TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/17 96/08/0140

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Veröffentlicht am 17.12.1996
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs3 litf;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie den Senatspräsidenten Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 1. Februar 1995, Zl. B1-AlV-7022-1-B/2198100670/Linz, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 2. September 1994 beim Arbeitsamt Linz die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach den Angaben im Antrag in Verbindung mit den vorgelegten Arbeitsbescheinigungen sei er zuletzt in der Zeit vom 5. Juli 1993 bis 27. August 1993 und vom 11. Juli 1994 bis 2. September 1994 als Ferialangestellter bei der P-Gesellschaft m.b.H. beschäftigt gewesen. Die Beschäftigungsverhältnisse hätten jeweils durch Zeitablauf geendet. Nach den ebenfalls vorgelegten Inskriptionsbestätigungen der Universität Linz sei er seit dem Sommersemester 1992 als ordentlicher Hörer der Studienrichtung Mechatronik inskribiert. Er werde sein Studium ab 1. Oktober 1994 fortsetzen.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 1994 gab das Arbeitsamt Linz dem Antrag gemäß § 7 Z. 1 i.V.m. § 12 AlVG mit der Begründung keine Folge, daß der Beschwerdeführer ordentlicher Hörer der Universität Linz sei und daher nach § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht als arbeitslos gelte.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, § 12 Abs. 3 lit. f AlVG beziehe sich nur auf die in dieser Bestimmung genannten Schulen und Lehrgänge, nicht aber auf Universitäten. Unabhängig davon liege aber zwischen dem Ende seiner Beschäftigung am 2. September 1994 und dem Semesterbeginn am 1. Oktober 1994 keine Studienzeit vor, sodaß er zumindest bis 30. September 1994 als arbeitslos gelte. Schließlich stelle der Besuch einer Universität keine Behinderung für die Ausübung einer Beschäftigung dar, zu deren Aufnahme der Beschwerdeführer auch bereit sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt und bestätigte den bekämpften Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen. Begründend wurde ausgeführt, daß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG die Ausbildung als ordentlicher Hörer einer Hochschule als Ausschließungsgrund erwähne. Da der Begriff der "Hochschule" und jener der "Universität" identisch seien, falle das Studium des Beschwerdeführers an der Universität Linz darunter. Zum Einwand des Beschwerdeführers, er sei zumindest bis zum neuen Semesterbeginn am 1. Oktober 1994 als arbeitslos anzusehen, bemerkte die belangte Behörde - unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269, - es müsse, damit eine Arbeitslosigkeit vorliege, eine Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG auch formell beendet werden. Die wirksame Dokumentation dieser Art der Beendigung sei im Fall des Beschwerdeführers ausschließlich durch die Vorlage einer Exmatrikulationsbestätigung möglich. Eine solche habe der Beschwerdeführer jedoch nicht vorgelegt. Es sei daher zu prüfen, ob eine Ausnahme nach § 12 Abs. 4 AlVG in der ab 1. Jänner 1994 geltenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 erteilt werden könne. Sie setze voraus, daß durch längere Zeit hindurch eine Parallelität von Studium und Dienstverhältnis, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen sei, vorliege. Unter der Wendung "durch längere Zeit hindurch" sei ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten zu verstehen. Der Beschwerdeführer sei jedoch während seines Studiums außer in den schon genannten Zeiträumen bei der P-Gesellschaft m.b.H. nur in der Zeit vom 13. Juli 1992 bis 6. September 1992 bei der X und am 29. Jänner 1993 im A beschäftigt gewesen. Es liege daher während des der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangenen Dienstverhältnisses eine Parallelität mit dem Studium nur in der Höhe von acht Wochen vor. Der Tatbestand des § 12 Abs. 4 AlVG sei daher nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat u.a. in diesem Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom 25. April 1995, Zl. A 25/95, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, näher angeführte Satzteile des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung, BGBl. Nr. 609/1977, und des § 12 Abs. 4 AlVG in der ab 1. Jänner 1994 geltenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 - aus den im Beschluß vom selben Tag, Zl. A 19/95 (94/08/0259), ausführlich dargelegten Gründen - als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 7. März 1996, Zlen. G 72/95 u.a., diesen Bedenken nicht angeschlossen und demgemäß u.a. den gegenständlichen Antrag abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125 - unter Einbeziehung der Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes, aufgrund derer er die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht geteilt hat - ausführlich mit der Interpretation des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung und des § 12 Abs. 4 leg. cit. i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 befaßt und ist dabei (soweit dies im Beschwerdefall von Bedeutung ist) zum Ergebnis gelangt, daß

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bezogen auf einen dem "Studium" im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG obliegenden Arbeitslosen - für die Dauer seines Studiums die (nicht im Ermessen der Behörde stehende) Zulassung einer Ausnahme (vom Ausschluß des Arbeitslosengeldes nach § 12 Abs. 3 lit. f AlVG) gemäß § 12 Abs. 4 leg. cit. die Parallelität von Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung in mehr als 18 Wochen, grundsätzlich in den letzten 52 Wochen vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, voraussetzt. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG

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unter Hinweis auf § 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 - verwiesen.

