TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/21 W226 2197637-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2021
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Entscheidungsdatum

21.06.2021

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §34 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W226 2197634-1/13E

W226 2197644-1/13E

W226 2197640-1/10E

W226 2197632-1/10E

W226 2197637-1/10E

W226 2197629-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. am XXXX , 2) XXXX geb. am XXXX , 3) XXXX , geb. am XXXX , 4) XXXX , geb. am XXXX , 5) XXXX , geb. am XXXX und 6) XXXX , geb. am XXXX , alle Staatsangehörige von Tadschikistan, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2018, Zl. 1136458302-161610109 (ad 1), Zl. 1136458901-161610176 (ad 2), Zl. 1136457708-161610222 (ad 3), Zl. 1136457305-161610206 (ad 4), Zl. 1136457610-161610257 (ad 5) und Zl. 1171021605 - 171162529 (ad 6), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.12.2020 zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und 1.) XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sowie 2) XXXX , 3) XXXX , 4) XXXX , 5) XXXX und 6) XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 und 4 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass 1) XXXX , 2) XXXX , 3) XXXX , 4) XXXX , 5) XXXX und 6) XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1 Der Erstbeschwerdeführer (in der Folge: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind Ehegatten und die Eltern der BF3 – BF6.

Alle Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) sind Staatsangehörige von Tadschikistan, bekennen sich zum muslimischen Glauben und gehören der Volkgruppe der Tadschiken an.

1.2. Die BF1 – BF5 reisten – gemeinsam mit dem Bruder der BF2 und dessen Familie – sowie in Besitz von tadschikischen Reisepässen ins Bundesgebiet ein und stellten am 29.11.2016 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Die BF6 wurden während des Asylverfahrens der Eltern im Bundesgebiet geboren.

1.3. Am 29.11.2016 fand eine Erstbefragung des BF1 und der BF2 statt.

Der BF1 gab an, er sei in XXXX geboren und habe auch zuletzt dort gelebt. Er habe zuletzt als Händler gearbeitet. Seine Eltern seien bereits verstorben, vier Brüder und fünf Schwestern würden noch in Tadschikistan leben. Ein Bruder sei in Deutschland aufhältig.

Zum Reiseweg führte der BF1 aus, sie seien am 06.10.2016 legal mit dem Flugzeug nach Russland geflogen und seien sie mehr als 20 Tage in der Ukraine sowie einen Monat in Ungarn aufhältig gewesen. Der BF1 habe eigentlich zu seinem Bruder nach Deutschland gewollt.

Zum Grunde der Flucht führte der BF1 aus, er habe sich in Tadschikistan den Bart abrasieren müssen, seine Frau habe sich nicht verhüllen dürfen. Dies hätten ihm Polizisten gesagt. Er habe mit dem Bruder von XXXX , einem General, Geschäfte geführt und gehandelt. Sie hätten im selben Ort gelebt und seien gemeinsam zur Schule gegangen. Dieser sei von der Regierung getötet worden, sein Bruder ebenso. Die Polizei würde nun den BF1 suchen. Bei einer Rückkehr befürchte er getötet oder inhaftiert zu werden.

Die BF2 gab in der Erstbefragung an, sie sei in XXXX geboren, habe zuletzt in XXXX gelebt und sei zuletzt Frisörin gewesen. Ihr Vater sei bereits verstorben, ihre Mutter sowie drei Schwestern würden in Tadschikistan leben. Neben ihrem Mann und den Kindern sei auch ihr mitgereister Bruder in Österreich aufhältig.

Zum Reiseweg machte sie die gleichen Angaben wie der BF1.

Zum Grunde der Flucht gab die BF2 an, ihr Leben sei in Gefahr gewesen, sie seien von der Polizei belästigt worden. Die Polizei sei gekommen und habe den BF1 gesucht. Er habe sich verstecken müssen und habe ihr gesagt, dass er nicht anrufen könne. Sie sei schwanger gewesen, die Polizei sei in der Nacht gekommen und die Kinder hätten Angst gehabt. Die BF2 habe dann einen Weg gefunden mit dem BF1 Kontakt aufzunehmen. Sie hätten sich zusammen versteckt. Die Polizei habe ihr gedroht und gesagt, sie werde vor Gericht kommen, wenn sie nicht sage, wo sich der BF1 versteckt halte. Man habe ihr vorgeworfen, dass sie die Gesetze nicht berücksichtigen würde und ihr Kind den Koran lese. Es gebe dort keine Religionsfreiheit, man habe sie attackiert und ihr Angst gemacht, weil sie ein Kopftuch trage. Dem BF1 habe man vorgeworfen, dass er mit dem Bruder von XXXX zusammenarbeite. Wegen XXXX seien 200-300 Leute getötet worden. Bei einer Rückkehr sei ihr Leben in Gefahr. Man werde den BF1 entweder ins Gefängnis stecken oder ihn töten. Alle Menschen, die mit XXXX in Kontakt gewesen seien, seien getötet worden.

Sie wolle auch für die minderjährigen BF3-BF5 Asylanträge stellen.

Die Reisepässe der BF wurden sichergestellt.

1.4. Im weiteren Verfahrensgang erließ die belangte Behörde am 22.02.2017 zurückweisende Bescheide gemäß § 5 Abs. 1 AsylG und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutzes Ungarn zuständig sei, weshalb gegen BF1 bis BF5 die Außerlandesbringung angeordnet wurde. Mit Erkenntnis des BVwG vom 21.06.2017 wurde den Beschwerden gegen diese Bescheide gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, die Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz wurden zugelassen und die bekämpften Bescheide (wegen Ablauf der Überstellungsfrist) behoben.

1.5. Am XXXX wurde die BF6 im Bundesgebiet geboren und für diese am 14.09.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.6. Nach Zulassung zum Verfahren erfolgte am 11.10.2017 die Einvernahme von BF1 und BF2 zu den Fluchtgründen.

Der BF1 führte aus, gesund zu sein. Er habe keine Beweismittel vorzulegen, da er diese in der Ukraine aus Angst vor einer Durchsuchung vernichtet habe. Genauer zu den vernichteten Dokumenten befragt, gab der BF1 an, es sei eine „Einladung“ vom tadschikischen Innenministerium gewesen. Er sei gemeinsam mit seiner Frau, den Kindern und der Familie des Bruders seiner Frau eingereist. In Tadschikistan würden vier Brüder (samt Familien) leben. Er habe eher selten telefonischen Kontakt. Vor seiner Ausreise habe er in XXXX gelebt, sich ein Jahr vor der Ausreise aber immer versteckt und an verschiedenen Plätzen gelebt. Nur er habe sich versteckt, seine Familie nicht. Er habe noch eine Wohnung in Tadschikistan, welche er von seinem Vater geerbt habe. Der BF1 habe auch ein Grundstück und ein Auto gehabt. Da er ein Jahr lang nicht habe arbeiten gehen können, habe er dies verkaufen müssen, so habe seine Familie überleben können.

