungen gemäß Abs1 zu belehren.

(5) Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Der Präsident kann vor Verteilung an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses durch eine entsprechende Kennzeichnung der einzelnen Exemplare dafür Sorge tragen, dass deren sichere Behandlung gewährleistet wird.

(6) Der Verfahrensrichter hat den Vorsitzenden jederzeit auf Verstöße gegen das Informationsordnungsgesetz hinzuweisen.

[…]

§23. Beweismittel

Als Beweismittel kann alles verwendet werden, was geeignet ist, der Untersuchung im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes zu dienen. Ausgeschlossen sind jedoch solche Beweismittel, die durch eine strafbare Handlung oder durch die Umgehung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen erlangt worden sind."

4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – InfOG), BGBl I 102/2014, lauten:

"Geheimhaltungsverpflichtung

§2. Jede Person, der aufgrund dieses Bundesgesetzes Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, ist zur Verschwiegenheit über die ihr dadurch zur Kenntnis gelangten Informationen verpflichtet und hat durch Einhaltung der vorgesehenen Schutzstandards dafür Sorge zu tragen, dass kein Unbefugter Kenntnis von den klassifizierten Informationen erlangt.

Begriffsbestimmungen

§3. (1) Klassifizierte Informationen sind materielle und immaterielle Informationen, unabhängig von Darstellungsform und Datenträger, die aufgrund ihres Inhalts eines besonderen Schutzes bedürfen und die daher nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich gemacht werden sollen.

(2) Nicht-öffentliche Informationen sind Informationen, die nicht zur Veröffentlichung geeignet sind, jedoch nicht unter Abs1 fallen.

(3) EU-Verschlusssachen sind alle mit einer EU-Klassifizierungsstufe versehenen Informationen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Maße schaden könnte.

(4) ESM-Verschlusssachen sind alle mit einer Sicherheitseinstufung durch Organe des Europäischen Stabilitätsmechanismus versehenen Informationen für Beschlüsse im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus.

(5) Urheber ist das Organ, unter dessen Aufsicht und Verantwortung klassifizierte Informationen erstellt oder dem Nationalrat zugeleitet wurden.

Klassifizierungsstufen

§4. (1) Klassifizierte Informationen, die von österreichischen Organen erstellt oder gemäß §2 Abs1 des Informationssicherheitsgesetzes, BGBl I Nr 23/2002, erhalten wurden, sind folgenden Klassifizierungsstufen zuzuordnen:

1. Eingeschränkt, wenn die unbefugte Weitergabe der Informationen Interessen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, den wirtschaftlichen Interessen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, der Vorbereitung einer Entscheidung oder dem überwiegenden berechtigten Interesse der Parteien zuwiderlaufen würde und die Informationen eines besonderen organisatorischen Schutzes bedürfen (Stufe 1).

2. Vertraulich, wenn die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer Schädigung der in Z1 genannten Interessen schaffen würde (Stufe 2).

3. Geheim, wenn die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer erheblichen Schädigung der in Z1 genannten Interessen schaffen würde (Stufe 3).

4. Streng Geheim, wenn das Bekanntwerden der Informationen eine schwere Schädigung der in Z1 genannten Interessen wahrscheinlich machen würde (Stufe 4).

(2) EU-Verschlusssachen werden einer der folgenden Klassifizierungsstufen zugeordnet:

1. Restreint UE/EU Restricted: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe für die wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten nachteilig sein könnte (Stufe 1).

2. Confidentiel UE/EU Confidential: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten Schaden zufügen könnte (Stufe 2).

3. Secret UE/EU Secret: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten schweren Schaden zufügen könnte (Stufe 3).

4. Très Secret UE/EU Top Secret: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten äußerst schweren Schaden zufügen könnte (Stufe 4).

[…]

Zugangsberechtigung zu klassifizierten Informationen des Nationalrates

§13. (1) Für die Einsichtnahme in klassifizierte Informationen des Nationalrates sowie die Verteilung dieser gelten die folgenden Bestimmungen:

1. Klassifizierte Informationen der Stufe 1 sind für die Mitglieder des Nationalrates und für von den Klubs namhaft gemachte Personen zugänglich.

2. Klassifizierte Informationen der Stufe 2 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz und an von den Klubs namhaft gemachte Personen übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für die Mitglieder des Nationalrates zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

3. Klassifizierte Informationen der Stufe 3 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für von den Klubs namhaft gemachte Personen zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

4. Klassifizierte Informationen der Stufe 4 sind für die Mitglieder der Präsidialkonferenz zugänglich. Der Präsident hat sie über die Zuleitung solcher Informationen zu unterrichten.

5. Bedienstete der Parlamentsdirektion haben Zugang zu klassifizierten Informationen, soweit dies zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben erforderlich ist. Darüber entscheidet der Präsident nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz.

6. Die Klubs haben bei der Namhaftmachung von Personen gemäß den Z1 bis Z3 darauf Bedacht zu nehmen, dass der Zugang jeweils zur Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben erforderlich ist. Der Präsident legt nach Beratung in der Präsidialkonferenz die Anzahl der von den Klubs namhaft zu machenden Personen fest.

7. Der Verfahrensrichter und sein Stellvertreter sowie der Verfahrensanwalt und sein Stellvertreter haben Zugang zu allen dem Untersuchungsausschuss vorgelegten oder im Untersuchungsausschuss entstandenen klassifizierten Akten und Unterlagen. Der Ermittlungsbeauftragte hat Zugang zu diesen Akten und Unterlagen, soweit dies gemäß seinem Auftrag erforderlich ist.

(2) Für die Behandlung klassifizierter Informationen des Nationalrates in einem Ausschuss gelten die folgenden Bestimmungen:

1. Werden klassifizierte Informationen der Stufe 2 einem Ausschuss zugeleitet, sind sie an die Mitglieder des Ausschusses zu verteilen.

2. Werden klassifizierte Informationen der Stufen 3 oder 4 einem Ausschuss zugeleitet, dürfen sie nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer verteilt werden. Der Präsident kann nach Beratung in der Präsidialkonferenz eine weitergehende Verwendung verfügen.

3. Wird ein Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union auf die Tagesordnung des Hauptausschusses gesetzt, sind darauf Bezug habende klassifizierte Informationen der Stufen 1 und 2 an die Mitglieder des Hauptausschusses zu verteilen. Klassifizierte

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten