TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/30 L501 2229877-1

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Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §14b
GSVG §14e
GSVG §40

Spruch


L501 2229877-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland REICHL, Alpenstraße 102, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Salzburg, vom 15.01.2020, Zl. 7 B1/20, wegen Feststellung der Pflichtversicherung und Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1.    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15.01.2020 sprach die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Salzburg, (im Folgenden "SVS") aus, dass die beschwerdeführende Partei (im Folgenden "bP") seit 01.10.2016 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG unterliege. Die bP sei verpflichtet, monatliche Beiträge zur Krankenversicherung nach §§ 14e iVm 14f und 40 GSVG in folgenden Höhen zu entrichten: 01.10.2016 bis 31.12.2016 EUR 71,29; 01.01.2017 bis 31.12.2017 EUR 71,87; 01.01.2018 bis 31.12.2018 EUR 73,44; 01.01.2019 bis 31.12.2019 EUR 75,11.

Zur Begründung führte die SVS zusammengefasst aus, dass die bP bis 31.05.2010 als Ziviltechnikerin (Architektin) erwerbstätig gewesen sei. Seit 01.06.2010 erhalte sie eine Alterspension von der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden "PVA") sowie seit 01.01.2014 eine besondere Pensionsleistung statt Leistungen des Pensionsfonds gemäß § 20c FSVG seitens der SVS ausbezahlt. Die monatliche besondere Pensionsleistung betrage im Jahr 2014 EUR 776,13, im Jahr 2015 EUR 789,32, im Jahr 2016 EUR 798,79, im Jahr 2017 EUR 805,18, im Jahr 2018 EUR 822,89 und im Jahr 2019 EUR 841,59 (14-mal jährlich). Ein Beitritt zu einer privaten Gruppenkrankenversicherung der gesetzlich beruflichen Vertretung der bP sei nicht erfolgt. Mit Schreiben vom 09.10.2019 sei der bP mitgeteilt worden, dass ihr Versicherungsverlauf überprüft und dabei festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nach § 14b GSVG vorliegen würden, weswegen die bP ab 01.10.2016 der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliege. Zudem sei der bP mitgeteilt worden, dass auch in den Jahren 2014 bis 09/2016 die Voraussetzungen für eine Krankenversicherung nach § 14b GSVG vorliegen würden, für diesen Zeitraum jedoch das Recht zur Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen bereits verjährt sei (§ 40 Abs. 1 GSVG). Mit der Vorschreibung für das 4. Quartal 2019 seien der bP schließlich EUR 2.858,91 an Krankenversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 01.10.2016 bis 31.12.2019 vorgeschrieben worden.

Rechtlich führte die SVS aus, dass die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b GSVG nur dann entstehe, wenn zur selbständigen Berufsausübung eines Mitglieds (Abs. 1) oder zu einer nicht der Pflichtversicherung in der staatlichen Krankenversicherung unterliegenden Pension eines ehemaligen Mitglieds (Abs. 2 und 3) der kammervertretenen Freien Berufe aus den im § 14b genannten Gründen eine Pflichtversicherung in der staatlichen Krankenversicherung hinzutrete und das Mitglied keinen Leistungsanspruch gegenüber einer Krankenversorgungseinrichtung seiner Kammer habe, d.h. es nicht dem von seiner Kammer abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrag beitrete bzw. beigetreten sei. Gemäß § 14b Abs. 3 GSVG seien somit auch jene (ehemaligen) Mitglieder mit ihrer von einer Einrichtung ihrer Kammer bezogenen Pension pflichtversichert, wenn sie zusätzlich zu dieser auch eine der Pflichtversicherung in der staatlichen Krankenversicherung unterliegende Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung beziehen und trete die Pflichtversicherung nur für jene Pensionisten ein, die keinen Leistungsanspruch aus dem von ihrer Kammer abgeschlossenen Gruppenkrankenversicherungsvertrag hätten. Aufgrund der zusätzlich bezogenen ASVG-Alterspension unterliege die bP damit mit ihrer besonderen Pensionsleistung nach § 20c FSVG der Krankenversicherung gemäß § 14b Abs. 3 GSVG. Sodann wurde unter Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung die Berechnung der monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung nach dem GSVG für die Zeiträume von 01.10.2016 bis 31.12.2019 näher dargestellt. In den Jahren 2014 bis 09/2016 würden die Voraussetzungen für eine Krankenversicherung nach § 14b GSVG ebenfalls vorliegen, für diese Kalenderjahre sei das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen jedoch bereits verjährt (§ 40 Abs. 1 GSVG).

I.2.    Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 12.02.2020 erhob die bP fristgerecht Beschwerde. Darin brachte die bP zusammengefasst vor, dass sie im Jahr 2010 einen Pensionsbescheid von der Ingenieurkammer erhalten habe. Bei Übernahme der Wohlfahrtseinrichtung durch die SVS hätte die bP zunächst keine Nachteile gehabt, wie sie im Herbst 2013 die Ingenieurkammer informiert habe. Sie habe auch keine Benachrichtigung bekommen, dass nun eine Krankenversicherung fällig bzw. dass die SVS zur Einhebung berechtigt wäre. Im Jahr 2019 habe die bP dann von der SVS monatlich EUR 773,04 als Anweisungsbetrag ausbezahlt bekommen, ohne einer Mitteilung, welche weiteren Beiträge (Krankenkasse, Steuer etc.) hier angeführt würden. Am 26.10.2019, nach 5 Jahren und 10 Monaten, habe die bP erstmals einen Kontoauszug der SVS mit einer Vorschreibung für das 4. Quartal über EUR 2.858,91 erhalten. Die Einzahlung wäre am 30.11.2019 fällig gewesen. Aufgrund dieser Vorschreibung habe die bP die Ausstellung des nunmehr bekämpften Bescheides gefordert. Die SVS hätte der bP im Jahr 2014 bei Übernahme der Wohlfahrtseinrichtung eine Auflistung oder einen Bescheid vorlegen müssen, welche Leistungen sie konkret erhalte bzw. was an Krankenversicherung etc. von ihr zu leisten sei. Im Jänner 2020 habe die bP seitens der SVS erstmals eine Aufstellung erhalten; von einer Krankenversicherung etc. sei hier wiederum keine Rede gewesen Am 10.02.2020 habe sie erstmals eine "Jahresvorschau 2020" seitens der SVS erhalten, in der diese die Jahresvorschreibung von EUR 825,96 in vier Teilbeträgen eingefordert habe. Zusammengefasst sei nicht klar, weshalb die bP überhaupt eine Zahlung zu leisten habe. Es werde auch Verjährung der Ansprüche eingewandt, zumal seitens der SVS keine Maßnahmen bzw. Schritte gesetzt worden seien, die eine Unterbrechung der Verjährung zur Folge hätten. Erstmals im Jahr 2020 habe die bP ein Schreiben der SVS erhalten, in dem sie zur Zahlung von Krankversicherungsbeiträgen in Teilbeträgen aufgefordert worden sei. Bestritten werde weiters, dass überhaupt die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die bP der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliege, zumal seitens der belangten Behörde im Bescheid keine näheren Feststellungen dazu getroffen worden seien. Die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des von der Behörde festgestellten Sachverhalts reichten dazu nicht aus.

I.3.    Am 24.03.2020 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Im Vorlagebericht führte die SVS im Wesentlichen wie im angefochtenen Bescheid aus. Die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG würden, wie im Bescheid dargelegt, vorliegen.

I.4.    Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2020 übermittelte die SVS die Vollmachtsbekanntgabe des rechtsfreundlichen Vertreters der bP (Schriftsatz vom 07.01.2020).

I.5       Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.08.2020 übermittelte die SVS den Pensionsbescheid der bP vom 04.06.2010 und eine Pensionsbestätigung für die Zeiträume ab 01.01.2014 bis 01.01.2019 und wies ergänzend darauf hin, dass bereits im Bescheid ausgeführt worden sei, dass die bP seit 01.06.2010 eine Alterspension von der PVA erhalte und im Bescheid auf die Höhe der monatlichen Pensionsleistung in den Jahren 2014 bis 2019 Bezug genommen worden sei. Hinsichtlich eines Beitritts der bP zur privaten Gruppenversicherung der Ziviltechniker führte die SVS aus, dass ihr seitens der XXXX eine Liste mit sämtlichen der Gruppenversicherung beigetretenen Ziviltechnikern mit Stand 31.10.2013 übermittelt worden sei und seit September 2013 ein technisch automatischer Datenaustausch erfolge. Die bP werde weder in der von der XXXX übermitteln Liste angeführt noch sei seitens der Kammer der ZiviltechnikerInnen ein Zugang zur Gruppenkrankenversicherung gemeldet worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die bP war ab Jänner 1976 als selbständige Architektin/Ziviltechnikerin tätig und übte diese selbständige Erwerbstätigkeit bis zum 31.05.2010 aus.

Die Kammern der Architekten und Ingenieurkonsulenten haben von der Möglichkeit des Opting-out gemäß § 5 GSVG Gebrauch gemacht und wurde mit Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, BGBl. II Nr. 471/2005, kundgemacht am 29.12.2005, festgestellt, dass Personen hinsichtlich einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bei Zugehörigkeit zu einer Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG ausgenommen sind. Die Verordnung trat rückwirkend mit 01.01.2000 in Kraft.

Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten hat eine Gruppenkrankenversicherung abgeschlossen. Dieser Versicherung ist die bP nicht beigetreten.

Die bP bezieht seit 01.06.2010 eine Alterspension nach den Bestimmungen des ASVG, die ihr mit Bescheid der PVA vom 04.06.2010 zuerkannt wurde und von der PVA ausbezahlt wird. Darüber hinaus bezog die bP eine Pensionsleistung aus dem Pensionsfonds der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten; seit dem 01.01.2014 bezieht die bP eine Besondere Pensionsleistung statt Leistungen des Pensionsfonds gemäß § 20c FSVG. Die monatliche Besondere Pensionsleistung betrug im Jahr 2014 EUR 776,13, im Jahr 2015 EUR 789,32, im Jahr 2016 EUR 798,79, im Jahr 2017 EUR 805,18, im Jahr 2018 EUR 822,89 und im Jahr 2019 EUR 841,59 (14-mal jährlich).

Die bP ist derzeit (lediglich) aufgrund des Bezuges ihrer Alterspension nach dem ASVG krankenversichert und entrichtet Krankenversicherungsbeiträge von ihrer Alterspension. Die bP hat keine Beiträge zur Krankenversicherung nach dem GSVG von ihrer Besonderen Pensionsleistung gemäß § 20c FSVG entrichtet. Im Oktober 2019 wurde sie von Seiten der SVA erstmals auf die Pflichtversicherung gemäß § 14b Abs. 3 GSVG und die aushaftenden Beitragsschulden für den Zeitraum von 01.10.2016 bis 31.12.2019 in Höhe von insgesamt EUR 2.858,91 hingewiesen. Die bP begehrte in der Folge die Erlassung einer bescheidmäßigen Feststellung über die Einbeziehung in die Krankenversicherung nach dem GSVG.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der SVS. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.

Die Bescheidfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes und wurden im Wesentlichen nicht bestritten. Aus der im Verwaltungsakt erliegenden Versicherungserklärung der bP aus dem Jahr 2009 geht hervor, dass sie ab Jänner 1976 als selbständige Architektin/Ziviltechnikerin tätig war. Die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit mit 31.05.2010 und der Bezug einer ASVG-Alterspension ab 01.06.2010 ist unstrittig. Die bP wandte sich auch nicht gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass sie einer Gruppenkrankenversicherung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung nicht beigetreten ist. Den Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich des Bezuges einer Pensionsleistung des Pensionsfonds bzw. – nach Übernahme der Wohlfahrtseinrichtung – einer Besonderen Pensionsleistung statt Leistungen aus dem Pensionsfonds gemäß § 20c FSVG wurde ebenso wenig entgegengetreten; auch die Feststellungen über die Höhe der monatlichen Besonderen Pensionsleistung wurden nicht konkret bestritten. Die bP brachte schließlich in der Beschwerde selbst vor, dass sie am 26.10.2019 erstmals einen Kontoauszug der SVS mit einer Vorschreibung für das 4. Quartal über EUR 2.858,91 erhalten habe; der diesbezügliche Kontoauszug befindet sich im Verwaltungsakt. Mit Schreiben der SVS vom 09.10.2019 (eine Ausfertigung des Schreibens befindet sich im Verwaltungsakt) wurde die bP auch darüber informiert, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nach § 14b GSVG vorliegen würden, sie ab 01.10.2016 nach dem GSVG krankenversichert sei und die Vorschreibung der Nachforderung mit dem Kontoauszug im 4. Quartal 2019 erhalten werde, woraufhin die bP – bezugnehmend auf ebendieses Schreiben – mit einem im Verwaltungsakt (als Ausdruck) erliegenden E-Mail vom 28.10.2019 um eine bescheidmäßige Feststellung ersuchte. Dem genannten E-Mail der bP ist im Übrigen auch zu entnehmen, dass diese hinsichtlich ihrer ASVG-Alterspension Krankenversicherungsbeiträge entrichtet. Die Beschwerde konnte den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde damit im Ergebnis nicht entgegentreten.