Nach weiterer Befragung gab der BF1 an, er wisse nicht, welcher Glaubensrichtung des Islams er angehöre, obwohl er fünf Mal am Tag bete. Er sei aus Tadschikistan legal mit dem Flugzeug und einem Reisepass ausgereist. Er habe viel Geld für die Pässe bezahlt. Einige Monate vor der Ausreise habe er alles organisiert, ein Jahr verstecken sei zu viel gewesen. Er habe eigentlich nach Deutschland gewollt, aber ihm sei nur wichtig, dass die Familie in Sicherheit sei und die Kinder in die Schule gehen würden.

Auf Befragung gab der BF an, er könne sich nicht mehr genau erinnern, welche Angaben er zu seinem Fluchtgrund bei der Ersteinvernahme gemacht habe. Er sei im Stress gewesen und habe er auch nicht die ganze Wahrheit erzählt. Dies deshalb, weil er Angst gehabt habe, zurückgeschickt zu werden.

Befragt, aus welchem Grund er in Österreich um Asyl ansuche, führte der BF1 aus, es habe alles am 05.09.2015 angefangen. Es hätte ein Regierungswechsel stattfinden sollen. Er habe einen Freund gehabt, welcher der Bruder eines Generals gewesen sei. Er sei im Ministerium gewesen. Der General sei schon verstorben. Sein bester Freund namens XXXX (Bruder des Generals) habe den Regierungswechsel nicht gewollt und sei beschuldigt worden, ein Aufständischer zu sein. Der BF1 sei wegen seinem politischen besten Freund von der Regierung verfolgt worden. Der Freund sei Ende September 2015 hingerichtet worden. Der ganze Freundeskreis sei verfolgt worden. Die Brüder des Freundes seien inhaftiert bzw. einer in Haft verstorben.

Nach Vorhalt der Behörde, dass dies kein persönlicher Fluchtgrund sei, gab der BF1 an, er sei seit dem geplanten Regierungswechsel im September 2015 verfolgt worden. Die Polizei habe nach ihm gesucht und er zu einer Einvernahme kommen solle. Dies sei im Zusammenhang mit den beiden Brüdern gewesen bzw. ob er etwas über den Regierungswechsel wisse. Der ganze Freundeskreis sei verhaftet worden. Sein bester Freund sei irgendwo erschossen worden.

Nach weiterem Vorhalt des BFA, dass er bei der Erstbefragung angegeben habe, seinen muslimischen Glauben nicht ausleben zu dürfen, gab der BF1 an, dass dies die Wahrheit sei. In Tadschikistan sei es verboten einen Bart zu haben und sich zu verhüllen. Er trage heute keinen Bart, weil er ihn gestern abrasiert habe, da man ihn sonst „komisch“ ansehen würde.

Die Frage, ob es außer der Ladung zur Einvernahme jemals eine andere Drohung/Bedrohung gegeben habe, verneinte der BF1. Er habe Angst erschossen zu werden. Befragt, ob seine Brüder unbehelligt in Tadschikistan leben würden, gab der BF1 an: „Die waren nicht mit ihm befreundet.“ Nach Vorhalt, dass er legal ausreisen habe können, einen Reisepass für sich und die Familie habe beschaffen können bzw. man ihn, wenn er politisch von solchem Interesse für die Regierung gewesen wäre, nicht hätte ausreisen lassen bzw. keinen Pass gegeben hätte, führte der BF1 aus „Dort ist das so. Es ist ein ungerechtes Land.“ Der BF1 gab auf Befragung weiters an, keine Schwierigkeiten mit den Behörden des Heimatlandes gehabt zu haben, er dort keine Straftat verübt habe und in der Heimat auch nicht politisch aktiv gewesen sei. Er könne auch nicht an einem anderen Ort innerhalb Tadschikistans leben, sondern würde er sogar von Russland ausgeliefert werden.

Zu seiner Integration in Österreich gab der BF1 an, einen Deutschkurs zu besuchen.

Die BF2 gab im Zuge ihrer Einvernahme an, dass sie und ihre Kinder gesund seien. Die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe. Ihre Mutter, drei Schwestern sowie diverse andere Familienangehörige (Onkel, Tanten, Nichten, Neffen) würden noch in Tadschikistan leben. Mit ihrer Mutter bestehe Kontakt. Sie habe zuletzt bei ihrer Mutter gewohnt. Sie würden in Tadschikistan ein Eigentumshaus, eine Wohnung und Grundstücke besitzen. Ihren Herkunftsstaat habe sie per Flugzeug und legal mit einem Reisepass verlassen.

Zum Grunde der Flucht führte die BF2 aus, dass ihr Mann Probleme gehabt habe. Er habe einen Geschäftsfreund gehabt, der politisch aktiv gewesen sei. Aus dem Fernsehen hätten sie erfahren, dass er getötet worden sei. Seitdem sei der BF1 öfters von der Polizei gesucht worden. Er habe sich versteckt und die Telefone ausgeschaltet. Die Polizei sei zu ihr gekommen und habe nach dem BF1 gefragt. Selten sei er nachts nach Hause gekommen und habe das Haus früh verlassen. Sie habe aus dem Fernsehen erfahren, dass viele Freunde des BF1 verhaftet worden seien. Der BF1 habe nicht darüber gesprochen. Sie sei schwanger gewesen und die Polizisten seien immer wieder gekommen. Diese hätten nicht gesagt, warum sie ihren Mann suchen würden, aber sie habe Angst gehabt. Aus dem Fernsehen habe sie erfahren, dass die Regierung 200 Leute erschossen habe. Die Polizisten hätten dann gefragt, warum sie ein Kopftuch trage und seien unhöflich gewesen. Das letzte Mal habe man ihr mit Verhaftung gedroht, wenn sie den BF1 nicht binnen 24 Stunden kontaktiere.

Nach Vorhalt, dass sie bei der Erstbefragung angegeben habe, ihren muslimischen Glauben nicht ausleben zu dürfen, gab die BF2 an, dass dies der Wahrheit entspreche. Nach weiterem Vorhalt, dass in Tadschikistan 85 % der Bevölkerung muslimisch sei, gab die BF2 an, dass die Polizei sie gefragt habe, warum sie in die Moschee gehen und den Koran lesen würden. Moscheen würden geschlossen werden, Frauen würden sich nicht verschleiern und Männer keinen Bart tragen dürfen. Dies werde von der Regierung verboten. Auch das Lesen des Korans sei verboten. Wenn man erwischt werde, müsse man Strafe zahlen oder werde inhaftiert. Im Restaurant dürfe man kein Kopftuch tragen.

Die Frage, ob sie jemals bedroht worden sei, bejahte sie und gab an, dass die Polizisten sie bedroht und ihr das Ultimatum gestellt hätten. Auf weitere Befragung durch die Behörde gab die BF2 an, keine Schwierigkeiten mit den Behörden ihres Heimatlandes gehabt zu haben, sie keine Straftat verübt habe und in der Heimat auch nicht politisch aktiv gewesen sei. Sie könne sich auch nicht vorstellen an einem anderen Ort innerhalb Tadschikistans zu leben, da ihr Mann gesucht werden würde.

