TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/30 W229 2219078-1

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Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

ASGG §74
ASVG §123
ASVG §354
ASVG §409
ASVG §410
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W229 2219078-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, vom 25.04.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Sohn des nunmehrigen Beschwerdeführers, XXXX , geboren am XXXX , war aufgrund eines Studiums beim Beschwerdeführer mitversichert. Mit Schreiben der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (in der Folge: NÖGKK) vom 17.11.2016 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass die Mitversicherung aufgrund eines Studiums grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres möglich sei und daher am XXXX ende. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, für die etwaige Verlängerung der Mitversicherung entsprechende Unterlagen vorzulegen.

2. Am 03.08.2018 übermittelte der Beschwerdeführer der NÖGKK eine Honorarnote im Zusammenhang mit der Behandlung seines Sohnes.

3. Die beim Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht anhängige Sozialrechtssache wurde mit Beschluss vom 05.04.2019 zur Klärung der Vorfrage hinsichtlich der Angehörigeneigenschaft des Sohnes des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren unterbrochen.

4. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid der NÖGKK vom 25.04.2019 wurde der Antrag auf Anerkennung der Anspruchsberechtigung als Angehöriger für den am XXXX geborenen Sohn, XXXX , des Beschwerdeführers nach dem XXXX abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der nunmehr vorgelegten Studienbestätigung für das Sommersemester 2019 sowie der Bestätigung des Studienerfolges von keinem Ausbildungsende ausgegangen werden könne. Eine Anerkennung der Angehörigeneigenschaft ab Vollendung des 27. Lebensjahres während der laufenden Schul- oder Berufsausbildung auf Grundlage von „Erwerbslosigkeit“ sei nicht nur ein Widerspruch in sich, sondern würde den gesetzlichen Bestimmungen und der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen und sei daher von der belangten Behörde abzulehnen gewesen. Die Höchstanspruchsdauer für den am XXXX geborenen Angehörigen sei somit am XXXX erreicht gewesen.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er ausführte, dass die belangte Behörde über die Anerkennung der Anspruchsberechtigung eines Angehörigen des versicherten Beschwerdeführers abgesprochen und somit in einer Leistungssache und nicht in einer Beitragssache entschieden habe. Die Feststellung der Anspruchsberechtigung eines Angehörigen sei somit keine Verwaltungssache iSd § 409 ASVG. Im angefochtenen Bescheid sei daher das Rechtsmittel der Beschwerde falsch angegeben.

Der Beschwerdeführer beantragte die Zurückweisung seiner Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in Leistungssachen.

6. Die NÖGKK legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 16.05.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Vater des XXXX , geboren am XXXX .

XXXX war ab dem Wintersemester 2012 bis zumindest dem Sommersemester 2019 als ordentlicher Student zum Bachelorstudium XXXX an der XXXX zugelassen.

XXXX vollendete am XXXX das 27. Lebensjahr.

XXXX war vom 01.11.2016 bis 31.07.2017 als geringfügig beschäftigter Angestellter im XXXX tätig. Vom 01.08.2017 bis 30.09.2017 war er bei der Firma XXXX GmbH tätig. Ab 01.10.2017 ist er als geringfügig beschäftigter Angestellter bei der Firma XXXX GmbH tätig.

Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX als Arbeits- und Sozialgericht vom 05.04.2019, XXXX , wurde das anhängige Verfahren zur Klärung der Vorfrage hinsichtlich der Angehörigeneigenschaft des Sohnes des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren unterbrochen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts. Insbesondere liegen die Studienbestätigungen sowie die Bestätigung des Studienerfolges hinsichtlich des Sohnes des Beschwerdeführers sowie das Protokoll des Landesgerichts XXXX als Arbeits- und Sozialgericht vom 05.04.2019, XXXX , im Akt ein. Ebenso liegt der Versicherungsdatenauszug vom 25.01.2019 im Akt ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. In Ermangelung eines entsprechenden Antrages liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) lauten:

„§ 123. (1) Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung besteht für Angehörige,

1. wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und

2. wenn sie weder nach der Vorschrift dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert sind und auch für sie seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist.