Es war daher vom oben festgestellten Sachverhalt auszugehen.

Der Vollständigkeit halber wird auf die nach Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes durch die SVS vorgelegten Unterlagen (Alterspensions-Bescheid der PVA vom 04.06.2010, Pensionsbestätigung für die Zeiträume ab 01.01.2014 bis 01.01.2019) hingewiesen, welche im Einklang mit den Feststellungen im Bescheid der belangten Behörde stehen. Die SVS führte hinsichtlich eines Beitritts der bP zu einer Gruppenkrankenversicherung erläuternd aus, dass die bP nicht in der Liste der der Gruppenkrankenversicherung beigetretenen Ziviltechniker angeführt sei und ihr ein Zugang der bP auch nicht gemeldet worden sei. Dass die bP – entgegen den Feststellungen der belangten Behörde – der Gruppenkrankenversicherung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung beigetreten wäre, wurde aber ohnehin nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Opting-out der Kammern der Architekten und Ingenieurkonsulenten von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG gründen sich auf die bezogenen Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmungen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 194 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, dass gemäß Z 5 § 414 Abs. 2 und 3 ASVG (Senatszuständigkeit auf Antrag einer Partei) nicht anzuwenden ist. Im Bereich des GSVG kommt somit eine Senatszuständigkeit nicht in Betracht, weshalb gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Zu A)

II.3.2. Maßgebliche gesetzliche Bestimmungen in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung:

§ 14b GSVG lautet:

Pflichtversicherung in der Krankenversicherung trotz Ausnahme für die Berufsgruppen gemäß § 5

§ 14b. (1) Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung nach § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen sind, unterliegen dann auf Grund ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit in der Krankenversicherung der Pflichtversicherung, wenn sie

1. eine andere Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, ausüben oder

2. eine die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Pensions(Ruhegenuss)leistung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz oder

3. eine die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Leistung nach dem KBGG (Kinderbetreuungsgeld) oder nach § 26 AlVG (Weiterbildungsgeld) beziehen

und kein Leistungsanspruch gegenüber einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung besteht. Dies gilt auch für Bezieher einer Hinterbliebenenpension bzw. einer Hinterbliebenenversorgungsleistung.

(2) Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren und auf Grund einer freiberuflichen Erwerbstätigkeit eine nicht die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Pension nach diesem Bundesgesetz, dem FSVG oder dem NVG 1972 und/oder eine Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung aus einer Einrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung beziehen, sind dann auf Grund dieser Pension und/oder Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung in der Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie eine Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, ausüben und sie nicht einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung unterliegen. Dies gilt auch für Bezieher einer Hinterbliebenenpension bzw. einer Hinterbliebenenversorgungsleistung.

(3) Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren, sind dann in der Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie auf Grund ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit eine Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung beziehen, nicht aber einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung unterliegen und sie zusätzlich eine Pensions(Ruhegenuss)leistung beziehen, die die Krankenversicherung der Pensionisten/innen begründet. Dies gilt auch für Bezieher einer Hinterbliebenenpension bzw. einer Hinterbliebenenversorgungsleistung.

§ 14d GSVG lautet auszugsweise:

Beginn und Ende der Pflichtversicherung

§ 14d. (1) Die Pflichtversicherung nach § 14b beginnt

2. im Falle des § 14b Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 mit dem Anfall der Pensions(Ruhegenuss)- oder der Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung;

[…]

§ 14h GSVG lautet:

Bezug einer besonderen Pensionsleistung

§ 14h. Eine besondere Pensionsleistung nach den §§ 20c, 20d oder 20e FSVG gilt für die Anwendung der Bestimmungen der §§ 14a bis 14g als Versorgungsleistung aus einer Einrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung.