Zu ihrer Integration in Österreich gab sie an, einen Deutschkurs zu besuchen und auch von zu Hause aus Deutsch zu lernen.

1.6. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wurde jeweils der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, weiters der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Tadschikistan nicht zuerkannt und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gegen die BF wurde jeweils eine Rückkehrentscheidung erlassen und es wurde festgestellt, dass deren Abschiebung nach Tadschikistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Die belangte Behörde führte aus, dass eine konkrete, gegen den BF1 gerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht worden sei. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF1 das Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe.

In der Entscheidungsbegründung hielt das BFA im Bescheid des BF1 fest, dass seine Angaben zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft gewesen seien, sondern er mit dem Wunsch auf Migration und aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa gereist sei und eine fiktive Fluchtgeschichte entwickelt habe, welche nur der Asylerlangung dienen hätte sollen. Seine Angaben, sich vor einer Inhaftierung/Ermordung durch die Regierung zu fürchten, sei nicht glaubhaft, zumal er in der Lage gewesen sei, sich und der gesamten Familie Reisepässe zu besorgen und legal mit dem Flugzeug aus Tadschikistan auszureisen. Hätte die Regierung auch nur irgendein Interesse am BF1 oder an Familienangehörigen gehabt, so hätte man weder die Reisepässe ausgestellt, noch die BF mit dem Flugzeug ausreisen lassen, sondern hätte man den BF1 am Flughafen festgenommen. Soweit der BF1 angegeben habe, sich seit den Geschehnissen im September 2015 versteckt gehalten zu haben, so sei dies nicht glaubhaft, da der Reisepass am 13.09.2016 ausgestellt worden sei. Dem BF1 sei es sohin möglich gewesen, sich an die Behörden im Heimatland zu wenden, den Pass zu beantragen und abzuholen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt laut seinen eigenen Angaben bereits seit einem Jahr von den Behörden gesucht worden wäre. Hinsichtlich der Angaben des BF1, wonach er Beweismittel aus Angst vor dem tadschikischen Sicherheitsdienst in der Ukraine vernichtet habe, habe der BF1 jedoch nicht erläutern können, in welchem Zusammenhang der tadschikische Sicherheitsapparat mit dem Aufenthalt in der Ukraine stehe. Auch sei nicht glaubhaft, dass die tadschikische und ukrainische Polizei in der Ukraine nach ihm gefragt habe, zumal die tadschikische Polizei den BF1 schlichtweg an der legalen Ausreise oder der Reisepassausstellung oder –abholung hindern hätte können bzw. den BF1 spätestens bei der legalen Ausreise am Flughafen festnehmen hätte können. Zu den Angaben des BF1, wonach man in Tadschikistan keinen Bart tragen und nicht beten dürfe, wurde angemerkt, dass Tadschiken überwiegend Muslime und die große Mehrheit Sunniten seien. Tadschikistan habe zwar seine Gesetze bezüglich der freien Ausübung der Religion verschärft, jedoch betreffe dieser Zustand jeden Moslem in Tadschikistan in gleichem Ausmaß. Der BF1 habe auch nicht angeben können, welche Strömung des Islams er genau angehöre. Dass die einfache Ausübung des muslimischen Glaubens in Tadschikistan nicht möglich sei, sei den Länderfeststellungen nicht zu entnehmen und habe der BF1 zwar bemängelt, in Tadschikistan keinen Bart tragen zu dürfen, habe aber auch in der Einvernahme in Österreich keinen Bart getragen. Weiters würden sämtliche Familienangehörige weiterhin in Tadschikistan leben können. Würde tatsächlich ein derartiges behördliches Interesse bestehen, wäre wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es Nachforschungen und Befragungen der Verwandten und Freunde zum Verbleib gegeben hätte. Dies sei aber nicht behauptet worden, sondern habe der BF1 vielmehr angegeben, dass keiner der in Tadschikistan verbliebenen Angehörigen Repressalien ausgesetzt gewesen sei, da diese nicht mit dem Freund befreundet gewesen wären. Dennoch sei aber nicht lebensnah, dass die Regierung nicht zumindest die Verwandten/Bekannten nach dem Aufenthaltsort befragen oder diese vorladen würde. Der BF1 habe somit versucht, die Behörde mit unwahren Angaben und einer fiktiven Fluchtgeschichte davon zu überzeugen, dass eine individuelle, konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung in Tadschikistan vorliegen würde. Dies habe er nicht glaubhaft machen können, sondern sei vielmehr glaubhaft, dass er Tadschikistan aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen habe.

Im Bescheid der BF2 bzw. der Kinder wurde ausgeführt, dass diese keine eigenen Fluchtgründe angeführt hätten, sondern sich auf die Fluchtgründe des BF1 gestützt hätten, welche widersprüchlich und daher nicht glaubhaft gewesen seien. Die BF2 habe selbst angegeben, zu keiner Zeit einer Verfolgung in Tadschikistan ausgesetzt gewesen zu sein, sondern sie einmalig von der Polizei – aufgrund der Probleme des BF1 - befragt worden sei.

1.7. Gegen obgenannte Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, dabei wurde insbesondere ausgeführt, dass die BF eine Verfolgung aus religiösen Gründen geltend gemacht hätten und der BF1 fälschlicherweise mit einer politischen Gruppe in Verbindung gebracht und deshalb verfolgt werde. Die BF seien gemeinsam mit der Schwiegerfamilie ausgereist, da auch diese Familie aus den gleichen Gründen verfolgt werde. Der Schwager des BF1 habe in Österreich über seine Misshandlungen bei einer tadschikischen Gruppe Meldung gemacht. Diese sei im tadschikischen Fernsehen ausgestrahlt worden. Aus Angst um ihr Leben und mangels Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit der tadschikischen Behörden seien die BF zur Flucht gezwungen gewesen. Soweit das BFA meine, dass die BF in Tadschikistan keiner persönlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen seien bzw. die Fluchtgründe nicht plausibel seien, so seien die Erklärungen des BFA nicht stichhaltig. Vielmehr hätten die BF sehr konkrete Angaben gemacht, die entsprechend zu würdigen gewesen wären. Die BF hätten die fluchtauslösenden Ereignisse in einer Art und Weise – mit ausführlichen und konkreten Schilderungen von Details, Zeit- und Ortsangabe, Wahrnehmungen und Emotionen – geschildert, wie dies von jemanden zu erwarten wäre, der ein Ereignis erlebt habe. Ein Interesse des BFA, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln, sei nicht zu erkennen. Die BF würden weitere Verfolgungshandlungen durch tadschikische Sicherheitsbehörden und eine Verfolgung aus religiösen Gründen befürchten. Der Vorwurf der Behörde, wonach die Bedrohung des BF1 nicht plausibel sei, sei nicht nachvollziehbar. Die BF hätten auch keine divergierenden Aussagen gemacht, sondern hätten sie die Ereignisse chronisch konsistent – inklusive Erklärungen über sämtliche relevante Personen sowie auch scheinbar nebensächlichen Detailangaben – geschildert. Eine asylrelevante Bedrohung der BF liege vor und sei von der Behörde nicht untersucht worden. Dem BFA wäre es auch offen gestanden, Recherchen im Heimatland durchzuführen. Die Behörde habe ohne Prüfung des Falles die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Dies verstärke den Eindruck, dass der Fall nicht objektiv beurteilt worden sei, sondern das BFA lediglich eine bereits vorgefasste Meinung ausgeführt habe. Auch die Länderberichte würden eine zunehmende Verschärfung der politischen Situation bzw. der religiösen Diskriminierung zeigen und werde darin die Brutalität und Gnadenlosigkeit der Sicherheitsbehörden beschrieben. Auch der Human Rights Watch Report 2018 bestätige die Verfolgungsgefahr. In anderen Landeseilen seien die BF nicht sicher. Die Befürchtungen der BF seien nicht spekulativ, sondern realistisch und würden durch die Länderberichte bestätigt werden. Dies werde von der Behörde komplett ignoriert. Insgesamt sei es dem BFA daher nicht in nachvollziehbarer Weise gelungen, die Glaubwürdigkeit der BF zu widerlegen. Auf die Fluchtgründe sei das BFA in der Beweiswürdigung nicht substantiell eingegangen und leide der Bescheid daher an einem massiven Begründungsmangel. Die Beweiswürdigung beschränke sich im Wesentlichen auf das Zitieren von vorgeformten Textbausteinen, welchen jeglicher Begründungswert fehle, ohne den Fall einer ordnungsgemäßen Prüfung zu unterziehen. Den BF drohe in ihrer Heimat Verfolgung iSd GFK und sei den BF daher Asyl zu gewähren.