(2) Als Angehörige gelten:

1. der/die Ehegatte/Ehegattin oder eingetragene Partner/Partnerin;

2. die Kinder und die Wahlkinder;

[…]

Die ständige Hausgemeinschaft im Sinne der Z 5 besteht weiter, wenn sich das Kind nur vorübergehend oder wegen schulmäßiger (beruflicher) Ausbildung oder zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält; das gleiche gilt, wenn sich das Kind auf Veranlassung des Versicherten und überwiegend auf dessen Kosten oder auf Anordnung der Jugendfürsorge oder des Pflegschaftsgerichtes in Obsorge eines Dritten befindet.

[…]

(4) Kinder und Enkel (Abs. 2 Z 2 bis 6) gelten als Angehörige bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Nach diesem Zeitpunkt gelten sie als Angehörige, wenn und solange sie

1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befinden, die ihre Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Angehörigeneigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn für sie

a) entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder

b) zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, sie jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992 betreiben;

2. seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 genannten Zeitraumes

a) infolge Krankheit oder Gebrechen erwerbsunfähig sind oder

b) erwerbslos sind;

3. an einem Programm der Europäischen Union zur Förderung der Mobilität junger Menschen teilnehmen, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres.

Die Angehörigeneigenschaft bleibt in den Fällen der Z 2 lit. b längstens für die Dauer von 24 Monaten ab den in Z 2 genannten Zeitpunkten gewahrt.

(5) – (11) […]

§ 354. Leistungssachen sind die Angelegenheiten, in denen es sich handelt um

1. die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs. 1, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 29a), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht;

2. Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung,

3. Streitigkeiten über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt II des Fünften Teiles;

4. Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§ 247),

4a. die Feststellung der Invalidität (§§ 255a, 280a) oder der Berufsunfähigkeit (§ 273a),

5. die Feststellung der Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift oder eines Nachtragsabzuges (§ 15 APG),

6. die Feststellung des Rechtsanspruches auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253e (§ 270a, § 276e).

§ 355. Alle nicht gemäß § 354 als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 die Bestimmungen dieses Teiles gelten, sind Verwaltungssachen. Insbesondere gehören zu den Verwaltungssachen die

1. Feststellung der Versicherungspflicht, der Versicherungsberechtigung sowie des Beginnes und Endes der Versicherung,

2. Feststellung der Versicherungszugehörigkeit und -zuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch der Leistungszugehörigkeit und - zuständigkeit,

3. Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten und ihrer Dienstgeber, einschließlich der Beitragszuschläge nach § 113,

4. Angelegenheiten der Überweisungen in der Pensionsversicherung bei der Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis oder beim Ausscheiden aus einem solchen,

5. Streitigkeiten zwischen den Versicherungsträgern bzw. den Versicherungsträgern und dem Dachverband aus der Durchführung dieses Bundesgesetzes, insbesondere solche gemäß Abschnitt I des Fünften Teiles.

§ 409. Die Versicherungsträger sind im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zur Behandlung der Verwaltungssachen berufen. Zur Behandlung der Verwaltungssachen, welche die Versicherungspflicht sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von Vollversicherten, von in der Kranken- und Unfallversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 1 und § 8 Abs. 1 Z 4) und von in der Unfall- und Pensionsversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 2) und von in der Unfallversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 3 lit. a) und die Beiträge für solche Versicherte betreffen, soweit deren Einhebung den Trägern der Krankenversicherung obliegt, sind, unbeschadet der Bestimmung des § 411, die Träger der Krankenversicherung berufen. Das gleiche gilt für die Zuständigkeit zur Behandlung von Verwaltungssachen, welche die Versicherungsberechtigung sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von in der Kranken- und Pensionsversicherung Selbstversicherten (§ 19a) betreffen.