§ 20c FSVG lautet:

Übertragung der Leistungen und Anwartschaften des Pensionsfonds nach dem Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten

Besondere Pensionsleistung statt Leistungen des Pensionsfonds

§ 20c. Personen, die am 31. Jänner 2014 Anspruch auf eine Leistung des Pensionsfonds nach dem Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (im Folgenden kurz Pensionsfonds) haben (kundgemacht in den Amtlichen Nachrichten der Bundes-Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer, Verordnung Nr. 179, zuletzt geändert durch Verordnung Nr. 209), gebührt diese Leistung ab 1. Februar 2014 als Besondere Pensionsleistung nach diesem Bundesgesetz, die von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu erbringen ist, und zwar in folgender Weise:

1. Die Höhe der Besonderen Pensionsleistung entspricht dem Ausmaß jener Pensionsleistung, die der anspruchsberechtigten Person zum 1. Jänner 2014 gemäß dem Feststellungsbescheid nach § 36 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen in Verbindung mit § 78 Abs. 5 des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993 gebührt.

2. Auf die Besondere Pensionsleistung sind die der Art der bisherigen Leistung des Pensionsfonds (Alterspension oder Berufsunfähigkeitspension oder Hinterbliebenenpension) entsprechenden Bestimmungen des GSVG über den Bezug und die Anpassung von Alterspensionen, Erwerbsunfähigkeitspensionen und Hinterbliebenenpensionen anzuwenden; die §§ 143, 144, 145 Abs. 6a und 149 GSVG bleiben dabei jedenfalls außer Betracht.

II.3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

II.3.3.1. Zur Feststellung der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG:

Mit 01.01.2000 wurde durch das Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 139/1997, für die selbständig Erwerbstätigen eine Pflichtversicherung in allen Zweigen der Sozialversicherung vorgesehen (§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG).

Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder Pensionsversicherung waren und sind allerdings Personen gemäß § 5 Abs. 1 GSVG ausgenommen, wenn sie auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung (Z 1) oder für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt. Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am 1. Jänner 1998 nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit obliegt dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Z 2).

Das Opting-out nach dieser Gesetzesstelle ist folglich nur dann zulässig, wenn für das jeweilige Kammermitglied gegenüber einer Einrichtung seiner Berufsvertretung oder einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung (nach dem ASVG oder dem GSVG) ein den Leistungen nach dem GSVG gleichartiger oder zumindest annähernd gleichwertiger Leistungsanspruch besteht (VwGH vom 17.12.2014, 2012/08/0168, mwN).

Die gesetzliche berufliche Vertretung der Architekten- und Ingenieurkonsulenten hat von der Möglichkeit des Opting-out Gebrauch gemacht und es wurde mit Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, BGBl. II Nr. 471/2005, kundgemacht am 29.12.2005, festgestellt, dass Personen hinsichtlich einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bei Zugehörigkeit zu einer Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG ausgenommen sind. Die Verordnung trat rückwirkend mit 1.1.2000 in Kraft.

Die bP war als selbständige Architektin/Ziviltechnikerin – damit als Mitglied einer Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer (vgl. § 5 Ziviltechnikerkammergesetz 1993, BGBl. 157/94) – aufgrund eines Antrages gemäß § 5 GSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG ausgenommen.

Der hier gegenständliche § 14b GSVG wurde mit der 24. GSVG-Novelle, BGBl. I Nr. 175/1999, als Teil des neu eigenfügten 5. Unterabschnitts mit dem Titel "Versicherung in der Krankenversicherung im Falle einer Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 5" in das GSVG aufgenommen.

In den Gesetzesmaterialien wird dazu ausgeführt, dass mit dem Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz 1997 – neben der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung – die grundsätzliche künftige sozialversicherungsrechtliche Zuordnung von Personen mit unselbständigem und selbständigem Erwerbseinkommen vorgenommen worden sei. Dabei sei offensichtlich gewesen, dass die Möglichkeit der Kammern der freien Berufe auf Grund eines Antrages eine Ausnahme ihrer Mitglieder von der gesetzlichen Sozialversicherung gemäß § 5 GSVG zu erwirken, weiterer begleitender gesetzlicher Maßnahmen bedürfe. Es seien unter anderem "jene Fallkonstellationen zu regeln, bei denen eine freiberuflich ausgeübte Erwerbstätigkeit, die – oder deren darauf begründete Versorgungsleistung – nicht im Rahmen einer eigenen Krankenvorsorgeeinrichtung der Kammer abgedeckt ist, mit anderen Erwerbseinkommen oder mit einer auf anderen Erwerbseinkommen beruhenden Pension zusammentrifft. Um Lücken zu schließen und um den Grundsatz der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung zu vervollständigen, ist es erforderlich, entsprechende Pflichtversicherungstatbestände festzulegen." (ErläutRV 1910 BlgNR XX. GP 6).