1.8. In weiterer Folge wurde durch den rechtsfreundlichen Vertreter der BF diverse Integrationsunterlagen in Vorlage gebracht. Zudem wurde in dem Schriftsatz darauf hingewiesen, dass der angeführte XXXX , genannt XXXX , der Bruder des entlassenen und getöteten Generals gewesen sei und dieser ebenso – wie all seine Brüder – getötet worden sei. Der BF1 habe dies durch den Chauffeur XXXX erfahren. Dieser habe ihm auch geraten, sich zu verstecken, da sein Leben als enger Freund ebenfalls in Gefahr sei. Ungefähr zur selben Zeit hätten sie dann auch aus dem Fernsehen von den konstruierten Anschuldigungen und Tötungen erfahren. Dazu wurde auf zwei You Tube-Videos verwiesen. Der BF1 und sein Schwager würden von ihrem Freund XXXX ( XXXX ) erzählen, nach dessen Exekution die Polizei auch nach ihnen gesucht habe. Der Namensunterschied zwischen dem General XXXX und seinem Bruder XXXX gehe auf ein neues Gesetz zurück, nachdem die Familiennamen nicht mehr mit „-ov“ oder „ev“, sondern „-zodar“ enden müssten. Ein weiterer Beweis für die Vorgangsweise des tadschikischen Regimes und die Gefahr für Rückkehrer sei zudem einem Bericht der Zeitung „Der Standard“ zu entnehmen. Demnach sei ein tadschikischer Asylwerber nach seiner Rückkehr sofort inhaftiert und zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, welche er vermutlich nicht überleben werde. Zudem wurde die Einvernahme des XXXX und des Schwagers des BF1 beantragt.

1.9. Am 10.12.2020 führte das erkennende Gericht eine Beschwerdeverhandlung durch, wobei der BF1 und die BF2 nochmals ergänzend zu ihren Fluchtgründen bzw. den Ereignissen in Tadschikistan vor ihrer Ausreise, zu dem in Deutschland lebenden Bruder des BF1 sowie dem in Österreich lebenden Schwager des BF1 und deren Problemen in Tadschikistan, zur Vernichtung der Beweismittel in der Ukraine, zur Ausstellung der tadschikischen Reisepässe, der legalen Ausreise über den Flughafen, den noch in Tadschikistan lebenden Verwandten sowie ihrer Integration in Österreich befragt wurden. Auch der Schwager des BF1 wurde im Rahmen der Beschwerdeverhandlung zeugenschaftlich einvernommen. Dieser wurde insbesondere zu seinen Problemen in Tadschikistan, seiner Beziehung zu dem Bruder des Generals, der gemeinsamen Ausreise und der Vernichtung der Beweismittel in der Ukraine befragt.

Im Zuge der Verhandlung brachten die BF ein Konvolut an Integrationsunterlagen, medizinische Unterlagen betreffend den BF1 und die BF2 sowie diverse Fotos, welche unter anderem den Bruder des Generals zeigen würden, in Vorlage.

1.10. Am 04.01.2021 wurde für die BF durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter eine Stellungnahme eingebracht. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass die Angaben der BF in der Verhandlung mit den Länderberichten in Einklang stehen würden. Korruption und Ineffizienz seien erhebliche Probleme im tadschikischen Justizwesen bzw. im Rechtsstaat. Für Angeklagte gelte in der Praxis nicht die Unschuldsvermutung, sondern würden die Gerichte fast alle Angeklagten für schuldig befinden. Angeklagten werde das Recht auf einen Verteidiger während der Untersuchungshaft bzw. der Zeit der Ermittlungen oft vorenthalten, dies insbesondere in politisch heiklen Fällen. Vor allem während der Untersuchungshaft komme es zu menschenunwürdiger Behandlung bis hin zur Misshandlung mit Todesfolge. Bürgerrechte würden regelmäßig verletzt werden. Willkürliche Festnahmen, lange Untersuchungshaft, Folter und Missbrauch sei systematisch. Die Menschenrechtslage verschlechtere sich seit 2019 weiter. Die Behörden würden hart gegen Regimekritischer, Oppositionsaktivisten, Journalisten und Nutzer sozialer Medien, die schlicht als illoyal empfunden würden, vorgehen und würden teils lange Haftstrafen bekommen. Die Meinungs- und Pressefreiheit sei eingeschränkt. Internationale Medien würden berichten, dass Tadschikistan einen besorgniserregenden Wandel durchmache. Der Präsident baue Tadschikistan zum repressiven Überwachungsstaat um. Positive Entwicklungen seien kaum zu beobachten. Die Wirtschaft stagniere, Korruption bestimme den Alltag, fast ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung lebe dauerhaft im Ausland. Menschenrechtsaktivisten würden die Situation in Tadschikistan mit Sorge beobachten. Die Führung würde Kritiker immer wieder auch im Ausland entführen lassen oder Interpolhaftbefehle nutzen, um ihrer habhaft zu werden. Dazu wurde auf einen Bericht der Tageszeitung „Der Standard“ verwiesen. Der gesamten Familie drohe im Falle einer Rückkehr asylrelevante Verfolgung aufgrund unterstellter politischer Gesinnung. Die Familie würde im Falle der Rückkehr umgehend inhaftiert und befragt werden. Ihnen drohe Folter unter menschenrechtswidrigen Bedingungen. Aufgrund der besorgniserregenden Menschenrechtslage in Zusammenschau mit den medizinischen Problemen des BF1 und der BF2 wären die im Falle einer Rückkehr auch in ihren Rechten gemäß Art. 2 und 3 EMRK gefährdet. Die Familie habe auch außerordentliche Schritte in Richtung eine gelungene Integration gemacht. Seit dem Verhandlungstermin habe sich der Gesundheitszustand des BF1 massiv verschlechtert. Der behandelnde Arzt habe die Notwendigkeit einer Schilddrüsenoperation in Aussicht gestellt. Zudem sei dem BF1 letzte Woche von seinem Bruder mittels WhatsApp ein „Suchbefehl“ von Februar 2020 übermittelt worden. Aus Angst, die Familie in Österreich zu beunruhigen bzw. vor Angst abgehört zu werden, sei dies den BF nicht früher mitgeteilt bzw. übermittelt worden. Der BF1 habe in den letzten drei Wochen vergeblich versucht seinen in Deutschland aufhältigen Bruder und seine Schwägerin telefonisch zu erreichen, um Unterlagen zu ihrem Asylverfahren in Deutschland zu bekommen. Von diversen Anrufen sei lediglich ein Anruf angenommen worden und seien der Bruder und die Schwägerin nicht bereit, die Unterlagen aus Deutschland zu übermitteln. Es bestehe zwischen den beiden Familien kein gutes Einvernehmen. Die Unterlagen hätten bis dato nicht beigeschafft werden können. Weiters wurde die Einvernahme zweier Frauen beantragt. Diese seien ebenfalls auf der Flucht gewesen und hätten im gleichen Hotel wie die BF gewohnt. Sie seien damals in Handgreiflichkeiten mit den Polizisten geraten, als diese sich nach dem Aufenthalt der BF erkundigt hätten. Die Zeuginnen könnten beweisen, dass die tadschikische Polizei auch nach der Ausreise der BF im Jahr 2016 nach ihnen gesucht habe und die Angaben der Familie in der Verhandlung der Wahrheit entsprechen würden.