§ 410. (1) Der Versicherungsträger hat in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Hienach hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu erlassen:

1. wenn er die Anmeldung zur Versicherung wegen Nichtbestandes der Versicherungspflicht oder der Versicherungsberechtigung oder die Abmeldung wegen Weiterbestandes der Versicherungspflicht ablehnt oder den Versicherungspflichtigen (Versicherungsberechtigten) mit einem anderen Tag in die Versicherung aufnimmt oder aus ihr ausscheidet, als in der Meldung angegeben ist,

2. wenn er einen nicht oder nicht ordnungsgemäß Angemeldeten in die Versicherung aufnimmt oder einen nicht oder nicht ordnungsgemäß Abgemeldeten aus der Versicherung ausscheidet,

3. wenn er die Entgegennahme von Beiträgen ablehnt,

4. wenn er die Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ausspricht,

5. wenn er einen Beitragszuschlag gemäß § 113 vorschreibt,

6. wenn er einen gemäß § 98 Abs. 2 gestellten Antrag auf Zustimmung zur Übertragung eines Leistungsanspruches ganz oder teilweise ablehnt,

7. wenn der Versicherte oder der Dienstgeber die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt,

8. wenn er entgegen einer bereits bestehenden Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG auf Grund ein und derselben Tätigkeit die Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 als gegeben erachtet,

9. wenn er eine Teilgutschrift nach § 14 APG überträgt.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2013)“

Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeits- und Sozialversicherungsgesetzes (ASGG) lauten:

„§ 74. (1) Ist in einer Rechtsstreitigkeit nach § 65 Abs. 1 Z 1, 4 oder 6 bis 8 die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, der Beginn oder das Ende der Versicherung (§ 355 Z 1 ASVG), die maßgebende Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft (§ 410 Abs. 1 Z 7 ASVG) als Vorfrage strittig, so ist das Verfahren zu unterbrechen, bis über diese Vorfrage als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofsverfahrens. Ist im Zeitpunkt der Unterbrechung des Verfahrens noch kein Verfahren in Verwaltungssachen anhängig, so hat das Gericht die Einleitung des Verfahrens beim Versicherungsträger anzuregen. Einem Rekurs gegen den Unterbrechungsbeschluß kann aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden. Der Versicherungsträger hat dem Gericht die über die Vorfrage in der Verwaltungssache als Hauptfrage ergangene, in Rechtskraft erwachsene Entscheidung unverzüglich zu übermitteln.

(2) Im Fall einer Unterbrechung nach Abs. 1 hat das Gericht auf Antrag des Klägers dem Beklagten eine vorläufige Leistung bis zur rechtskräftigen Beendigung des gerichtlichen Verfahrens durch Beschluß aufzuerlegen, soweit der Kläger seinen Anspruch dem Grunde und der Höhe nach glaubhaft macht. Dem Rekurs gegen den dem Antrag des Klägers zur Gänze oder teilweise stattgebenden Beschluß kann aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden. Im übrigen sind die für einstweilige Verfügungen geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, ausgenommen jene über die Gefährdungsbescheinigung und die Sicherheitsleistung. Wird in der Folge die Klage rechtskräftig abgewiesen oder die dem Kläger zustehende Leistung rechtskräftig in einer geringeren Höhe festgesetzt, so gilt für seine Rückzahlungspflicht der § 91 Abs. 2 bis 5 sinngemäß.“

3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3.1. Zum Vorliegen einer Verwaltungssache:

Gemäß § 74 Abs. 1 ASGG sind gewisse anhängige Verfahren unter anderem dann zu unterbrechen, wenn die Angehörigeneigenschaft (§ 410 Abs. 1 Z 7 ASVG) als Vorfrage strittig ist.

§ 74 ASGG trägt in Bezug auf die Beurteilung von während des sozialgerichtlichen Verfahrens auftretenden strittigen Vorfragen durch eine zwingende Unterbrechung des sozialgerichtlichen Verfahrens dem Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung Rechnung, versucht aber, durch die Möglichkeit der Auferlegung einer vorläufigen Leistungspflicht eine längere Dauer der Unterbrechung während des Verfahrens vor der zuständigen Verwaltungsbehörde für den Versicherten erträglich zu machen (vgl. Neumayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 74 ASGG Rz 1 (Stand 1.1.2018, rdb.at)).