Zu § 14b GSVG wurde unter anderem ausgeführt:

"Die Möglichkeiten der Kombination verschiedener Einkommen (selbständig, unselbständig, aktiv, Pension) in Verbindung mit den drei eingangs genannten Optionen zur sozialen Absicherung machen es erforderlich, eine “ergänzende” Pflichtversicherung vorzusehen. Diese Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG tritt nur dann ein, wenn das Erwerbs(Pensions)einkommen nicht durch eine Krankenvorsorgeeinrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung umfaßt ist. Folgende Varianten sind denkbar:

1. […]

2. […]

3. […]

4. Neben einem Alters(Todes)versorgungsbezug wird eine, die Krankenversicherungspflicht begründende Pension bezogen (§ 14b Abs. 3 GSVG) (Beitragssatz insgesamt: 9,1%).

Hervorzuheben ist, daß nicht etwa die zusätzliche Erwerbstätigkeit (etwa die unselbständige) nach dieser Bestimmung versichert ist, sondern die freiberufliche, die auf Grund des opting-out an sich sozialversicherungsfrei ist; dies aber eben nur dann, wenn der Betreffende bezüglich dieser Tätigkeit nicht der kammereigenen Krankenvorsorgeeinrichtung beigetreten ist." (ErläutRV 1910 BlgNR XX. GP 8).

Mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 123/2012, wurde klargestellt, dass neben den bisher im Gesetz ausdrücklich genannten Alters- und Todesversorgungsleistungen der Kammern auch Leistungen, die aus Anlass der Berufsunfähigkeit gewährt werden, zum Eintritt einer Pflichtversicherung nach § 14b GSVG führen können (vgl. ErläutRV 2001 BlgNR XX. GP 8). Diese Regelung ist mit 01.01.2013 in Kraft getreten (vgl. § 348 Abs. 1 GSVG).

§ 14b Abs. 3 GSVG bezieht sich damit in der nunmehr anzuwendenden Fassung auf den Bezug einer die Krankenversicherungspflicht begründenden Pension einerseits und den Bezug einer Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung andererseits, die auf Grund des Opting-out an sich sozialversicherungsfrei ist.

Die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b GSVG ist ihrem Wesen nach eine Selbstversicherung, sie wird von der Sozialversicherungsanstalt amtswegig wahrgenommen und entsteht nur dann, wenn zur selbständigen Berufsausübung eines Mitglieds (Abs. 1) oder zu einer nicht der Pflichtversicherung in der staatlichen Krankenversicherung unterliegenden Pension eines ehemaligen Mitglieds (Abs. 2 und Abs. 3) der kammervertretenen freien Berufe aus den im § 14b GSVG genannten Gründen eine Pflichtversicherung in der staatlichen Krankenversicherung hinzutritt und das Mitglied keinen Leistungsanspruch gegenüber einer Krankenversorgungseinrichtung seiner Kammer hat, etwa weil es nicht dem von seiner Kammer abgeschlossenen Gruppenkrankenversicherung beitritt bzw. beigetreten ist. Der eigentliche Grund für die Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG war, die Pensionen der grundsätzlich nicht mehr von der Versicherungspflicht des § 5 GSVG erfassten Pensionisten in den Fällen in die Beitragsgrundlage für die staatliche Krankenversicherung einzubeziehen, in denen die Pensionisten aufgrund einer der in den § 14b Abs. 2 und 3 GSVG genannten Konstellationen in der staatlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind und nicht dem von ihrer Kammer abgeschlossenen Gruppenkrankenversicherungsvertrag angehören. Damit sollte gewährleistet werden, dass diese Pensionisten für die aus der staatlichen Krankenversicherung zu erwartenden Leistungen auch die Beiträge aufgrund einer entsprechend höheren – mit der Jahres-Höchstbeitragsgrundlage begrenzten – Beitragsgrundlage zu entrichten haben (Sedlacek/Koch in Neumann, GSVG für Steuerberater2, § 14b, Rz 1).