Mit der Stellungnahme wurden medizinische Unterlagen betreffend den BF1 sowie der „Suchbefehl“ samt deutscher Übersetzung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der BF:

Die BF sind Staatsangehörige der Republik Tadschikistan, gehören der Volksgruppe der Tadschiken and und bekennen sich zum muslimischen Glauben.

Der BF1 und die BF2 sind verheiratet und Eltern der minderjährigen BF3-BF6.

Die Identität der BF steht fest.

Die BF1-BF5 waren zuletzt in XXXX wohnhaft. Sie reisten – gemeinsam mit dem Bruder der BF2 und dessen Familie - am XXXX legal über den Luftweg nach Russland und waren anschließend über 20 Tage in der Ukraine sowie einen Monat in Ungarn aufhält, bevor sie nach Österreich einreisten und hier am 29.11.2016 Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Für die am XXXX im Bundesgebiet geborene BF6 wurde am 14.09.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.2. Zu den Fluchtgründen der BF:

Der BF1 war seit seiner Kindheit mit XXXX , dem Bruder des (ehemaligen) stellvertretenden Verteidigungsministers Tadschikistans (namens General XXXX ) befreundet, ist mit ihm in die Schule gegangen und hat auch geschäftliche Beziehung mit diesem geführt.

Im September 2015 kam es zu einem Umsturzversuch im Zuge dessen im Stadtzentraum von Duschanbe bei einer Schießerei mehrere Polizisten ums Leben gekommen sind. General XXXX wurde beschuldigt, den Putschversuch begangen zu haben. Der General wurde von Spezialkräften aufgespürt und getötet. Bei der in diesem Zusammenhang durchgeführten Anti-Terror-Aktion der Regierung wurden rund 40 Menschen getötet und 140 Menschen festgenommen. Auch der mit dem BF1 befreundete Bruder des Generals, XXXX sowie diverse Unterstützer des Generals wurden getötet oder inhaftiert.

Aus Angst, wegen seiner Freundschaft bzw. der Geschäftsbeziehung mit dem Bruder des Generals ebenso mit dem Putschversuch in Verbindung gebracht zu werden bzw. inhaftiert oder umgebracht zu werden, hat sich der BF1 in weiterer Folge nicht mehr zu Hause aufgehalten, sondern sich eine Wohnung gemietet und sich dort etwa ein Jahr lang versteckt gehalten. Während dieser Zeit wurden mehrmals Ladungen zur Einvernahme des BF1 zugestellt und wurde auch die BF2 mehrmals von der Polizei nach dem Aufenthaltsort des BF1 befragt.

Durch die Bezahlung eines hohen Geldbetrages ist es den BF schließlich gelungen, sich durch einen Bekannten Reisepässe ausstellen zu lassen und ihren Herkunftsstaat legal über den Luftweg zu verlassen.

Der BF1 befürchtet, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Tadschikistan wegen seiner Freundschaft/Geschäftsbeziehung zum Bruder des Generals ebenso eine Inhaftierung, Verurteilung oder der Tod droht. Der BF1 konnte damit eine gegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft machen.

Festgestellt wird, dass der BF1 aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung, nämlich einer drohenden Inhaftierung, Verurteilung oder Tötung (gemeinsam mit seiner Familie) aus seinem Herkunftsstaat geflüchtet ist und es maßgeblich wahrscheinlich ist, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Tadschikistan asylrelevante Verfolgung auf Grund der ihm unterstellten politischen Gesinnung durch den tadschikischen Staat droht.

1.3. Zum Leben der BF in Österreich:

Die BF1-BF5 halten sich seit ihrer Einreise im November 2016 im Bundesgebiet auf. Die minderjährige BF6 wurde am XXXX im Bundesgebiet geboren.

Der BF1 hat in Österreich einen A1 Deutschkurs besucht, die BF2 hat Deutschprüfungen bis zum Niveau A2 abgeschlossen.

Die BF haben im Bundesgebiet bereits zahlreiche soziale Kontakte geknüpft und sind in ihrer Wohnsitzgemeinde sehr gut integriert.

Sie beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.

Die minderjährigen BF besuchen in Österreich die Schule bzw. den Kindergarten und haben hier freundschaftliche Kontakte geknüpft.

Der BF1 und die BF2 waren ehrenamtlich für die Gemeinde tätig.

Die BF2 arbeitet im Bundesgebiet auf Grundlage eines Dienstleistungschecks (im Bereich Haushaltsführung und Kinderbetreuung), sie kann ab September 2021 eine Ausbildung an einer Fachschule für Sozialberufe beginnen.

Der BF1 und die BF2 haben gesundheitliche Probleme mit der Schilddrüse und müssen deshalb Medikamente einnehmen. Die restlichen BF sind gesund.

Die BF sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat der BF:

Politische Lage

Die Republik Tadschikistan ist ein autoritärer Staat (USDOS 11.3.2020). Der Einfluss des Parlaments ist insgesamt gering. Die politische Macht ist beim Präsidenten Emomalij Rahmon, seinen engsten Vertrauten und der Präsidialverwaltung konzentriert (AA 26.7.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, FH 4.2.2019, Eurasianet 28.2.2020, CABAR 19.2.2020). Die Verfassung sieht ein politisches Mehrparteiensystem vor, aber die Regierung behindert seit jeher den politischen Pluralismus (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.2.2019). Tadschikistan hatte laut offizieller Statistik mit Stand 1.1.2019 9,13 Millionen Einwohner (TAJSTAT o.D.) und befindet sich in einer starken Abhängigkeit von Russland, sowohl ökonomisch als auch in Hinblick auf den Umgang mit Sicherheitsfragen, wie den Kampf gegen Drogenschmuggel und dem radikalen Islam (BBC 31.7.2018).