Der Beschwerdeführer hält auch in der Beschwerde seinen Einwand aufrecht, es sei unter einer "Hochschule" im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht auch eine Universität im Sinne des Universitätsorganisationsgesetzes (UOG) gemeint. Dies insbesondere auch deshalb, weil für beide Begriffe jeweils unterschiedliche gesetzliche Regelungen geschaffen worden seien. So regle einerseits das UOG 1993 als Bundesgesetz die Organisation der Universitäten, während andererseits z.B. das Kunsthochschul-Organisationsgesetz (KHSchOrgG) den Sachbereich der künstlerischen Hochschulen normiere. Eine Identität der beiden Begriffe sei demnach nicht gegeben und sei deshalb davon auszugehen, daß das Studium des Beschwerdeführers an der Universität Linz als ordentlicher Hörer der Studienrichtung Mechatronik nicht unter den Tatbestand des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG zu subsumieren sei.

Diesem Einwand ist nicht beizupflichten. Zwar sind - entgegen der Meinung der belangten Behörde - die Begriffe der "Hochschule" und der "Universität" nach den diese Einrichtungen regelnden Vorschriften nicht ident; der Begriff "Hochschule" umfaßt danach als Überbegriff vielmehr, aber damit eben doch sowohl die in § 11 UOG aufgezählten Universitäten (das sind die in § 1 Abs. 1 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes/AHStG unter Hinweis auf § 6 des Hochschul-Organisationsgesetzes/HOG trotz Aufhebung des HOG durch § 116 Abs. 1 UOG noch genannten "wissenschaftlichen Hochschulen") als auch die Hochschulen künstlerischer Richtung, das sind nach § 1 des Kunsthochschul-Studiengesetzes (KHStG) die in § 6 KHSchOrgG aufgezählten Kunsthochschulen und die im Akademie-Organisationsgesetz (AOG) behandelte Akademie der bildenden Künste in Wien (vgl. dazu Ermacora-Langeder-Strasser, Österreichisches Hochschulrecht, 713 f, sowie Anm. 5 zu § 1 AHStG, Seite 802).

Die belangte Behörde hat aber auch zu Recht den (vom Beschwerdeführer in der Beschwerde im übrigen nicht mehr ausdrücklich vorgebrachten) Einwand verworfen, er sei zumindest in den Hauptferien (vgl. zu diesem Begriff § 19 AHStG) kein "ordentlicher Hörer einer Hochschule" i.S.d. § 12 Abs. 3 lit. f AlVG gewesen. Denn unabhängig davon, ob für die Subsumtion unter § 12 Abs. 3 lit. f AlVG - vor dem Hintergrund des im schon zitierten Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125, näher dargelegten Regelungssinnes dieser Bestimmung und jener des § 12 Abs. 4 leg. cit. - die bloße Immatrikulation ohne bereits erfolgte erstmalige Inskription ausreicht (vgl. dazu die §§ 4 Abs. 1 lit. a, 6 und 10 AHStG), genügt jedenfalls ihr Fortbestand in der Zeit der Hauptferien (im Sinne des § 19 AHStG), wenn also bereits eine Inskription erfolgt ist und - so wie im Beschwerdefall - die Absicht einer neuerlichen Inskription im kommenden Semester besteht, weil jedenfalls in diesem Fall die zum Studienjahr zählenden Hauptferien, die nur nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 AHStG prüfungsfrei zu belassen sind, zur Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG zu rechnen sind.

Ausgehend von den mit der Aktenlage übereinstimmenden Feststellungen der belangten Behörde über die Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers entspricht auch ihre Auffassung zum Fehlen der erforderlichen Dauer einer Parallelität von Studium und

arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG im Ergebnis der Rechtslage, die der Verwaltungsgerichtshof im schon zitierten Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125, näher dargelegt hat, weil danach der Beschwerdeführer in den letzten 52 Wochen vor Eintritt der Arbeitslosigkeit lediglich acht Wochen (und dies noch dazu in den Hauptferien)

arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

Wenn der Beschwerdeführer dagegen in der Beschwerde erstmals einwendet, er sei auch in der Zeit vom 29. August 1993 bis 10. Juli 1994 in einem näher genannten Unternehmen stundenweise "geringfügig im Sinne des ASVG" beschäftigt gewesen, so käme dem auch dann, wenn es sich bei diesem Vorbringen, wie der Beschwerdeführer meint, um keine Neuerung handeln sollte, keine Bedeutung zu, weil, wie bereits ausgeführt wurde, für die Zulassung einer Ausnahme nach § 12 Abs. 4 AlVG eine Parallelität von Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung (in einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen) in der genannten Dauer erforderlich ist, eine bloß geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 ASVG aber grundsätzlich nach § 1 AlVG nicht die Arbeitslosenversicherungspflicht begründet. Daß dies dennoch der Fall gewesen sei, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996080140.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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