§ 14b GSVG ist – auch wenn aufgrund dieser Bestimmung eine Mehrfachversicherung eintritt – nicht verfassungswidrig (vgl. den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.12.2007, 2006/08/0204, zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6.6.2006, B 728/06).

§ 14b Abs. 3 GSVG sieht als erste Voraussetzung für das Vorliegen der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung vor, dass die betreffende Person auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen war. Die Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG tritt in allen Fällen nur für jene Personen ein, die keinen Leistungsanspruch aus dem von ihrer Kammer abgeschlossenen Gruppenkrankenversicherungsvertrag haben, somit jene, die diesem nicht beitreten bzw. nicht schon beigetreten sind (Sedlacek/Koch in Neumann, GSVG für Steuerberater2, § 14b, Rz 5) und demgemäß von ihrer Versorgungsleistung auch keine Versicherungsbeiträge an die private Krankenversicherung zu bezahlen haben. Die gesetzliche berufliche Vertretung der Architekten- und Ingenieurkonsulenten hat von der Möglichkeit des Opting-out gemäß § 5 GSVG Gebrauch gemacht, sodass ihre Mitglieder vom 01.01.2000 an von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen sind. Die bP ist den Feststellungen zufolge der Gruppenkrankenversicherung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung nicht beigetreten.

§ 14b Abs. 3 GSVG sieht als weitere Voraussetzungen für das Vorliegen der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung vor, dass auf Grund einer freiberuflichen Erwerbstätigkeit eine Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung bezogen wird. Da gemäß § 14h GSVG eine Besondere Pensionsleistung nach § 20c FSVG als Versorgungsleistung aus einer Einrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung gilt, ist auch diese Voraussetzung in Ansehung der bP erfüllt.

Als letzte Voraussetzung tritt schließlich der zusätzliche Bezug einer Pensionsleistung hinzu, die die Krankenversicherung der Pensionisten begründet. Auch diese Voraussetzung ist hinsichtlich der bP aufgrund des Bezugs einer Alterspension nach den §§ 253 und 270 ASVG erfüllt, weil sie aufgrund des Bezugs der Alterspension gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 ASVG krankenversichert ist und – nach Maßgabe des § 73 ASVG – Krankenversicherungsbeiträge von ihrer Alterspension zu entrichten hat.

Da alle Voraussetzungen erfüllt sind, besteht daher – wie die SVS zutreffend ausgesprochen hat – Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der gewerblichen Wirtschaft gemäß § 14b Abs. 3 GSVG. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Gesetzgebers, alle Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung mit einzubeziehen, erscheint dieses Ergebnis auch als sachgerecht, weil ansonsten in Konstellationen wie der vorliegenden lediglich von der Pension nach dem ASVG Beiträge zur Krankenversicherung entrichtet werden müssten, während für die Besondere Pensionsleistung nach § 20c FSVG kein Krankenversicherungsbeitrag zu entrichten wäre, obwohl dem Versicherten das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung uneingeschränkt zur Verfügung steht. Im konkreten Fall wäre die bP damit einerseits gegenüber den Pensionisten privilegiert, deren gesamtes Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung einbezogen ist und andererseits auch gegenüber jenen Pensionisten, die eine Pensionsleistung beziehen, die die Krankenversicherung der Pensionisten nach dem ASVG begründet, und die hinsichtlich ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit als Ziviltechniker der Gruppenkrankenversicherung beigetreten sind und (zusätzlich zu den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung) Prämien zur Gruppenkrankenversicherung zu entrichten haben. Einen sachlichen Grund für eine solche Privilegierung kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen, sie stünde auch in diametralem Gegensatz zur Intention des Gesetzgebers.

Die Pflichtversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG beginnt gemäß § 14d Abs. 1 Z 2 GSVG mit dem Anfall der Besonderen Pensionsleistung gemäß § 20c FSVG.