Emomalij Rahmon wurde erstmals 1994 zum Präsidenten gewählt, nach den Wahlen 2013 begann seine vierte Amtszeit (BBC 31.7.2018). Der Präsident ist laut Verfassung Staats- und Regierungsoberhaupt. Er kontrolliert die Exekutive, Legislative und Judikative, ernennt und entlässt die Provinzgouverneure und ist oberster Armeechef (bpb 11.2.2018; vgl. Sputnik 17.1.2020). Der Präsident kann alle Entscheidungen von Behörden aufheben (CABAR 19.2.2020). Im Parlament hält seine Partei (Volksdemokratische Partei Tadschikistans - PDPT) die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit (bpb 11.2.2018; vgl. AA 26.7.2019, FH 4.2.2019). Auch die Regierungsmitglieder, Volksvertreter (Madschili) und Leiter subnationaler Verwaltungseinheiten sind Mitglieder oder Kandidaten der PDPT (A+ 28.2.2020b). Alle wesentlichen Entscheidungen werden von dem parallel zu den staatlichen Strukturen agierenden Präsidialapparat getroffen. Alle Schlüsselpositionen in Politik, Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen sind mit Familienangehörigen (sieben Töchtern und zwei Söhnen sowie deren Ehepartnern) und engen Vertrauten des Präsidenten besetzt. Diese stammen, wie der Präsident selbst, aus der Region Danghara/Kulob. Durch Ämtervergabe an Angehörige der eigenen Loyalitätsgruppe hat Rahmon seine Herrschaft bis hinunter auf die lokale Ebene gefestigt und präsentiert sich als alleiniger Stabilitätsgarant und Friedensstifter (bpb 11.2.2018).

In Tadschikistan finden in den von der Verfassung vorgeschriebenen Fristen regelmäßig Parlaments- und Präsidentenwahlen statt (AA 26.7.2019). Der Präsident wird für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt. Ein und dieselbe Person kann nicht länger als zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten Präsident sein. Diese Einschränkung gilt nicht für den amtierenden Präsidenten Emomalij Rahmon, der den offiziellen Titel „Anführer der Nation“ trägt und uneingeschränkt wiedergewählt werden kann (FH 4.2.2019; vgl. CABAR 19.2.2020, Sputnik 17.1.2020, IFES o.D.). Der Präsident bereitet eine Dynastiebildung mit seinem Sohn Rustam Emomalij (*1987) als potenziellen Nachfolger vor, der seit 2017 Bürgermeister der Hauptstadt Duschanbe ist (AA 26.7.2019; vgl. FPC 7.2.2020, CABAR 19.2.2020). Ebenfalls 2017 wurde das Mindestalter für die Präsidentschaft von 35 auf 30 Jahre reduziert (FPC 7.2.2020; vgl. Sputnik 17.1.2020). Die nächsten Präsidentschaftswahlen stehen im November 2020 an (AA 26.7.2019; vgl. Sputnik 17.1.2020).

Die Präsidialrepublik hat ein Zweikammer-Parlament. Alle 34 Mitglieder der Nationalversammlung (Majlisi Milli, Oberhaus) werden indirekt bestimmt: 25 durch lokale Körperschaften und acht durch den Präsidenten. Die Versammlung der Repräsentanten (Majlisi Namoyandagon, Unterhaus) hat 63 Sitze. Die Abgeordneten werden alle fünf Jahre direkt gewählt, wobei 41 Sitze durch absolute Mehrheit in Einer-Wahlkreisen und 22 proportional unter Erreichen einer Fünf-Prozent-Hürde vergeben werden (IFES o.D.).

Am 1.3.2020 fanden Wahlen für die 63 Sitze im Unterhaus statt (A+ 2.3.2020a; vgl. AKI 2.3.2020). Bereits vor Verkündung des vorläufigen Endergebnisses gingen Medien von einem Erdrutschsieg der PDPT aus (A+ 2.3.2020a, EN 2.3.2020, ABC 1.3.2020, RFE/RL 1.3.2020). Es wurde kaum Wahlkampf geführt (Eurasianet 28.2.2020; vgl. ABC 1.3.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 86,4 % (Khovar 2.3.2020; vgl. TASS 2.3.2020). Die Wahlbeteiligung muss bei mindestens 50 % liegen, damit die Wahl gültig ist (A+ 2.3.2020a).

Sieben politische Kräfte nahmen an den Wahlen teil (A+ 2.3.2020c), von denen sechs ins Parlament eingezogen sind. Die PDPT erzielte 50,4 % der Stimmen und 47 der 63 Sitze (Diplomat 3.3.2020). Ebenfalls den Einzug ins Parlament schafften die Partei für Wirtschaftsreformen (16,61 %), die Agrarpartei (16,5 %), die Sozialistische Partei und die Demokratische Partei (TASS 2.3.2020; vgl. A+ 2.3.2020d, Khovar 2.3.2020, Diplomat 3.3.2020). Die Kommunistische Partei konnte die Fünf-Prozent-Hürde nicht überschreiten (A+ 2.3.2020d; vgl. Khovar 2.3.2020, Diplomat 3.3.2020), gewann aber ein Direktmandat in einem Regionalwahlkreis (TASS 2.3.2020; vgl. A+ 2.3.2020e, Diplomat 3.3.2020). Abgesehen von der Sozialdemokratischen Partei werden alle angetretenen Parteien als Unterstützer des Präsidenten angesehen. Die Sozialdemokratische Partei hat bisher noch nie den Einzug ins Parlament geschafft (EN 2.3.2020) und scheiterte auch am 1.3.2020 mit 0,32 % der Stimmen (Diplomat 3.3.2020; vgl. Khovar 2.3.2020, A+ 2.3.2020d).

