TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/17 96/01/0659

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Veröffentlicht am 17.12.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner sowie Senatspräsident Dr. Fürnsinn und Hofrat Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in K, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. November 1995, Zl. 4.347.127/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 6. August 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. August 1995, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft hat.

Mit Bescheid vom 28. November 1995 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat - wie sich aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit der in der Beschwerde enthaltenen Sachverhaltsdarstellung ergibt - bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz angegeben, sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Bulgarien, Rumänien und Ungarn aufgehalten zu haben.

Die belangte Behörde hat der Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers und damit der Versagung von Asyl die im erstinstanzlichen Bescheid zusammengefaßten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die maßgebenden Erwägungen bei der Beweiswürdigung und die Beurteilung der Rechtsfrage durch das Bundesasylamt vollinhaltlich zugrunde gelegt und diese Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhoben, wozu sie - ohne diese wiederholen zu müssen - berechtigt war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045). Sie hat die Abweisung der Berufung ausdrücklich auch damit begründet, daß der Beschwerdeführer sich bereits vor seiner Einreise nach Österreich in Bulgarien, Rumänien und Ungarn aufgehalten habe, weshalb zufolge Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Asylgewährung ausgeschlossen sei.

Zum Begriff der "Verfolgungssicherheit", wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030, verwiesen.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde, neben Ausführungen betreffend seine behauptete Flüchtlingseigenschaft, zur Frage der Erlangung von Verfolgungssicherheit vorgebracht, er habe nicht die Möglichkeit gehabt, in den von ihm vor seiner Einreise nach Österreich durchquerten Staaten Verfolgungssicherheit in Anspruch zu nehmen, weil ihm als Mitfahrer in einem Pkw die Möglichkeit der Kontaktnahme mit Behörden nicht offen gestanden sei. Außerdem ergebe sich aus der Empfehlung Nummer 15 (XXX) des Exekutivkomitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, daß aus einem Transitaufenthalt und der Möglichkeit, in einem anderen Land um Asyl anzusuchen, nicht auf Schutz im Drittland geschlossen werden könne. Weiters würden laut einer Mitteilung des UNHCR in Rumänien 80 bis 90 % der Asylanträge nach einer informellen Prüfung zurückgewiesen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß es für die Annahme der Verfolgungssicherheit genügt, daß der Asylwerber in dem Staat, in dem er sich vor der Einreise in das Bundesgebiet aufgehalten hat, keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Von Verfolgungssicherheit kann nicht erst ab einer bestimmten Aufenthaltsdauer des Asylwerbers in einem Durchreisestaat oder dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde (vgl. für viele andere das bereits angeführte Erkenntnis vom 6. September 1995). Auch aus der Argumentation des Beschwerdeführers, er sei als Beifahrer in einem Pkw nicht in der Lage gewesen, sich an die Behörden der von ihm durchreisten Staaten zu wenden, ist für ihn nichts zu gewinnen, weil es den Lebenserfahrungen widerspricht und seinem Vorbringen auch nicht entnommen werden kann, daß es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, zumindest im Verlauf eines Grenzaufenthaltes sich an die Behörden der jeweiligen Staaten zu wenden und einen Asylantrag zu stellen.

Soweit der Beschwerdeführer die Empfehlung Nummer 15 (XXX) des Exekutivkomitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen für eine andere Auslegung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ins Treffen führt, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das angeführte Erkenntnis vom 24. November 1993 zu verweisen, in dem klargestellt wurde, daß diesem Beschluß mangels gesetzlicher Verwirklichung lediglich empfehlender Charakter zukommt.

Mit seinen Ausführungen zur Praxis Rumäniens bei der Behandlung von Asylanträgen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht darzutun, daß er in den anderen beiden Durchreisestaaten, nämlich in Bulgarien und in Ungarn, keine Verfolgungssicherheit hätte erlangen können, wenn er sie in Anspruch genommen hätte.

Ausgehend vom Beschwerdevorbringen sind somit keine Gründe ersichtlich, aus denen der Beschwerdeführer gehindert gewesen wäre, bereits in Bulgarien - dieser Staat ist der Genfer Flüchtlingskonvention am 12. Mai 1993 mit Wirksamkeit vom 10. August 1993 (Artikel 43 Z. 2) beigetreten (vgl. BGBl. Nr. 806 und 807/1993) - oder in Ungarn - dieser Staat ist der Genfer Flüchtlingskonvention am 14. März 1989 mit Wirksamkeit vom 12. Juni 1989 (Artikel 43 Z. 2) beigetreten (vgl. BGBl. Nr. 260/1992) - um Asyl anzusuchen. Da auch kein Sachverhalt geltend gemacht wurde, aus dem sich die Nichteinhaltung der aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen, insbesondere des Refoulement-Verbots, durch diese Staaten ergäbe, liegen keine Umstände vor, die gegen die von der belangten Behörde angenommene Erlangung der Verfolgungssicherheit in Bulgarien und Ungarn sprächen.

Es ergibt sich somit, daß angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer bereits in anderen Staaten - nämlich in Bulgarien und Ungarn - vor Verfolgung sicher war. Daraus folgt, daß die belangte Behörde, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, das Vorliegen des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung zugrunde legen konnte. Selbst wenn die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers als gegeben erachtet hätte, käme sohin die Asylgewährung für ihn nicht in Betracht, weil dieser der von der belangten Behörde zu Recht herangezogene Ausschlußgrund entgegenstünde (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162).

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers betreffenden Beschwerdeausführungen unterbleiben.

Wenn der Beschwerdeführer das Unterbleiben der Ausstellung einer Bescheinigung betreffend die seiner Ansicht nach gegebene vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 7 Asylgesetz 1991 rügt, so ist ihm zu entgegnen, daß ein darauf gestützter Abspruch im angefochtenen Bescheid nicht enthalten ist.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe bei Behandlung seines Antrages ihm gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1991 eine befristete Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen, Verfahrensvorschriften mißachtet, kann er in dieser Hinsicht durch den angefochtenen Bescheid schon deshalb in seinen Rechten nicht verletzt sein, weil es sich bei der im angeführten Paragraphen geregelten Aufenthaltsberechtigung nicht um die Einräumung eines Rechtes, sondern vielmehr um die Eröffnung einer Möglichkeit für die Asylbehörden handelt, bei Vorliegen der dort angefühten Voraussetzungen eine Aufenthaltsberechtigung zu gewähren, sodaß auf die Erteilung einer solchen Berechtigung kein Rechtsanspruch besteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/01/0105). Im übrigen ist auch ein auf diese Gesetzesstelle gestützter Abspruch im angefochtenen Bescheid nicht enthalten.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010659.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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