§ 40 GSVG regelt seinem eindeutigen Wortlaut nach nur die Verjährung des Rechts auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen; auf die Feststellung der Pflichtversicherung ist diese Bestimmung demnach nicht anzuwenden. Die Pflichtversicherung kann daher auch für Zeiträume festgestellt werden, für die das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt ist (vgl. VwGH vom 14.6.2017, Ra 2017/08/0059, 0060 zur Parallelbestimmung des § 68 Abs. 1 ASVG). Dass die SVS die Feststellung der Pflichtversicherung dennoch auf jenen Zeitraum beschränkt hat, für den sie das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen als noch nicht verjährt erachtet hat, stellt keinen Rechtsnachteil für die bP dar und war damit vom Bundesverwaltungsgericht nicht von Amts wegen aufzugreifen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum (abgabenrechtlichen) Grundsatz von Treu und Glauben schützt dieser nicht allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Der Verwaltungsgerichtshof betont ferner, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen zeitigen kann, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (VwGH vom 27.4.2017, Ra 2015/15/0007, sowie vom 16.03.2011, 2008/08/0153). Ein derartiger Vollzugsspielraum besteht aber bei der Feststellung einer Pflichtversicherung nicht (VwGH vom 29.6.2005, 2001/08/0053).

Dass die Sozialversicherungsanstalt der bP die Besondere Pensionsleistung gemäß § 20c FSVG jahrelang – ohne Beiträge zur Krankenversicherung vorzuschreiben – ausbezahlt hat und erst im Oktober 2019 an sie in Bezug auf die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung herangetreten ist, führt somit nicht zur Unzulässigkeit der Feststellung der Pflichtversicherung für den (in der Vergangenheit liegenden) Zeitraum von 1.10.2016 bis 31.12.2019. Damit können aber auch keine Bedenken gegen die Vorschreibung von Beiträgen (siehe dazu sogleich) für den Zeitraum der festgestellten Pflichtversicherung bestehen, soweit dadurch die gesetzlichen Verjährungsbestimmungen nicht berührt werden.

II.3.3.2. Zur Vorschreibung von Beiträgen zur Krankenversicherung:

In der Beschwerde wurden keine konkreten Einwendungen gegen die Höhe der mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung nach §§ 14e iVm 14f GSVG vorgebracht und wurde auch die rechnerische Richtigkeit der vorgeschriebenen Beiträge nicht substantiiert bestritten. Es bestehen auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass die – unter Zugrundelegung der festgestellten Pflichtversicherung gemäß § 14 Abs. 3 GSVG – vorgeschriebenen Beiträge betragsmäßig unrichtig wären; die Berechnung der Beiträge wurde im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar unter Angabe der jeweils herangezogenen Beitragsgrundlagen und Beitragssätze dargestellt.

Gemäß § 40 Abs. 1 erster Satz GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird (§ 40 Abs. 1 dritter Satz leg. cit.). Gemäß § 35 Abs. 1 GSVG sind Beiträge grundsätzlich mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind.

Beispielhaft waren die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Beiträge für den Monat Oktober 2016 daher mit 31.10.2016 fällig und würde das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung dieser Beiträge mit 31.10.2019 verjährt sein. Indem die SVA die bP noch im Oktober 2019 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG für die vergangenen drei Jahre und der bestehenden Beitragsschuld verständigt hat, wurde aber eine verjährungsunterbrechende Maßnahme gesetzt (vgl. VwGH vom 27.7.2015, 2013/08/0114), sodass die Verjährung nicht eintreten konnte. Die SVS hat daher zu Recht die Verpflichtung der bP zur Entrichtung von Krankenversicherungsbeiträgen für den Zeitraum von 01.10.2016 bis 31.12.2019 in der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Höhe festgestellt.

Der Beschwerde kommt folglich keine Berechtigung zu, sodass sie spruchgemäß als unbegründet abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Feststellung der Pflichtversicherung gemäß § 14b Abs. 3 GSVG und Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen beruhen auf klaren gesetzlichen Regelungen, die keinerlei Anlass zu Zweifeln geben. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Eine mündliche Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall unterbleiben, weil sich Fragen der Beweiswürdigung nicht stellen, der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage geklärt und nicht als ergänzungsbedürftig erachtet werden konnte. Strittig war einzig die Lösung von Rechtsfragen. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung weder noch zu klärende Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen, noch Rechtsfragen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde durch die rechtskundig vertretene Partei auch nicht beantragt. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Schlagworte

Alterspension Beitragsschuld Krankenversicherung Pflichtversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L501.2229877.1.00

Im RIS seit

09.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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