Wahlen haben in der Vergangenheit internationale Standards nicht erfüllt (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.2.2019, AA 26.7.2019, OSCE 15.5.2015). Unabhängige tadschikische politische Beobachter hatten zu den Parlamentswahlen 2015 angemerkt, dass Parteien wie die damals noch nicht verbotene Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (IRPT) durch Manipulation des Ergebnisses aus dem Parlament herausgehalten wurden (AA 26.7.2019; vgl. FH 4.2.2019). Seitdem hat sich der Spielraum für politische Betätigung noch verkleinert. Die anderen im Parlament vertretenen Parteien unterstützen die Politik des Präsidenten und sind daher keine echten Oppositionsparteien (AA 26.7.2019; vgl. FH 4.2.2019, OSCE 16.1.2020). Vorherige Empfehlungen der OSZE, um das Wahlrecht und dessen Umsetzung näher an internationale Standards heranzuführen, wurden nicht umgesetzt (OSCE 16.1.2020). Es ist ungesetzlich aber weit verbreitet, dass eine Person die Stimmen für die gesamte Familie abgibt (Eurasianet 28.2.2020) und auch bei den Wahlen am 1.3.2020 gab es Berichte, dass dies häufig vorkam (Eurasianet 2.3.2020; vgl. A+ 1.3.2020, Diplomat 3.3.2020, RFE/RL 1.3.2020). Die Sozialdemokratische Partei, die den Einzug ins Parlament nicht geschafft hatte, äußerte Vorwürfe der Ergebnismanipulation, da gemäß ihr vorliegenden Informationen die Partei auf dem zweiten Platz liegen würde (RO 2.3.2020; vgl. A+ 3.3.2020a, Akhbor 2.3.2020, Eurasianet 2.3.2020). Es wurde jedoch keine offizielle Beschwerde über das Abstimmungsergebnis eingereicht (Sputnik 2.3.2020).

Die Wahlen am 1.3.2020 wurden u.a. von der OSZE, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und dem GUS-Exekutivkomitee beobachtet (A+ 18.2.2020; vgl. AKI 18.2.2020, AKI 2.3.2020). Das GUS-Exekutivkomitee gab an, dass die Wahlen in Übereinstimmung mit der Verfassung und der Wahlgesetzgebung durchgeführt worden seien (A+ 2.3.2020b). Zuvor hatte die SCO-Beobachtermission die Wahlen als demokratisch bezeichnet (A+ 2.3.2020c). Die Zentrale Wahlkommission der Republik gab an, dass die Wahlen offen und transparent waren und keine Gesetzesverstöße festgestellt wurden (A+ 2.3.2020c). Die OSZE wird erst ca. acht Wochen nach dem Wahltermin einen Bericht veröffentlichen (OSCE 3.3.2020; vgl OSCE 2.2020).

Quellen:

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Sicherheitslage

Die politische Lage ist insgesamt ruhig (AA 26.11.2019a). Spannungen im Vorfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen lassen sich beobachten (AA 26.7.2019). Die Hauptstadt Duschanbe ist relativ sicher (FCO 6.11.2019; vgl. Garda 30.11.2019). Die Kriminalitätsrate ist nicht sehr hoch (Garda 30.11.2019). Politische Proteste sind selten, kommen jedoch in isolierten Bergregionen vereinzelt vor (Garda 30.11.2019).

Die Mehrzahl der tadschikischen Anti-Terror-Aktivitäten im Inland richtet sich gegen Organisationen und Personen, die angeblich mit dem islamistischen Terrorismus in Tadschikistan in Verbindung stehen, aber die Regierung verhaftet auch Terrorverdächtige, die aus Afghanistan, Irak, Russland und Syrien zurückkehren (USDOS 10.2019). Nach Angaben des Generalstaatsanwaltes wurden im Jahr 2019 mehr als 1.060 Straftaten im Zusammenhang mit Terrorismus und Extremismus registriert, das sind 306 Fälle mehr als im Vorjahr (RO 26.1.2020). Bei der Bekämpfung von Extremismus wird nicht zwischen gewalttätigem und gewaltfreiem Extremismus unterschieden und eine sehr weit gefasste Kriminalisierung wird auch genutzt, um gegen alle Arten von Oppositionsgruppen vorzugehen (NBR 24.6.2019).

Offiziellen Angaben zufolge verließen etwa 2.000 tadschikische Bürger das Land, um sich in mehreren Ländern dem Islamischen Staat (IS) anzuschließen (RO 30.12.2019; vgl. USDOS 10.2019). Mehrere hundert von ihnen sind bei Kampfeinsätzen in Syrien und im Irak gefallen, einige sind in ihre Heimat zurückgekehrt (RO 30.12.2019; vgl. USDOS 10.2019).

Die Situation an der Grenze zu Afghanistan ist angespannt (MSZ 24.2.2020). Es kommt vereinzelt zu Schusswechseln zwischen afghanischen Drogenschmugglern, tadschikischen Grenztruppen und der Drogenkontrollbehörde (BMEIA 8.10.2019; vgl. Eurasianet 12.4.2019). Der Drogenschmuggel durch Tadschikistan wird auf 30-50 % des BIP geschätzt (CIA 7.2.2020; vgl. NBR 24.6.2019). Der durch Korruption begünstigte Drogenhandel gilt als Sicherheitsbedrohung und als wichtige Finanzierungsquelle für terroristische Gruppierungen (Diplomat 25.9.2019; vgl TASS 21.5.2019, RtP 10.11.2019, NBR 24.6.2019) insbesondere in den nördlichen Provinzen Afghanistans (TASS 21.5.2019; vgl. RtP 10.11.2019, NBR 24.6.2019). Entlang der Schmuggelrouten durch Tadschikistan ist vermehrt Drogenhandel und Drogenmissbrauch festzustellen, was lokal die Kriminalität erhöht. Kriminalität im Zusammenhang mit organisiertem Verbrechen wie Erpressung, Entführungen oder Schießereien ist in Tadschikistan jedoch relativ selten (Garda 30.11.2019).

Militant-islamistische Aktivitäten im Norden Afghanistans, jenseits der durchlässigen Grenze entlang des Flusses Pandsch, stellen eine Bedrohung für Tadschikistan dar (Garda 30.11.2019). Laut Russländischem Geheimdienst (FSB) versuchen IS-Kämpfer, vorwiegend Staatsbürger der zentralasiatischen Länder, die zentralasiatischen Staaten von den nördlichen Provinzen Afghanistans aus, zu infiltrieren (TASS 21.5.2019; vgl. RE 19.3.2018, Lenta 18.12.2019). Die Sicherheitsprobleme der jüngsten Jahre waren jedoch heimischer Natur, trotz des Versuches seitens der Regierung diese als aus dem Ausland herrührend darzustellen. Die Sicherheitslage in Afghanistan und im Nahen Osten hat wenig Wirkung auf die innere Stabilität Tadschikistans, trotz der Behauptungen der Regierung, dutzende Terroranschläge aus dem Lager der ausländischen Opposition verhindert zu haben (BS 2018; vgl. Diplomat 20.11.2019, A+ 5.3.2020). Abgesehen von Einzelereignissen wie im August 2018, als im Gebiet Farchor bei einem Angriff von afghanischer Seite aus zwei Menschen getötet wurden (MSZ 24.2.2020; vgl. RFE/RL 22.11.2018) wird die Sicherheitslage Tadschikistans von der Aktivität von kriminellen Banden, die Verbindungen mit korrupten tadschikischen Sicherheitskräften haben, bestimmt (A+ 5.3.2020).

Die Regierung Tadschikistans unternimmt Schritte zur Sicherung der Grenze (USDOS 10.2019; vgl. RE 19.3.2018, RT 28.6.2019); Afghanistan ist zur Grenzsicherung nur bedingt in der Lage (A+ 5.3.2020). Jedoch sind die Mittel der tadschikischen Armee, externe Bedrohungen abzuwehren, beschränkt und sie ist stark auf Unterstützung aus Russland angewiesen (Garda 30.11.2019). Die Armee erhält Unterstützung aus Russland (RT 28.6.2019) und Kasachstan (Eurasianet 12.4.2019). China und Tadschikistan führen gemeinsame militärische Übungen durch. Die wichtigste Priorität für China ist die Abschreckung radikaler Kräfte an der Grenze zum Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang (CABAR 19.2.2020).