Durch die ausdrückliche Aufnahme auch der „Angehörigeneigenschaft (§ 410 Abs. 1 Z 7 ASVG)“ in den Katalog der Vorfragen, über die als Hauptfragen im Verfahren in Verwaltungssachen zu entscheiden ist, in § 74 Abs. 1 ASGG hat der Gesetzgeber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt, daß es sich – entgegen der vor dem Inkrafttreten des ASGG vertretenen Auffassung – nunmehr hiebei um eine auch außerhalb eines konkreten Leistungsverfahrens der Feststellung von Rechten und Pflichten dienende, zumindest über Antrag eines der im § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG genannten Personen einer Hauptfragenentscheidung zugängliche Angelegenheit handelt (vgl. VwGH 17.11.1992, 91/08/0091).

Die Angehörigeneigenschaft ist gem. § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG iVm § 74 Abs. 1 ASGG auch unabhängig von einem Leistungsstreitverfahren feststellungsfähig (vgl. Mayr, Arbeitsrecht § 74 ASGG E 3b (Stand 1.2.2016, rdb.at)).

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Es ist unstrittig, dass beim Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht eine Sozialrechtssache anhängig ist, welche zur Klärung der Vorfrage der Angehörigeneigenschaft des Sohnes des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 05.04.2019 unterbrochen wurde. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich überdies, dass auch ohne Anhängigkeit einer im § 74 Abs. 1 ASGG genannten Rechtsstreitigkeit über die Angehörigeneigenschaft als Hauptfrage im Verwaltungsverfahren entschieden werden kann.

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, Verwaltungssachen seien nur die in § 409 ASVG angeführten Bereiche, weshalb die Feststellung der Anspruchsberechtigung eines Angehörigen eines Versicherten auf Mitversicherung eine Leistungssache und keine Verwaltungssache sei, ist festzuhalten, dass § 409 ASVG mit dem Begriff der Verwaltungssachen an § 355 ASVG anknüpft. Wenn in § 409 daher die Zuständigkeit der Sozialversicherungsträger in Verwaltungssachen angesprochen ist, dann sind darunter die Angelegenheiten des § 355 zu verstehen (vgl. Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 409 ASVG Rz 2 (Stand 1.10.2019, rdb.at)).

Der Kreis der Verwaltungssachen wird durch eine Generalklausel bestimmt: Alle Angelegenheiten des § 352 ASVG, die nicht nach § 354 ASVG Leistungssachen sind, sind Verwaltungssachen. Dabei lassen die Ausnahmebestimmungen des § 352 ASVG mitunter Ausschnitte von Verwaltungssachen nicht als Verwaltungssachen erscheinen, weil und soweit für sie etwa an anderer Stelle besondere Verfahrensvorschriften festgelegt sind. Im Übrigen aber sind sämtliche Angelegenheiten der Sozialversicherungen Verwaltungssachen, wenn sie nicht nach § 354 zu den Leistungssachen zählen. Die demonstrative Aufzählung der Z 1–5 verdeutlicht dies und hebt besonders wichtige Verwaltungssachen hervor (vgl. Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 409 ASVG Rz 3 (Stand 1.10.2019, rdb.at)).

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich somit, dass es sich bei der Anerkennung der Anspruchsberechtigung als Angehöriger nicht um eine Leistungssache iSd § 354 ASVG, sondern um eine Verwaltungssache handelt. Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG war die Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht somit zulässig. Eine Zurückweisung der Beschwerde, wie vom Beschwerdeführer beantragt, kommt daher nicht in Betracht.

3.3.2. Zur Frage der Angehörigeneigenschaft:

Kinder und Enkel gelten gemäß § 123 Abs. 4 grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres als Angehörige. Eine Schul- oder Berufsausbildung kann die Kindeseigenschaft maximal bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres verlängern. Voraussetzung ist, dass die Ausbildung die Arbeitskraft des Kindes überwiegend beansprucht. Besucht das Kind eine in § 3 StudFG genannte Einrichtung – das sind v.a. Universitäten und Fachhochschulen, aber auch die Pädagogischen Hochschulen und medizinisch technische Akademien – verlängert sich die Kindeseigenschaft nur, wenn für die Kinder entweder Familienbeihilfe bezogen wird (gem. § 2 FLAG maximal bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres) oder zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, das Kind jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG betreibt. Abs. 5 bestimmt, dass die Angehörigeneigenschaft nicht verloren geht, wenn die Ausbildung des Kindes im Ausland stattfindet (vgl. Windisch-Graetz in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 123 ASVG Rz 25 – 26 (Stand 1.9.2016, rdb.at)).

Weiters bleibt die Kindeseigenschaft gem. § 123 Abs. 4 Z 2 bestehen, wenn das Kind in jenem Zeitraum, in dem es die Kindeseigenschaft erfüllt hat, durch Krankheit oder Gebrechen erwerbsunfähig wird (lit a) oder seit diesem Zeitraum erwerbslos (lit. b) ist. Von Beginn an erwerbsunfähige Kinder behalten somit die Angehörigeneigenschaft im Verhältnis zu dem Versicherten, von dem sich die Angehörigeneigenschaft ableitet und bleiben daher gegenüber dessen Krankenversicherungsträger anspruchsberechtigt. Dasselbe gilt für die Zeit einer – idR ersten – Erwerbslosigkeit. Während im Falle der Erwerbsunfähigkeit davon auszugehen ist, dass dieser Zustand über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben wird, soll im Falle der Erwerbslosigkeit lediglich jener Zeitraum überbrückt werden, der bis zur ersten Arbeitsaufnahme und damit einem eigenen Versicherungsverhältnis des Kindes besteht. Sobald das Kind einmal aufgrund eigener Erwerbstätigkeit versichert war, kann der Tatbestand des Abs. 4 Z 2 lit. b nicht mehr eintreten (vgl. Windisch-Graetz in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 123 ASVG Rz 27 (Stand 1.9.2016, rdb.at)).

Soweit der Beschwerdeführer die Angehörigeneigenschaft des Sohnes nach Vollendung des 27. Lebensjahres aufgrund von § 123 Abs. 4 Z 2 lit. b ASVG moniert, ist dem entgegenzuhalten, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung im vorliegenden Fall gerade nicht erfüllt sind. Gem. § 123 Abs. 4 Z 2 lit. b ASVG gelten Kinder und Enkel als Angehörige, wenn und solange sie seit Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 genannten Zeitraumes erwerbslos sind. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, vollendete der Sohn des Beschwerdeführers, XXXX , am XXXX das 27. Lebensjahr. Seine Angehörigeneigenschaft gemäß § 123 Abs. 4 Z 1 ASVG erlosch aufgrund des Erreichens der vorgesehenen Altersgrenze. Mit Vollendung des 27. Lebensjahres ist somit lediglich die Altersgrenze für die Verlängerung der Kindeseigenschaft gem. § 123 Abs. 4 Z 1 ASVG erreicht gewesen. Jedoch war im vorliegenden Fall der in § 123 Abs. 4 Z 1 ASVG genannte Zeitraum der Schul- und Berufsausbildung (arg: […] wenn und solange sie sich in einer Schul- und Berufsausbildung befinden […]), auf den § 123 Abs. 4 Z 2 ASVG mit der Formulierung „seit dem Ablauf des in Z 1 genannten Zeitraumes“ Bezug nimmt, nicht abgelaufen, weil sich der Sohn des Beschwerdeführers nach wie vor in einem Bachelorstudium an der XXXX befand. Auch kann die Studienzeit der Erwerbslosigkeit insofern nicht gleichgesetzt werden, als die Arbeitskraft für sein Studium überwiegend beansprucht wird (vgl. § 123 Abs. 4 Z 1 ASVG). Eine Wahrung der Angehörigeneigenschaft des XXXX um 24 Monate aufgrund von Erwerbslosigkeit gem. § 123 Abs. 4 Z 2 lit. b ASVG ist somit nicht möglich.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde. Dieser Sachverhaltsfeststellung wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Es liegt auch keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen, nämlich über die Auslegung von § 123 Abs. 4 Z 2 lit. b ASVG (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 123 Abs. 4 ASVG, jedoch ist die Rechtslage aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes eindeutig (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Altersgrenze Angehörigeneigenschaft Mitversicherung Studium Verwaltungssache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W229.2219078.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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