Der allererste jemals vom IS auf tadschikischem Staatsgebiet durchgeführte terroristische Vorfall geschah am 29.7.2018, als in Danghara vier ausländische Touristen gezielt getötet wurden (Spiegel 1.8.2018; vgl. AT 1.8.2018, CIA 7.2.2020, JF 7.9.2018), die mutmaßlichen Täter wurden in Folge von Sicherheitskräften liquidiert (AT 1.8.2018; vgl. JF 7.9.2018). Seither wurden noch drei Vorfälle unter Beteiligung des IS in Tadschikistan gemeldet (Novastan 9.11.2019). Die Gefängnisaufstände vom 7.11.2018 in Chudschand mit bis zu 50 Todesopfern (Diplomat 27.11.2018; vgl. Reuters 8.11.2018, Akhbor 6.11.2019) und vom 19.5.2019 in Wahdat mit mindestens 27 Toten wurden von Gefangenen angeführt, die wegen Verbindungen zum IS verurteilt worden waren (A+ 14.6.2019; vgl. BBC 20.5.2019, Akhbor 6.11.2019). Bei einem Angriff auf den Grenzposten Ischkobod an der Grenze zu Usbekistan wurden laut Angaben des IS zehn Grenzschützer bzw. gemäß offiziellen tadschikischen Angaben drei Beamte getötet. Laut offiziellen Angaben wurden 15 Angreifer getötet und fünf weitere verhaftet (Novastan 9.11.2019; vgl. Akhbor 6.11.2019). Unter den getöteten Angreifern waren Frauen und Kinder (FN 8.11.2019; vgl. A+ 26.11.2019, RO 10.12.2019). Die offiziellen Angaben zu den Hintergründen des Angriffes werden von einzelnen Quellen in Zweifel gezogen (RO 30.12.2019, RBC 6.11.2019, A+ 7.11.2019a, A+ 7.11.2019b, Eurasianet 8.11.2019).

Die Landgrenzen zwischen Tadschikistan, Usbekistan und Kirgisistan sind nicht vollständig deliminiert (CABAR 19.2.2020; vgl. Kurmanalieva 2.2019, FCO 6.11.2019). Es gibt bilaterale Gespräche zwischen den Staaten, um den Grenzverlauf festzulegen (Kurmanalieva 2.2019, AKI 7.2.2020, Diplomat 15.1.2020, A+ 15.3.2019, CPC 30.1.2020), auch auf Ebene der Staatsoberhäupter (CABAR 19.2.2020; vgl. Kurmanalieva 2.2019, AKI 7.2.2020, Diplomat 15.1.2020, A+ 15.3.2019). Im Jänner 2020 meldeten usbekische Behörden die Fertigstellung der Minenräumung ihres Abschnitts an der Grenze zu Tadschikistan. In der Frage der Grenzziehung zwischen Tadschikistan und Usbekistan wird allmählich eine vollständige Übereinkunft erwartet (CABAR 19.2.2020).

Die Situation an der tadschikisch-kirgisischen Grenze, insbesondere die Enklave Woruch im kirgisischen Gebiet Batken in Kirgisistan, stellt sich komplexer dar (CABAR 19.2.2020). Seit mehreren Jahren kommt es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Grenzschutzbeamten und/oder Anwohnern beiderseits der Grenze (CABAR 19.2.2020, CPC 30.1.2020, GK 18.9.2019; vgl. Diplomat 15.1.2020, 24.kg 10.1.2020, RE 19.9.2019, RIA 22.7.2019, A+ 15.3.2019), teilweise auch mit Todesopfern (CPC 30.1.2020, GK 18.9.2019; vgl. A+ 15.3.2019, RIA 22.7.2019, RE 19.9.2019). Die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Staaten werden dadurch belastet (GK 18.9.2019; vgl. CABAR 19.2.2020). Im Februar 2020 einigten sich die beiden Staaten auf einen Gebietsaustausch, um die Deliminierung von 114 km Grenzverlauf um die Exklave Woruch verbindlich festzulegen (CPC 30.1.2020; vgl. AKI 24.2.2020).

Die Sicherheitskräfte unterdrücken weiterhin alle Dissidentenbewegungen in den peripheren Regionen des Rascht-Tales und Gorno-Badachschan (BS 2018). In Chorugh, Autonome Region Berg-Badachschan, sind die Spannungen seit September 2018 gestiegen. Es kommt immer wieder zu Zusammenstößen zwischen einheimischen Jugendlichen und der Polizei, zuletzt wurde im Jänner 2020 eine Person verletzt (FCO 6.11.2019). Nach dem bewaffneten Konflikt zwischen den Sicherheitsbehörden und den Bewohnern von Chorugh im Sommer 2012 wurden Waffen, darunter auch Gewehre von Jägern, in der Region konfisziert. Da es in der Region Berg-Badachschan im Winter häufig zu Angriffen auf Menschen und Vieh durch Wölfe kommt (Winter 2018/19: zwei Todesopfer) stattet die Polizei Mitglieder des Jägervereins wieder mit Jagdgewehren zum Erschießen von Wölfen aus. In Dörfern, in denen es keine einheimischen Jäger gibt, wird ein 24-Stunden-Dienst durch Sicherheitsbeamte organisiert (A+ 10.1.2020).

Quellen:

- 24.kg (10.1.2020): Another incident occurs on Kyrgyz-Tajik border, injured reported, https://24.kg/english/140056_Another_incident_occurs_on_Kyrgyz-Tajik_border_injured_reported/, Zugriff 11.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (10.1.2020): ????????? ? ???? ??????? ?????? ??? ???????? ??????, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/security/20200110/ohotnikam-v-gbao-razdali-oruzhie-dlya-otstrela-volkov, Zugriff 19.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (14.6.2019): IS terror group claims that it was behind deadly prison riot in Vahdat, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/incidents/20190614/is-terror-group-claims-that-it-was-behind-deadly-prison-riot-in-vahdat, Zugriff 12.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (15.3.2019): Tajik-Kyrgyz negotiations held in Vorukh after deadly border clashes, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/incidents/20190315/tajik-kyrgyz-negotiations-held-in-vorukh-after-deadly-border-clashes, Zugriff 11.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (26.11.2019): ????????????? ????: ? ????????? ?? ?????????? «???????» ??????????? 11 ?????? ? 13 ?????, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/security/20191126/predstavitel-gknb-v-napadenii-na-pogranpost-ishkobod-uchastvovali-11-zhentshin-i-13-detei, Zugriff 12.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (5.3.2020): ??? ???????????? ? ????????: ??? ??? ???? ?????????????, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/politics/20200305/ssha-dogovorilis-s-talibami-chto-eto-dast-tadzhikistanu, Zugriff 5.3.2020

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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